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Veröffentlicht am 15.05.2025

Komplexer Cosy Crime

Campion. Tödliches Erbe
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Inhalt:
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Percival St. John Wykes Gyrth, oft nur kurz Val genannt, ist einziger Sohn des Baronet Colonel Sir Percival Christian St. John Gyrth. Er lebt wie ein Obdachloser auf den Straßen ...

Inhalt:
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Percival St. John Wykes Gyrth, oft nur kurz Val genannt, ist einziger Sohn des Baronet Colonel Sir Percival Christian St. John Gyrth. Er lebt wie ein Obdachloser auf den Straßen Londons. Eines Tages findet er eine Botschaft auf einer Parkbank, um sich bei einer bestimmten Adresse eines gewissen "A. C." zu melden. Auf dem Weg dorthin wird er beinahe von einem falschen Taxifahrer entführt. A. C. entpuppt sich als unscheinbarer, aber cleverer Detektiv Albert Campion. Er offenbart Val, dass sich der Schatz seiner Familie, ein uralter goldener Kelch, in Gefahr befindet. Einige Kunstdiebe haben es auf das gute Stück abgesehen. Und so begleitet Campion Val zum Familiensitz in Sanctuary in der Grafschaft Suffolk. Dort stirbt kurz darauf auf ungeklärte Weise Vals Tante, und später verschwindet der Kelch tatsächlich. Albert Campion ermittelt und kommt dabei nicht nur den Tätern nahe, sondern auch dem Familiengeheimnis der Gyrth-Familie auf die Spur.

Mein Eindruck:
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"Penny überlief ein Schauder, und plötzlich schlug sie die Hände vors Gesicht.»Oh, Val«, sagte sie. »Hast du sie gesehen? Ich war heute Früh als Erste unten in der Halle, als Will und sein Sohn sie auf einer Hürde hereinbrachten. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht – den werde ich nie vergessen. Sie hat etwas Grauenhaftes gesehen, Val. Sie ist vor Schreck gestorben.«" (E-Book, S. 56-57)

Ich mag altmodische englische Cosy Crimes und die Ankündigung als solcher sowie die Vergleiche mit Agatha Christie klangen vielversprechend. Tatsächlich mochte ich den Sprachstil sowie die ruhige Art von Campion sowie dessen trockenen Humor, der mich zum Schmunzeln brachte. Der Fall plätschert stellenweise vor sich hin, bis dann wieder eine Action-Szene in Form einer Verfolgungsjagd folgt oder sich ein neues Rätsel auftut. Campion geht häufig seine eigenen Wege, ohne seine Auftraggeber oder den Leser davon in Kenntnis zu setzen. So tappte ich oft im Dunkeln. Erst am Ende habe ich durch die Erklärungen die vollen Ausmaße des Ganzen halbwegs verstanden. Der Fall ist sehr komplex und die vielen Pseudonyme Campions sowie die Vielzahl an Personen machen es dem Leser nicht immer leicht, den Überblick zu behalten.
An manchen Stellen hatte ich auch das Gefühl, dass die Übersetzung etwas holprig war. So ist eine häufig von Campion gesprochene Floskel im Deutschen: "Er nimmt den langen Weg." Im Englischen gibt es eine adäquate Redewendung, aber es hätte hier gutgetan, diese ggf. in einer Fußnote zu erläutern. So lässt sie den deutschen Leser erst mal ratlos zurück.
Unverständlich ist mir auch, warum der dritte Teil der 34-teiligen englischen Reihe hier als erster Band erschienen ist. In den vorigen beiden Bänden sind vermutlich mehr Hintergründe über den Detektiv zu erfahren, die zum Verständnis hilfreich gewesen wären.
Dennoch mochte ich Albert Campion als Charakter, und auch die Nebencharaktere waren gut herausgearbeitet und vermittelten ein anschauliches Bild der englischen Gesellschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ich hoffe, dass der nächste Fall, der im September erscheint, inhaltlich und sprachlich etwas besser ausgearbeitet ist. Ich werde die Reihe weiterverfolgen.

Fazit:
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Interessanter Detekiv-Charakter, komplexer Fall mit mäßiger Spannung, teils holpriger Übersetzung - solide Krimiunterhaltung

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.04.2025

Unglaubwürdiges Drama

Die Schanze
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Inhalt:
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"Als er den Weg erreichte, blieb er noch einmal stehen, legte den Kopf in den Nacken. Da hing er. Ein Mahnmal am Himmel. Vor den Bergen fast nur ein Strich, aber spätestens ...

Inhalt:
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"Als er den Weg erreichte, blieb er noch einmal stehen, legte den Kopf in den Nacken. Da hing er. Ein Mahnmal am Himmel. Vor den Bergen fast nur ein Strich, aber spätestens am Morgen würde er in der Sonne glänzen. Jetzt war er doch zufrieden. Es kam seiner Vorstellung nah. Das Ergebnis war akzeptabel. Nein! Es war wunderschön." (S. 41)

Die Ärztin Ellen Roth kehrt nach der Trennung von ihrem Freund in das Dorf zurück, in dem sie aufwuchs, um Abstand zu gewinnen. Als Neuanfang in beruflicher Hinsicht übernimmt sie die Praxis des Dorfarztes, der in den Ruhestand geht. Kaum angekommen, geschieht ein Mord: Johannes Gruber, Sohn des Bürgermeisters, hängt tot an einem Seil um den Hals von der Skischanze herab. Offensichtlich wurde er dorthin mit Hilfe eines elektischen Viehtreibers getrieben.
Ellen kennt das Opfer, denn es hängt mit schlimmen Ereignissen der Vergangenheit zusammen, die sie einst von ihrem Heimatdorf vertrieben haben. Ellen hätte damit ein starkes Motiv.

Mein Eindruck:
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Der Klappentext versprach eine sehr spannende Story, doch schon bald wurde mir diese Illusion genommen. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, um zu erläutern, warum dies einer der schlechtesten Krimis ist, die ich seit geraumer Zeit gelesen habe.
Zum einen wird schnell klar, was hinter den schlimmen Ereignissen steckt. Diese werden (unnötigerweise) sehr detailreich in Erinnerungen von ihr geschildert. Ellen ist ausgebildete Medizinerin, verhält sich aber oft unprofessionell. So hat sie ihre Emotionen nicht unter Kontrolle und scheint die Ereignisse auch nicht in Form einer Therapie aufgearbeitet zu haben, denn sie haben immer noch eine sehr starke Macht über sie und ihr Verhalten.
Wer der eigentliche Mörder ist, war mir sehr schnell klar, auch wenn der Autor sich sehr bemüht, immer wieder neue Verdächtige auftauchen zu lassen. Für meinen Geschmack werden zu viele Charaktere sehr oberflächlich eingeführt. Dadurch sind die Handlungen der Personen und ihre Motivation dahinter schwer nachvollziehbar. Alle Charaktere bleiben für mich sehr blass. Es gelang mir weder Empathie, geschweige denn Sympathie für jemanden aufzubringen, nicht mal für die Protagonistin. Es hätte der Story gut getan, weniger Personen und etwas weniger Action walten zu lassen, dafür jeden Einzelnen mit seinen Motiven stärker zu beleuchten.
Dass die Polizei hier absolut nicht ermittelt bzw. niemand etwas davon mitbekommt, weil keiner näher befragt wird und sich auch niemand an die Polzei wendet, macht die Geschichte für mich noch unglaubwürdiger. Das Gleiche gilt für die plötzlich auftauchenden Gefühle zwischen Ellen und dem mitermittelnden Zeitungsreporter Merab.
Ein Pageturner war das Buch, aber eher, weil ich schnell genervt war, die detaillierten Vergangenheitsgeschichten quer gelesen habe und Ellens ständigen willkürlichen neuen Verdächtigungen keinen Glauben mehr schenken konnte. Ich wollte den Roman nur schnell durch kriegen, um am Ende meinen Anfangsverdacht bestätigt zu wissen.
Die titelgebende Schanze spielt außer als Leichenfund auch keine Rolle mehr. Ich hatte mir von Titel und Beschreibung deutlich etwas anderes erhofft, schade um die vergeudete Lesezeit.

Fazit:
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Zu viele blasse Charaktere und eine wirre Handlung mit mäßiger Spannung und sehr konstruiertem und unglaubwürdigem Ende

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  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.04.2025

Frauen zwischen zwei Welten

Halbe Leben
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Gestaltung:
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Das Titelbild zeigt zwei Frauen auf einer Wiese sitzend. Ihre Gesichter lassen sich nicht erkennen, generell wirkt das Bild sehr unscharf, verwaschen. Dies ist sicherlich beabsichtigt, ...

Gestaltung:
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Das Titelbild zeigt zwei Frauen auf einer Wiese sitzend. Ihre Gesichter lassen sich nicht erkennen, generell wirkt das Bild sehr unscharf, verwaschen. Dies ist sicherlich beabsichtigt, denn die beiden Frauen könnten stellvertretend für jede beliebige Frau stehen. Es könnte aber auch die beiden Protagonistinnen darstellen. Auf jeden Fall passt es gut zu diesem leisen und tiefgründigen Roman.

Inhalt:
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"Es ist ein stiller Tod. An einem sonnigen Mainachnachmittag um vierzehn Uhr siebenunddreißig stürzt Klara an einer unscheinbaren Böschung fünfzig Meter in die Tiefe. Sie gibt keinen Laut von sich, zu hören ist nur ein schnelles Rascheln der Blätter, es könnte auch ein Reh sein, das davonläuft. Unten ein dumpfer Aufprall, dann Stille. An der Stelle, an der sie bis eben noch stand, nichts als ein paar dünne Zweige, brauner Boden, ein Baumstumpf, darauf Ringe, die nach außen hin immer heller werden. Wie ruhig Klaras Gesicht gewesen ist in diesem letzten Moment, wie angstlos, wird Paulína später denken." (S. 11)

Klara ist eine Karrierefrau, ihr Mann ist ein Künstler und Träumer. Die gemeinsame Tochter Ada (11) wurde bisher vor allem von ihrem Vater und dessen Mutter Irene großgezogen. Als Irene plötzlich einen Schlaganfall erleidet, muss Klara für eine Weile ihre Arbeit reduzieren und sich um die Familie kümmern und ist damit schnell überfordert. Daher engagiert sie zwei ausländische Pflegekräfte, die abwechselnd um Irene betreuen sollen. Eine davon ist Paulína. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen, die während ihrer Arbeit bei Klaras Familie in Österreich in der Obhut ihrer Schwiegermutter in der Slowakei verbringen. Für Paulína ist es eine Chance auf mehr Einkommen und ihren Söhnen finanziell mehr bieten zu können. Sie wird zunehmend eine Art Familienmitglied bei ihrer Arbeitsfamilie. Doch sowohl Klara als auch Paulína merken mit der Zeit, dass sie nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Herzen jeweils halb in ihrem Arbeits- und Berufsleben bei der Sache sind, ihr jeweiliges Familienleben immer mehr zerfällt und sie sich zwischen beiden Welten zerreißen, ohne glücklich zu sein. Und dann geschieht ein Unglück, bei dem Klara stirbt. Was ist passiert?

Mein Eindruck:
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Das Buch beginnt gleich im Prolog mit Klaras Tod. Der letzte Satz des ersten Kapitels baut Spannung auf, denn anschließend wird die Geschichte nach und nach von Anfang an erzählt und man ertappt sich unwillkürlich bei dem Gedanken, wie es zu dem Vorfall kam bzw. ob es sich tatsächlich um einen Unfall oder gar Fremdeinwirkung ggf. durch Paulína handeln könnte. Schon dadurch wirkt das Buch wie ein Sog, der einen immer weiter lesen lässt.
Die Handlung ist in drei durchnummerierte Teile untergliedert, die wiederum nur in Abschnitte statt in Kapitel eingeteilt sind: 1. Ankommen von Paulina in der Familie, 2. Paulinas vollständiger Vereinnahmung durch Klaras Familie und schließlich 3. Paulinas emotionaler Rückzug. Der Titel "Halbe Leben" ist nicht nur auf Klara und Paulina, sondern auch auf Irene anwendbar, die seit ihrem Schlaganfall halb in der Gegenwart und zur anderen Hälfte in ihrer Vergangenheit lebt. Diese Vieldeutigkeit hat mir gut gefallen.
Man verfolgt die Entwicklung der Frauen aus ihren abwechselnd geschilderten Gedankengängen heraus in indirekter Rede verfasst. Das macht den Ton des Romans leise und ruhig, lässt den Leser aber auch tief eintauchen in die Empfindungen der Personen und deren Zerrissenheit spüren.

"Früher hat Irene Ada am Nachmittag von der Schule abgeholt, sie in den Park gebracht. Wenn Klara nach Hause kam, war ihr Kind satt und müde, es hat gereicht, sie zu waschen und ins Bett zu bringen. Erfüllt von ihren beruflichen Erfolgen, war es einfach gewesen, die Capricen ihres Einzelkindes auszuhalten, das pausenlose Geplapper, die unvermittelten Wutausbrüche oder die gezielte Gleichgültigkeit, mit der Ada den Aufforderungen ihrer Mutter begegnete. Geduldig saß sie abends am Bett ihrer Tochter und hörte zu, wenn Ada ihr etwas erzählen wollte, wenn sie mit einer Freundin gestritten oder einem Lehrer einen Streich gespielt hatte. Wie einfach es war, ein oder zwei Stunden am Tag Mutter zu sein.
Seit Irene selbst Hilfe braucht, kommt Klara noch weniger an ihre Tochter heran. Ada entzieht sich ihr, als wäre sie nie ihre Mutter gewesen, sondern bloß eine Aushilfe." (S. 30)

Das Gefühl, als Frau allen gerecht werden zu wollen, im Berufsleben ernst genommen zu werden und gleichzeitig den Erwartungen der Familie entsprechen zu wollen, kennen viele. Und oft bleibt frau mit ihren eigenen Bedürfnissen dabei auf der Strecke. In unserer westeuropäischen Kultur versuchen viele, die es sich leisten können, durch das Engagement von Haushaltshilfen oder Pflegekräften Entlastung herbeizuführen und sich damit teilweise aus ihrer Verantwortung freizukaufen. Das ist legitim. Aber in dieser Geschichte wird auch die andere Position der helfenden Kraft beleuchtet. Auch diese Person hat Familie und Bedürfnisse, die sich nicht allein mit Geld bezahlen bzw. kompensieren lassen.
Mir gefielen die vielen Zwischentöne, die subtile Spannung, die bis zu Klaras Tod aufgebaut wurde und die Auflösung am Ende.

Fazit:
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Ein Roman über moderne Frauen und ihre Zerrissenheit sowie an sie gestellte Erwartungshaltungen in sanften Tönen, aber fesselnd erzählt

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Veröffentlicht am 28.04.2025

Ein heißer Cold Case an der Ostsee

Dunkle Asche
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Gestaltung:
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Das Titelbild verbreitet eine düstere Stimmung und zeigt die Umgebung der Ostsee, die den Tatort verkörpert. Es passt daher sehr gut und weckt Aufmerksamkeit.

Inhalt:
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Gudrun ...

Gestaltung:
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Das Titelbild verbreitet eine düstere Stimmung und zeigt die Umgebung der Ostsee, die den Tatort verkörpert. Es passt daher sehr gut und weckt Aufmerksamkeit.

Inhalt:
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Gudrun Möller und ihre neue Kollegin Judith Engster sind in der Cold Case Unit der Landeskriminalpolizei Schleswig-Holstein. Dort rollen sie mithilfe neuer Methoden alte Kapitalverbrechen auf, wenn neue Hinweise hierzu eingehen. In diesem Fall werden sie zur Zeugenbefragung in ein Kieler Hospiz gerufen. Dort möchte ein im Sterben liegender Mann eine Aussage zum Mord an Sanna Hansen vor 30 Jahren machen. Sie wurde als junge Frau im Badeort Kalifornien im Ferienhaus ihrer Eltern mit 12 Messerstichen brutal ermordet. Ihr damaliger Freund wurde für die Tat verantwortlich gemacht, musste aber mangels Beweisen freigelassen werden. Die Zeugenaussage gibt neue Hinweise auf den Fall.
Gudrun kann sich daran erinnern, da ihr die Tote bekannt war. Zudem kennt sie einige Personen, die damals im Zusammenhang mit dem Mord gebracht wurden, sei es als Zeugen, Angehörige oder Verdächtige. Dadurch gerät sie im Zuge der voranschreitenden Ermittlungen immer mehr auch selbst in Gefahr.

Mein Eindruck:
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"Bisher lief alles erwartungsgemäß. Er hatte damit rechnen müssen, dass der Fall irgendwann wieder auf den Tisch kommt. Jetzt hieß es, Ruhe zu bewahren. Er musste unauffällig bleiben und seine Rolle spielen. Wenn er keinen Fehler machte, würde ihm nichts passieren. Das Glück war auf seiner Seite, so war es immer gewesen. Er musste nur aufmerksam bleiben und keine Skrupel haben einzugreifen. Aus dem Schatten heraus das Geschehen lenken. Dann brauchte er sich nicht zu sorgen.
Nur eine Sache gab es, die ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Gudrun. Sie gehörte zu den ermittelnden Beamten in der Cold Case Unit. Was für eine merkwürdige Laune des Schicksals. Er fragte sich, was dieser Umstand für ihn zu bedeuten hatte. Sie konnte nichts über die Tat wissen, das war ausgeschlossen. Trotzdem. Es war ein Risikofaktor, sie in den Ermittlungen zu haben.
Eine Weile klickte er sich durch die Berichte, dann fuhr er den Computer herunter, blieb in dem dunklen Zimmer sitzen, starrte ins Nichts und dachte über Gudrun nach." (S. 70-71)

Der Einstieg, in dem der Mord von Sanna geschildert wird, war sehr spannend. Anschließend geht es erst mal etwas seichter zu. Man erfährt ein wenig aus dem Privatleben von Gudrun und über ihr (homosexuelles) Liebesleben, über die bisher bekannten Fakten zum Mord und dass es zunächst ein Mysterium ist, warum Judith Engster zur Sondereinheit gekommen ist.
Dann nehmen die Ermittlungen jedoch allmählich Fahrt auf und es werden immer mehr neue Indizien, widersprüchliche Zeugenaussagen und Verdächtige ins Feld geführt. Zusätzlich gibt es Rückblenden, die die Vergangenheit stückweise enthüllen^, sowie die Gedanken des Mörders, die die Mordermittlungen verfolgen. Der Fall nimmt dadurch immer wieder überraschende Wendungen und bis kurz vor Schluss wäre ich nicht auf den Täter gekommen. Die Kriminalhandlung war damit sehr fesselnd und das Ende überzeugend.

Was mich leider nicht überzeugen konnte, war das Verhalten der Kommissarinnen. Gudrun gibt sich sehr verschlossen und aufgrund ihrer persönlichen Bezüge zu dem Mord unternimmt sie riskante Alleingänge. Aber auch Judith verhält sich nicht sehr aufgeschlossen. Zwar bemüht sie sich um Teamarbeit, aber geht persönlichen Gesprächen, ihre Versetzung oder ihr Privatleben betreffend, gänzlich aus dem Weg. Im großen Finale nähern sich dann beide im Showdown plötzlich an. Und gerade als man den Eindruck bekommt, dass sich die beiden gegenseitig mehr öffnen, ist der Roman vorbei. Angesichts der vorherigen Verschlossenheit empfand ich die plötzliche Öffnung beider dann etwas unrealistisch. So blieben beide Charaktere für mich etwas blass, weswegen ich einen Punkt Abzug gebe.

Fazit:
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Fesselnder Cold Case an der Ostsee mit überraschenden Wendungen und überzeugender Auflösung, aber etwas blassen Ermittlerinnen

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Veröffentlicht am 27.04.2025

Christliche Inspirationen als Coffee Table Book

ICONS Glaubensheld*innen aus der Bibel und heute
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Cover:
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Das Titelbild zeigt eine Frau mit Handy in der Hand und noch vielen weiteren Symbolen im Hintergrund. Die bläuliche Farbgestaltung hat mir gut gefallen und die vielen Sinnbilder ...

Cover:
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Das Titelbild zeigt eine Frau mit Handy in der Hand und noch vielen weiteren Symbolen im Hintergrund. Die bläuliche Farbgestaltung hat mir gut gefallen und die vielen Sinnbilder weckten meine Neugier.

Inhalt:
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"Du hältst ein Buch in den Händen, das voller Geschichten von absolut ikonischen Persönlichkeiten steckt, die alle eines verbindet: Sie schauen aus einer Perspektive auf die Welt, die den Gott der Bibel als eine Realität ihres Lebens mit einbezieht. Das war es aber eigentlich auch schon mit den Gemeinsamkeiten.
Denn du findest in diesem Buch Geschichten und Bilder von Menschen aus der Bibel und von heute. Von Menschen mit ganz unterschiedlichen Biografien, Identitäten, Talenten, Herkünften und Meinungen."

So beginnt das Buch und fasst damit den Inhalt eigentlich schon gut zusammen. Zu Beginn steht immer ein "Icon", ein Bild der (ikonischen) biblischen Person, die später dargestellt wird. Daher ist der Titel "Icon" doppeldeutig zu verstehen. Anschließend erfolgt ein Auszug der biblischen Geschichte aus der Perspektive der dargestellten Person mit einem erläuternden Text zur Grafik. Dann eine biblische Einordnung von einem theologischen Experten. Um Bezug zur Gegenwart herzustellen, werden eine oder mehrere Personen vorgestellt, deren Biografien zum vorangegangenen Bibelgeschehen passen sollte(n). Ihre Texte in Form eines kurzen blogartigen Eintrags oder als Gedicht bieten Inspirationen, um über Körper, Kunst, Unsicherheit, Arbeit und Beziehungen oder konkret über die vorgestellten Glaubenshelden/-heldinnen zu sprechen.

Mein Eindruck:
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Ich habe das E-Book gelesen und kann daher nicht über Umschlag- oder Seitenmaterialität urteilen. Beim Durchblättern in der digitalen Variante haben mich die modernen Grafiken, die Fotos der Personen sowie die farbliche Gestaltung der Texte angesprochen.

Der Klappentext hatte mich neugierig gemacht, denn ich finde die Idee gut, die Bibel zeitgemäß aufzubereiten oder Bezug zur Gegenwart herzustellen, um auf diesem Wege auch junge Leute an den Glauben heranzuführen. Optisch und von der Länge der Texte dürfte das gelungen sein.
Inhaltlich hatte ich im Laufe des Buches jedoch Probleme, einen roten Faden oder Zusammenhänge zwischen Bibeltext und den Menschen der Gegenwart zu finden. Ich hatte selten das Gefühl, dass es einen direkten Bezug gab. Hinzu kam, dass ich bis auf wenige Ausnahmen die Hintergrundgeschichte zu den Bibelpersonen nicht kannte und mir hier die biblische Einordnung keine vollständige Aufklärung bieten konnte. Generell finde ich es gut, wenn man auch mutige Menschen aus der Bibel präsentiert bekommt, die bisher weniger bekannt sind.

Bei den heutigen "Glaubenshelden/-heldinnen" fehlte mir dagegen oft das "Heldenhafte". Es sind größtenteils Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Herkunft Diskriminierung auch in ihren Gemeinden erfahren haben und dennoch ihren Glauben weiterleben. Das sind Geschichten, die zum Nachdenken anregen und ich finde es auch gut, sie mit Jugendlichen, die die Hauptzielgruppe des Buches darstellen, zu diskutieren. Aber sind es deswegen gleich "Helden/Heldinnen"?
Störend empfand ich auch die vielen Rechtschreibfehler, die meinen Lesefluss negativ beeinflusst haben.

Mir hat das Buch ein paar wenige Denkanstöße gegeben und die Gestaltung und die Intention finde ich gut. Insgesamt fehlten mir aber häufig der Bezug von Bibel- zu Gegenwartstext sowie das "Heldenhafte". Als Coffee Table Book zum Durchblättern oder einzelne Texte für den Religionsunterricht als Diskussionsgrundlage sicher empfehlenswert. Für mich kein Buch mit besonders prägendem Charakter.

Fazit:
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Moderne Vorstellung von christlichen Personen aus Bibel und Gegenwart vor diversitäts- und diskriminierungssensiblen Hintergrund

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