Komplexer Cosy Crime
Campion. Tödliches ErbeInhalt:
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Percival St. John Wykes Gyrth, oft nur kurz Val genannt, ist einziger Sohn des Baronet Colonel Sir Percival Christian St. John Gyrth. Er lebt wie ein Obdachloser auf den Straßen ...
Inhalt:
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Percival St. John Wykes Gyrth, oft nur kurz Val genannt, ist einziger Sohn des Baronet Colonel Sir Percival Christian St. John Gyrth. Er lebt wie ein Obdachloser auf den Straßen Londons. Eines Tages findet er eine Botschaft auf einer Parkbank, um sich bei einer bestimmten Adresse eines gewissen "A. C." zu melden. Auf dem Weg dorthin wird er beinahe von einem falschen Taxifahrer entführt. A. C. entpuppt sich als unscheinbarer, aber cleverer Detektiv Albert Campion. Er offenbart Val, dass sich der Schatz seiner Familie, ein uralter goldener Kelch, in Gefahr befindet. Einige Kunstdiebe haben es auf das gute Stück abgesehen. Und so begleitet Campion Val zum Familiensitz in Sanctuary in der Grafschaft Suffolk. Dort stirbt kurz darauf auf ungeklärte Weise Vals Tante, und später verschwindet der Kelch tatsächlich. Albert Campion ermittelt und kommt dabei nicht nur den Tätern nahe, sondern auch dem Familiengeheimnis der Gyrth-Familie auf die Spur.
Mein Eindruck:
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"Penny überlief ein Schauder, und plötzlich schlug sie die Hände vors Gesicht.»Oh, Val«, sagte sie. »Hast du sie gesehen? Ich war heute Früh als Erste unten in der Halle, als Will und sein Sohn sie auf einer Hürde hereinbrachten. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht – den werde ich nie vergessen. Sie hat etwas Grauenhaftes gesehen, Val. Sie ist vor Schreck gestorben.«" (E-Book, S. 56-57)
Ich mag altmodische englische Cosy Crimes und die Ankündigung als solcher sowie die Vergleiche mit Agatha Christie klangen vielversprechend. Tatsächlich mochte ich den Sprachstil sowie die ruhige Art von Campion sowie dessen trockenen Humor, der mich zum Schmunzeln brachte. Der Fall plätschert stellenweise vor sich hin, bis dann wieder eine Action-Szene in Form einer Verfolgungsjagd folgt oder sich ein neues Rätsel auftut. Campion geht häufig seine eigenen Wege, ohne seine Auftraggeber oder den Leser davon in Kenntnis zu setzen. So tappte ich oft im Dunkeln. Erst am Ende habe ich durch die Erklärungen die vollen Ausmaße des Ganzen halbwegs verstanden. Der Fall ist sehr komplex und die vielen Pseudonyme Campions sowie die Vielzahl an Personen machen es dem Leser nicht immer leicht, den Überblick zu behalten.
An manchen Stellen hatte ich auch das Gefühl, dass die Übersetzung etwas holprig war. So ist eine häufig von Campion gesprochene Floskel im Deutschen: "Er nimmt den langen Weg." Im Englischen gibt es eine adäquate Redewendung, aber es hätte hier gutgetan, diese ggf. in einer Fußnote zu erläutern. So lässt sie den deutschen Leser erst mal ratlos zurück.
Unverständlich ist mir auch, warum der dritte Teil der 34-teiligen englischen Reihe hier als erster Band erschienen ist. In den vorigen beiden Bänden sind vermutlich mehr Hintergründe über den Detektiv zu erfahren, die zum Verständnis hilfreich gewesen wären.
Dennoch mochte ich Albert Campion als Charakter, und auch die Nebencharaktere waren gut herausgearbeitet und vermittelten ein anschauliches Bild der englischen Gesellschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ich hoffe, dass der nächste Fall, der im September erscheint, inhaltlich und sprachlich etwas besser ausgearbeitet ist. Ich werde die Reihe weiterverfolgen.
Fazit:
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Interessanter Detekiv-Charakter, komplexer Fall mit mäßiger Spannung, teils holpriger Übersetzung - solide Krimiunterhaltung