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Veröffentlicht am 04.07.2023

Mitreißender Roman über Fotografie und Deutsche Geschichte

Das Licht im Rücken
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Als der Tüftler Oskar Barnack 1914 einen handlichen Fotoapparat entwickelt, stößt er in den Optischen Werken der Firma Leitz in Wetzlar auf große Widerstände. Doch der Inhaber Leitz der Zweite - wie er ...

Als der Tüftler Oskar Barnack 1914 einen handlichen Fotoapparat entwickelt, stößt er in den Optischen Werken der Firma Leitz in Wetzlar auf große Widerstände. Doch der Inhaber Leitz der Zweite - wie er genannt wird - , glaubt an die Leica und beginnt mit der Produktion, womit er einen Durchbruch in der Fotografie anstößt. Während die Leitz-Söhne in die Firma einsteigen, geht die selbstbewusste Tochter Elsie gezwungenermaßen einen anderen Weg. Und Milan, dessen jüdischer Vater ein guter Freund Leitz' ist, soll den florierenden Laden seiner Eltern übernehmen. Als die Nazis ab den 20er Jahren die Macht übernehmen, drohen allen Enteignungen und Repressionen, doch die kleine Leica beeinflusst ihr Schicksal ....

Sandra Lüpkes hat hervorragend recherchiert und erzählt in "Das Licht im Rücken" nicht nur die Geschichte der Fotografie im 20. Jahrhundert auf eine packende Art, sondern es ist ihr auch ein außergewöhnlicher Familien- und Gesellschaftsroman gelungen. Überaus eindringlich tritt die Entwicklung der Rechten zutage und ihr Einfluss auf die Firma und jeden Einzelnen, was mich ganz besonders berührte und teilweise nicht leicht zu ertragen war.

Auf den Schreibstil der Autorin musste ich mich zunächst einlassen; ich empfand ihn zunächst als etwas ungewöhnlich. Deutlich war zu erkennen, dass Sandra Lüpkes in diesem historischen Roman einen ganz anderen Stil pflegt als in ihren früheren Inselkrimis. Doch schon recht schnell packte mich die Geschichte voll und ganz.

Während anfangs die einzelnen Personen für sich agierten, ergaben sich immer mehr Verbindungen untereinander und mit der Geschichte der Leica, so dass das Gesamtbild immer runder wurde. Und so gelang es der Autorin, mich tief in die Handlung hineinzuziehen und unbedingt weiterlesen zu wollen - auch ohne eine atemlose Spannung zu kreieren. Ich war enttäuscht, als das Buch ausgelesen war, da die wahre Geschichte ja noch weitergeht; allerdings gibt es glücklicherweise keine offenen, unbefriedigenden Enden.

Die Figuren sind mehrdimensional und äußerst authentisch entwickelt und ich nahm intensiv teil an ihren Leben und Entscheidungen. Obwohl die Erzählperspektive eine auktoriale ist, empfand ich sie oftmals als neutral, so dass ich das Geschehen tatsächlich aus einer übergeordneten Perspektive wahrnahm und keine tiefe Bindung zu den Figuren aufbauen konnte. Diese Tatsache konnte jedoch Freude, Not und Grauen nicht verschleiern.

Da ich Wetzlar gut kenne und die Größe der Leitz-Werke heute vor Augen habe, fand ich den örtlichen Bezug besonders interessant; eine Ortskenntnis ist jedoch keinesfalls erforderlich für den Lesegenuss.

Der zunächst unklare Titel des Buches "Das Licht im Rücken" wiederholt übrigens ein Zitat aus dem Buch und wird im Laufe der Handlung deutlich. ;)

In einem Nachwort gibt es interessante Zusatzinformationen, die auch nochmals verdeutlichen, wie umfangreich und detailgenau Sandra Lüpkes recherchiert hat.

Für Fotografie-Begeisterte und Wetzlarer ist dieser Roman sicher ein Muss, aber auch jeder andere LeserIn kann "Das Licht im Rücken" mit Genuss lesen! Ich wünsche mir noch viel mehr solcher fantastisch recherchierten historischen Romane.

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Veröffentlicht am 11.06.2023

Der Dillenburger Großbrand

Die Feuermagd von Dillenburg
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1723. Die Magd Philippa und der Gerichtsschreiber Caspar lieben sich, doch kann ihre LIebe den Standesunterschied überwinden? Caspars Vater will einer Eheschließung seinen Segen verweigern. Doch dies ist ...

1723. Die Magd Philippa und der Gerichtsschreiber Caspar lieben sich, doch kann ihre LIebe den Standesunterschied überwinden? Caspars Vater will einer Eheschließung seinen Segen verweigern. Doch dies ist nicht die einzige Sorge Philippas, denn ihre unverheiratete Freundin Elsa wird wegen KIndstötung angeklagt. Als dann ein großes Feuer ausbricht, das große Teile der Stadt vernichtet und in dem viele Menschen alles verlieren, richtet sich der Zorn der Dillenburger gegen die Feuermagd ....

Ingrid Kretz hat hervorragend recherchiert und auf der Grundlage historischer Fakten einen höchst authentischen Roman geschrieben, der seine LeserInnen in die Welt des 18. Jahrhunderts führt. Der wunderbar flüssige, unaufgeregte Schreibstil konzentriert sich weniger darauf, Höchstspannung zu erzeugen, sondern die Stimmungen und das Leben der Menschen anschaulich darzustellen und zieht so seine LeserInnen in seinen Bann.

Eher ungewöhnlich ist, dass nicht die namensgebende "Feuermagd" und ihr Leben im Zentrum der Geschichte steht, sondern aus Philippas Sicht erzählt wird; ihre Gefühle und Gedanken zu den Geschehnissen führen durch die Handlung und bilden nicht selten auch einen Kontrast zu den Ansichten ihrer Mitmenschen, der Kirche und des wütenden Mobs, der die Feuermagd brennen sehen will, und machen so viele Grausamkeiten erträglicher. Auffallend ist, dass gerade Philippa und Caspar sehr "moderne" Meinungen vertreten, die aber stimmig in das historische Umfeld eingebettet sind.

Überhaupt bestechen die Hauptfiguren durch ihr großes Herz und ihre überaus sympathischen Haltungen. Sie sind mehrdimensional, authentisch und liebevoll angelegt und es gelang leicht, mit ihnen mitzufühlen. Doch auch die Nebenfiguren beschreibt die Autorin sehr anschaulich.

Abgerundet wird das Buch durch zwei Karten von Dillenburg und Umgebung sowie ein Personenverzeichnis, in dem historische Personen gekennzeichnet sind, am Anfang des Bandes sowie ein ausführliches Nachwort der Autorin, in dem die geschichtlichen Fakten, auf denen die Handlung basiert, von fiktiven abgegrenzt werden.

Ingrid Kretz gelang es, mich auf einen interessanten Ausflug mitzunehmen ins Jahr 1723 und ich empfehle "DIe Feuermagd von Dillenburg" gerne weiter.

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Veröffentlicht am 29.05.2023

Ein berührender Roman über die Stellung der Frau 1841

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie
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1841. Elise Spielmann, älteste Tochter in einer Musikerdynastie, träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden, doch im 19. Jahrhundert war das öffentliche Musizieren für Frauen noch immer anrüchig. ...

1841. Elise Spielmann, älteste Tochter in einer Musikerdynastie, träumt davon, eine gefeierte Violinistin zu werden, doch im 19. Jahrhundert war das öffentliche Musizieren für Frauen noch immer anrüchig. Stattdessen steht sie kurz vor der Hochzet mit dem deutlich älteren Adam Jakobi, den offenbar Geheimnisse mit ihrem Vater verbinden. Als sie zufällig Christian Hildebrand kennenlernt, früheres Wasenkind und Theatermalergehilfe, verlieben sich beide heftig ineinander, wohl wissend, dass ihre LIebe keine Chance haben kann ....

"Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie" ist der Auftakt zu einem Dresden-Epos der Autorin Anne Stern, die bereits in der Bestseller-Reihe um die Hebamme "Fräulein Gold" große Erfolge feiern konnte; und ich bin sicher, dass dieses Epos daran anknüpfen kann,

Die Historikerin hat wieder hervorragend recherchiert und führt ihre Leser in das 19. Jahrhundert; es gelingt ihr meisterhaft, ein Bild der damaligen Gesellschaft, der sozialen Verhältnisse und vor allem der Rolle der Frau zu zeichnen. die zu dieser Zeit den Männer absolut untergeordnet war und sich den Wünschen ihres Vaters bzw. Ehemannes zu fügen hatte, ohne eigene Träume verwirklichen zu dürfen. Neben Luise berührt auch das Schicksal der Primaballerina Mademoiselle Koch, die von einem verheirateten Mann schwanger wird und alles verliert oder der Jugendfreundin Elises, die schuldhaft geschieden wird, ihre Kinder verliert und mittellos dasteht, nachdem sie etwas Aufmerksamkeit außerhalb der Familie sucht.
Und auch die politischen Lage findet sich wieder; die Menschen wollten Meinungs- und Pressefreiheit, ein Mitspracherecht in der Politik und insgesamt mehr Rechte - nach den unbefriedigenden Beschlüssen auf dem Wiener Kongress 1815 , und so lesen wir auch von den Stimmungen und aufrührerischen Reden in Christians Kreisen.

Anne Stern erzählt bildgewaltig in schöner Schreibweise und hier auf ruhige Art und Weise. Auch, wenn ich natürlich mit Luise mitlitt, stand weniger die Spannung als die allgemeine Stimmung im Vordergrund. Das nicht unbedingt überraschende Ende fügt alle Stränge zusammen.

Die Figuren sind mehrdimensional, authentisch und mit viel Gespür entwickelt. Neben den Hauptfiguren erzählt Anne Stern auch von zahlreichen weiteren Charakteren im Umfeld der Oper, die letztlich alle miteinander verbunden sind. Und wenn auch die Liebe immer wieder thematisiert wird, ist dies alles andere als kitschig; eher wird in ihrem Umfeld die soziale Stellung verdeutlicht.

Im Mittelpunkt des Romans steht - neben Elise Spielmann - Dresden und die gerade fertiggestellte Semper Oper. Und aus jedem Kapitel spricht die große Liebe der Autorin zur Musik.

"DUnkel der Himmel, goldhell die Melodie" ist ein berührender, athmosphärischer historischer Roman, den ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 10.04.2023

Mit Spaß die Englischkenntnisse verbessern/auffrischen

Pride and Prejudice / Stolz und Vorurteil - 6 Teile Softcover - (Buch + Audio-Online) - Lesemethode von Ilya Frank - Zweisprachige Ausgabe Englisch-Deutsch
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Der 1813 entstandene Roman "Stolz und Vorurteil" ist das bekannteste Werk der britischen Schriftstellerin Jane Austen, zugleich Liebesroman und auch eine zeitgenössische Studie der englischen Gesellschaft ...

Der 1813 entstandene Roman "Stolz und Vorurteil" ist das bekannteste Werk der britischen Schriftstellerin Jane Austen, zugleich Liebesroman und auch eine zeitgenössische Studie der englischen Gesellschaft am Beginn des 19. Jahrhunderts. Auch heute noch erhält dieser Roman große Aufmerksamkeit infolge unzähliger Auflagen, mehrerer Verfilmungen und sogar einer Umsetzung als Broadway-Musical.
Insofern möchte ich auf den Inhalt hier nicht näher eingehen, sondern diesen als bekannt voraussetzen.

Als ich nun von dieser zweisprachigen Ausgabe nach der Lesemethode von Ilya Frank las, wollte ich gerne die Gelegenheit nutzen, dieses (auch mir wohlbekannte) Werk in der Originalsprache zu lesen, da gerade der Wortwitz und die sprachliche Umsetzung das Besondere an Jane Austens Werken sind. Darüberhinaus erschien mir die neuartige Lesemethode von Ilya Frank geeignet, meine seit der Schulzeit vor über 40 Jahren verstaubten Englischkenntnisse wieder aufzufrischen.

Bei dieser Lesemethode wird zunächst der englische Original-Satz in fett gedruckt und in einzelne Abschnitte unterteilt, worauf eine grün gedruckte wörtliche Übersetzung folgt. Neue, schwierige Wörter werden zudem in Lautschrift angezeigt. Nach einem Absatz in dieser Weise folgt noch einmal der zusammenhängende englische Text.
Je nachdem, wie fit sich der Leser nun auf Englisch fühlt, kann man abschnittsweise mit Übersetzung lesen oder direkt den englischen Text und dann einzelne Wörter problemlos nachschauen.
Ich muss allerdings zugeben, dass ich an einzelnen Stellen auch mit der deutschen Übersetzung nicht wirklich schlauer war als zuvor. ("Sie fanden Mary wie üblich vertieft in das Studium von Generalbass und menschlicher Natur, und hatte einige Exzerpte zu bewundern.") Insgesamt merkte ich jedoch, wie ich immer schneller und flüssiger mit dem englischen Text zurechtkam und mich verbesserte.

Sehr gut gefiel mir auch der Link zum integrierten Hörbuch, um das zunächst Gelesene und so Verstandene auch noch einmal zu hören und so ein noch besseres Sprachgefühl zu erhalten; allerdings war die Sprachgeschwindigkeit schon recht anspruchsvoll.

Insgesamt hat mir die Lektüre viel Spaß bereitet und ich kann sie definitv zur Verbesserung der eigenen Englisch-Kenntnisse empfehlen; allerdings halte ich gewisse erweiterte Grundkenntnisse für notwendig. Die MEthode nach Ilya Frank werde ich mir definitv merken!

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Veröffentlicht am 10.01.2023

Entlarvend

Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig
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Tommy Jaud müsste eigentlich ein neues Buch schreiben - der Abgabetermin rückt näher und näher. Doch die kleinen Widrigkeiten des Alltags zwingen ihn immer wieder, das eine zu vernachlässigen, um anderes ...

Tommy Jaud müsste eigentlich ein neues Buch schreiben - der Abgabetermin rückt näher und näher. Doch die kleinen Widrigkeiten des Alltags zwingen ihn immer wieder, das eine zu vernachlässigen, um anderes zu tun....

Wir kennen es alle: Wenn man auf ein Paket wartet, das angeblich nur noch sieben Stopps entfernt ist und eigentlich ja gleich da sein müsste; wenn das Inbetriebnehmen des Saugroboters (oder wahlweise jedes anderen elektronischen Geräts) viel zu lange dauert, wie sehr eine Steuererklärung ausufern kann, wie kreativ man werden kann, um das abendliche Glas Wein zu rechtfertigen und und und.

Der Bestsellerautor Tommy Jaud erzählt in vielen kleinen Kurzgeschichten aus dem Leben, Geschichten, wie (fast) jeder Leser sie auf die ein oder andere Art sicher schon erlebt hat. Dabei übertreibt er natürlich schamlos und legt so den Finger in die Wunde. Oftmals musste ich beim Hören des Buches laut auflachen bei der hemmungslosen Verspottung der menschlichen Unzulänglichkeiten und konnte die immer wiederkehrenden Fragen "Geht das nur mir so? mit einem klaren Nein! beantworten.

Da es sich nicht um einen zusammenhängenden Roman handelt, lassen sich die einzelnen Episoden immer mal zwischendurch anhören, wenn der graue Alltag ein wenig Erheiterung braucht.

"Komm zu nix" wird vom Autor selbst gelesen und seine angenehme Stimme und die pointierten Betonungen an den richtigen Stellen garantieren ein tolles Hörvergnügen. Empfehlenswert!

Memo an mich: Meinen Physiotherapeutin als "Knetmännchen" benennen!

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