Äpfel satt und Bäume noch und nöcher
Der Ruf der Bäumeund was für welche: nämlich die riesigen Redwoods und Sequoien im Westen der Vereinigten Staaten dominieren das Leben von Robert Goodenough, wobei Erstere im Osten des Landes wachsen und seine Familie ...
und was für welche: nämlich die riesigen Redwoods und Sequoien im Westen der Vereinigten Staaten dominieren das Leben von Robert Goodenough, wobei Erstere im Osten des Landes wachsen und seine Familie ernähren. Sie prägen also seine Jugendzeit, die ansonsten von durchaus harten Erfahrungen dominiert werden: seine Eltern gehen lieblos, ja brutal, miteinander und auch mit den Kindern um. Einen familiären Umgang voller Liebe und Achtung lernen sie nicht kennen und verhalten sich entsprechend - nur Robert und seine sanfte Schwester Martha sind anders, werden jedoch früh getrennt, als die Familie auf die denkbar gewaltsamste Weise auseinanderbricht.
Daher war ich nicht wenig überrascht von meinem Fazit nach Beenden des Romans: Manchmal muß man mit der Nase auf sein Glück gestoßen werden, das war es, was ich - und Robert Goodenough - aus den Ereignissen mitnahm. Doch manchmal ist es ein langer und steiniger Weg dahin, wie seine Geschichte und damit diejenige der gesamten Familie Goodenough und ihres Umfeldes zeigt! Und sie geht längst nicht für alle Beteiligten glücklich aus, denn es ist ein Haufen dunkler Charaktere, der sich da zusammengefunden hat, bzw. sich zu den vereinzelten Lichtgestalten gesellen. Dazu kommen wohl die schwersten Lebensumstände, die man sich vorstellen kann.
"Mein Freund, der Baum": das wäre ein Satz, den Robert Goodenough wohl niemals sagen würde, doch wenn man ihn fragen würde, ich bin sicher, er würde Bäume als seine Freunde bezeichnen - mehr als die meisten Menschen.
Obwohl das Thema kein einfaches ist und nicht nur eine tragische Seite ofenbart - nein, es sind viele Facetten, weist der Roman keineswegs eine düstere Grundnote auf. Wie erwähnt, tauchen im Handlungsverlauf zahlreiche Charaktere mit unliebsamen Eigenschaften auf, doch den meisten davon bringt man als Leser zumindest in einer Situation Verständnis entgegen oder kann ihr Handeln in der jeweiligen Lage, in der sie sich befinden, zumindest nachvollziehen.
Doch eines wird ganz deutlich: es ist nicht unsere Welt, diejenige der Siedler und Pioniere in den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts, aber wie spannend und bereichernd ist es, der Autorin Tracy Chevalier in diese zu folgen!
Die Wendungen vor allem in Roberts Leben werden mit so viel Charme geschildert, dass ihnen trotz der Härte, der er und auch die anderen Figuren ausgesetzt sind, eine gewisse Leichtigkeit innewohnt. Und der so oft bemühte Zauber sowieso, denn die Autorin schreibt sowohl (lebens) klug und eloquent, als auch fesselnd und eindringlich. Zudem hat sie hervorragend recherchiert. Ich jedenfalls habe das Buch erst aus der Hand gelegt, als ich die letzte Seite umgeblättert hatte!