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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.07.2023

Starkes Thema schwach umgesetzt

Das Leben, das uns bleibt
5

Wir lesen die Geschichte von Ruth und ihrer Familie, die im 2. Weltkrieg aus Breslau nach Freiburg fliehen. Ruth muss ihren Geliebten Ilan zurücklassen, aber das Familiengeheimnis reist mit – Ruths Mutter ...

Wir lesen die Geschichte von Ruth und ihrer Familie, die im 2. Weltkrieg aus Breslau nach Freiburg fliehen. Ruth muss ihren Geliebten Ilan zurücklassen, aber das Familiengeheimnis reist mit – Ruths Mutter hat jüdische Wurzeln. Der Vater hat alles getan, um diesen Umstand zu verschleiern. Er hat sogar den ältesten Sohn an die Front geschickt, um als guter Deutscher zu gelten. In Freiburg geht es der Familie gut, jeder geht seinen Weg. Ruth heiratet in eine gut situierte Juweliersfamilie ein. Die Ehe wird unglücklich und Ruth muss sich nicht nur mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, um ihr Leben zu ordnen.
Der Schreibstil ist nicht einfach, zuweilen wirkt er sehr langatmig – an manchen Stellen direkt pathetisch, was den Spannungsaufbau etwas behindert. Es gibt viele Wiederholungen, besonders Ruths Unglück in ihrer Ehe wird ausgiebig ausgebreitet. So habe ich mich beim Lesen durchaus schwer getan. Zu Anfang gefiel mir Ruth als Hauptprotagonistin noch gut, jedoch verhielt sie sich meiner Meinung viel zu passiv. Davon dass sie sich behauptet, wie im Klappentext angekündigt, keine Spur. Sie ist eine sehr schwache Protagonistin, suhlt sich im Selbstmitleid, lässt sich von den übergriffigen Schwiegereltern und von ihrem Ehemann alles gefallen und versteckt sich hinter Heimlichkeiten. Kämpfen und sich behaupten sieht anders aus. Als ein Handeln unausweichlich ist, ist nicht sie es, die die Fäden in die Hand nimmt, sie lässt sozusagen kämpfen. Es wäre meines Erachtens der Geschichte sehr zuträglich gewesen, sie aus der Sicht von Ruths Bruder Jo zu erzählen, der zwar sehr selbstgerecht und starrköpfig an seiner Meinung zu den Kriegsfolgen festhält, aber auch konsequent kämpft und hart gegen sich selbst denen hilft, die am meisten unter diesen Kriegsfolgen leiden. Das komplett rosarote Happy End, das extrem dick aufgetragen ist und nicht so richtig zur Geschichte passen will, hat meine Einstellung zu diesem Buch nicht zum Positiven verändert. So bleibt das Buch weit hinter meinen Erwartungen zurück. Das ist ziemlich schade, denn eigentlich könnte man aus dem zugrunde gelegten Thema zum Umgang mit dem enteigneten Besitz der Juden im „Tausendjährigen Reich“ eine hoch spannende Geschichte machen. Das ist hier meines Erachtens nicht gelungen, so dass ich leider dieses Buch nicht empfehlen kann.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 01.07.2023

Eine Reise zu den Faröer-Inseln

Of Thunder and Rain (Färöer-Reihe 1)
0

Lina führt ein B&B auf den Faröer-Inseln, obwohl sie eigentlich lieber studieren möchte. Allerdings glaubt sie, ihren Vater nicht alleine lassen zu können.
Auch Louay ist in einem Leben gefangen, ...

Lina führt ein B&B auf den Faröer-Inseln, obwohl sie eigentlich lieber studieren möchte. Allerdings glaubt sie, ihren Vater nicht alleine lassen zu können.
Auch Louay ist in einem Leben gefangen, das er so nicht will. Er schreibt Liebesromane unter einem Pseudonym, das er gerne loswerden möchte. Um Inspiration zu finden, reist er auf die Faröer und mietet sich bei Lina ein.

Der locker leichte Schreibstil, die ständig wechselnde Perspektive zwischen Lina und Louay und die ausführliche Beschreibung der Landschaft haben mir sehr gut gefallen. Trotzdem bin ich von Anfang bis Ende das Gefühl nicht losgeworden, dass ich nicht zur Zielgruppe dieses Romans gehöre. Ich hätte ihn eher in die Sparte "Jugendliteratur" eingereiht. Beide Protagonisten kommen mir sehr unreif und unfertig vor. Sie verhalten sich wie Teenager, die zum ersten Mal verliebt sind. Das finde ich ziemlich nervig.
Ein Pluspunkt des Romans ist die Wahl des Handlungsortes. Die Faröer-Inseln sind da so ungewöhnlich, dass es sich alleine dafür doch gelohnt hat, das Buch zu lesen. Daraus folgt für mich eine etwas eingeschränkte Leseempfehlung. Ob ich allerdings einen weiteren Band lesen möchte, weiß ich noch nicht.

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Veröffentlicht am 29.06.2023

Wie im wirklichen Leben

Wieso? Weshalb? Warum? junior. Wir sind Geschwister
0

Hier haben wir wieder ein gelungenes Werk zum Vorlesen und alleine lesen aus der WiesoWeshalbWarum-Reihe vor uns. Sehr hübsch gezeichnet und kindgerecht erklärt erleben wir den Geschwister-Alltag ...

Hier haben wir wieder ein gelungenes Werk zum Vorlesen und alleine lesen aus der WiesoWeshalbWarum-Reihe vor uns. Sehr hübsch gezeichnet und kindgerecht erklärt erleben wir den Geschwister-Alltag im Rahmen von verschiedenen Familienmodellen mit. Alleinerziehende finden sich hier ebenso wieder wie Patchwork-Familien, auch Menschen mit Migrationshintergrund kommen nicht zu kurz. So können unsere Kinder vorurteilsfrei lernen, dass sie mit ihren Sorgen und ihrer Freude im Geschwister-Dasein nicht alleine sind. Die kurzen Texte bieten ebenso wie die bunten Bilder zahlreiche Möglichkeiten zum Einhaken und weiter erklären, zum fragen "Wie ist es denn bei Euch so?" oder "Wie siehst Du das?", um eine Brücke zum eigenen Erleben des Kindes zu schlagen.
Gerne empfehle ich auch diesen Teil der sehr gut gemachten Reihe uneingeschränkt weiter.

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Veröffentlicht am 20.06.2023

Als Europa zusammenrückte

Bergleuchten
0

Wir lesen die Entstehungsgeschichte des Gotthard-Tunnels, der im 19. Jahrhundert zwischen Göschenen und Airolo in den Berg getrieben wird. Aus der Sicht der Fuhrhalterstochter Helene Herger erleben ...

Wir lesen die Entstehungsgeschichte des Gotthard-Tunnels, der im 19. Jahrhundert zwischen Göschenen und Airolo in den Berg getrieben wird. Aus der Sicht der Fuhrhalterstochter Helene Herger erleben wir die Veränderungen, die der Ort Göschenen durch die Großbaustelle erfährt, aus erster Hand mit. Sie verliebt sich in Piero, einen der italienischen Arbeiter und muss dadurch mit zahlreichen Schwierigkeiten fertig werden.

Sehr eindringlich und nachvollziehbar schildert die Autorin die Vorkommnisse während des Tunnelbaus, die Ausbeutung und Diskriminierung der Arbeitskräfte, das Misstrauen der Dorfbewohner und den Unfrieden, der durch Gegner und Befürworter des Baus entsteht. Die Dorfbewohner sind voller Angst vor dem Neuen, das ihnen bevorsteht. Zeitweise hatte ich das Gefühl, unmittelbar dabei zu sein. Helene gefällt mir gut, bei aller Verliebtheit und Romantik steht sie doch mit beiden Beinen auf dem Boden und weiß, was das Beste für sie ist. Piero ist ein bisschen anders, er baut Luftschlösser und weiß nicht so richtig, was er will. Die Liebesgeschichte der Beiden ist gut in die gründlich recherchierten historischen Ereignisse eingebettet, beides passt gut zusammen.
Was mir gefehlt hat, ist eine Karte oder Lageskizze an Anfang oder Ende des Buches, damit ich mir die räumlichen Gegebenheiten besser vorstellen kann.
Ansonsten wurde ich durchgehend gut unterhalten und habe wieder ein bisschen Geschichtswissen angesammelt. Deshalb kann ich dieses Buch guten Gewissens weiterempfehlen.


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Veröffentlicht am 05.06.2023

Traurige Familiengeschichte

Die Reisenden der Nacht
7

Wir lesen die Geschichte der „reinblütigen“ Deutschen Ally Keller, die kurz vor Beginn des Nazi-Regimes ein Kind von dem farbigen Musiker Marcus bekommt. Sie verpasst den Zeitpunkt mit Mann und Kind aus ...

Wir lesen die Geschichte der „reinblütigen“ Deutschen Ally Keller, die kurz vor Beginn des Nazi-Regimes ein Kind von dem farbigen Musiker Marcus bekommt. Sie verpasst den Zeitpunkt mit Mann und Kind aus Deutschland zu verschwinden und zieht ihre Tochter Lillith alleine auf. Um Pöbeleien und Übergriffen zu entgehen, geht sie mit dem Kind nur nachts auf die Straße. Trotzdem droht Lillith Zwangssterilisation oder Schlimmeres. Deshalb schickt Ally ihre Tochter mit dem jüdischen Ehepaar Herzog und gefälschten Papieren nach Kuba, wo Lillith aufwächst und ihrerseits eine Tochter bekommt. Nachdem ihr Mann bei den Unruhen wegen der Machtergreifung Castros ums Leben kommt, muss sie ebenfalls eine schwere Entscheidung treffen.
Der Schreibstil Correas ist sehr ruhig und sachlich, fast ein bisschen emotionslos, trotzdem hat mich die tragische Geschichte gleich gepackt. Gerade diese Sachlichkeit macht das Unbegreifliche begreifbar, auch wenn es trotzdem schwer ist sich vorzustellen wie man ein Kind quasi in der Nacht großziehen kann. Die Geschehnisse in Deutschland schildert der Autor ebenso eindringlich wie die Ereignisse der Revolution auf Kuba. Hier merkt man die gründliche Recherche. Hilfreich finde ich auch die Erläuterungen zu historischen Ereignissen am Ende des Buches, die mir das Verstehen einiger Abschnitte sehr erleichtert haben.
Diese Geschichte hat mich wirklich traurig gemacht, an manchen Stellen musste ich das Buch weglegen, weil mir die Tragik einfach zu viel wurde. Trotzdem hat es mir sehr gut gefallen, denn Geschichten wie diese müssen erzählt und gelesen werden. Ich vergebe aus vollem Herzen fünf Sterne.

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