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Venatrix

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Veröffentlicht am 15.06.2024

Eine gelungene Fortsetzung

Bretonisch mit Flammen
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Als das Reetdach eines alten Ferienhauses im malerischen Ferienort Camaret-sur-Mer in Flammen aufgeht, weiß noch niemand, dass man ausgerechnet den mit der Renovierung des Hauses beauftragte Handwerke ...

Als das Reetdach eines alten Ferienhauses im malerischen Ferienort Camaret-sur-Mer in Flammen aufgeht, weiß noch niemand, dass man ausgerechnet den mit der Renovierung des Hauses beauftragte Handwerke Isidore dort seinen Tod finden wird. Zunächst sieht alles nach einem Unfall aus, denn Isidore scheint vom Gerüst gestürzt zu sein. Ein Fußabdruck auf dessen Rücken lässt die Buchhändlerin und Hobby-Ermittlerin Tereza Berger, die auch zu Isidores Kunden zählt, an der Unfalltheorie zweifeln.

Wie schon in den vier Vorgängern beginnt sie, sehr zum Leidwesen von ihrem Freund, dem Polizisten Gabriel Mahon, Nachforschungen anzustellen. Dabei stößt sie nicht nur auf eine Vermittlungsagentur, die nahezu jedes (Ferien)Haus in ihrem Katalog hat, sondern auch auf Machenschaften des örtlichen Bauamtes, das - so scheint es - bei der Erteilung von Genehmigungen für Um- oder Zubauten eine eigenwillige Kreativität an den Tag legt sowie Gesetze und Vorschriften nach Gutdünken (und Geldbörse der Antragsteller) interpretiert.

Als dann Gabriel Mahon suspendiert wird, weil er gegen die Anordnung des Präfekten, den Tod von Isidore als Unfall zu den Akten zu legen. Auch die in diesem Zusammenhang aufgetauchten Malversationen sollen unter den Teppich gekehrt werden. Doch der Präfekt rechnet nicht mit dem kongenialen Ermittler-Duo Tereza und Gabriel.

Meine Meinung:

Auch dieser 5. Fall für Tereza Berger und Gabriel Mahon liest sich flott und flüssig. Gabriela Kasperki erzeugt durch zahlreiche unerwartete Wendungen eine spannungsgeladen Atmosphäre. In diesem Geflecht von Amtsmissbrauch, Korruption und Gier wird ohne Rücksicht gemordet. Eine Straftat zieht die nächste (zur Vertuschung) nach sich, wie es die alten Römer schon ausgedrückt haben: Crimen ciminem invocat.

Wie immer spielt die Landschaft, das Meer und die Mentalität der Bretonen eine große Rolle. Der Prolog hat mich sehr neugierig macht. Hier bin ich persönlich ein wenig enttäuscht worden, dass die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs in weiterer Folge kaum mehr eine Rolle gespielt haben. Da hätte sich noch ein fesselnder Nebenstrang ergeben können.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden 5. Fall für Tereza Berger und Gabriel Mahon 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.06.2024

Macht Appetit auf Veganes und Vegetarisches

Vegan – Vegetarisch – Vergara
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„Die beste Motivation und Inspiration für eine gesunde Ernährung sind schnell und mühelos nachzukochende Gerichte!“

Mit diesen Worten leitet der aus Ecuador stammende und durch die Welt gereiste Koch ...

„Die beste Motivation und Inspiration für eine gesunde Ernährung sind schnell und mühelos nachzukochende Gerichte!“

Mit diesen Worten leitet der aus Ecuador stammende und durch die Welt gereiste Koch und Autor Josué Vergara dieses Kochbuch ein. Wobei „mühelos“, „schnell“ und „einfach“ wohl im Auge des Betrachters liegen. Nicht alles, was ein Profikoch aus dem Handgelenk schüttelt, ist für (Hobby)Köche leicht zuzubereiten.

Sehr gut gefällt mir die Tabelle auf S. 11 in der die Möglichkeiten vegetarische Zutaten durch vegane zu ersetzen, aufgeführt sind. Das ist vor allem für Anfänger hilfreich.

Die Rezepte sind wie folgt zusammengefasst:

Aufstriche & kalte Saucen
Vorspeisen
Suppen
Salate
Hauptspeisen
Desserts, Smoothies & Shakes

Manches ist hinlänglich bekannt, manches ist neu. Die Fotos der Speisen machen Appetite und laden zum Nachkochen ein. Mir gefällt die Doppelseite 100/101 am besten. Hier sind drei Sorten von Risotto in den Farben rot, gelb und grün abgebildet: Einfach, nahrhaft und hübsch anzusehen.

Schmunzeln musste ich über das Wortspiel im Titel der Buches. „Vegan - Vegetarisch - Vergara“. So manche(r) wird sich vielleicht denken „Vergara“ welche Art von Gerichten ist das?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Kochbuch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 14.06.2024

Frauen vor, noch ein Tor

Der Traum vom Tor
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Wenn sich in den Wochen vom 14. Juni 2024 bis 14. Juli 2024 das Leben (fast) ausschließlich um den Männerfußball dreht, darf nicht vergessen werden, dass es zahlreiche Frauen gibt, die den Männern in nichts ...

Wenn sich in den Wochen vom 14. Juni 2024 bis 14. Juli 2024 das Leben (fast) ausschließlich um den Männerfußball dreht, darf nicht vergessen werden, dass es zahlreiche Frauen gibt, die den Männern in nichts nachstehen, wenn sie dem runden Leder nachjagen. Dass es heute Meisterschaften und Turniere für Fußballerinnen gibt, davon kann Luise, die Hauptperson in diesem historischen Roman, der im Nachkriegsdeutschland von 1954 spielt, nur träumen.

Luise wächst mit ihren drei sportbegeisterten Bruder ohne Vater auf in einfachen Verhältnissen auf. Georg, der älteste Bruder nimmt sich die Rolle des Familienoberhauptes selbstherrlich heraus und tyrannisiert nicht nur Luise sondern auch die Mutter, die nach wie vor mit der Trauer um den gefallenen Ehemann kämpft. Um den Lebensunterhalt zu bestreiten geht sie putzen und strickt auf der Strickmaschine Pullover und Westen. Auch Luise muss ihren Lohn, den sie im Schneideratelier verdient abgeben.

Nun freut sich die ganze Familie über den Weltmeistertitel der deutschen Nationalelf, zumal fünf der Spieler aus der Heimatstadt Kaiserslautern stammen.

Als in Kaiserslautern eine Frauenfußballmannschaft, der FC Petticoat“ unter dem engagierten Trainer Max entsteht, ist Luise mit Feuereifer beim Training dabei. Sie kann ihre Leidenschaft nur heimlich ausleben, denn es wird behauptet, dass Fußball die Weiblichkeit und die Fruchtbarkeit der Frauen beeinträchtigt. Frauen sind zum Kochen, Waschen, Putzen und zum Kinderkriegen da. Die Indoktrination der NS-Zeit ist nach wie vor in den Köpfen der Menschen vorhanden.

Als der Deutsche Fußballverband den Frauenfußball verbietet und für jene Vereine, die Frauen ein Training ermöglichen, Strafen verhängt, muss Max recht kreativ sein, um Trainingsmöglichkeiten zu suchen.

Meine Meinung:

Mir hat dieser historische Roman sehr gut gefallen, obwohl ich ob der Präpotenz von Georg mehrmals die Fäuste geballt und vor Wut tief Luft holen musste, um weiterlesen zu können.

Die Autorin zeichnet ein authentisches Bild der Nachkriegsjahre. Die Verdienste der Frauen in den Kriegsjahren sind schnell vergessen. Für die Söhne ist es selbstverständlich, in den Vordergrund zu drängen und die Schwester und Mütter hinter den Herd zu verbannen.

Mehrmals musste ich schmunzeln, wie Luise ihren Bruder austrickst, um ihrer Leidenschaft nachgehen zu können.

Jedem der 20 Kapitel Kapitel steht ein Zitat eines männlichen Fußballers voran, die bis in die 2010-er Jahre den Frauenfußball lächerlich machen oder ganz ablehnen. Selbst das Lob (?) von Lothar Matthäus von 2011 wird spätestens mit seinem letzten Satz abgewertet:

„Vor zwanzig Jahren sind die Frauen noch über den Ball gefallen und gestolpert. Das hatte mit Fußball wenig zu tun. Mittlerweile spielen die Spielerinnen einen technisch und taktisch sauberen Fußball. Einige finde ich auch sehr hübsch.“

Da gefällt mir das Statement von Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache 2006 anlässlich der anstehenden Fußball-Weltmeisterschaft der Männer vor dem Epilog gleich viel besser:

„Die Frauenfußball-Nationalmannschaft ist schon ja schon Fußballweltmeister, und ich sehe keinen Grund, warum Männer nicht das Gleiche leisten können wie Frauen.“

Man muss den Satz allerdings laut vorlesen, um die feine Ironie herauszuhören. Apropos, Weltmeister 2006 wurde Italien. Ob es der deutschen Männer-Elf 2024 gelingen, den Titel zu erringen?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem historischen Roman, der uns in die Anfänge des Frauenfußballes entführt, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.06.2024

Eine klare Leseempfehlung!

Stammgäste
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Wie reichhaltig das jüdische Leben einst am Semmering war

Dieses von Danielle Spera herausgegebene Sachbuch ist ein lesenswertes Buch über das reichhaltige kulturelle Leben der jüdischen Stammgäste auf ...

Wie reichhaltig das jüdische Leben einst am Semmering war

Dieses von Danielle Spera herausgegebene Sachbuch ist ein lesenswertes Buch über das reichhaltige kulturelle Leben der jüdischen Stammgäste auf Wiens Hausberg, dem Semmering. Dazu hat die promovierte Publizistin, Journalistin und ehemalige Direktorin des Jüdischen Museums in Wien, zahlreiche Prominente bzw. Nachfahren jüdischer Familien interviewt, um deren Erinnerungen an die (damals) unbeschwerten Tage der Sommerfrische am Semmering in diesem Buch wissenschaftlich aufzuarbeiten. Denn ohne das jüdische (Groß)Bürgertum Wiens hätte der Semmering niemals seine Bedeutung erhalten. Das Buch liest sich wie das Who-is-Who der damaligen jüdischen Wiener Gesellschaft.

So widmen sich einige Beiträge den „stummen Zeugen dieser prachtvollen Ära“ und beschreiben die großartige Architektur eines Hotel Panhans oder dem Südbahn-Hotel. Ebenso dürfen die Villen einiger Prominenter wie die Villa Farkas nicht fehlen.

Interessant ist, dass auch auf dem Semmering (wie in der Großstadt) die Trennung in säkular bzw. assimilierte und streng orthodoxe Juden gelebt worden ist. Der Semmering ist bis heute von der jüdischen Tradition geprägt und so wundert es nicht, dass, als Folge der Arisierung der jüdischen Liegenschaften, der Vertreibung und Ermordung der Juden während des NS-Unrechtsregimes, die Blütezeit des Semmerings längst vorbei ist. Die Region hat sich vom Fehlen seiner zahlungskräftigen Klientel nie wieder erholt. Zwar hat man in den 1960er-Jahren versucht, das jüdisch-kulturelle Leben wieder in Gang zu bringen, doch so wirklich gelungen ist das nicht.

Zahlreiche private, erstmals der Öffentlichkeit gezeigte Fotos sowie Erinnerungen an vertriebene und ermordete Stammgäste des Semmerings lassen dessen unwiederbringlich verlorene Blütezeit wieder auferstehen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem großformatigen, in gediegener Aufmachung im Amalthea-Verlag erschienenen Buch und sich perfekt als Geschenk eignet, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 10.06.2024

Hat mir gut gefallen

Meine wilde Nation
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Autor Alex Lissitsa ist ein ukrainischer Agrarökonom, der einem der größten Agrarunternehmen der Ukraine, der IMC Agrarholding, vorsteht, die rund 123.000 Hektar Land bewirtschaftet und Millionen Tonnen ...

Autor Alex Lissitsa ist ein ukrainischer Agrarökonom, der einem der größten Agrarunternehmen der Ukraine, der IMC Agrarholding, vorsteht, die rund 123.000 Hektar Land bewirtschaftet und Millionen Tonnen an Weizen, Mais, Sonnenblumen und Soja produziert. Gleichzeitig ist er politisch engagiert und ein intimer Kenner von Gesellschaft und Politik der Ukraine.

Alex Lissitsa liebt sein Land. Das ist in diesem Buch deutlich spürbar. Doch sieht er, anders als manch anderer, auch dessen Schwächen wie die Korruption. Diese ist, wie er auch in seinen Interviews sagt, das Überbleibsel aus dem Sowjetregime. Das Land hatte nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der Unabhängigkeitserklärung von 1991 zu wenig Zeit und nicht das geeignete Personal, gegen die Korruption vorzugehen. Viele sind in kurzer Zeit schnell reich geworden.

So erzählt er, wie er, um sein Unternehmen zu retten, entschlossen gegen Korruption vorgegangen ist: durch Austausch der in den alten Strukturen verhafteten Mitarbeiter. So ähnlich geht die Ukraine gegen die Korruption im Land vor. Lissitsa berichtet, dass beinahe die gesamte Führungsebene der Polizei ausgetauscht worden ist, um sich westlichen Standards anzupassen. Apropos Anpassung - er nimmt auch zu den Vorwürfen Stellung, die Ukraine würde ihr Fähnchen immer nach dem Wind richten. Dabei zeichnet er ein Bild der ukrainischen Vergangenheit, die im Westen nicht so bekannt sein dürfte.

Als er am Abend des 23. Februar 2022 den Anruf erhält, dass am nächsten Tag Putins Armee die Ukraine angreifen wird, ist nichts mehr wie es war. Anders als beim Angriff auf die Krim 2014 ist die ukrainische Bevölkerung wild entschlossen, sich der russischen Armee entgegen zu stellen und tut es bis heute. Es scheint, als hätte die Ukraine aus
dem Jahr 2014 und der widerrechtlichen Annexion der Krim gelernt.

Nicht immer ist er mit Präsident Wolodymyr Selenskjy einer Meinung, hat aber wegen dessen Geschick als Kriegspräsident doch eine gewisse Achtung. Selenskys Anordnung, englisch quasi als zweite Amtssprache (auch wenn sie nicht so heißt) einzuführen, stößt bei vielen Ukrainern auf Ablehnung. Doch Selensky hat schon die Zukunft des Landes im Sinn: auf Grund des demografischen Wandels (Abwanderung, Flucht und Tod der jungen Generation) fehlen in der Ukraine - wie überall in Europa - die Fachkräfte. Sie sollen durch gezielte Zuwanderung ausgeglichen werden. Dafür müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich verständigen können - auf englisch, weil das leichter zu erlernen ist, als ukrainisch. Da dies auch Alex Lissitsas Sorgen sind, kann er sich damit anfreunden.

Ebenso mit der „Patenschaft für eine Brigade“, was ihm zunächst ein wenig kurios vorgekommen ist. Selenskjy beabsichtigt, den Brigadeführen an der Front, die jeweils rund 4.000 Soldaten befehligen und meistens recht jung sind, wirtschaftliches Knowhow zur Verfügung zu stellen, da er bei seinen zahlreichen Frontbesuchen deren Nöte festgestellt hat. Als Lissitsa dann „seine Brigade“ in der Nähe von Saporischija besucht, ist die „Wunschliste“ des Kommandeurs ein wenig anders als gedacht: mehr PR, denn die Menschen in der Ukraine sollen wissen, dass die Soldaten täglich ihr Leben für andere aufs Spiel setzen, und Prothesen für Verwundete.

Auf den letzten Seiten gibt Alex Lissitsa einen Ausblick auf die Zukunft, die vor allem die Vorteile eines Beitritts der Ukraine zur EU beinhalten: unter anderem statt genmanipuliertes Soja aus Brasilien (in dem zuvor noch schnell der Regenwald für Anbauflächen abgeholzt wird) gentechnikfreies Soja aus der Ukraine importieren.

"Meine Ukraine ist eine wilde, eine widerspüchliche Nation, aber sie ist auf dem richtigen Weg, dem Richtung Europa."

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Liebeserklärung an sein Land, dessen Menschen trotz des Krieges daran glauben, eine große und gemeinsame Zukunft in Europa zu haben, 5 Sterne.