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Veröffentlicht am 02.12.2016

solider Erstling

Der Sturz des Doppeladlers
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Das Birgit Mosser bereits mehrere geschichtliche Sachbücher verfasst hat, merkt man vor allem den historischen Details und Szenen an. „Der Sturz des Doppeladlers“ spielt im ersten Weltkrieg. Der österreichische ...

Das Birgit Mosser bereits mehrere geschichtliche Sachbücher verfasst hat, merkt man vor allem den historischen Details und Szenen an. „Der Sturz des Doppeladlers“ spielt im ersten Weltkrieg. Der österreichische Kaiser ist gestoben und mit ihm stürzt im Krieg auch langsam aber unaufhaltsam die Monarchie. Dabei erzählt Mosser anhand von vier Familien aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten von den Menschen, die zuhause bleiben aber auch von den Soldaten an der Front. Sie scheut sich nicht, von Blut und Tod zu berichten und das Leid und Unglück, dass weite Teile Europas damals überzogen hat, wird in ihrem ersten Roman eindringlich spürbar.

Es dauerte eine Weile, bis ich alle Personen soweit kennengelernt hatte, dass ich sie nicht mehr durcheinander brachte und auch nach und nach zu schätzen und einzuschätzen wusste. Der Erzählstil hat mir gefallen, allerdings bin ich kein Fan von Gesprächen im Dialekt. Auch wenn ich keine Probleme damit hatte, da ich als Bayer des Österreichischen Slangs durchaus mächtig bin, so hätte es mir gereicht, wenn dies einfach nur angedeutet gewesen wäre.

Es ist nicht mein erster Roman aus dieser Epoche, den ich dieses Jahr gelesen habe, deshalb muss er sich mit Büchern messen, die mich richtig umgehauen haben. Aber Birgit Mosser gelingt es durchaus, dass sie neue Eindrücke und Einblicke gibt und ich habe das Buch gerne gelesen. Für einen Erstling eine sehr solide und unterhaltsame Geschichte. Diese Autorin werde ich im Auge behalten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

interessant

Die Frau, die allen davonrannte
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Aganetha Smart ist 104 Jahre und lebt zurückgezogen und fast vergessen in einem Altersheim. Während ihr Körper durch das Alter bereits schwach und zittrig geworden ist, lebt immer noch ein reger Geist ...

Aganetha Smart ist 104 Jahre und lebt zurückgezogen und fast vergessen in einem Altersheim. Während ihr Körper durch das Alter bereits schwach und zittrig geworden ist, lebt immer noch ein reger Geist in ihr. Zwei junge Leute kommen, um sie über ihr langes ungewöhnliches Leben zu interviewen.
In Rückblenden erfährt der Leser, das Aggie in einer großen Familie auf dem Land aufgewachsen ist. Mit Geschwistern und Halbgeschwistern. Auch ihre Jugend ist es die ihr die Energie und Ausdauer gibt um später zu einer der erfolgreichsten Läuferinnen ihrer Zeit zu werden. Sie und andere Frauen setzen sich in einer Männerdomäne des Sports durch und sie gewinnt schließlich eine Goldmedallie.

Mir hat vor allem gefallen, dass am erfundenen Leben der Aggie Smart die damaligen Wettkampf-Umstände der Sportlerinnen auf eindringliche Weise geschildert werden. Auch wenn es Aganetha nicht wirklich und leibhaftig gab, so sind ihre Erlebnisse doch die Essenz vieler realer Geschehnisse um tatsächliche Läuferinnen und man erlebt hautnah mit, wie es im letzten Jahrhundert auch im Sport zu einem Kampf um Gleichberechtigung und Anerkennung der Frauen kam.

„Die Frau, die allen davonrannte“ ist der viel beachtete Erstling der Autorin Carrie Snyder. Man merkt der Geschichte an, dass Frau Snyder über Dinge schreibt, die sie nachvollziehen kann, die sie sogar selbst kennt. Sie ist Mutter von vier Kindern, Lehrerin und vor allem Läuferin. Mit kraftvollen Worten beschreibt sie Emotionen und Erlebnisse, versucht auf den Grund der Dinge zu kommen. Der Erzählstil ist anspruchsvoll und der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit fordert die Aufmerksamkeit des Lesers.

Sehr ansprechend ist auch die optische Gestaltung des Covers.
Ein Buch welches ich gerne gelesen habe und durch dass ich auf eine interessante neue Autorin aufmerksam geworden bin.

Veröffentlicht am 15.09.2016

guter Krimi

Fuchskind
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Gesine Cordes arbeitet als Friedhofsgärtnerin, seit sie aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist. Eines morgens entdeckt sie ein scheinbar ausgesetztes Baby. Wenig später wird nicht weit vom Friedhof eine ...

Gesine Cordes arbeitet als Friedhofsgärtnerin, seit sie aus dem Polizeidienst ausgeschieden ist. Eines morgens entdeckt sie ein scheinbar ausgesetztes Baby. Wenig später wird nicht weit vom Friedhof eine Tote an einer Bushaltestelle gefunden, an der Gesine kurz vorher vorbei gekommen ist. Die alten Ermittlerinstinkte von Gesine lassen sich nicht unterdrücken und sie stellt alsbald eigene Nachforschungen an bei denen ihr Marina Olbert hilft.

Mir waren Autorinnen und „Ermittlerin“ bis dato unbekannt. Es gibt bereits einen Vorgängerband in dem sicherlich noch mehr Details aus Gesines Vorleben zu finden sind und auch über den Tod ihres Kindes. Aber ich konnte auch so als Quereinsteiger dem Geschehen gut folgen und fand es einen netten Kniff, dass es in diesem Krimi keine offizielle Ermittlerin ist. Natürlich ist Gesines Persönlichkeit, wie die vieler Kommissare, auch eine gebrochene. Aber in ihrem Fall fand ich das ganz okay und nicht überzeichnet dargestellt.

Der Schreibstil ist gut lesbar und der Plot interessant. Ein bisschen fehlten mir am Ende vielleicht die überraschenden Wendungen und es wurde ziemlich weit ausgeholt zur Erklärung der Geschehnisse. Aber alles in allem ein guter Kriminalfall der für ein paar unterhaltsame Stunden gesorgt hat.
Besonders schön finde ich das Cover.

Veröffentlicht am 15.09.2016

interessanter Erstling

Was ich euch nicht erzählte
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Es kann nichts Schlimmeres für eine Familie geben, als wenn ein Kind verschwindet. So erscheint die 16jährige Lydia morgens vor der Schule nicht zum Essen und schnell ist klar, dass etwas passiert sein ...

Es kann nichts Schlimmeres für eine Familie geben, als wenn ein Kind verschwindet. So erscheint die 16jährige Lydia morgens vor der Schule nicht zum Essen und schnell ist klar, dass etwas passiert sein muss. Schon am nächsten Tag wird ihre Leiche im Wasser gefunden. Es stellt sich die Frage, ob es wirklich Selbstmord war. Welche Gründe hätte ein junges Mädchen haben können, zu so einem endgültigen Schritt. Die Eltern glaubten alles in bester Ordnung. In der Schule war das Kind doch unauffällig, sie gab Anlass zu größten Hoffnungen für eine erfolgreiche Zukunft.

Aber gerade das könnte der Grund gewesen sein für Lydia sich umzubringen. War sie von den Wünschen und Vorstellungen ihrer Eltern überfordert? Hätte man wirklich nicht etwas merken können und müssen? Gab es Zeichen, die sie gesendet hat, Worte, die sie vorher gesprochen hatte, um ihre Verzweiflung vielleicht kund zu tun?

Die Autorin versucht die Situation der Familie aus allen Blickwinkeln zu beleuchten. Sie beschreibt das komplexe Beziehungsgeflecht der einst fünfköpfigen Familie, in dem sie jedem Familienmitglied eine eigene Stimme gibt und dadurch einige Zusammenhänge klarlegt und man langsam ein Gespür für das Leben von Lydia bekommt. Dabei ist auch interessant, dass die Familie eine amerikanische Mutter und einen japanischen Vater hat, der den Tod seiner Tochter kaum verwinden kann. Es wird auch erzählt, wie die Menschen unterschiedlich auf den Lydias Tod reagieren und jeder versucht auf seine eigene Weise mit dem Unglück umzugehen und fertig zu werden. Es fällt allen auch schwer, sich wieder ganz aufeinander einzulassen. Aber nur gemeinsam scheint es Möglich all dies zu verstehen und zu akzeptieren.

Obwohl das Buch ziemlich dünn ist, erfährt man viel über die Menschen in dieser Geschichte. Und die Autorin erzählt dem Leser am Ende, was wirklich passiert ist. Die Sprache ist knapp aber angenehm und besticht mehr durch Klarheit als durch ausschmückendes Fabulieren. Interessanter Erstling.

Veröffentlicht am 15.09.2016

guter Erstling

Der letzte Pilger
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Gard Sveen greift in seinem kriminalistischen Erstling ein gern genommenes Thema der Norweger auf. Eine der zwei Zeitebenen spielt ab 1939 und es geht natürlich um die Nazis und ihr Regime im zweiten Weltkrieg ...

Gard Sveen greift in seinem kriminalistischen Erstling ein gern genommenes Thema der Norweger auf. Eine der zwei Zeitebenen spielt ab 1939 und es geht natürlich um die Nazis und ihr Regime im zweiten Weltkrieg in Norwegen. Hier ist es aber auch eine Agentenstory, denn Agnes wurde von den Britin eingeschleust, um mehr über die Deutschen Besatzer herauszufinden.

Im Jahr 2003 wird der ehemalige Widerstandskämpfer und pensionierte Minister Carl Oscar Krogh brutal in seinem Haus erstochen. Kurz davor wurde die sterblichen Überreste von drei anderen Leichen gefunden, deren Todeszeitpunkt in den 1940-Jahren sein könnte. Kommissar Bergmann vermutet bald schon einen direkten Zusammenhang zwischen den Taten und ermittelt hartnäckig und ausdauernd.

Ein norwegischer Krimiautor muss sich natürlich immer den Vergleich mit dem besten dieses Landes gefallen lassen, mit Joe Nesbo, der auch in seinen ersten Büchern über ein ähnliches Thema geschrieben hat. Auch Gard Sveen’s Held ist ein schwieriger Charakter. Er hat vor allem an seiner kaputten Beziehung zu knabbern, die er auf ziemlich rüde Weise zerstört hat. Tommy Bergmann ist noch sperriger als Harry Hole und es fiel mir etwas schwer ihn sympathisch zu finden. Allerdings ist das für die Geschichte nicht unbedingt notwendig. Es gibt andere Charakter, die diese Lücke füllen können. Vor allem die Agentin Agnes und ihre gefährliche Mission habe ich gespannt verfolgt.

Das Tempo ist im Vergleich zu Nesbo langsamer und leider fehlt dem Plot auch ein richtig überraschender Kniff, eine Volte oder Ähnliches. So was kann Nesbo definitiv besser. Aber dennoch habe ich mich über weite Strecken durchaus gut unterhalten gefühlt in dem „letzten Pilger“ und fand die Story logisch und nachvollziehbar. Vor allem, dass man sehr lange nur Vermutungen anstellen kann, wie alles zusammenhängt und erst die Auflösung ganz am Schluss alle Fragen klärt hat mir gut gefallen.

Ein guter Erstling mit Luft nach oben.