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Veröffentlicht am 28.05.2019

Ein Lakota zwischen Tradition und Moderne

Indian Cowboy
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In dem vorliegenden Buch "Der Jäger" aus der Serie "Indian Cowboy" von Brita Rose Billert begegnen wir erneut Ryan Black Hawk vom Stamme der Lakota. Im Grunde wird der Leser schon durch das Cover des ...

In dem vorliegenden Buch "Der Jäger" aus der Serie "Indian Cowboy" von Brita Rose Billert begegnen wir erneut Ryan Black Hawk vom Stamme der Lakota. Im Grunde wird der Leser schon durch das Cover des Buches auf die richtige Fährte gebracht.

Dieser Band beginnt dort, wo der vorherige Roman endete. Ryan wird unehrenhaft aus der Air Force entlassen. Das ist in den USA nahezu ein NO GO, wenn man eine gute Arbeitsstelle sucht. Doch zum Glück gibt es Menschen um Ryan, die seine besonderen Begabungen erkannt haben, seine Zuverlässigkeit als auch seine Menschlichkeit schätzen. Ich muss gestehen, bereits beim Lesen des ersten Bandes ist mir dieser Indianer vom Stamme der Lakota sehr vertraut geworden und ich kann ihn mir genau mit seinem schwarzen, wieder längeren Haar, seiner rot-braunen Gesichtsfarbe und seinem geschmeidigen Körperbau vorstellen. Vielleicht auch deshalb, da ich "Indianer" nicht nur von Fotos kenne, sondern schon einigen begegnet bin.

Ryan wird als Headhunter angeheuert und auf Personen angesetzt, die aus unterschiedlichen Gründen vom FBI gesucht werden. Das vorliegende Buch hat sehr viel von einem modernen Abenteurroman. Man könnte diesen auch als Road-Movie auf die Leinwand bringen. Dabei tauchen wir ein in den amerikanischen Alltag - sowohl der weißen als auch der indianischen Bevölkerung. Trucker, ein Völkchen für sich, kommen hier auch zu Wort und spielen eine gewichtige Rolle. Ich muss gestehen, während ich dieses Kapitel las sah ich diese chromblitzenden Trucks vor meinem inneren Auge auf den Freeways und hörte dieses ganz besondere Tuten, das diesen Giganten der Straße eigen ist.

Ryan bekommt eine Corvette und wird natürlich mit entsprechenden Waffen ausgerüstet. Doch für seinen Job als Headhunter braucht er vor allem einen klaren Kopf sowie Verstand und ein Gespür für Situationen als auch für seine Mitmenschen, die er für seinen Chef aufspüren soll. Es ist spannend wie in einem Krimi. Natürlich darf auch die Liebe nicht fehlen.

Was mir an dieser Reihe gut gefällt ist, dass der Leser innerhalb eines Romans etwas über die Ureinwohner der USA erfährt. Zwar werden einzelne Stammesriten nur angesprochen, doch die Autorin macht dadurch neugierig, sich näher mit den Lakota zu befassen. Dank des Internets hat heute jeder die Möglichkeit sich Informationen zu besorgen und mehr über diese Menschen zu erfahren. Insbesondere zum Stamm der Lakota gibt es richtig gut gearbeitete Seiten mit vielen Informationen.

Die Zeiten von Winnetou sind Geschichte. Die heutigen Menschen mit indianischen Wurzeln wie Ryan fahren Auto, leben meist in festen Häusern und essen amerikanisches Frühstück. Trotzdem ist sich Ryan seines indianischen Erbes bewusst und lebt es auch. Eine gute und bemerkenswerte Mischung.

Veröffentlicht am 18.05.2019

Willkommen ganz oben

Willkommen in Lake Success
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Für das Buch "Willkommen in Lake Successe" von Gary Shteyngart sollte sich der Leser Zeit lassen, sonst überliest er womöglich die vielen Feinheiten. Der Autor hat die Menschen genau beobachtet und in ...

Für das Buch "Willkommen in Lake Successe" von Gary Shteyngart sollte sich der Leser Zeit lassen, sonst überliest er womöglich die vielen Feinheiten. Der Autor hat die Menschen genau beobachtet und in einem satirischen Roman zusammengefasst, was die meisten Leute nicht gerne von sich preisgeben. Das ist wohl auch einer der Gründe, weshalb dieses Buch so erfolgreich ist.

Man findet nichts von dem banalen Herz-Schmerz der Romane, die üblicherweise unsere Bestsellerlisten stürmen. Wer darauf steht, wird dieses Buch nicht mögen. Keinen der Protagonisten schließt man ins Herz. Allein die Vorstellung solchen Menschen womöglich begegnen zu können bereitet mir Übelkeit. Und trotzdem konnte ich diesen Roman nicht weglegen, bin sogar nachts um 3 Uhr aufgestanden und habe weiter gelesen. Provokation pur.

In diesem Sinne ist das Buch genial!

Barry schafft es vom Sohn des Poolreinigers zum Millionär aufzusteigen. American Dream! Er ist erfolgreicher Fondmanager, verwaltet Milliarden. Mit seiner Ehefrau Seema bewohnt er eine 7 Millionen Dollar Wohnung in New York und das Glück wird gekrönt mit einem Wunschkind. Doch von da an geht es abwärts. Der ersehnte perfekte Sohn ist ein Autist. Mit dieser Diagnose kommen beide Elternteile nicht klar. Die Beziehung eskaliert, als sie bei einer Abendeinladung mehrere Stockwerke tiefer zu einem Schriftsteller und einer Ärztin in eine nur knapp 4 Millionen $ Wohnung eingeladen werden und deren "normaler" Sohn seinen Auftritt hat. In derselben Nacht wird Barry klar, dass seine Ehe gescheitert ist und entscheidet sich, sein bisheriges Leben hinter sich zu lassen und seine frühere Liebe Leyla zu suchen. Nur seine liebsten Uhren dürfen ihn begleiten. Vielleicht sind diese Dinge das einzige, an das Barry sein Herz gehängt hat. Handy, Kreditkarte - von allem trennt er sich, bevor er den Greyhoundbus besteigt.

Das erste Ziel sind die Eltern von Leyla, bei denen er auch einige Tage wohnen kann. Die früheren Rebellen sind ruhig geworden. Seite 131: "Die radikalen Intellektuellen waren ein bisschen gesetzter geworden. Sie machten sich fürs Abendessen fein".

Auf der Fahrt im Greyhound begegnet Barry dem rassistischen Amerika. Obwohl er selbst gemäßigter Republikaner ist, schockiert ihn, womit er konfrontiert wird. Da wäre Trumps Wahlkampf. Seite 203: "....die Langeweile eines kriegerischen Landes, das keinen richtigen Krieg zur Hand hatte. War es nicht das, was Trump seinen Anhängern versprach? Einen weitreichenden Konflikt, den sie sich selbst aussuchen konnten?" Als Trump bei einer Pressekonferenz einen behinderten Journalisten seiner Behinderung wegen lächerlich macht, fühlt Barry damit seinen Sohn eigenen beleidigt.

Irgendwann ist er in El Paso - bei Leyla. Auch nach so vielen Jahren kann sie seinem Charme nicht widerstehen und nach wenigen Tagen schläft Barry nicht mehr im Gästezimmer. Glaubt, Teil des Lebens von Leyla und ihrem Sohn geworden zu sein und bleibt doch ein Fremder in ihrem Haus (S. 306).

Der Ausflug nach Mexico mit Leyla und ihren UTEP-Kollegen steht an. Wie der Autor die Fahrt, den Grenzübertritt beschreibt, das sollte man langsam lesen, damit die Vorstellungskraft mit den Ereignissen Schritt halten kann, die wir nicht wissen wollen und vor denen wir gerne die Augen verschließen. Armut, Gewalt, Drogenkriege. Die Armen reagieren auf die gönnerhaften Wohltaten der Weißen nicht wie erwartet.

Immer wieder lesen wir auch aus der Sicht von Seema, Barrys Noch-Ehefrau, die ihren Ehemann zwar seiner windigen Geschäfte wegen verachtet und sogar beim FBI anzeigte, aber trotzdem kein schlechtes Gewissen hat, bei der Scheidung von diesem "schmutzigen" Geld so viel wie nur möglich als Unterhalt zu erstreiten. Auf Seite 360 lesen wir die Beweggründe für diese Heirat: "... Du!" hatte Seema ihre Mutter angebrüllt. "Du wolltest dieses Geld! Du warst es! Die Liste! Erinnerst du dich an die Liste?"..."Die, auf der alle Ethnien standen, Juden und weiße amerikanische Protestanten ganz oben, wir ganz unten. Tja, und jetzt habe wir es geschafft. Willkommen ganz oben....." Auch Seemas Mutter verachtet Barry und trotzdem lebt sie nun in seiner 7 Millionen $ Wohnung mit Blick über New York.

Meiner Meinung nach ist dem Autor mit diesem Buch wirklich ein Meisterwerk gelungen. Er legt immer wieder den Finger in die Wunden. Natürlich kann man sich als Leser gut über diese unersättlichen Reichen empören. Die meisten werden nicht dazu gehören. Doch was bei diesem Buch so gut durchkommt ist das Denken der Menschen, das wohl niemand zugeben will - egal zu welcher sozialen Schicht man gehören: "Wie komme ich am schnellsten da oben hin?"

Der Roman ist, wie auch die Protagonisten, stark überzeichnet. Die sexuellen Szenen abstoßend. Als Leser empört man sich über vieles was hier zur Sprache kommt und trotzdem kann man nicht aufhören zu lesen.

Veröffentlicht am 08.05.2019

Jeder Zeuge hat eine andere Wahrnehmung

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Der neue Roman von Joel Dicker "Das Verschwinden der Stephanie Mailer" wurde von den Fans des Autors sicherlich schon länger erwartet. Ich kann nur sagen, das Warten hat sich gelohnt. Seine Fans werden ...

Der neue Roman von Joel Dicker "Das Verschwinden der Stephanie Mailer" wurde von den Fans des Autors sicherlich schon länger erwartet. Ich kann nur sagen, das Warten hat sich gelohnt. Seine Fans werden von diesem Buch nicht enttäuscht sein.

Handelt es sich nun um einen Roman oder einen Krimi? Ein wenig ist auch von einem Thriller darin enthalten.

Es beginnt mit der Verabschiedung in den Ruhestand des Ermittlers Jesse Roseberg, der des Polizeidienstes überdrüssig geworden ist und sich anderen Dingen widmen will. Ja, käme da nicht die Journalistin Stephanie Mailer und erzählte ihm, dass er 1994 als junger, aufstrebende Polizist zusammen mit seinem Partner Derek in einem spektakulären Mordfall mit 4 Toten den falschen Täter erwischt hätte. So eine Aussage lässt natürlich diesen "alten Hasen", der damals auf den schnellen Erfolg so stolz war, nicht ruhen. Er muss den alten Fall gegen alle Widerstände von Kollegen und Vorgesetzten wieder ausgraben. Nur noch wenige Tage bleiben ihm bis zu seinem endgültigen Ausscheiden aus dem Dienst und seine Kollegen können seinen Eifer, mit dem er sich erneut dem alten Fall widmet nur mit mitleidigem Lächeln quittieren.

Doch dann ist die Journalistin Stephanie Mailer verschwunden. Macht sie sich irgendwo nur ein paar schöne Tage, wie sie in einer SMS an ihren Chef schreibt oder geht es um mehr? Jesse, der nun auch seinen ehemaligen Partner Derek von dessen langweiligem und ödem Job an einem Polizeischreibtisch weggelotst hat, nimmt erneut die Spur auf. Ach ja, da ist auch noch die Polizistin Anna, die vom örtlichen Bürgermeister der Frauenquote wegen nach Orphea verpflichtet wurde. Zu dritt bilden sie nun ein umwerfendes Team.

Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen. Mal sind wir wieder im Jahre 1994 und dann wiederum im Heute (2014) unterwegs.

Der Autor baute diesen Roman in vielen kurzen Kapiteln auf, was dem Buch seinen Reiz gibt. Es wird nie langweilig, denn man muss als Leser immer wieder umdenken. Vor allem die vielen Namen der handelnden Personen haben es in sich. Zur Hilfe gibt es im Buch ein Verzeichnis.

Besonders reizvoll finde ich, dass jedes Kapitel mit einem Namen überschriftet ist, aus dessen Sicht gerade erzählt wird. Wie heißt es immer, nimm 1 Tat und zehn Zeugen und es werden 11 verschiedene Tathergänge beschrieben. So ähnlich geht es auch hier. Ein Verwirrspiel, das es in sich hat. Ein ehemaliger Polizist, der nun als Regisseur ein modernes Theaterstück auf die Bühne bringen will oder die brave Ehefrau aus gutem Haus, die in jungen Jahren als Prostituierte und Lockvogel eines Zuhälters arbeitete. Die Charaktäre sind weit gefasst.

Der Autor hat sich viel einfallen lassen, sein Publikum zu unterhalten. Sogar einen sehr makaberen Abschluss einer außerehelichen Affaire. Mehr will ich darüber aber nicht verraten.

Joel Dicker hält seine Leser im Griff. Mal lässt er etwas locker und dann zieht er die Spannung wider an. Ein Kompliment auch an die Übersetzer.

Mir hat das Buch so gut gefallen, dass ich nachts um 3 Uhr aufstand um noch eine Stunde zu lesen, weil ich wissen wollte wie es weitergeht. Immerhin waren ca. 670 aufregende Seiten zu bewältigen.

Veröffentlicht am 23.04.2019

Der italienische Faschismus aus der Sicht eines Kindes

Niemand weiß, dass du hier bist
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Der Roman "Niemand weiß dass du hier bist" von Nicoletta Giamietro, gibt dem Leser einen Blick auf das faschistische Italien aus der Sicht eines Jungen, der zu Beginn des Buches 12 Jahre alt ist.

In ...

Der Roman "Niemand weiß dass du hier bist" von Nicoletta Giamietro, gibt dem Leser einen Blick auf das faschistische Italien aus der Sicht eines Jungen, der zu Beginn des Buches 12 Jahre alt ist.

In Tripolis (Libyen) aufgewachsen, wird Lorenzo im Jahr 1942 von seiner Mutter zurück nach Italien (Siena) zu seinem Opa und seiner Tante gebracht, als der 2. Weltkrieg in Libyen immer näher kommt und immer bedrohlicher wird. Anfangs fühlt sich Lorenzo abgeschoben, kämpft sein Vater doch im Krieg gegen die Engländer und für den Duce. Die Bewunderung eines kleinen Jungen für seinen mutigen Vater, den er über alles verehrt, lässt die Autorin den Leser schon zu Beginn des Buches spüren. Dass sowohl der Opa als auch die Tante kein Verständnis dafür haben, dass sein Vater in diesem großartigen Krieg für sein Vaterland kämpft, zum Helden wird, kann er so gar nicht verstehen. Seine große Bewunderung gilt aber nicht nur dem Vater, sondern auch dem Duce.

Wie das so ist in faschistischen Staaten, die Menschen fürchten sich ihre Meinung öffentlich zu sagen, aus Angst, dafür bestraft zu werden. Doch die Tante von Lorenzo kann sich nicht verstellen, riskiert nicht nur innerhalb der Familie klare Worte, was ihr auch irgendwann zum Verhängnis wird. (Mehr möchte ich darüber nicht sagen)

An Lorenzo, eingebettet in eine schützende Familie mit liebevoller Wirtschafterin - oder sollte ich besser sagen, ältere Freundin der Familie - gehen viele Greuel, die den Menschen zu dieser Zeit geschehen, fast vorbei. Die Kinder wurden von der Politik für deren eigene Zwecke missbraucht und glaubten, was Lehrer und andere Erwachsene ihnen vormachten. Als der Duce stürzt, bricht für Lorenzo eine Welt zusammen. Anfangs kann er gar nicht verstehen, weshalb sich seine Tante, der Opa und die Köchin darüber freuen und in einen Freudentaumel verfallen. Die ganze Stadt feiert die Befreiung. Doch als schon alle aufatmen, kommen die Deutschen und es wird noch schlimmer als zuvor.

Man sagt oftmals, Kinder bekämen vieles nicht mit. Doch für Lorenzo ist es wie ein Erwachen aus einer behüteten Kindheit als er sieht, was um ihn herum geschieht. Sein bester Freund Daniele, ein Jude, gerät in größte Not und Lorenzo handelt. Während noch immer Erwachsene in der Nachbarschaft irgendwelchen Parolen nachrennen, noch immer nicht akzeptieren wollen, dass man sie belogen und betrogen hat, nun an anderer Front kämpfen, durchschaut dieser Junge von nun 13, bzw. 14 Jahren was sich da vor seinen Augen abspielt. Mit dem Blick eines Kindes sieht man manchmal klarer.

Besonders das Ende des Buches (das ich natürlich hier nicht verraten will) gefiel mir sehr gut.

Für mich besonders bemerkenswert, dass die Autorin tatsächliche Geschehnisse in diesen Roman einfließen lässt und immer wieder in die Handlung einbaut. Wir wissen über die Geschehnisse des 2. Weltkrieges in unserem Land recht gut Bescheid (wenn wir uns dafür interessieren). Doch wie es die Menschen in anderen Ländern erlebten, bleibt/blieb uns vielfach verborgen. In diesem Buch erhielt ich und ich denke auch viele andere Leser, eine geschichtliche Nachhilfestunde, die den Blick erweitert. Bücher, die mich in meinem Denken weiterbringen, gehören zu meinem bevorzugten Lesestoff. Die empfehle ich auch weiter, so wie diesen Roman "Niemand weiß, dass du hier bist" von Nicoletta Giamietro, die heute in Mainz lebt und arbeitet.

Veröffentlicht am 03.04.2019

Von Zweibeinern mit ihren Vierbeinern - oder umgekehrt?

Wer erzieht hier eigentlich wen?
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Das vorliegende Buch "Wer erzieht hier eigentlich wen?" von Gernot Beger ist ein humorvoller Unterhaltungsroman mit viel wahrem Hintergrund. Die Realität übertrifft ja oftmals die Fantasie und ist schon ...

Das vorliegende Buch "Wer erzieht hier eigentlich wen?" von Gernot Beger ist ein humorvoller Unterhaltungsroman mit viel wahrem Hintergrund. Die Realität übertrifft ja oftmals die Fantasie und ist schon deshalb urkomisch. Dieses Buch ist etwas fürs Herz - egal ob meinen Hund hat oder auch nicht.

Die Erzählerin ist Chaka, eine Ridgeback-Hündin, die ihr Herrchen Gernot bei Spaziergängen an der Leine mitlaufen lässt. Doch vor der Metzgerei hat eindeutig Gernot das Sagen. Chaka muss draußen bleiben und darf sabbernd die ganzen Leckereien hinter der Scheibe begierig anschmachten. Wer wie ich nicht weiß was ein Ochsenziemer ist, bekommt zu diesem Hundeleckerlie Aufklärung. Chaka ist entzückt von diesem nach Mist stinkenden Etwas, welches sie abkauen darf - was aber der Männerkochrunde am Abend den Genuss ihrer neuen Kochkreation beeinträchtigt, da sich ein unangenehmer Geruch über deren Geschmacksnerven legt. Aber für was gibt es Rotwein zum Nachspülen?

Auf den gemeinsamen Spaziergängen zeigt Chaka mal gleich anderen Vierbeinern wer hier das Sagen hat und wo der Hammer hängt. Man muss sich ja Respekt verschaffen. Und andere Hundehalterinnen die sich dumm benehmen, werden gleich mal angeknurrt bis sie parrieren. Für die kleinen "Sandpupser" (Hunde mit kurzen Beinen) hat Chaka wenig übrig. Gleichzeitig hat sie aber auch Mitleid mit den vollgestopften Vierbeinern, die bei Kälte in Strickpullover gesteckt werden und nicht herumtollen können.

Dass Herrchen Gernot seine Hundespaziergänge auch mal gerne auf dem Fahrrad erledigt, hat ungewollte Folgen. Immerhin ist es gar nicht so einfach, sein Rad samt Hund in der Balance zu halten. So enden solche Spazierfahrten für Gernot ab und zu mit einem Sturz in den Straßengraben. Zu Fuß ist sowieso gesünder. Vor allem, man trifft auch andere, nette Leute sowie deren Hunde und es tun sich ungeahnte Möglichkeiten auf. Besonders der Mischlingsrüde Einstein hat es Chaka angetan. Sein Frauchen ist auch nicht von schlechten Eltern und wenn Gernot mit Frauchen Jule - so könnte auch Chaka mit Rüde Einstein. Und schon fängt das Hundehirn an und arbeitet.

Doch was sein Herrchen meint, wenn er "Sitz, Sitz" ruft, weiß sie dann doch nicht. Soll sie sich setzen, wieder aufstehen und wieder setzen? Oder was meint Gernot? Damit der Umgang mit seiner Hündin besser klappt, geht er mit Chaka in die Hundeschule. Gernot lernt dort, was seine Vierbeinerin braucht. Chaka weiß ja schon, was Hunde so benötigen. Dabei ist sie ganz liebenswert, macht ihrem Herrchen im Bett genügend Platz, damit auch er dort schlafen kann.

Vor unseren Augen entwickelt sich eine liebenswerte Wohn- und Lebensgemeinschaft von Vier- und Zweibeinern. Wer das eigentliche Sagen in der Wohnung hat, ist bis zum Ende nicht ganz klar. Herrchen mag geschlossen Türen, wogegen Chaka auf ihre Art protestiert. Am Ende bleiben die Türen offen. Wer sagt's denn!

"Wer erzieht hier eigentlich wen?" ist ein allerliebstes Unterhaltungsbuch, das mich viel zum Schmunzeln und Lachen brachte.