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Veröffentlicht am 05.05.2018

"Im Gehen spricht es sich so gut, weil man sich nicht anschauen muss".

Die Ausreißer – Sehnsucht nach Meer
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Das Jugendbuch "Die Ausreißer - Sehnsucht nach Meer" von Melissa C. Feurer war innerhalb weniger Wochen das 2. außergewöhnliche Buch aus dem fontis Verlag, das ich gelesen habe. Ganz sicher werde ich die ...

Das Jugendbuch "Die Ausreißer - Sehnsucht nach Meer" von Melissa C. Feurer war innerhalb weniger Wochen das 2. außergewöhnliche Buch aus dem fontis Verlag, das ich gelesen habe. Ganz sicher werde ich die Neuerscheinungen dieses Verlages von nun an im Blick behalten.

Doch zurück zu diesem Buch.

Was treibt junge Menschen dazu, von zu Hause wegzulaufen? Wie schlimm muss es sich für einen Jugendlichen anfühlen, wenn dieser glaubt, dem Alltag in der Schule oder seiner Familie entfliehen zu müssen? Das Gefühl Unerträgliches auszuhalten, ist in diesem Jugendbuch das Thema.

Für Nele ist die Scheidung ihrer Eltern, das Verlassenwerden von ihrem Vater, mehr als sie ertragen kann. Nichts ist nach seinem Weggang mehr so, wie es einmal war. Als ob das nicht schon genug wäre, wird sie von ihren Mitschülerinnen in der Schule auch noch ihrer überflüssigen Pfunde wegen gemobbed. Ihre Schwachpunkte sind von Mitschülerinnen schnell ausgemacht und um sich selbst gut und mächtig zu fühlen, wird Nele täglich von bestimmten Mädchen verbal attackiert. Sie selbst ist zu schwach, als dass sie sich dagegen wehren könnte. Niemand scheint zu sehen, wie sie leidet. Bis es eines Tages zuviel wird und Lars, ein bisher unsichtbarer Mitschüler, diesem Treiben ein Ende bereitet.

Dabei hat Lars selbst Probleme genug. Sein Vater, der den frühen Tod seiner Frau nie verkraften konnte ertränkt seinen Schmerz seit Jahren in immer mehr Alkohol. War er früher mal ein liebevoller Vater? Lars Erinnerung kennt nur dessen Alkoholexzesse, in denen sich sein Vater bis zur Bewusstlosigkeit betrinkt. Doch damit nicht genug. Er beschimpft seinen Sohn aufs Übelste, schlägt auf ihn ein und wenn Lars zu Boden geht, versetzt er ihm auch noch schmerzhafte Tritte mit seinen Schuhen. Doch die Scham über dieses schäbige Zuhause und die Erniedrigungen durch seinen Vater, lässt nicht zu, dass Lars jemandem Einblick in seinen Alltäg gewährt. Aushalten. Er sorgt dafür, dass niemand die blauen Flecken der ewigen Schläge zu sehen bekommt und womöglich Verdacht schöpft.

Und da ist Joshua, der mit seiner getreuen Hündin auf einem Weg ohne Ziel ist. Laufen - egal wohin. Nur weg. Doch die Hündin wird von einem Auto erfasst und verletzt. Was nun? Wohin?

Genau an diesem Punkt kreuzen sich die Wege von Joshua und Lars, der Mitleid mit dem blutenden Hund hat und ohne groß zu überlegen Joshua zu sich nach Hause mitnimmt um die Wunde des Hundes zu verbinden. Als Joshua nach einigen Tagen weiter zieht fragt er Lars, ob er nicht mitkommen will. Und Lars steht mit einem Rucksack auf dem Rücken vor Neles Tür, fragt ob sie mit ihm und Joshua weglaufen möchte. Sie will, hat die Hoffnung ihren Vater überreden zu können, wieder zu seiner Familie zurück zu kommen.

So machen sie sich zu dritt auf die Reise. Meist zu Fuß, aber auch per Anhalter. "Im Gehen spricht es sich gut, weil man sich nicht anschauen muss", heißt es an einer Stelle. Mit jedem Schritt wächst das Vertrauen untereinander und die Jugendlichen können loslassen, endlich aussprechen was bisher unaussprechlich war.

Die Autorin schafft es, dem Leser die Sorgen und Nöte der jungen Menschen nahe zu bringen. Die üblichen Floskeln, "das wird schon wieder", helfen da nicht. Automatisch fragt man sich, sind Erwachsene tatsächlich so sehr mit sich selbst beschäftigt und dadurch blind ihren Kindern gegenüber? Ja, das gibt es.

Später lernen wir noch Angel kennen, die zu der Gruppe stößt, sich so gar nicht arrangieren will und mit ihrer Schnodderigkeit nur die Unordnung in ihrem Inneren verbirgt. Sie ritzt sich bis das Blut über die Arme läuft, um den anderen Schmerz, tief innen, zu überdecken.

Vier verlorene Seelen unterwegs Richtung Meer.

Dies ist ein Jugendbuch der besonderen Art. Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite. Ich würde es nicht nur Heranwachsenden sonder auch Eltern empfehlen zu lesen. Automatisch überdenkt man als Elternteil sein Verhalten und fragt sich, "höre ich wirklich immer richtig hin"?

Veröffentlicht am 18.04.2018

Auf der Suche nach der eigenen Identität

Die letzte wahre Geschichte
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In der Vergangenheit habe ich schon viele schöne Bücher vom Insel Verlag gelesen. Nun schloss sich mit dem Roman "Die letzte Wahre Geschichte" von Tahmima Anam erneut ein außergewöhnlicher Roman an.

Dieses ...

In der Vergangenheit habe ich schon viele schöne Bücher vom Insel Verlag gelesen. Nun schloss sich mit dem Roman "Die letzte Wahre Geschichte" von Tahmima Anam erneut ein außergewöhnlicher Roman an.

Dieses Buch der Kategorie "Schöne Literatur" hat wirklich alles, was mir ein Roman bieten muss. Zuerst erwarte ich eine gute und ausgefeilte - in diesem Fall ist es ein blumige - Sprache. Dazu eine interessante Handlung und was für mich ebenfalls von Bedeutung ist: Das Gelesene muss meinem Denken Weite und Nahrung geben. All das finde ich in dem vorligenden Buch.

Erzählt wird das Leben der Paläontologin Zubaida aus Bangladesch. Verbinden wir dieses Land allgemein mit Armut, so hatte sie das Glück, als Adoptivkind in einer wohlhabenden Familie - die es auch dort gibt - aufzuwachsen und in den USA studieren zu dürfen. Sie führt ein Leben zwischen zwei völlig unerschiedlichen Welten. Schon lange ist für sie klar, dass sie ihren Jugendfreund heiraten und ein traditionelles Leben führen wird. Doch was nicht geplant war ist, dass sie sich in den USA Hals über Kopf in den Amerikaner Elijahr verliebt und eine wunderbare Zeit mit ihm verlebt. Trotzdem geht sie aus Loyalität zurück nach Bangladesch und heiratet. Doch schon wenige Tage nach der Trauung weiß sie, diese Eheschließung war ein Fehler. Obwohl die geplante Eheschließung ihrer Beziehung mit Elijahr ein Ende setzte, versprachen sie sich beim Abschied, mit Hilfe der modernen Technik immer wieder persönliche Botschaften zu schicken, was ihre Verbindung nie ganz abreißen lässt.

Seite 142: "In diesem Augenblick musste ich an das zurückdenken, was du mir über das Verlangen der Seele gesagt hattes, Elijah. Über die Einsamkeit, immer im eigenen Körper gefangen zu sein, während der Geist doch nichts mehr will als Gemeinschaft."

Wir erleben die Aufs und Abs in Zubaidas Alltag. Ihre Mutter kämpft für die Rechte von vergewaltigten Frauen, zieht sogar für deren Rechte vor Gericht - doch Zubaida wirkt seltsam gleichgültig angesichts des Leides ihres Volkes.

Die Autorin entführt uns in den Luxus der Oberschicht des Landes als auch in die bitterste Armut der dortigen Menschen, die nicht einmal lesen und schreiben können. Vor unseren Augen entfaltet sich auf der einen Seite die Schönheit des Landes und großer Reichtum der Oberschicht, als auch das schreckliche Bild der Wertlosigkeit eines Menschenlebens. Wer jetzt an die guten Armen denkt, die sich gegenseitig helfen, ist im Irrtum. So wie reiche Bewohner von Bangladesch ihre Landsleute in den Fabriken oder beim Abwracken ausgemusterter Schiffe ausbeuten, so betrügen die Armen des Landes, ohne eine Spur von schlechtem Gewissen oder Mitgefühl diejenigen, die noch schwächer sind als sie selbst.

Den größten Teil der Handlung lesen wir aus der Sicht von Zubaida und sehen die handelnden Personen mit ihren Augen. Das Ende des Romans ist offen und lässt der Phantasie des Lesers viel Raum.

Mich hat dieses Buch sehr beeindruckt und ich wollte es nicht aus der Hand legen weil es für mich alles vereinbart, was ich von "Schöner Literatur" erwarte.

Veröffentlicht am 26.03.2018

Das schnelle Leben des Steve McQueen auf der Überholspur - bis hin um Ankommen

Steve McQueen – Das geheime Glaubensleben des King of Cool
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Das Buch "Steve McQueen - Das geheime Glaubensleben des King of cool" von Greg Laurie mit Marschall Terrill, ist ein durch und durch amerikanisches Buch. Man lernt die USA von ihrer ganz speziellen Seite ...

Das Buch "Steve McQueen - Das geheime Glaubensleben des King of cool" von Greg Laurie mit Marschall Terrill, ist ein durch und durch amerikanisches Buch. Man lernt die USA von ihrer ganz speziellen Seite kennen und in Gedanken kann man Frank Sinatra (einer von Steve's Weggefährten) singen hören: "That's live..."

Ja, das ist das außergewöhnliche Leben von Steve McQueen, des Filmstars der 60er und 70er, der viele Millionen verdiente, der alles hatte was sich viele Menschen so wünschen, Erfolg, schnelle Autos, Frauen, Sex und Drogen. Aber auch des Jungen mit der alkoholkranken Mutter, die sich bis zur Besinnungslosigkeit betrank, der ohne Vater aufwuchs, da sich dieser schon ganz früh aus dem Staub gemacht hatte und vor seiner Verantwortung als Vater davon lief. Was blieb war ein Kind, das geduldet aber nicht geliebt wurde, das im Grunde niemand wollte und den Erwachsenen im Weg war. Kein Wunder, dass dieser Junge rebellierte, über die Stränge schlug und sich keine Grenzen setzen ließ.

Greg Laurie, ein Pastor, der wie Steve von einer alkoholabhängigen Mutter und ohne Vater aufgezogen wurde, dafür ebenfalls wechselnde Stiefväter hatte von denen keiner einen bleiben Eindruck hinterließ, machte sich auf den Weg um einen Steve McQueen aufzuspüren, wie ihn die Fangemeinde nie kennenlernte. Dieser King of Cool, wie man ihn nannte, sollte endlich, als erwachsener Mann den Vater gefunden haben, welchen er sein ganzes Leben lang so sehr vermisst hatte? Gott?

Die Reise geht im Bullitt quer durch die USA. Der Autor trifft viele Weggefährten von Steve und obwohl dieser schon seit 38 Jahre verstorben ist, weiß jeder noch etwas zu dem Gesamtbild von Steve McQueen beizusteuern. Es entsteht das Bild eines Rebellen (Seite 173: Die Filmemacher hielten jeden Tag einen Gebetstreffs ab. Am Schluss sagten sie dann immer: Und rette uns vor Steve McQueen) aber gleichzeitig lesen wir von einem finanziell großzügigen Menschen, der nie vergaß aus welcher Armut er selbst kam und wie hart sein Weg ins Erwachsenenleben war. Das Erziehungsheim in dem er aufwuchs besuchte er auch noch später regelmäßig, als er bereits ein großer Filmstar war. Es war sein Zuhause gewesen und den dortigen Jungs fühlte er sich nah.

Steve McQueen blieb sein Leben lang ein Suchender. Doch seinem leiblichen Vater lag nichts daran von ihm gefunden zu werden, obwohl sie lange Zeit nicht weit von einander entfernt wohnten. Irgendwann kam Steve mit Gott in Verbindung. Nach und nach machte es in seinem Denken "Klick" und er wurde aufnahmebereit. Es wurde für ihn selbstverständlich die Sonntagsgottesdienste zu besuchen. Endlich kam er irgendwo an, fand einen Halt. Ein halbes Jahr vor seiner Krebsdiagnose wurde ihm das zuteil, was er sein Leben lang vergeblich gesucht hatte.

Es ist eine schöne, wenngleich auch in vielen Teilen traurige Biographie eines Weltstars, eines Menschen.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Grenzenlos bis zum Zusammenbruch

Das Gewicht der Freiheit
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Das Florian Burkhardt viele Talente hat, beweist er mit dem vorliegenden, autobiographischen Roman "das Gewicht der Freiheit!

Lernten wir in dem Vorgängerbuch "Das Kind meiner Mutter" einen kindlichen ...

Das Florian Burkhardt viele Talente hat, beweist er mit dem vorliegenden, autobiographischen Roman "das Gewicht der Freiheit!

Lernten wir in dem Vorgängerbuch "Das Kind meiner Mutter" einen kindlichen und überbehüteten Florian kennen, der überall an Grenzen stieß, so erleben wir in dem vorliegenden Werk den erwachsenen Florian, der voller Gier auf das pralle Leben zu bersten droht und alle Grenzen auf einmal niederreißen will. Nichts scheint mehr unmöglich für ihn. Er beginnt sein Leben auf der Überholspur.

Das Buch "das gewicht der freiheit" beginnt mit dem bitteren Ende, als Florian an seinen eigenen Anforderungen und Erfolgen zerbrochen ist und schon wochenlang nicht mehr die Wohnung verlassen kann. Ein menschliches Wrack. Seine eigene Psyche setzt ihm die Grenzen, von denen er glaubte, dass sie für ihn nicht mehr existierten. Florian bittet selbst um seine Einweisung in die Psychiatrie, weil er dieses Leben nicht mehr länger erträgt.

Im Rückblick erzählt er von diesem Punkt an seinen kometenhaften Aufstieg und seinen jähen Absturz.

Endlich frei! In seiner jungendlich-männlichen Selbstüberschätzung sieht er sich schon als Filmstar, bevor er überhaupt in Los Angeles die ersten Kontakte in der Filmbranche knüpfen konnte. In seiner Vorstellung lag ihm die Welt bereits zu Füßen, als Maschine startete. Dass man ihm bei seiner Ankuft in L.A. noch nicht den roten Teppich ausrollte lag nur daran, dass die Filmschaffenden noch nicht wussten, welches Genie im Anflug war und auf Entdeckung wartete, war er überzeugt. Doch die Realität holte ihn ein. Das Geld wurde knapp - auch ein Zimmer in einer sehr schlechten Wohngegend wollte bezahlt werden.

Doch Florian hatte Biss entwickelt und gab nicht auf. Letztendlich startete er eine Karriere als männliches Model. Sein Gesicht hat das gewisse Etwas, kommt an in der Werbebranche. Ganz sicher würde er auch heute noch zu den ausgebuchten, männl. Models gehören, wäre er noch immer auf dem Markt. Er wurde für die unterschiedlichsten Werbeaufnahmen gebucht. Von da an ging es Berg auf. Florian war d i e Entdeckung und er lief für die ganz Großen der Modebranche über den Laufsteg. Heute Mailand, morgen New York, übermorgen London. Er hatte es geschafft. Zwei Jahre lang hielt er dieses unstete Leben aus, dann wusste er, das ist nicht, was er auf Dauer wollte. Schnitt.

Ahnte er schon damals, dass er sich übernahm, auspowerte bis es nicht mehr ging? Mit sehr schönen Worten beschreibt er, wie er in die Schweiz zurückkehrte, einen Lebenspartner fand und zu innerer Ruhe fand. Doch noch immer war zuviel unruhiges Leben in ihm, das ihn antrieb und gelebt werden wollte. "Electroboy" ist ein Film, der über die nachfolgende Lebensphase Florians berichtet. Es scheint, was er anfasste brachte ihm Erfolg und riss ihn mit sich. Seine Kreativität beflügelte ihn. Florian Burkhardt lässt den Leser auch an dieser Zeit seiner elektonischen Musikkarriere teilhaben.

Am Ende des Buches lernen wir den heutigen Florian kennen der lernen musste, seine Grenzen einzuhalten, weil sonst seine Psyche und sein Körper streikt. Das Leben lehrte ihn. Langsam tastete er sich in den Alltag zurück, immer bewusst darüber, wie fragil sein neues Dasein ist.

Dieses Buch hat mich während des Lesens gepackt und ich kann es nur weiterempfehlen. Ich frage mich, wie viele junge Menschen brachen/brechen aus ihrem eingeengten Leben in eine vermeintlich grenzenlose Weite aus und mussten/müssen entdecken, dass sie von all den Möglichkeiten, die das Leben bietet überfordert sind und aufgefressen werden. Was aber nicht heißen soll, ängstlich zurück zu bleiben. Jedoch, mit dem eigenen Dasein sorgsam und pfleglich umzugehen.

Veröffentlicht am 24.02.2018

Katzen - gestern und heute

Der Tiger in der guten Stube
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Für Katzenliebhaber ist das Buch "Der Tiger in der guten Stube" von Abigail Tucker eine wahre Offenbarung. Obwohl die Autorin einige humorvolle Geschichten ihrer eigenen Stubentiger einfügte, ist das vorliegende ...

Für Katzenliebhaber ist das Buch "Der Tiger in der guten Stube" von Abigail Tucker eine wahre Offenbarung. Obwohl die Autorin einige humorvolle Geschichten ihrer eigenen Stubentiger einfügte, ist das vorliegende Buch in erster Linie ein Sachbuch. Allerdings, und das ist das große Plus, es werden wissenschaftliche Erkenntnisse mit lockerem Schreibstil gepaart und schon entstand ein Werk, welches auch von Laien gelesen und verstanden werden kann. Aufgelockert werden die Texte durch wunderschöne Zeichnungen, an denen ich meine helle Freude hatte. Stubentiger mit menschlichen Gesichtszügen, denen man die jeweilige Gemütslage ansehen kann. Einfach köstlich!

Die Verbreitung der Katzen ist phänomenal. Sie überdauerten die Steinzeit (Seite 79), und eroberten nach und nach die ganze Welt. Im Alter von 6 Monaten werden Hauskatzen bereits geschlechtsreif. Die Autorin legt dar, dass ein Katzenpaar in nur 5 Jahren 354 294 Nachkommen haben könnte, falls alle überlebten (Seite102). In Deutschland leben heute ungefähr 13 Millionen Hauskatzen, plus geschätzter 2 Millionen verwilderter Exemplare. Das sind nur ein paar Zahlen, die etwas über die Verbreitung dieser Schmusetiere aussagen.

Doch warum lieben wir Katzen so sehr, dass wir mit ihnen das Haus teilen, obwohl wir nichts von ihnen haben? Einen Hund kann man dressieren, dass er die Zeitung oder die Pantoffeln bringt, bellt wenn sich Fremde dem Haus nähern oder auch als Rettungshund dem Menschen dient. Und Katzen? Absolute Fehlanzeige. Diese fressen, schlafen, schmusen wenn sie Lust dazu verspüren. Damit nicht genug, sie beanspruchen auch noch unseren Lieblingssessel im Wohnzimmer oder gar den besten Platz auf dem Sofa, wenn sie ein Nickerchen machen wollen. Erziehungsversuche laufen meist ins Leere, erklärt uns die Autorin. Und trotzdem eroberten diese Tiere die Herzen der Menschen. Die Erklärung dafür gibt Abigail Tucker auf Seite 82: ... Das Gesicht einer Katze ist das eines überragenden Beutegreifers und zugleich das eines Kindes, und dieser spannende Widerspruch zieht uns in seinen Bann."

Die Autorin nimmt uns mit in die Entwicklungsgeschichte der Katzen und wie sie es schafften, seit vielen Jahrhunderten zu überleben. Der Leser begibt sich beim Lesen dieses Buches auf eine spannende Zeitreise um die ganze Welt. Auf Seite 110 erfahren wir von felinen Staatsdienern und auf Seite 116 werden wir mit der Guerillataktik dieser Tiere konfrontiert. Dass es sich um Jäger handelt, zeigt sich allein schon daran, dass die Zähne dazu ausgelegt sind die Beute zu erlegen und dann zu zerlegen. Damit Katzen sich den Bauch füllen können, müssen viele andere Tiere sterben. Nicht nur Mäuse, wie wir Menschen es gerne sehen, sondern auch Vögel und vor allem (Klein)Tiere die vom Aussterben bedroht sind, werden bei ihren Beutezügen erlegt. Dieser Abschnitt fand ich besonders interessant, aber auch gleichzeitig erschreckend. Die Ausführungen der Autorin schafften es, dass ich den wunderschönen Kater von nebenan anfing mit anderen Augen zu sehen.

Es würde jetzt in der Rezi zu weit führen, auf jedes einzelne Kapitel dieses Buches einzugehen. Ich gebe gerne zu wie überrascht ich nach dieser Lektüre war, dass das Thema "Katzen" tatsächlich so breit gefächert ist. Die Eigenwilligkeit und der Überlebenswille dieser geschmeidigen Tiere, auch mit den widrigsten Lebensbedingungen auszukommen - im Volksmund sagt man, eine Katze habe 7 Leben - verdienen Bewunderung.

Wie ich schon zu Anfang schrieb, dieses Buch ist ein Sachbuch mit ausführlichem Quellennachweis und Register am Ende, aber so interessant und verständlich geschrieben, dass ich als Laie meine helle Freude daran hatte.