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Veröffentlicht am 22.07.2019

Skurril, witzig, fesselnd

Die dunklen Gassen des Himmels
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Bobby Dollar erzählt eine Geschichte aus dem Jenseits. Er und sein Freund Sam arbeiten als Verteidiger-Engel für den Himmel, aber auf der Erde. Immer wenn ein Mensch stirbt, streiten sich die Mitarbeiter ...


Bobby Dollar erzählt eine Geschichte aus dem Jenseits. Er und sein Freund Sam arbeiten als Verteidiger-Engel für den Himmel, aber auf der Erde. Immer wenn ein Mensch stirbt, streiten sich die Mitarbeiter des Himmels mit denen der Hölle um dessen Seele. Dann bringt jede Seite ihre Argumente vor, und ein Richter aus heiligem Licht entscheidet, wer sie bekommt. Die Szenen im Himmel und der Hölle muten teilweise an wie in "Per Anhalter durch die Galaxis". Die Höllenwesen sehen größtenteils bizarr aus und haben auch ähnlich schrille Namen. Es kommen auch verwandelte Menschen wie z.B. ein Wer-Eber vor. Die Schauplätze sind ähnlich verworren. Es gibt die reale Welt, welche von allen Jenseitigen mithilfe geliehener Körper bewohnt werden kann. Dann gibt es noch das Jenseits, in das man gelangt, indem man einen Reißverschluß öffnet. Im Jenseits gibt es eine Art Himmel mit einer himmlischen Stadt, sowie die Hölle und eine Art Vor-Hölle, das Fegefeuer. Alle jenseitigen Wesen haben Berufe, benutzen Handys und Computer, schlafen, essen oder lassen sich in Bars zulaufen. Die Berufe können sehr unterschiedlich sein: Auf der Himmelseite gibt es z.B. neben den Verteidiger-Engeln auch hauptberufliche Schutzengel, Erzengel oder Problembereiniger. Die Höllenwesen dagegen sind ebenfalls Verteidiger oder in einer Art Höllen-Adel organisiert.
Zuweilen hat man zwar Mühe, der Handlung zu folgen, weil die Personen ständig vom Jenseits in die reale Welt hin und her wechseln, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran und kann der Erzählung gut folgen.
Die Geschichte plätschert zunächst so dahin, bis eines Tages Sam ein Praktikant zugeteilt wird. Ab diesem Moment passieren seltsame Dinge. Die Seele eines bekannten Unternehmers, der Selbstmord begangen hat, verschwindet plötzlich. Himmel und Hölle beschuldigen sich daraufhin gegenseitig, sie für sich vereinnahmt zu haben. Es wird versucht, die unangenehme, noch nie dagewesene Situation zu klären. Doch plötzlich wird der zuständige Höllen-Verteidiger auf bestialische Art und Weise umgebracht bzw. vielmehr seine geliehene fleischliche Hülle. Daß die Himmels-Mitarbeiter damit nichts zu tun haben, versteht sich von selbst. Aber wer steckt sonst dahinter? Zumal im Verlauf noch viel mehr Seelen verschwinden. Bobby Dollar wird unfreiwillig in die Sache hineingezogen und ermittelt auf eigene Faust. Dabei gerät er in allerhand Schwierigkeiten, die ihm nicht nur eine Vorladung vor dem Himmelsgericht einbringen. Plötzlich wird er gejagt und gerät mehrmals in brenzlige Situationen. Dennoch hört er nicht auf, seine gefährlichen Ermittlungen weiterzuführen. Und zwischendrin ist noch Zeit für eine Liebesgeschichte, die eigentlich nicht sein darf.

Tad Williams hat einen ungewöhnlichen Roman erschaffen. Skurril, witzig, fesselnd, zuweilen sogar rührig. Wer "Per Anhalter durch die Galaxis" liebt, der wird auch "Die dunklen Gassen des Himmels" mögen. Das Ende kommt leider etwas zu abrupt. Der Protagonist Bobby Dollar sammelt während der ganzen Erzählung mühsam einzelne Puzzleteile zusammen, riskiert dabei fast durchgehend sein erdgebundenes Engelsleben, und am Ende löst sich alles viel zu schnell auf. Dennoch gibt es die volle Punktzahl.

Veröffentlicht am 22.07.2019

Scary und subtil

Doctor Sleep
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Dr. Sleep ist die Fortsetzung von "Shining", aber man muss den ersten Teil nicht gelesen oder gesehen haben. Anfangs und auch zwischendrin werden die wichtigsten Eckdaten wiedergegeben.
Im Prinzip gibt ...

Dr. Sleep ist die Fortsetzung von "Shining", aber man muss den ersten Teil nicht gelesen oder gesehen haben. Anfangs und auch zwischendrin werden die wichtigsten Eckdaten wiedergegeben.
Im Prinzip gibt es 2 Protagonisten. Dan ist der Junge, der mit seiner Mutter die Horror- Geschichte im Overlook- Hotel in "Shining" überlebt hat. Zuerst wird sein Werdegang erzählt. Er wächst mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen auf, denn der Vater war damals in jenem Geisterhotel umgekommen. Der Hotelkoch hat ebenfalls überlebt und wird Dans Mentor, denn er besitzt ebenfalls das Shining, jene übersinnliche Kraft, um die es im ersten Teil geht. Dan versucht bereits als Jugendlicher seine mentale Gabe mit Alkohol zu dämpfen und wird zum Alkoholiker. Weil er dadurch immer wieder seine Jobs verliert, reist er von einer amerikanischen Stadt zur nächsten, bis er schließlich an der Ostküste landet und Arbeit in einem Freizeitpark findet. Hier finden sich Paralellen zu Stephen Kings Buch "Joyland". Dan findet nicht nur eine neue Heimat, sondern wird dank seines Chefs, einem Ex-Alkoholiker, wieder trocken. Dadurch nimmt sein Shining wieder an Stärke hinzu. Im nahegelegenen Hospiz findet er schließlich seine berufliche Bestimmung, indem er Sterbende beim "Hinübergehen" begleitet. Hier stößt er auf die zweite Protagonistin: Abra. Ein kleines Mädchen, das aus der benachbarten Kleinstadt mental Kontakt zu ihm aufnimmt. Ihre Eltern sind verzweifelt, weil sie Angst vor dieser übersinnlichen Kraft ihrer Tochter haben, denn sie hat im Gegensatz zu Dan sogar telekinetische Kräfte, welche sie z.B. auf einem Kindergeburtstag demonstriert, indem sie Besteck an die Decke hängt. Als Leser/Hörer ist man zuweilen genervt von der Unwissenheit und dem Leugnen der Eltern, was die Gabe ihrer Tochter betrifft. Durch diese enorme mentale Kraft schnappt Abra eines Tages den Mord an einem Jugendlichen in einem entfernt liegenden Bundesstaat auf. Sie erkennt, daß auch der Jugendliche mentale Kräfte hatte. Von nun an lässt sie dieser Mord nicht mehr los. Wieso konnte sie eine Verbindung zu den Mördern herstellen, die den Jungen zunächst noch brutal gefoltert haben? Sie kommt einer Gruppierung auf die Spur, die sich "Der wahre Knoten" nennt. Es handelt sich um eine Gruppe uralter menschlich aussehender Wesen, die von der Essenz verstorbener Menschen mit außergewöhnlich viel Shining, leben. Sie nennen es 'Steem". Durch diese Essenz können sie nicht nur ewig leben, sie stärkt sie auch mental und physisch. Da Abra offensichtlich sehr viel Steem zu besitzen scheint, beginnt die Jagd auf das Mädchen. Weil ihr mit so einer irren Geschichte weder ihre Eltern noch die Polizei Glauben schenken würde, wendet sie sich an Dan, ohne ihn jemals gesehen zu haben. Der erkennt die Gefahr und später auch Parallelen zum Overlook-Hotel, rauft ein paar mehr und weniger übersinnlich begabte Freunde zusammen und heckt mit Abra einen cleveren Plan aus. Als Abras Eltern dahinter kommen, was die beiden planen, sind sie natürlich strikt dagegen, weil sie um die Sicherheit ihrer Tochter fürchten und sich alles viel zu abstrakt abhört. Außerdem kennen sie Dans Rolle noch nicht. Daß die Aktion tatsächlich ziemlich gefährlich ist, zeigt sich am Ende im Showdown.
Im Film kann man mit Überraschungseffekten und gruselig aussehenden Figuren eine typische Stephen King-Geschichte zum Leben erwecken. Beim Lesen und Hören fehlen die visuellen Effekte. Figuren sind immer nur so gruselig, wie man sie sich selbst vorstellt. Dennoch schafft es dieses Buch/ Hörbuch nach einem sehr zähen Intro eine gewisse Spannung aufzubauen. Es geht hier nicht um Effekte, sondern vielmehr um die subtile Geschichte des Übernatürlichen, des " Anders-Sein" und wie man damit umgeht. Es geht auch um Loyalität, Vertrauen und Überwindung von Komplexen und den Umgang mit Sucht und deren Folgen. "Doktor Sleep" ist wieder mehr ein typischer Stephen King als das letzte King-Buch "Joyland", aber es finden sich gewisse Parallelen. Die Geschichte ist in sich schlüssig und logisch. Sie ist abgeschlossen, bietet aber dennoch Stoff für mehr Geschichten um Dan und Abra.

Veröffentlicht am 22.07.2019

Liebesgeschichte mit humorvollen und leidenschaftlichen Momenten

Extended hope
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Das Extended ist ein New Yorker Sexclub ausschließlich für Frauen als Kunden. Die Kundinnen können die dort arbeitenden Männer anhand derer Penisabdrücke buchen. Hier arbeitet Hayley Adams als Assistentin ...

Das Extended ist ein New Yorker Sexclub ausschließlich für Frauen als Kunden. Die Kundinnen können die dort arbeitenden Männer anhand derer Penisabdrücke buchen. Hier arbeitet Hayley Adams als Assistentin des Geschäftsinhabers und Mädchen für alles. Sie ist nicht nur für die Buchhaltung, Dienstplaneinteilung und die Herrichtung der Zimmer, sondern auch für die Gipsabdrücke der Fellows, wie die männlichen Sexdienstleister genannt werden, zuständig. David Guerra, der attraktive beste Freund des Inhabers, stand ursprünglich als erstes Model für einen Gipsabdruck zur Verfügung. Von eben diesem goss sich Hayley damals einen Dildo, den sie als eingefleischter Langzeit-Single seitdem gerne benutzt, um „Spannungen abzubauen“.
Extended hope erzählt die Geschichte der zwei Protagonisten Hayley und David. Es gibt einige Nebenschauplätze mit anderen Paaren und Szenen, die alle mehr oder weniger mit Sex und den Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun haben.
Einen Punktabzug bekommt das Buch von mir für die zum Teil nervige Darstellung von Hayley. Sie hat an sich nette Charakterzüge, aber mit ihren ewigen Zweifeln und Minderwertigkeitskomplexen ist sie mir nicht nur einmal auf die Nerven gegangen.
Aaron dagegen ist eigentlich zu perfekt: attraktiv, erfolgreich, beliebt, sensibel und dazu noch gut im Bett, aber in einem Liebesroman möchte man das schon fast erwarten. Dennoch, er hätte den ein oder anderen schlechten Charakterzug tragen können, ohne daß das Gesamtpaket darunter leidet.
Andy, Hayleys rühriger bester Freund, dagegen ist ein erfrischender Charakter, der für die ein oder andere Überraschung gut ist und sicher das Potential für ein eigenes Buch hat.
Das Cover finde ich mit den Blumenranken und dem wunderbar weichen Blauton sehr gelungen und weiblich. Den Blumenranken begegnet man an jedem Kapitelanfang, ebenso der Schreibschrift.
Sehr effektvoll ist die Erzählweise abwechselnd aus Sicht der beiden Protagonisten, die dazu noch den Leser ansprechen, als würden sie es ihm persönlich wie einem Freund erzählen. Da konnte Hayley dann wieder Sympathiepunkte sammeln, weil die Gründe für ihr Benehmen erklärt wurden.
Extended hope ist eine zuweilen etwas holprige Liebesgeschichte mit humorvollen und leidenschaftlichen Momenten, die Emotionen weckt und dem Leser das ein oder andere Lächeln ins Gesicht zaubert.

Veröffentlicht am 21.07.2019

Leidenschaftlich und sensibel

Herzen undercover
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Myras Leidenschaft ist die Schriftstellerei. Doch da ihre Werke bisher nicht den reißenden Absatz finden, schreibt sie freiberuflich für die Elliottville Gazette über kleinstädtische Themen. Als sie von ...

Myras Leidenschaft ist die Schriftstellerei. Doch da ihre Werke bisher nicht den reißenden Absatz finden, schreibt sie freiberuflich für die Elliottville Gazette über kleinstädtische Themen. Als sie von ihrem Redaktionschef einen Auftrag bekommt, bei dem eine Festanstellung winkt, greift sie zu, auch wenn sie dazu eine Story über einen Millionär schreiben muss, der auf einer Privatinsel lebt. Um dorthin zu gelangen, bedient sie sich eines Kanus. Doch sie unterschätzt das Wetter und gerät direkt in einen Sturm, der sie kentern und ohne Ausrüstung auf eben diese Insel treiben lässt. Dort begegnet ihr der allgegenwärtige Sicherheitsdienst mit Mißtrauen. Sie lernt aber auch den geheimnisvollen Cole kennen, den sie lange nicht einzuordnen weiß.
Der Roman wurde mit sehr viel Leidenschaft geschrieben. Man kann ihn fast in einem Rutsch durchlesen. Ich habe nur 2 Abende gebraucht. Leidenschaftliche Eroktikszenen wechseln sich mit Spannung ab. Obwohl mit Erotik nicht gespart wird, habe ich mich nie fremdgeschämt. Das Buch ist sehr gefühlvoll geschrieben, die beiden Protagonisten sind sehr feinfühlig und sensibel. Cole besticht mit seiner gefühlsbetonten Gestik, Myra mit ihrer offenen Mimik. Die Szenen bauen logisch aufeinander auf.
Ein schönes und kurzweiliges Buch über Liebe, Freundschaft, Leidenschaft und Loyalität.

Veröffentlicht am 21.07.2019

Hervorragender realitätsnaher Thriller aus Deutschland

Dunkler Hass
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Zwei grundverschiedene Männer ermitteln in mehreren grausamen Mordfällen aus unterschiedlicher Motivation heraus.
Marius Bannert ist verbeamteter Hauptkommissar in Konstanz, fährt einen rostigen Toyota, ...

Zwei grundverschiedene Männer ermitteln in mehreren grausamen Mordfällen aus unterschiedlicher Motivation heraus.
Marius Bannert ist verbeamteter Hauptkommissar in Konstanz, fährt einen rostigen Toyota, ist geschieden, ehrgeizig und gründlich. Falk Hagedorn ist trotz seiner Querschnittslähmung eine imposante Erscheinung. Den jahrelangen Kraftsport sieht man ihm immernoch an. Er fährt einen futuristischen Rollstuhl und hat bis zu einem Unfall als psychologischer Polizeiberater gearbeitet.
Während Bannert eher der Normale ist (Danke dafür!), mimt Hagedorn den derben Exzentriker, der gerne mal sein Gegenüber beschimpft und beleidigt. Er hat mir manches Mal aus dem Herzen gesprochen.
Bannert bezieht Hagedorn in einem Moment in die Fälle ein, an dem er das Gefühl hat, nicht mehr weiterzukommen. Tatsächlich bringt Hagedorn neue wichtige Impulse in die Ermittlungsarbeit ein. So nimmt das ohnehin schon spannende Buch an Fahrt auf. Nicht nur das Zusammenspiel des Ermittlerteams, sondern auch die gereizte Beziehung zu Bannerts Vorgesetztem und zwielichtige Vernehmungspartner sind faszinierend, so daß man das Buch kaum für eine Pause weglegen möchte. Die Präsentation mehrerer Verdächtiger macht es dem Leser fast unmöglich, den Mörder zu früh zu erahnen.
Zu Anfang verwirren die Zeitsprünge, sowie Personen- und Ortswechsel ein wenig, aber man gewöhnt sich schnell dran. Bald erschließt sich eine klare Linie. Die Handlungen bauen intelligent aufeinander auf.
Der verbale Schlagabtausch der Ermittler ließ mich immerwieder auflachen. Er verleiht dem Buch eine herrliche Frische. Mein Lieblingsausdruck ist „olfaktorische Mißhandlung“.
Ich habe mich zu Beginn des Buches gefragt, ob man es merkt, wenn der Autor vom Fach ist. Ja, man merkt es sofort! Wenn auch Begriffe wie „Leichendaktyloskopie“, „auswertbare Papillarleisten“ oder „Man-Trailer-Hund“ nicht erklärt werden, erschließt sich deren Bedeutung leicht aus dem Kontext.
Imago ist ein intelligenter Thriller mit sympathischen Charakteren, denen ich gerne in weiteren Folgen begegnen würde. Er bezieht uns detailreich in realitätsnahe Ermittlungsarbeit der deutschen Polizei ein. Das Cover ist hervorragend gelungen und spiegelt das Buch exakt wider.