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Veröffentlicht am 15.09.2020

Sehr empfehlenswerter Mix aus Heimat- und Zeitgeschichte, Spionageroman, Politthriller,...

Bühlerhöhe
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Der Plot ist genial: Der Mossad schickt eine völlig unerfahrene gebürtige Kölner Jüdin los in den Schwarzwald, um dort ein Attentat gegen Adenauer zu verhindern – die Verhandlungen um die sogenannten „Wiedergutmachungszahlungen“ ...

Der Plot ist genial: Der Mossad schickt eine völlig unerfahrene gebürtige Kölner Jüdin los in den Schwarzwald, um dort ein Attentat gegen Adenauer zu verhindern – die Verhandlungen um die sogenannten „Wiedergutmachungszahlungen“ sollen nicht gefährdet werden. Ihre Eignung besteht darin, am Urlaubsort des Kanzlers selbst die Ferien ihrer Kindheit verbracht zu haben und die Sprache derer zu sprechen, die außer ihrer Schwester ihre gesamte Familie ausgelöscht haben. Der Attentäter wird befürchtet in den Kreisen derjenigen Israelis, die das „Blutgeld“ ablehnen.

„Warten bedeutete, unnütze Zeit zu haben, und unnütze Zeit war ein gefährliches Pulver. Ein bisschen davon auf die gut verschlossene Kiste voll von Verlust, Schmerz und Erinnerung gestreut, und diese explodierte und ließ alles in Fetzen im Kopf herumschwirren. Das Vergessen war lebensnotwendig. Wer nicht vergessen konnte, wurde wahnsinnig. Sie war eine Meisterin im Vergessen. Nur so war das Leben auszuhalten.“ S. 27

Wie bitte schafft es Autorin Brigitte Glaser, ein Buch zu schreiben, dass
• sowohl Heimatgeschichte erzählt (Schwarzwald, besonders um Bühl)
• als auch Zeitgeschichte (Adenauer und die Wiedergutmachungsverhandlungen bezüglich des Staates Israel, Leben im Kibbuz),
• das Spionageroman und Politthriller ist (ich wusste nicht, dass es ein – reales - Attentat auf Adenauer durch Zionisten gegeben hatte, was verschwiegen wurde, um die Beziehungen zu Israel nicht zu gefährden, wofür ihm Ben Gurion dauerhaft dankbar war)
• und noch dazu einen tiefen Einblick abliefert über Schuld, menschliche Beziehungen und Verdrängung?

Das Buch entpuppte sich als absoluter Glücksgriff – ich liebe anspruchsvolle Romane, ich liebe spannende Literatur, ich nutze gerne Bücher, um mich einer Zeit, einem Land oder einer Gruppe zu nähern, hier finde ich einen der seltenen Fälle, die ALLES gleichzeitig können.

Ich bin kaum jemals so vielen „red herrings“ hinterhergerannt, so viele Spuren legt die Autorin über praktisch die komplette Seitenzahl. Bei allem nutzt sie einen besonderen Stil: Es wird etwas erwähnt – und später, teils wirklich etliche Seiten später wird dieser Hinweis in einen Zusammenhang eingebettet. Ein Beispiel:
„In Haifa waren Rachel und sie [Rosa Silbermann, die Protagonistin] vor fast zwanzig Jahren als Jugendliche angekommen.“ S. 8
Später wird dann erklärt, dass Rachel sich kurz nach 1932 für die zionistische Idee begeistert hatte und mit ihrer jüngeren Schwester, auch angesichts der aufkommenden Probleme für Juden in Deutschland, mitnichten aus Spaß und Freude eingewandert war. Das ist noch ein mildes Beispiel, weil man sich diese Auflösung als naheliegend ja auch hätte denken können, doch ich werde ganz sicher hier nichts Weiteres verraten. Während mich oft in Büchern die sehr einfachen Beziehungen und Beweggründe stören, ist in diesem Buch fast alles und alle miteinander verwoben, was die Anzahl der red herrings ins Unermessliche steigen lässt, ohne dabei für mich aber undurchdringbar zu werden. Das Spannungsniveau bleibt einfach hoch, wie bei einem Thriller, weil man so aufmerksam bleiben muss. Da weiß jemand etwas, was einem anderen helfen könnte, erwähnt es aber nicht, um einem Dritten nicht zu schaden. Und über allem hängt die Vergangenheit. „So war das immer. Eine falsche Frage, ein falscher Satz, und alles Leichte und Fröhliche verschwand.
‚Welches Lager?‘, fragte Rosa leise.
‚Majdanek.‘“ S. 264

Glaser schreibt sehr ausgewogen. Auch mit den besten Absichten können Menschen verletzt werden, so soll Rosa ein Attentat verhindern helfen, wird aber fragwürdig moralisch genötigt dazu und völlig unerfahren in eine gefährliche Situation geschoben. Kaum jemand ist einfach das, was er oder sie oberflächlich zu sein scheint. Dadurch ist Rosa bald verstrickt in ein „Gestrüpp aus Spekulation und Manipulation“. Dabei geht das Buch durchaus in die Tiefe, stellt die verschiedenen Lebensstile gegenüber: da sind die, für die jede Kritik an Israel einem Verrat gleichkommt, aber auch jene, die zurück nach Deutschland gehen, „weil ein judenfreies Deutschland einem Sieg über Hitler gleichgekommen wäre“. Da sind die Kriegsgewinnler, die Ewiggestrigen, aber auch jene, die heute noch von Albträumen geplagt werden, oder selbst Opfer der Befreier wurden, weil sie aus dem Volk der Täter stammten. Der Sicht Rosas gegenübergestellt wird die Sicht von Sophie Reisacher, Hausdame auf der Bühlerhöhe, auch hierdurch wird eine tiefere, ausgewogenere Sicht gezeigt, wird deutlich, dass persönlicher „Ballast“ und Ziele bei allen den klaren Blick hemmen können.

Insgesamt definitiv fesselnd, informativ, schön zu lesen!

Am Ende des Buches folgt ab Seite 337 ein Glossar – ich habe noch einiges mehr nachgeschlagen, und empfehle das je nach Wissensstand und Interesse auch durchaus – sowie weitere Quellenangaben.

Das perfekte Buch "davor" oder "danach":

Daphne du Maurier "Rebecca" (oder die tolle Hitchcock-Verfilmung)

Leon Uris "Exodus" (als Film mit Paul Newman)

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Veröffentlicht am 15.09.2020

Größtenteils vorhersehbar, viele Fehlerchen, viel Pathos, immerhin oft spannend

Rattenkinder
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Uff. Tony Braun, Chefinspektor der Mordkommission Linz, bekommt von einem Patienten der Psychiatrie einen Zettel in die Hand gedrückt. Auf dem Zettel sind Zahlen – Koordinaten für eine Parkbank mit einer ...

Uff. Tony Braun, Chefinspektor der Mordkommission Linz, bekommt von einem Patienten der Psychiatrie einen Zettel in die Hand gedrückt. Auf dem Zettel sind Zahlen – Koordinaten für eine Parkbank mit einer Frauenleiche. Einiges ist hier mysteriös – wer ist dieser Patient, der nur einen Namen zu haben scheint – Viktor Maly – aber keinerlei Geschichte? Wie kann jemand in der geschlossenen Psychiatrie so viel wissen? Und wer hat die Frau ermordet, warum? Dazu gibt es Wechsel zu einem Roma-Ghetto in Tschechien, „Dog City“, heute und in der Vergangenheit. Worin besteht der Zusammenhang?

Positiv: ja, war teils spannend. Ich mochte George und Gilbert.

Negativ: Häufig vorhersehbar. Wer die Schwester ist, wurde schon früh mit ganz ganz dicken Zaunpfählen gewunken. Das gesamte Personal wirkt wie zusammengebaut aus einem Bausatz für Ermittler-„Typen“: der ITler im Rollstuhl, der sich in Daten hackt, der trinkfreudige Chef mit Faible für Springerstiefel, die Assistentin des Gerichtsmediziners, die ihr Gesicht weiß schminkt. Ja, klar. Rechtschreibung ist nicht so ganz die Stärke des Autoren-Ehepaars, besonders bei der Kommasetzung. Die irreführenden Spuren sind irgendwie sehr brachial und führen selbst bei den Autoren ins Leere: Der Obdachlose, der die Essensausgabe nicht kennt, führt ebensowenig zu Konsequenzen wie eine Erklärung fehlt für die Manipulationsversuche eines Verdächtigen gegenüber Franka. Auch ist nicht klar, warum man einen erwachsenen Menschen damit einschüchtern kann, unrechtmäßig adoptiert worden zu sein? Der Käs' ist doch gegessen... Der absolute Kracher ist aber das Pathos – das trieft. Beispiel? Achtung, festhalten:
„Aber die Stunde des Todes war für sie schon bestimmt gewesen, und ihre Zeit war mit unerbittlicher Hast dem Ende entgegengerast.
Tief in seinem Innern wusste Braun, dass er viele Nächte mit diesem hässlichen Mord verbringen und nicht eher ruhen würde, bis die Tote Gerechtigkeit erfahren hatte.
Mit der Spitze seines Kugelschreibers schob Braun die riesige Sonnenbrille der Frau nach oben auf die Stirn. Er sah ihr in die Augen, die leblos und starr geradeaus blickten. Die Panik in ihrem Gesicht, der Ausdruck nackter Angst, war für immer auf ihrem Antlitz eingefroren. Sie hatte gewusst, dass es Zeit war zu sterben, dass sie ihr Kind nie würde aufwachsen sehen, dass sie nie mehr die Liebe erfahren würde.
Das Baby schien diesen Schmerz zu spüren, denn sein Schreien war in ein Schluchzen übergegangen, das todtraurig und leise den Nebel dieses kalten Dezembermorgens zerriss und einfach nicht enden wollte.“ S. 27

Ich musste kurz den Pathos-Eimer entleeren. Ansonsten ist der Handlungs-Baukasten ähnlich wie bei etlichen Andreas-Franz-Romanen: ganz ganz böse reiche Leute, die den Hals nicht vollkriegen und unsägliche Perversionen durchziehen. Ist jetzt nicht besonders originell. Bei Franz sind die Männer-/Frauen-Klischess altbackener, ebenso einige Meinungen zu Sexualität, dafür wirkt hier der ganze Aufbau gewollter. Das Lektorat macht’s dann leider aus.

Das Buch ist Teil 5 einer Serie; ich hatte es irgendwo gratis dazu bekommen und würde mir kein weiteres kaufen. Ich konnte den Band lesen ohne Kenntnis der Vorgänger, könnte mir allerdings vorstellen, dass diese doch reichlich gespoilert werden.

Hm. 2 Sterne?

die Ermittler:
- Tony (Anton) Braun, Chefinspektor der Mordkommission Linz
geschieden von Margot, die mit Sohn Jimmy in Finnland lebt. Jimmy dürfte 18 sein.
- Franka Morgen. 24, jüngste Polizeiinspektorin Österreichs. Blond gefärbt (ja, das ist wichtig. Echt)
- Bruno Berger, Mitte Fünfzig, Hippielook, anerkannter Verhörspezialist
- Gerichtsmediziner Paul Adrian. Kahl rasierter Schädel
- seine Assistentin Anthea. Weiß geschminkt
- Elena Kafka. Polizeipräsidentin, > 50. Wirft mit einem Gummiball um sich, als Raucher-Entwöhnung
- Staatsanwalt Johannes Schuster
...ehrlich, reicht das? Bitte???

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Veröffentlicht am 14.09.2020

„Nachts wirken alle Dinge schlimmer“ – spannend, aber bitte nicht den Klappentext lesen

Night Falls. Du kannst dich nicht verstecken
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Jenny Milchman hat mit „Night Falls (Du kannst dich nicht verstecken) – im US-amerikanischen Original „As Night falls“ – einen Thriller abgeliefert, den ich immerhin so spannend fand, dass er für mich ...

Jenny Milchman hat mit „Night Falls (Du kannst dich nicht verstecken) – im US-amerikanischen Original „As Night falls“ – einen Thriller abgeliefert, den ich immerhin so spannend fand, dass er für mich als Pageturner wirkte. Das liegt zum einen an dem über lange Strecken ab dem Beginn als „Kammerspiel“ angelegten Szenario, in dem der Roman bis auf die Rückblenden im einsam gelegenen Wohnhaus der Familie Tremont spielt, die aus den Eltern Sandy und Ben und der fünfzehnjährigen Teenager-Tochter Ivy besteht. Zum anderen liegt die Wirkung an einem Motiv, das meiner Erfahrung nach besonders US-amerikanische Bücher und Filme gerne und häufig aufgreifen: es geht im Buch um die direkte Bedrohung einer Familie durch Verbrecher, in diesem Falle durch die beiden entflohenen Strafgefangenen Nick und Harlan.

Wenn ich hier von einem Motiv spreche, dann, weil es genretypisch bei entsprechenden Werken gerne fast jede Art von Gewalt für die Gegenwehr rechtfertigt bis hin zur Selbstjustiz – und auch, wenn an dieser Stelle natürlich auch deutsches Recht die Option zu Notwehr gibt, selbst zur sogannten erweiterten (also um zum Beispiel Familienmitglieder zu schützen), wirken diese Darstellungen auf die meisten von uns im deutschsprachigen Raum doch gerne recht überzogen. Milchman spart hier nicht an Brutalität – die Eindringlinge sind knallhart bestrebt, ihre Macht mit allen Mitteln durchzusetzen (Entwarnung: KEINE sexuellen Übergriffe) – aber ihre Protagonisten sind für mich dadurch glaubwürdig, dass sie eben keine Selbstjustiz-Bestrebungen aufweisen, sondern schlicht ums nackte Überleben kämpfen und man ihre Abwägungen mitbekommt, welche ihrer Maßnahmen zu welchen Gegenmaßnahmen auf Seiten der Verbrecher führen könnten, so dass vieles nachvollziehbar verworfen wird, um zu keiner weiteren Gefährdung beizutragen.

Der Spannungsbogen wird durchgängig gehalten ab Beginn, da man bereits nach wenigen Seiten schon mitlesen kann, wie der Ausbruch aus dem Gefängnis vorbereitet und dann auch durchgeführt wird, als vier Gefangene zu einem Außen-Arbeitseinsatz gebracht werden. Darüber hinaus gibt es Rückblenden in die Vergangenheit, zu einer Familie, bei der die Mutter einen, sagen wir sehr speziellen, Fokus auf den kleinen Sohn legt. Der Zusammenhang erschließt sich bald, aber die weiteren Hintergründe werden erst allmählich offenbar.

Was ich gut finde: Verbrecher Nick wird nicht als an sich gestörte Persönlichkeit dargestellt – die Autorin beschreibt hingegen, inwieweit durch das Fehlen von gezogenen Grenzen in seiner Vergangenheit sein Charakter geformt wurde (keine Entschuldigung durch „traurige Kindheit“ oder „Veranlagung“), das ist einmal etwas angenehm anderes.

Wermutstropfen
Das Buch hätte bei mir besser abschneiden können, wenn ich nicht einige Schwächen gesehen hätte.
Gerade zu Beginn verwendet die Autorin einige Bilder, die wohl sprachlich anspruchsvoller sein sollen, aber auf mich eher befremdlich wirken, z.B. „Harlans Gesicht passte zum Rest seines Körpers. Seine Nase erinnerte an die eines Nagetiers, war grob geformt und einfach mitten in sein Gesicht gedrückt. Seine Augen waren ebenso wenig fein geschnitten, sondern rund wie Münzen und ziemlich ausdruckslos. Sein Mund erinnerte an die weit geschwungene Biegung eines Flusses.“ Der Text wirkt gerade zu Beginn durch ähnliche Stellen auf mich etwas zu sperrig.

Achtung, Spoiler-Alarm: der Klappentext enthält den Hinweis, dass Sandy einen der Männer kenne – so bitte nicht. Da das meist vom Verlag kommt, kann die Autorin natürlich nichts dafür, also habe ich mich bemüht, das nicht mit zu bewerten. Und: ich sehe nicht, wie etwas möglich gewesen sein soll zum Thema „dritter Mann“.

Spannung von Beginn an und Kammerspiel-Szenario bei nachvollziehbaren Überlegungen der Familie führen damit bei mir zu 3,5 von 5 Punkten – trotz der genannten Schwächen



Als Folgebuch empfehle ich Anna Snoekstra: "Ihr letzter Sommer" - zum Thema Familie und Auswirkungen

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Veröffentlicht am 14.09.2020

Alles nur eine Frage der Kugel. Im Weltraum, im Leben, beim Boule (Buch-Zitat)

Tod in der Provence
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„Der blanke Kopf aus poliertem Edelstahl blitzte im Mondschein hell auf, als der Mann mit der langstieligen Axt weit ausholte und sie in Richtung des Balkens niedersausen ließ.
Es krachte laut. Ein abscheuliches ...

„Der blanke Kopf aus poliertem Edelstahl blitzte im Mondschein hell auf, als der Mann mit der langstieligen Axt weit ausholte und sie in Richtung des Balkens niedersausen ließ.
Es krachte laut. Ein abscheuliches Geräusch. Einen Moment später breitete sich eine rote Pfütze aus.“ S. 24 und 25
Im zweiten Teil ist es nur Bolognese, aber im ersten Satz leider nicht: In den letzten sechs Jahren sind rund um Avignon acht junge Frauen verschwunden, alle rothaarig. Bislang hatte man keine Leichen gefunden. Der letzte Fall von Albin Leclerc als Polizist. Der eine Fall, den er nie aufklären konnte, bei dem er sich fragte, worum es ging. Der Fall, bei dem ihm als erstem aufgefallen war, dass es da ein Schema gab, mit den roten Haaren bei allen Frauen, und dass es mehr als eine Frau war, die da spurlos verschwand.
Aber Leclerc musste ihn Rente gehen, den Mops Tyson – nach dem Boxer benannt – schenkten ihm seine Kollegen noch.
Und jetzt? „Endlich…haben wir ein Opfer und Spuren. Endlich wissen wir, was er tut und wie er es tut. Er sammelt Körperteile. Als Trophäen, oder weil er sie benötigt.“ S. 54
Gleichzeitig zieht ein junges deutsches Paar in die Nähe, weil der Ehemann von seinem verstorbenen Onkel ein Anwesen geerbt hat. Die Ehefrau hat rote Haare…

Mir hat Albin Leclerc sehr gut gefallen, weil er so eine schnodderige Art hat. So liefert er die beste Taktik zur Anmache, die ich je erlebt habe:
„Véronique schmunzelte. ‚Was willst du wirklich, Albin?‘
Albin löste die Hände aus der Verschränkung und schob ein loses Blatt auf dem Tisch hin und her. Er zuckte mit den Achseln und meinte: ‚Ich gehe abends manchmal essen.‘
‚Ach, tatsächlich.‘
‚Ich dachte, vielleicht gehst du auch abends manchmal essen.‘
‚Nein, ich koche meist.‘
‚Also…Falls du einmal eine Ausnahme machen und doch essen gehen möchtest…‘
‚Wird das jetzt eine Einladung zu einem Rendezvous?‘
Albin ließ das Blatt los, blickte hoch und sagt: ‚Nicht direkt. Also, wenn man so will, je nachdem…Ich dachte nur an ein Abendessen. Es gibt da ein schickes
Restaurant…‘ “ S. 167f.
Und natürlich ist Mops Tyson klasse, mit dem Albin sich irgendwann zu „unterhalten“ beginnt, den er aber auch zielgerichtet einsetzt, so als Ausrede, um an bestimmten Orten unterwegs zu sein – alternativ drückt er jemandem auch einfach die Leine in die Hand, den er irgendwo blockieren möchte.

Was mein Problem mit dem Buch ist: ich hatte gerade schon Provence, Remy Eyssen, Schwarzer Lavendel. http://www.lovelybooks.de/autor/Remy-Eyssen/Schwarzer-Lavendel-1234352427-w/rezension/1236103627/ Auch das eigentlich ein deutscher Autor. Ich frage mich dabei schon, ob es Franzosen gibt, die Krimis schreiben, die im Westerwald spielen.

Jetzt drückt mich schon seit Beginn der Lektüre folgender Schuh: Herr Lagrange ist ja nicht „Schuld“ daran, dass ich ihn als zweite Lektüre vor mir habe. In beiden Büchern gelingt irgendwann der Pétanque-„Golden Goal“ (Verzeihung, ich habe weder von Fussball noch von Boule einen Hauch von Schimmer). Beide Mörder haben eine gehörige Macke, zumindest ähnlich geartet, ähnlich ausgelöst.

Also: Lagranges Ermittler ist irgendwie kauzig-knorziger und gefällt mir dadurch besser.
Eyssen war zuerst auf den Zug aufgesprungen, der „Schwarze Lavendel“ ist schon seine zweite Veröffentlichung. Bei Eyssen hatte ich irgendwie mehr Lust, in die Provence zu fahren, man schmeckte das Essen und den Wein stärker.
Spoiler-Alarm: Bei Lagrange hatte ich mich viel früher auf den Mörder eingeschossen – hatte mir aber doch kurz vor der Bestätigung noch einmal vom Autor Zweifel einpflanzen lassen.

Fazit: im direkten Vergleich gewinnt bei mir hauchdünn Eyssen (wer zuerst kommt, …). Ich werde aber zumindest noch in den zweiten Band bei Lagrange reinlesen (Leseprobe war im Anhang) – und dann vielleicht einen zweiten Vergleich laufen lassen. Die Leseprobe klingt wieder schön kauzig und mopsig, die Tat klingt nicht so kalkuliert gestört.

Veröffentlicht am 14.09.2020

Early Apprentice Pieces... (Short Stories, 1924)

Hercule Poirot rechnet ab
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Ich habe die Original-Fassung gelesen: Poirot Investigates.



I am reading the “Facsimile Edition” of 2007, first copy, newly acquired by me in 2016.
The original dates back to 1924, the US-american version ...

Ich habe die Original-Fassung gelesen: Poirot Investigates.



I am reading the “Facsimile Edition” of 2007, first copy, newly acquired by me in 2016.
The original dates back to 1924, the US-american version was published by Dodd, Mead and Company in 1925 and containts three additional stories. Those latter were not published in the UK until 1974 as “Poirot’s Early Cases”, along with other stories, their German translation dates back to the year 1986 (“Poirots erste Fälle” / Hercule Poirot’s größte Trümpfe, Scherz Verlag
- The Chocolate Box - Die Pralinenschachtel
- The Veiled Lady - Poirot geht stehlen
- The lost Mine - Die verlorene Mine
German title is “Poirot rechnet ab” and was first published in 1959, as translated by Ralph von Stedman for Desch Verlag München, Wien, Basel. Later, the rights went to Scherz Verlag, which was taken over in 2003 by Fischer Verlag (sources Wikipedia and book header pages).

O.k. – I admit to rather not being a friend of short stories – I prefer to really sink into a plot instead of being torn out of it at short notice, and again – and again – and again. Yes, if short stories have been cleverly designed, it may be fun to analyse them. Yes – there is quite some possibility that this may lead to over-analysis.
So, taking this into consideration, I cope pretty well with this collection – all of it is about Poirot, after all, told by Watson as first-person narrator. Still, it took and takes me ages (more than 11 days!) to read those short stories, although only 17-38 pages each, with considering each case, each deduction, each solution and scribbling down my notes. Aah, those little grey cells!

Recommendation to start with i.e. to figure out if you like Poirot or want to get the book from the store: The Million Dollar Bond Robbery – Der raffinierte Aktendiebstahl

1 The Adventure of „The Western Star“ P.3 – 41 (38 p.) = Die Augen der Gottheit
"The Western Star" is the nickname of a great diamond, owned by US-actress Mary Marvell. She is married to fellow actor Gregory B. Rolf, this is their first visit to England.
As she receives anonymous letters she turns to Poirot: “The great diamond which is the left eye of the god must return whence it came” p 8.:, and that at the next full moon – Friday in three days to come - along with its counterpart for the right eye.
Poirot offers to ensure the diamond secured until then, but on the upcoming Friday, Mary Marvell and her husband are rather supposed to visit Lord and Lady Yardly at Yardly Chase to discuss about filming there and Mary insists to wear the diamond for the occasion.
The Yardlys possess the diamond which is supposed to have been the right eye.

A nice study on how Watson dislikes being exposed to the ridicule by Poirot – despite of his self-assigned possession of “the deductive sense in a marked degree” p 16. So he bolts forward – none the wiser, of course.
Contemporary:
Chink is common language for a lady to be used at that time (p. 8).

2 The Tragedy at Marsdon Manor P 43 – 67 (24 p.) – Die Tragödie von Marsdon Manor
Poirot has been asked to investigate the death of a Mr. Maltravers by the insurance company where the latter just recently had insured his life for 50.000 pounds. They suspected the man, who was on the verge to go bankrupt, to have committed suicide in order to provide his much younger wife with the insurance money. One gets to wonder about the elderly doctor…”life is full of discrepancies…” p. 52 And which role is Captain Black having?
Those who know Poirot well will also meet up again with Inspector Japp.

3 The Adventure of the Cheap Flat P. 69 – 94 (25 p.) – Die mysteriöse Wohnung
As Hastings points out, this case is not one of deduction, not somewhat backwards from the starting point of the crime, but rather the other way round. Hastings learns one evening from a young couple named Robinson about a too-good-to-be-true price for a Knightsbridge flat – 80 pound a year rather than the usal four to five hundred. But why was someone else told that the flat was already let? Now, that story peaks Poirot’s interest – although Hastings cannot describe much but the pleasant looks of delightful Mrs. Robinson: “Always you have had a penchant for auburn hair” as Poirot will well remark p 76.
But why has the couple moved in much earlier than they had told?
And again, we will meet Japp.
Contemporary:
The story is from in between World War I and II – yet there is already knowledge that the Japanese would be interested in naval plans on US harbour defenses.
And all Italian villains are Mafia or Camorra, whatever, of course.

4 The Mystery of Hunter’s Lodge P. 95 – 118 (23 p.) – Das Mysterium von Hunter’s Lodge
While Poirot is recovering from the flu, a Mr. Roger Havering comes to call. His beloved uncle had been murdered in Derbyshire at Hunter’s Lodge. Hasting offers to go and consult with Poirot daily and carry out his friend’s instructions. Japp is in charge of the investigations: “Rather the case of the cart without the horse, your being here without him, isn’t it?” p. 101 he points out to Hastings much to the latter’s displeasure. So, now what is it with the housekeeper?
Contemporary:
Nice to learn what the average English will think about the average US person – “Americans that I’ve met are mostly clean-shaven.” P 108
The reader will find this story to have certainly taken place prior to the ages of CSI and so forth.

5 The Million Dollar Bond Robbery P. 119 – 136 (17 p.) – Der raffinierte Aktendiebstahl
Again, we learn about Poirot’s “mal de mer” – which prevents him to investigate on board the Olympia where the Liberty Bonds have been stolen. Mr. Philip Ridgeway was in charge of them then and now his fiancée asks for Poirot’s help. Now you will come to see what Hastings describes as Poirot’s “…eyes beginning to flicker with the green light I knew so well.” P. 125. Why is someone trying to break open a lock he has a key for? “..eh bien to the intelligence of Hercule Poirot the case is perfectly clear, but for the benefit of others, not so greatly gifted by the good God…” p. 130.

6 The Adventure of the Egyptian Tomb P. 137 – 164 (27 p.) – Das Abenteuer des ägyptischen Grabes
The discovery of the Tomb of King Men-her-Ra in Egypt ist followed by a strange series of death: two of his discoverers die and the nephew of one of them, who had been paying a visit. All occurs within a month.
So now, when the son of one of the discoverers decides to take on his late father’s work, his mother is worried enough to ask Poirot for help.
Alas, let’s go to Egypt, Hastings! Quite despite the well know issue about being on board a ship…
Note: You really learn how AC has a liking for excavations – as seen already in “The Man in the Brown Suit”. No wonder whom she will marry later in life!
The author will place other books’ settings in Egypt: “Murder in Mesopotamia” (1936) – „Mord in Mesopotamien” (AC 19, Poirot), “Death on the Nile” (1937) - „Tod auf dem Nil” (AC 22, Poirot) and “Death comes as the End” (1944 für die USA, ’45 für UK) - “Rächende Geister” (AC 35).
Agatha Christie also treats paranormal issues several times in her books, such as
• a séance in “The Sittaford Mystery” (1931) – “Das Geheimnis von Sittaford” (AC 11),
• another in "Dumb Witness" (1937) - "Der ballspielende Hund" (AC 21)

• a kind of voodoo in “Evil under the Sun” (1941)– “Das Böse unter der Sonne” (AC 29, Poirot),

• some slightly esoteric stories in “The Mysterious Mr. Quin” (1930) – “Der seltsame Mr. Quin” (AC)
• and one of the stories from “The Thirteen Problems”(1932) - “Der Dienstagabend-Klub” (AC, Miss Marple),”The Idol House of Astarte” - “Der Tempel der Astarte”.

7 Jewel Robbery at the Grand Metropolitan P. 165 – 194 (29 p.) - Der Juwelenraub im Grandhotel
Hastings has “money to burn” and makes Poirot join him on a trip to Brighton’s Grand Metropolitan hotel. After dinner, they chat with the rich Opalsens, the wife displaying precious jewelry. Poirot entertains the group with his virtues related to recovering precious gems, so Mrs. Opalsen decides to go upstairs to fetch a particularly wonderful necklace. She will not return downstairs…
Hm. How could anybody be sure that someone leaves a room twice? It might have been just once, after all?

8 The Kidnapped Prime Minister P. 195 – 230 (35 p.) – Der entführte Premierminister
Hastings goes back in time to right after World War I while he had a recruiting job – before, the story to follow was top secret: Prime Minister David MacAdam has just escaped assassination. Hastings and Poirot are soon to learn from their visitors, that MacAdam had been kidnapped little later – and will need to be freed by tomorrow, so he may attend the Allied Conference at Versailles: “(“The Pacifist propaganda, started and maintained by the German agents in our midst, has been very active. …His absence may have the most serious results – possibly a premature and disastrous peace.” P. 201.
Ah, les Boches!
We meet Japp again – and Agatha Christie again forces the poor Poirot to go on board of a boat…
Contemporary: What to hold against somebody? “he is an Irishman from County Clare” P. 212 (in this case, that is almost as bad as being German – remember the year!)

9 The Disappearance of Mr. Davenheim P. 231 – 257 (26 p.) – Das Verschwinden Mr. Davenheims
Japp is visiting Poirot and Hastings for tea (or sweet hot chocolate, as for Poirot). He is to investigate where banker Davenheim disappeared to. His safe has been emptied. Might Mr. Lowen help, the last guest that came to visit, but never managed to meet Davenheim?
Japp starts to bet against Poirot on who will be quicker to solve the case – well, I rather would not – like robbing a child…

10 The Adventure of the Italian Nobleman P. 259 – 279 (20 p.) – Die Abenteuer des italienischen Edelmannes
Dr. Hawker, neighbor, friend and admirer of Poirot’s, drops in time and again. One of those evenings, he gets summoned by his house keeper: his patient, Count Foscatini, phoned to tell he was killed. Hastings, Poirot and the doctor rush for the Count’s flat, only to find him dead. Which role do his two dinner guests have? Now, is it one “of these Italian vendetta things”? p. 270
Hm. Who draws curtains according to some precise timing, though?

11 The Case of the Missing Will P. 281 – 298 (17 p.) – Das fehlende Testament
Young Miss Violet Marsh is not the kind of woman that Hastings will like – too self-sufficient, too “modern”. She tells Poirot that she, orphaned, was grown up by her late uncle, who was very opposed to the education of women (although fond of his niece otherwise). Now, his will is somewhat peculiar: his niece may live in his house for a year from his death – “during which time my clever niece may prove her wits” p. 284 – after that, all his belongings pass to charitable institutions. So off the search goes.

Spoiler-Alarm, bewusst in deutscher Sprache:
Der Spaß besteht für den Leser wohl am ehesten darin, alle Hinweise zu bekommen und mitzuermitteln – um dann am Ende doch gerade noch besser als Hastings dazustehen (natürlich NIE soooo schlecht wie Hastings selbst). Bei diesen Kurzgeschichten hat man irgendwann so eine Art Muster vor Augen, so einen Trick mit doppeltem Boden – das ist dann nicht mehr wirklich so lustig. Lt. Wikipedia hatte sich die Autorin über diese Sammlung mit ihrem Verleger komplett zerstritten und empfand nichts mehr für dieses Werk, weshalb es auch – im Gegensatz zu sonst – keine Widmung hat. https://de.wikipedia.org/wiki/Poirotrechnetab
Vielleicht erklärt das gewisse Schwächen.


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