Handle wie es dir beliebt
Die Spur der VertrautenDas WIR. Ein DU.
Ein Kollektiv. Und ein Individuum.
Eine Dystopie die mich in Nostalgie schwelgen ließ.
»Bitte um Erlaubnis, die zehn Wörter zu überschreiten.«
Die Spur der Vertrauten wirft mich sofort ...
Das WIR. Ein DU.
Ein Kollektiv. Und ein Individuum.
Eine Dystopie die mich in Nostalgie schwelgen ließ.
»Bitte um Erlaubnis, die zehn Wörter zu überschreiten.«
Die Spur der Vertrauten wirft mich sofort in eine Welt, in der das WIR alles ist und das ICH als gefährliche Abweichung gilt.
Ein System, das Instinkte lenkt, steuert, verschlingt.
Jeder geboren mit eben so einem.
» Es gibt nur Edle Instikte «
Eine Gesellschaft, die so streng geformt ist, dass schon der Gedanke an ein eigenes Ich wie ein Verbrechen wirkt.
Und mittendrin Claire, eine Vertraute, die zuhören MUSS, übermittelt, während ihre Gedanken längst weiter reichen, als sie dürften.
Was mich zunächst absolut begeistert hat, war diese merkwürdige, rückwärtsgewandte Dystopie: Walkman, Beepers, Kassetten. Eine Zukunft, die sich wie die 90er und frühen 2000er anfühlt.
Nostalgisch, vertraut. Ein bisschen wie Kassia & Ky, Divergent oder Delirium – nur eben anders.
Und doch habe ich mich direkt wohl gefühlt.
Das Setting wirkt eigenwillig realistisch, obwohl es so dystopisch aufgebaut ist.
Die Idee von diesem Wir Gefühl … streben wir nicht alle danach. Diese Geschichte macht aber auch deutlich, was es kosten kann.
Die Instinktprinzipien, die Regeln, dieses starre Wir-Gefüge – all das war faszinierend und zugleich bedrückend.
„Der Instinkt weiß, wann, wo, wie“ - wird im Buch zu einem Mantra, und genau das spürt man in jeder Szene. Menschen funktionieren wie Zahnräder, und wer aus der Reihe tanzt, wird eliminiert . Ist eine Gefahr.
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Claire und Goliath fand ich als Duo spannend, gerade weil sie so unterschiedlich handeln: Ist sie denn die einzige mit profanen Gedanken die nicht dem kollektiven wir entsprechen ?
Er als Schützer, strebend nach Leben die er retten kann. Mit seinem Metall Armen, der zwanghaft retten muss, selbst wenn es ihn verbrennt.
Besonders hat sich bei mir Noah eingeprägt – mit seinem „Schnuffelchen“. Eine unheimliche, aber starke Figur, die der Geschichte eine besondere Schärfe gibt. Das Auffinden der Individuen. Der Defekten ist sein Instinkt.
Er liebt das WIR.
Allgemein ist die einzigartige Beschreibung der Charaktere wieder absolut gelungen. Sie sind wild, anders und einnehmend. Wir tauchen tief in ihre Gedanken ab und werden somit selbst ein Teil des Kollektivs.
Genau dafür ist die Autorin bekannt bei mir.
Diese vielschichtigen Charaktere. Toll !
» Weil ich ich bin und du du bist.
Weil das wir existiert und alles verlangt. «
Die Handlung selbst ist in zwei Teile geteilt: erst das Suchen, dann das Finden. Eine Spur der Vermissten, kollektive Raunen, eine Art Schnitzeljagd durch ein System, das sich selbst nicht erklären will. Diese Welt ist komplex, manchmal verwirrend, aber immer interessant aufgebaut. Ich mochte die Spannung, das stetige Gefühl, dass unter jeder Szene eine größere Wahrheit brodelt.
Was für mich allerdings wirklich schwer wog, war das Ende. Nach all dem Aufbau, all der Atmosphäre, all den Fragen, die sich durch die Kapitel ziehen, endet das Buch in einer Art unfertigem Schweigen. Es fehlt die Erklärung, der letzte Zusammenhang, ein Gefühl von Abschluss. Vieles bleibt offen … zu offen. Die Welt ist so reich an Details, Gedanken und Mechanik, dass sie eine klarere Auflösung verdient hätte. So blieb ich eher ratlos zurück, mit einem absolut unbefriedigenden Gefühl.
Das Buch ist mutig und ausgefallen im Stil, außergewöhnlich im Setting und voller faszinierender Ideen. So fällt auf, dass nur wenige Sätze eben diese 10 Wörter überschreiten. Ist das noch jemanden aufgefallen. Die Idee dahinter war großartiger aber auch nicht ganz einfach zu lesen.
Doch das Ende bricht diesen positiven Eindruck leider ab, statt ihn zu vollenden.
Ich wurde leider etwas enttäuscht zurück gelassen.
Trotzdem verehre ich die Autorin für ihre einzigartigen Gedanken und Strukturen. Für ihre Charaktere und deren Tiefe.
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Und nun gilt es noch zusagen :
» Handle, wie es dir beliebt. «
Ein Satz mit einer besonderen Schwere in dieser Welt.