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Veröffentlicht am 15.03.2023

Viel Lokalkolorit, wenig Krimi. Aber das Gesamtpaket stimmt.

Madame le Commissaire und das geheimnisvolle Bild
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Isabelle Bonnet will eigentlich nur ihre Ferien genießen. Mit gutem Essen, einem Gläschen Wein und Kunst. Bei einer Vernissage stellt ihr Begleiter, der Kunstsammler Rouven Mardrinac, jedoch etwas ungeheuerliches ...

Isabelle Bonnet will eigentlich nur ihre Ferien genießen. Mit gutem Essen, einem Gläschen Wein und Kunst. Bei einer Vernissage stellt ihr Begleiter, der Kunstsammler Rouven Mardrinac, jedoch etwas ungeheuerliches fest. Der ausgestellte Matisse ist eine Fälschung und unter der Oberfläche entdeckt man bei der gründlichen Untersuchung den Hilferuf des Fälschers. Ist de Jong Opfer einer Entführung geworden? Ein zweiter Fall, den Madame le Commissaire, inoffiziell bearbeiten soll ist der plötzliche Herztod eines bekannten Politikers. Hängen beide Fälle zusammen und wie lässt sich das mir ihrem Urlaub verbinden?

Der Roman von Pierre Martin ist der vierte Teil einer Reihe um die Ermittlerin Isabelle Bonnet, auch Madame le Commissaire genannt. Für mich war es der erste. Die Bücher sind jedoch in sich abgeschlossen, so dass man sie auch unabhängig voneinander lesen kann. Ich jedenfalls hatte keine Probleme, mich mit den Akteuren vertraut zu machen und konnte der Handlung auch ohne Vorkenntnisse gut folgen. Der Krimi beginnt spannend, plätschert jedoch im Hauptteil nur so dahin, bevor er in einem unerwarteten Finale endet. Wer hauptsächlich darauf blickt, wird wohl enttäuscht werden. Aber das Buch ist soviel mehr als nur ein schnöder Krimi. Es ist eine Liebeserklärung an Frankreich und die französische Lebensart. Sehr plastisch und authentisch wird hier das savoir vivre dargestellt. Man hat das Gefühl, als säße man direkt in diesem kleinen Café in Fragolin, spürt die Hitze, hört das Klackern der Boule-Kugeln, schmeckt die Aromen des Rosés. Die Kommissarin scheint das Leben zu genießen, das gefällt mir an ihr. Ihr Verhalten Männern gegenüber ist ungewohnt und irritierend für mich, aber jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden. Für mich ist diese Kombination aus einem leichten Krimi, der in der Sommerhitze nicht zu sehr überfordert und der wunderbaren Schilderung von Land und Leuten sehr gut gelungen. Das Gesamtpaket ist stimmig und überzeugt. Der Fall wirkt realistisch und passt perfekt in die Umgebung. Nur schade, dass ich mit der Protagonostin nicht so recht warm geworden bin, aber ich werde ihr noch eine Chance geben, denn das Drumherum hat mir gut gefallen.

Warnung: Bei diesem Buch bekommt man sofort Lust in die Provence zu fahren. Man kann sich aber auch einfach nur ein schönes Gläschen Wein einschenken, sich mit dem Roman auf die Terrasse/den Balkon setzen und anfangen zu lesen. Das Frankreichgefühl kommt dann von ganz allein.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Dieses Buch polarisiert

Vermählung
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Eine Jane Austen lebt von ihrer viktorianischen Zeit, von den Zwängen und Konventionen. Von den Vorurteilen und strengen Sitten. Sie in die heutige Zeit zu übertragen ist nicht einfach, wenn nicht gar ...

Eine Jane Austen lebt von ihrer viktorianischen Zeit, von den Zwängen und Konventionen. Von den Vorurteilen und strengen Sitten. Sie in die heutige Zeit zu übertragen ist nicht einfach, wenn nicht gar unmöglich. Ich denke, dass Curtis Sittenfeld dieser Spagat doch fast gelungen ist. Auch wenn manche Szenarien in diesem Buch nahe an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit sind, diese oft sogar noch überschreiten, ein Klischee das andere jagt, sehe ich doch große Ähnlichkeiten. War nicht auch Jane Austen eine, die zu ihrer Zeit Empörung hervorgerufen hat? Eine, die ihre Grenzen überschritten hat. Die aufmüpfig war und rebellisch. So sind auch die Hauptcharaktere in diesem Buch. Sie weichen ab von der Norm, aber auch wieder nicht. Eigentlich sind es ganz normale junge Frauen, wie wir sie überall finden. Die Autorin hat sie lebendig dargestellt, man findet sofort Zugang zu ihnen. Sie kämpfen mit den üblichen Problemen unserer Zeit. Die sind von der Autorin gut ausgearbeitet, manchmal sogar zu gut, so dass die Geschichte teilweise zu slapstickhaft wirkt. Der Humor, den Sittenfeld verwendet ist nicht jedermanns Sache, er trifft hart und verletzt, er überschreitet Grenzen. Mich hat er bis fast zum Schluss gut unterhalten. Das Ende war mir leider etwas zu viel des Guten, da hätte ich auf die ein oder andere Seite verzichten können. Die dargestellte Reality-Show passt gut in unsere Zeit, aber leider nicht zu den Protagonisten, denn sie ist doch eher etwas für eine andere Schicht, als die hier dargestellte. Da aber der Sprachstil auf einem sehr hohen Niveau ist, die Seiten nur so dahinfliegen, konnte ich mich damit versöhnen. Ich bin mit meinen 50 plus vielleicht auch nicht die passende Zielgruppe, aber als Jane Austen Fan musste ich dieses Buch natürlich lesen. Man kann es nicht 1:1 mit dem Original vergleichen, das soll man bestimmt auch nicht. Aber es ist unterhaltsam, es ist witzig, es berührt, es regt zum Nachdenken an und es polarisiert. So wie es Jane Austen auch getan hat.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Zwei Kugeln Eis ...

Zwei Kugeln Glück mit Sahne
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Auroras Mann Matteo ist ständig auf der Suche nach einem neuen Projekt und läuft von einer Schuldenfalle in die nächste. Aurora soll dafür gerade stehen und sieht nur einen letzten Ausweg. Sie muss das ...

Auroras Mann Matteo ist ständig auf der Suche nach einem neuen Projekt und läuft von einer Schuldenfalle in die nächste. Aurora soll dafür gerade stehen und sieht nur einen letzten Ausweg. Sie muss das geerbte Eiscafe verkaufen, das ihr Vater Gino und ihre Tante Olivia in dem beschaulichen Küstenort Maratea führen. Die beiden wollen jedoch, dass Aurora vorher noch ein paar Tage in dem Eiscafe arbeitet, um zu sehen, was sie verliert. Und der Plan der Beiden geht auf und nicht nur das, denn da ist noch Nando, der Eismacher....


Roberta Gregorio hat einen wunderbar leichten, aber doch erfrischenden Sommerroman geschrieben. Ihr Schreibstil ist fesselnd und prickelnd, man mag sich gar nicht mehr trennen von diesem Buch, dessen Worte auf der Zunge zerfließen, wie das Eis. Denn fast glaubt man direkt dort zu sein, in der Casa del Gelato und vor den köstlichen Kreationen zu stehen. Diese werden einzeln vor jedem Kapitel so detailliert beschrieben, dass man sie richtig schmecken kann. Egal für welche Sorte man sich am Ende entscheidet, es kann nur die Richtige sein. So kann nur jemand schreiben, der Eis liebt, das merkt man. Das ist ein guter Schachzug der Autorin, denn so ist der Leser schon nach den ersten Sätzen gefangen. Aber auch von der Geschichte selbst ist man so schnell fasziniert, dass man das Buch gar nicht mehr weglegen mag. Italien ist so wunderschön beschrieben, man spürt den Wind in den Haaren und hört das Meer rauschen. Spürt die flirrende Hitze und ahnt, wie das Eis nicht nur Abkühlung, sondern auch puren Genuss bringen kann.Diese Atmosphäre wurde sehr gut eingefangen, fast als wäre man selbst dabei. Ich hatte den großen Drang das Buch quasi in einem Zug durchzulesen und hinterher hatte ich nur noch auf eines Lust. Auf eine schöne Kugel Eis! Oder auch zwei. Die Charaktere, bis auf wenige Ausnahmen, waren durch und durch sympathisch und wirkten durch ihre lebendige Beschreibung sehr authentisch. Alles in allem das perfekte Buch für den Sommer, fast schon ein kleiner Urlaubsersatz. wer es, wie ich, an einem heißen, sonnigen Sommertag liest, braucht nur noch eines zum Glück: Zwei Kugeln Eis, für mich aber lieber ohne Sahne.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Ein sehr berührendes Stück Zeitgeschichte

Die Stunde unserer Mütter
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Zweiter Weltkrieg 1940: Maria lebt in einer bayerischen Kleinstadt und nimmt Vivien, die Ehefrau ihres Bruders Philipp und deren Tochter Antonia, bei sich auf, um sie, da sie Engländerin ist, vor den Nazis ...

Zweiter Weltkrieg 1940: Maria lebt in einer bayerischen Kleinstadt und nimmt Vivien, die Ehefrau ihres Bruders Philipp und deren Tochter Antonia, bei sich auf, um sie, da sie Engländerin ist, vor den Nazis zu schützen. Philipp kümmert sich heimlich um Juden und möchte seine Familie in Sicherheit wissen. Die beiden Frauen mögen sich nicht besonders, im Gegensatz zu den beiden Töchtern, die sich anfangs gut verstehen. Im Laufe der Zeit wächst zwischen Maria und Vivien aber doch eine Freundschaft heran und auch Anna und Antonia werden nach kleinen Eifersüchteleien wieder zu guten Freundinnen.

Katja Maybach hat Original Feldpostbriefe und Tagebucheintragungen ihres eigenen Vaters verwendet, die dieser zwischen 1940-1945 nach Hause schickte, um daraus diese Geschichte zu schreiben. Sie hat um diese Notizen ein fiktives Geschehen gewoben, das dem Leser die Ängste und Sorgen der daheimgebliebenen Frauen und Kinder nahe bringt. Die Autorin hat einen wunderbaren Roman geschaffen, der große Emotionen zeigt und erschreckend real wirkt. Für mich war es das erste Buch dieser Autorin und es wird sicherlich nicht mein letztes sein. Ihr außergewöhnlich schöner Schreibstil, der den Leser richtig fesselt, ihn nachhaltig berührt und betroffen macht, ist sehr gefühlvoll und lässt das Gelesene noch lange im Kopf nachhallen. Das Schicksal dieser vier Frauen wirkt kein bischen aufgesetzt, sondern geradezu authentisch und lebendig. Das liegt sicher auch daran, dass die Protagonistinnen ihre Ecken und Kanten haben und ihre Schwächen auch offen zeigen dürfen. Das macht sie nicht immer sympathisch, aber man kann sie dennoch verstehen und ihre Taten akzeptieren. Die schrecklichen Ereignisse in den letzten Kriegsjahren werden nur am Rande gestreift, primär geht es in diesem Buch um Gefühle. Um Liebe und Eifersucht, um Angst und Verlust, um Mut, aber auch um Hoffnung und Freude. Ich konnte mich gut in die einzelnen Personen hineinversetzen, habe mitgelitten und auch die ein oder andere Träne verdrückt. Dabei gelingt es der Autorin stets ein sehr hohes Niveau aufrechtzuerhalten, sie driftet nie ins Kitschige ab. Die realen Ereignisse sind sehr gut recherchiert, benennen aber die Orte nicht namentlich, so dass es überall in Deutschland passiert sein konnte. Was auch leider den Tatsachen entspricht. Ich kann dieses Buch nur allen ans Herz legen. Es sollte für uns eine Pflichtlektüre werden, gerade jetzt in dieser Zeit, in der die Nazis wieder mehr Zulauf finden. Das darf nie wieder passieren. Und wir Mütter und Frauen sollten dafür kämpfen. Danke, liebe Katja Maybach, für dieses wunderbare Buch!

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Der Brief

Der Brief
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Die Journalistin Marie lebt glücklich mit ihrer Lebensgefährtin in Hamburg, bis sie eines Tages einen mysteriösen Brief erhält, der ihr komplettes Leben in Frage stellt. Einer längst vergessene Schulfreundin ...

Die Journalistin Marie lebt glücklich mit ihrer Lebensgefährtin in Hamburg, bis sie eines Tages einen mysteriösen Brief erhält, der ihr komplettes Leben in Frage stellt. Einer längst vergessene Schulfreundin erzählt in darin von Maries Krankeit und einem Leben mit Ehemann Victor in Paris. Nachforschungen verwirren sie nur noch mehr und als Marie in Paris in ein Leben tritt, das ihr seltsam bekannt vorkommt weiß sie nicht wie ihr geschieht.

Carolin Hagebölling hatte mit diesem Buch eine grandiose Idee. Sie schreibt ihr Debüt sehr spannend und so fesselnd, dass ich atemlos dieser Geschichte gefolgt bin. Tausende von Ideen schwirrten in meinem Kopf umher, aber keine war plausibel genug, um dieses Verwirrspiel zu erklären. So ging es der Autorin scheinbar auch, denn ihr Schluss hat mich leider nur ratlos und enttäuscht zurück gelassen. Ich hätte mir eine realistische Erklärung gewünscht, aber die gibt es scheinbar nicht, kann es nicht geben. Das Ende ist offen und für mich nicht nachvollziehbar, denn ich glaube nicht an solche Phänomene. Schade, denn das Potential ist da. Wenn es aber die Absicht der Autorin war uns mit diesem Buch zu verwirren, uns ratlos zu hinterlassen, uns zum nachdenken zu bringen, dann ist ihr das sehr gut gelungen. Der Roman bleibt so auf jeden Fall länger im Gedächtnis, als jeder andere.

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