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Veröffentlicht am 27.12.2025

Gelungen verschachtelt

Tod zur Teestunde
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Lektorin Susan Ryeland ermittelt – und das bereits zum dritten Mal! Nachdem ihr langjähriger Starautor Alan Conway bereits in „Die Morde von Pye Hall“ zu Tode kam und sie schließlich nach Kreta auswanderte, ...

Lektorin Susan Ryeland ermittelt – und das bereits zum dritten Mal! Nachdem ihr langjähriger Starautor Alan Conway bereits in „Die Morde von Pye Hall“ zu Tode kam und sie schließlich nach Kreta auswanderte, versucht sie jetzt, in der britischen Verlagsbranche erneut Fuß zu fassen. Und erhält ein unerwartetes Angebot: Ein junger, bislang eher erfolgloser Autor namens Eliot Crace soll Alan Conways Reihe um den Meisterdetektiv Atticus Pünd um einen weiteren Band ergänzen. Was läge näher, als dass sie das Lektorat übernimmt? Susan ist allerdings nicht restlos begeistert: Crace ist kein einfacher Charakter und bringt sie mit Teilen ihrer Vergangenheit in Kontakt, die sie lieber gemieden hätte. Sein Buch „Pünds letzter Fall“ startet zwar recht gelungen, doch Susan kommt bald dahinter, dass Crace darin seine eigene Familiengeschichte verarbeitet. Um die Hintergründe zu verstehen, stellt sie Nachforschungen an und stößt in ein Wespennest. Kurz darauf ist sie nicht nur wieder arbeitslos, sondern auch noch mordverdächtig …

Susan Ryelands zweiten Fall habe ich leider verpasst, aber mindestens an „Die Morde von Pye Hall“ knüpft „Tod zur Teestunde“ wunderbar an: Es geht nicht nur um Susans Geschichte, sondern auch um das Buch im Buch. „Pünds letzter Fall“, ein klassischer Krimi im Agatha-Christie-Stil, wird in drei langen Passagen zu großen Teilen erzählt – so großen Teilen, dass Susan Ryeland zwischendurch stark in den Hintergrund rückt. Gleichzeitig macht es Spaß, sich zunächst in das Cosy Crime zu vertiefen und sofort im Anschluss die kritischen Anmerkungen der Romanlektorin unter die Nase gerieben zu bekommen. Dass Eliot Crace seinen Krimi als Schlüsselroman über die eigene Familie konstruiert, führt beide Geschichten raffiniert zusammen. Und dann überschlagen sich die Ereignisse irgendwann. Es ist mir ein Rätsel, warum der Insel Verlag relativ spät stattfindende Romanereignisse auf dem Buchrücken spoilert – davor findet genügend anderes statt, das die Leser*innen bei Laune hält. „Tod zur Teestunde“ ist spannend, unterhaltsam, twistreich und lädt auf verschiedenen Ebenen zum Miträtseln ein. Manches Mal habe ich mir gewünscht, ich hätte „Die Morde von Pye Hall“ vor diesem dritten Band noch einmal gelesen – die Geschichten sind ungeahnt eng miteinander verwoben. Die toll verschachtelte Komposition hat mich über die ein oder andere nicht komplett logische Aktion hinwegsehen lassen, die mich bei einer weniger komplexen Geschichte vielleicht gestört hätte. Von Susan Ryeland würde ich gerne wieder lesen – und falls verschlungene Pfade doch noch zu einem weiteren Atticus-Pünd-Fall führen sollten: umso besser! Anthony Horowitz ist einfach ein Meister seines Genres.

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Veröffentlicht am 18.11.2025

Voller Wärme und Weisheit

Ins hohe Gras
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Trevor Noah hat mit „Ins hohe Gras“ eine zauberhafte Fabel geschrieben, die von Illustratorin Sabina Hahn kongenial umgesetzt wurde. Text und Bild ergänzen sich hier aufs Wunderbarste.
Es geht um einen ...

Trevor Noah hat mit „Ins hohe Gras“ eine zauberhafte Fabel geschrieben, die von Illustratorin Sabina Hahn kongenial umgesetzt wurde. Text und Bild ergänzen sich hier aufs Wunderbarste.
Es geht um einen namenlosen Jungen – nach dem persönlichen Vorwort Trevor Noahs ihm vermutlich nachempfunden – und seinen Teddy namens Walter. Walter ist die Stimme der Vernunft; er mahnt zum Zähneputzen, Haare kämmen und Bett machen, denn das sind die morgendlichen Pflichten, die die Mutter dem Jungen auferlegt hat. Doch der Junge will raus „Ins hohe Gras“ und zieht den widerstrebenden Teddy mit sich. Sie verlassen den sicheren Garten und erleben kleine Abenteuer, bei denen streitende Schnecken und fröhlichen Münzen ihnen erstaunliche Wege zu Konfliktlösungen zeigen. Das liest sich sowohl locker-flockig als auch weise. Und ab und zu kommen kleine Passagen, die wirklich berührend sind – wenn der Junge beispielsweise fragt: „Meinst Du, es ist zu spät, nach Hause zu gehen?“ und Walter antwortet: „Wenn du’s noch Zuhause nennst […] kannst du immer zurück.“
Bei diesem Buch stellt sich nicht die Frage, für wen oder welche Altersgruppe es geeignet ist, sondern eher, wen die Geschichte nicht verzaubert. Ich denke, dass sehr unterschiedlich geartete Leser*innen ihre Freude an Trevor Noahs neuestem Werk haben werden. Definitiv ein All-Age-Buch, das sich auch bestens als Weihnachtsgeschenk eignet.

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Veröffentlicht am 03.11.2025

Raffiniert komponiert

Die drei Leben der Cate Kay
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Auffällig und ungewöhnlich: Das pinke Buchcover mit fettem gelben Titel und dem Bild von einem gesplitterten Rückspiegel, in dem ein Auge dreifach zu sehen ist, hat mich gleich neugierig gemacht. Und ungewöhnlich ...

Auffällig und ungewöhnlich: Das pinke Buchcover mit fettem gelben Titel und dem Bild von einem gesplitterten Rückspiegel, in dem ein Auge dreifach zu sehen ist, hat mich gleich neugierig gemacht. Und ungewöhnlich beginnt auch die Geschichte der Erzählerin Cate Kay, die sich und ihr vorliegendes Memoir im Vorwort vorstellt und die drei Namen enthüllt, unter denen sie bisher gelebt hat: Annie Callahan, Cass Ford und Cate Kay. Sie fordert die Leserinnen und Leser auf, anhand des Buches zu entscheiden, ob sie ein guter Mensch ist. Ein starker Einstieg!
Cate Kays Geschichte wird dann in Rückblicken, inklusive Zeitsprüngen, erzählt – mal von ihr, mal von Weggefährten. Die einzelnen Kapitel sind überschrieben mit dem Namen der berichtenden Person sowie Ort und Zeit der Geschehnisse. Dadurch bleibt es einigermaßen übersichtlich, ist aber trotzdem nicht ganz flüssig zu lesen, da viele Figuren eingeführt werden. Mir fehlte erst einmal der Überblick, wer wirklich wichtig für die Geschichte ist. Die ersten knapp 90 Seiten lesen sich dadurch etwas zäh – aber dann platzt der Knoten durch eine krasse Wendung und ich habe das Buch in jeder freien Minute weitergelesen.
„Die drei Leben der Cate Kay“ ist eine immer wieder anrührende Geschichte über große Gefühle, lebensverändernde Entscheidungen, Angst und Mut. Sobald das Grundgerüst steht und die Handlung an Fahrt aufnimmt, entwickelt sie sich fesselnd und intensiv. Das Ende hätte ich mir ausführlicher gewünscht, obwohl eigentlich wenig Fragen offenbleiben. Und die Geschichte in der Geschichte – Cate Kays (fiktive) Bestseller-Trilogie „The very last“, aus der ab und an Auszüge eingeschoben werden – ist ein genialer Kontrast, der immer wieder inhaltliche Brücken zum Leben der Erzählerin schlägt. Ein geschickt komponiertes, packendes Buch, das mich an eine komplexe Patience erinnert, bei der am Ende jede Karte an ihrem Platz liegt.

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Veröffentlicht am 29.10.2025

Flitziblitzi Urviech-Geschichte

Die Streitsaurier
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An diesem Buch gefällt meinen Kindergartenkindern und mir fast alles sehr gut: die bunten Illustrationen, das gelegentliche Urviechisch (eine lustige Fantasiesprache, die ab und zu verwendet und dann gleich ...

An diesem Buch gefällt meinen Kindergartenkindern und mir fast alles sehr gut: die bunten Illustrationen, das gelegentliche Urviechisch (eine lustige Fantasiesprache, die ab und zu verwendet und dann gleich übersetzt wird) und tolle Wortschöpfungen wie „flitziblitzi“. „Die Streitsaurier“ handelt, wie der Titel schon vermuten lässt, von zwei streitenden Sauriern: einem lila Miracelrex und einem orangen Superosaurus. Beim Vorlesen verknotet sich die Zunge schon mal, vor allem, weil das Miracelrex auch noch einen neutralen Artikel hat, was bei einem Dinosaurier unerwartet kommt. Als erstes entdeckt das Miracelrex eine einsame Insel, dann kommt der Superosaurus an, und als sie einander entdeckt haben, beginnen sie auch schon um die Insel zu streiten, was bald in einen Wettkampf ausartet. Doch als die Insel ein Eigenleben entwickelt, kommen die beiden schnell auf andere Gedanken …

Das „Verlassen“ der Insel und die Beilegung des Streits am Ende des Buches passieren Knall auf Fall – finde ich, meine Kinder stört es nicht. Sie sind fasziniert von den vielen Details, wie aus dem Wasser guckenden Augen und lustigen Wörtern („Fliegohaps“). Auf der letzten Seite gibt es noch praktische Redewendungen in Urviechisch und einen QR-Code zu urzeitlichen Wettspielen sowie einem Namensgenerator, das habe ich mit meinen noch nicht 4-Jährigen aber bisher nicht ausprobiert. Insgesamt haben wir viel Spaß mit dem Buch.

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Veröffentlicht am 25.10.2025

Tolle Musik, schwer lesbares Buch

Dass es uns überhaupt gegeben hat
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Wanda war Teil meines persönlichen Lebens-Soundtracks 2015, danach habe ich die Band etwas aus den Augen verloren. Um so mehr habe ich mich auf das Wiedersehen in Buchform gefreut und war sehr gespannt ...

Wanda war Teil meines persönlichen Lebens-Soundtracks 2015, danach habe ich die Band etwas aus den Augen verloren. Um so mehr habe ich mich auf das Wiedersehen in Buchform gefreut und war sehr gespannt auf den Backstage-Bericht. Leider bin ich gar nicht bis dahin vorgestoßen und bedaure das sehr – doch mit „Dass es uns überhaupt gegeben hat“ wurde ich einfach nicht warm.

Sänger Marco Wanda schildert hier die Geschichte seiner Rockband, die ich mit Liedern wie „Bologna“, „Auseinandergehen ist schwer“ und „Bussi Baby“ verbinde. Die Leidenschaft der Lieder geht dem Buch leider völlig ab. Wanda erzählt, wie er ab 2010 orientierungslos durch Wien und kurz auch Berlin und Kairo gondelt, high, betrunken, nicht wissend, wohin mit sich und seinen künstlerischen Ideen. Er lernt diverse Leute kennen, deren Namen ich mir nicht merken konnte, man trifft sich hier in der Kneipe, feiert da eine Party, versackt irgendwo und ich bekam einfach keinen Fuß in die Tür. Name-Dropping verbinde ich eigentlich damit, dass jemand angeben will; Marco Wanda schildert aber wohl einfach, wie es war – extrem unübersichtlich. Ich bin namenstechnisch nicht mitgekommen, gleichzeitig passierte kaum Interessantes und irgendwann habe ich gemerkt, dass ich seit zwei Wochen nicht mehr in das Buch geguckt hatte, obwohl ich es oft mit mir rumgeschleppte. Das Lesen hat mir einfach keinen Spaß gemacht. Schließlich habe ich versucht, noch etwas quer zu lesen, weil ich dachte, dass mir vielleicht nur der Durchhaltewillen für den zähen Anfang fehlt. Zudem hat Marco Wanda durchaus etwas zu erzählen. Aber wie er das macht, ist nicht mein Fall. Ich komme nicht rein in die Geschichte. Vielleicht hätte es besser geklappt, wenn ich ein größerer Fan gewesen wäre, mehr Vorwissen über die Band-Historie gehabt hätte oder mich auch nur in der österreichischen Rockszene besser ausgekannt hätte. Aber so war das kein Match für mich. Ich bleibe lieber bei der Musik.

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