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Veröffentlicht am 24.08.2021

Sutcliffs tiefgründigstes Buch

Die Laternenträger
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INHALT:
Britannien um das Jahr 440 nach Christus: 400 Jahre lang haben die Römer das Land besetzt und sich im Lauf der Zeit mit den meisten Bewohnern verbunden. Die Hauptfigur des Buches, der 18jährige ...

INHALT:
Britannien um das Jahr 440 nach Christus: 400 Jahre lang haben die Römer das Land besetzt und sich im Lauf der Zeit mit den meisten Bewohnern verbunden. Die Hauptfigur des Buches, der 18jährige Legionär Aquila, ist keltischer Christ und dient in der römischen Armee. Zu Beginn des Romans lernen wir ihn, seine Schwester Flavia und den Vater Flavian, die er beide sehr liebt, auf ihrem Hofgut kennen. Der alte, erblindete Vater ahnt bereits, dass der innere Friede im Land enden wird, denn sächsische Angreifer, Picten und Sklavenaufstände sorgen für Unruhe. Seine Hoffnung ruht auf dem britannischen Prinzen Ambrosius, der im Untergrund lebt. Dem römischen Konsul Aetius lässt er heimlich durch einen Boten Nachrichten zukommen und bittet um Hilfe gegen die Sachsen und den brutalen Briten Vortigern.
Da jedoch auch Rom selbst durch Barbarenangriffe bedroht ist, werden die römischen Truppen auch dort gebraucht und aus Britannien nach Rom zurückbeordert.
Aquila kann es nicht ertragen, seinen alten Vater und seine jüngere Schwester zu verlassen, und so desertiert er von den «Adlern» und schleicht sich heimlich zum Gut seiner Familie, wobei er sich der Schuld gegenüber seinen Kameraden schmerzlich bewusst ist.
Nur zwei Tage nach seiner Rückkehr wird die Familie von einer sächsischen Truppe im Auftrag des Sachsenführers Hengest brutal angegriffen. Der Vater und alle Bediensteten werden ermordet, die Farm wird niedergebrannt und Aquilas Schwester verschleppt. Er selber kann einen Anführer töten, wird jedoch überwältigt und an einen Baum gebunden zurückgelassen, damit die Wölfe ihn fressen sollen.
Ehe es dazu kommt, taucht eine Gruppe jütländischer Angreifer auf Beutezug auf. Sie befreien Aquila und nehmen ihn als Sklaven mit nach Jütland, wo er drei Jahre lang dienen muss. Missernten zwingen die Jütländer schliesslich dazu, nach Britannien auszuwandern. So kehrt Aquila als Gefangener in seine Heimat zurück und erkennt, dass der Sachse Hengest dem britannischen Vortigern an Brutalität und Cleverness weit überlegen ist und mittlerweile die ganze Macht im Land hat.
Das Schicksal führt Aquila noch einmal mit seiner Schwester Flavia, die tatsächlich noch am Leben ist, zusammen. Sie lebt nun als Frau eines Sachsen im Dorf und hat mit ihm ein Kind. Aquila drängt sie, mit ihm in die Wälder zu fliehen, doch Flavia kann und will ihr Kind und ihren Mann nicht verlassen. Sie verhilft jedoch ihrem zutiefst von ihr enttäuschten und verbitterten Bruder zur Flucht.
Aquila irrt tagelang durch die Wälder, ehe er dem gutmütigen Einsiedlermönch Ninnias begegnet. Dieser befreit ihn von seinem Sklavenhalsring und versucht gleichzeitig, den Hass und die Rachegedanken aus seinem Herzen zu vertreiben. Denn Aquila ist auf der Suche nach dem Boten, der seinen Vater (und dessen Botschaften an Aetius) feige und geldgierig dem Sachsen Hengest verraten haben soll. Ihn will er bestrafen und töten. Ninnias zeigt ihm das Grab des Gesuchten, den er vor drei Jahren selber beerdigt hat. Er erlag den körperlichen und seelischen Wunden, die ihm unter der Folter von den Sachsen zugefügt wurden, als sie die Namen seiner Auftraggeber aus ihm herauspressten.
Auf Ninnias’ Rat hin begibt sich Aquila in die walisischen Berge, um Ambrosius seinen Dienst anzubieten. Schon bald verbindet die beiden Männer eine gute Freundschaft, auch wenn Aquila ansonsten verschlossen und verbittert bleibt. Die von seinem Herrn für ihn arrangierte Hochzeit mit der Keltin Ness ist für ihn daher mehr Last als Grund zur Freude. Erst die Geburt des gemeinsamen Sohnes lässt Aquila ein wenig warmherziger werden. Als es zum Aufstand der Kelten gegen Aquila kommt, ist es Ness, die sich ebenso wie einst Aquilas Schwester Flavia gegen ihr Volk und für ihr Kind und ihren Mann entscheidet, und damit zum ersten Mal so etwas wie Verständnis in Aquila wecken kann.
Die weiteren Jahre sind geprägt vom Wechsel zwischen Kämpfen gegen die Sachsen und unruhigen Zeiten des Waffenstillstands. Erst mit Hilfe seines Neffen Artos gelingt es Ambrosius schliesslich, die Sachsen vorläufig für längere Zeit zu besiegen. Aquila begegnet derweil seinem eigenen Neffen, der auf Seiten der Sachsen kämpft und schwer verwundet wird. Es gelingt Aquila, den Jungen zu versorgen, zu verstecken und schliesslich mit einer Botschaft zu Flavia zurückzuschicken. Als er diese Tat schliesslich seinem neuen britannischen Hochkönig Ambrosius beichtet, vergibt dieser ihm und verhilft ihm so endlich zu innerer Freiheit und Zufriedenheit.

MEINE MEINUNG:
Als ich diesen Roman vom Verlag als Rezensionsexemplar bekam, war ich sehr glücklich. Einmal deswegen, weil es eines der wenigen Bücher von Rosemary Sutcliff ist, welches ich weder gelesen hatte noch besass. Zum anderen, weil für mich wirklich jedes Buch der englischen Autorin ein Lesegenuss und eine wahre Freude ist. Und so dachte ich, dass ich auch dieses verschlingen würde.
Auf den ersten Blick und thematisch ist es ein Buch, wie man es von Rosemary Sutcliff gewohnt ist: eine gut recherchierte Geschichte, die im nachrömischen Britannien spielt und sich auf reale Quellen stützt.
Es geht um die Zeit unmittelbar vor Artus, und der Roman handelt unter anderem von Hengest, Vortigern und Ambrosius. Die Geschichte beginnt just zu dem Zeitpunkt, als die Römer Britannien zum letzten Mal verlassen, und umfasst die sich anschliessende Zeitspanne des Zurückdrängens der Sachsen und ihrer Verbündeten.
Die beiden Vorgängerbände «Der Adler der neunten Legion» und «Der silberne Zweig» lassen bereits etwas davon erahnen, dass eine wichtige Epoche im Schwinden begriffen ist.
Aber dieser dritte Band ist durchzogen von einer grossen Traurigkeit und Melancholie. Und darum war «Die Laternenträger» für mich nicht rasch zu lesen und auch nicht schnell zu rezensieren.
Dies ist kein fröhliches Buch. Und trotzdem ist es zugleich ein sehr hoffnungsvolles.
Die wenigen wirklich unbeschwert fröhlichen Kapitel befinden sich ganz am Anfang des Buches. Doch schnell werden wir Zeugen der Zerstörung von Aquilas Freude und allem, was er liebt, und wir erleben hautnah mit, wie dieser Verlust ihn immer mehr verändert. Aus jugendlicher Unschuld wird Verständnislosigkeit und Verzweiflung, dann kommt der Hass und schliesslich die Leere.
«So übernahm Aquila den Dienst seines Vaters. Es war nicht so gut wie Liebe, es war nicht so gut wie Hass; aber es war etwas, womit er die Leere in sich füllen konnte; besser als gar nichts.»
Rosemary Sutcliff wäre nicht die grossartige Schriftstellerin, als die ich sie schätze und verehre, wenn sie Aquila einfach seinem Schicksal überlassen würde. Es gelingt ihr, dass die Leser sich einfühlen in seinen Schmerz. Wir können seinen persönlichen Verlust spüren – und die Zerrissenheit der Menschen und Völker um ihn herum, deren Welt sich im Wandel und Untergang befindet.
Doch Sutcliff bleibt dabei nicht stehen. Mehr als in jedem anderen Buch von ihr sind bei «Die Laternenträger» der Titel, die verschiedenen Charaktere, welche uns begegnen, die Themen und Symbole, die sich durch das ganze Buch ziehen, tief bedeutsam und verweisen auf etwas Höheres, Gutes. Sie illustrieren, was es bedeutet, inmitten der Dunkelheit ein Licht hochzuhalten. Und so ist dieser Roman gerade und besonders auch eine Geschichte darüber, wie man inmitten von Unterdrückung an der Menschlichkeit festhalten kann. Es ist eine Geschichte darüber, wie jedes Mal, wenn die Welt unterzugehen scheint und alles Leben und allen Lebenssinn mit sich zieht, das Leben und das Licht immer noch weiterleuchten kann.
Dreimal begegnet Aquila dem Imkermönch Ninnias. Er ist jedes Mal der ruhende Pol und die moralische Instanz in einer unruhigen, unmoralischen Zeit des Kämpfens und Tötens. Seine handwerklichen Heilerfähigkeiten korrelieren mit seiner Fähigkeit, Zuversicht und Hoffnung zu vermitteln.
Aquilas unstete Reisen gleichen hingegen seiner inneren Zerrissenheit und bilden den Gegenpol zu Ninnias. Aquila ist äusserlich gefangen als Sklave, und er ist es innerlich in seiner Leere und seiner Unfähigkeit, sich nach dem Verlust seiner Schwester um die Menschen zu kümmern, die ihm nahe sein wollen.
Ein weiterer Heiler ist der Arzt Eugenus. Auch er weiss um die Bedeutsamkeit von Hoffnung und Licht für die Seele des Menschen. Ihn lässt Sutcliff am Ende des Romans die bedeutsamen Worte sprechen:
«Es mag sein, dass es am Ende Nacht um uns wird, aber ich glaube, dass wieder ein Morgen kommt. Der Morgen wächst immer wieder aus der Nacht, wenn auch vielleicht nicht für die Menschen, die die Sonne untergehen sahen. Wir sind die Laternenträger, mein Freund; es ist an uns, danach zu sehen, dass das Feuer nicht erlischt, dass wir das Licht, möge es auch noch so klein sein, in die Dunkelheit und den Sturm hineintragen.»
Es sind die Schönheit der Sprache, für die Rosemary Sutcliff bekannt ist, die ergreifenden Naturbeschreibungen und die vielfältigen symbolischen Anspielungen, welche dieses Buch für mich zu etwas ganz Besonderem machen.
Die vorliegende Ausgabe wurde illustriert von Daniel Seex und übersetzt von Astrid von dem Borne.
Ältere, inzwischen vergriffene deutsche Übersetzungen trugen den Titel «Die Fackelträger» und «Drachenschiffe drohen am Horizont».
Es sei noch angemerkt, dass Rosemary Sutcliff in der Figur des «Artos» bereits auf König Artus hinweist. Seine Geschichte wird dann in «Sword at sunset» weitererzählt, und entspricht mehr der tatsächlichen historischen Vorlage für den grossen König Britanniens.
Wer gerne etwas über den legendären Artus und seine Ritter liest, dem kann ich von der Autorin die Artus-Trilogie «Die Abenteuer der Ritter von der Tafelrunde» sehr empfehlen. Diese erscheinen Ende August ebenfalls in einer Neuausgabe im Verlag Freies Geistesleben.

FAZIT:
«Die Laternenträger» ist die fesselnde Geschichte eines jungen Mannes, der durch plötzliche und lange dauernde Dunkelheit, persönliche Tragödien und Verluste geht. Es ist die Erzählung, wie er Stück für Stück beginnt, wieder Leben, Licht und Heilung zu finden. Und es ist eine Geschichte darüber, wie Vergebung und Frieden ein halbes Leben andauernden Hass und Bitterkeit besiegen können.





«Die Laternenträger» hat für mich noch mehr Substanz und Poesie als Sutcliffs vielen anderen wunderbaren Werke. Die Dunkelheit und der Schmerz, die darin beschrieben sind, lassen das Licht der Hoffnung und den Wert eines jeden Lebens umso strahlender und kostbarer hervortreten.
Obwohl das Buch bereits 1959 zum ersten Mal erschien, hat es bis heute nichts von seiner Faszination verloren. Aufgrund der Thematik finde ich es für Jugendliche (und natürlich auch für Erwachsene) sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 02.08.2021

Das Lied der Wale

Die Tochter des Leuchtturmwärters
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INHALT:
Elizabeth ist mit ihrer kleinen Tochter Tat auf einem Schiff unterwegs. Nach drei Jahren wird sie zum ersten Mal ihre Eltern Murray und Hannah wiedersehen. Murray ist Leuchtturmwärter auf Lizzie ...


INHALT:
Elizabeth ist mit ihrer kleinen Tochter Tat auf einem Schiff unterwegs. Nach drei Jahren wird sie zum ersten Mal ihre Eltern Murray und Hannah wiedersehen. Murray ist Leuchtturmwärter auf Lizzie Island. Elizabeth und ihr älterer Bruder Alastair sind auf der Insel vor West-Kanada geboren und aufgewachsen. Ausser den Kindern und ihren Eltern lebt niemand dort, der einzige Kontakt zur Aussenwelt besteht aus den seltenen Besuchen von Schiffen, deren Besatzung Waren des täglichen Lebens liefert. Oder er zeigt sich in Gestalt von Technikern, welche den Leuchtturm reparieren müssen. Dauerhaft bleibt niemand auf Lizzie Island, selbst die Hilfsleuchtturmwärter haben es nicht lange ausgehalten, vielleicht wurden sie auch von Murray erfolgreich vergrault. Denn Murray liebt seine Insel über alles, er ist der Chef über dieses Kleinod. Und ein Paradies ist es. Die Familie lebt im Einklang mit Vögeln und den Bewohnern des Meeres, welche Murray ihnen in zahlreichen Exkursionen nahebringt und ans Herz legt. Die Geschwister gehen ganz auf im Leben mit der Natur, wobei es dem jungen Alastair vor allem die Buckelwale angetan haben.
Aber je älter die Kinder werden umso bedrückender werden Einsamkeit und Isolation spürbar, die mit diesem Inselleben in totaler Abgeschiedenheit einhergehen. Vor allem der sensible Alastair ist todunglücklich und sehnt sich danach, eine Schule und Universität besuchen zu dürfen, um das Verhalten der Wale zu studieren. Doch sein Vater hat ihm bereits das Versprechen abgerungen, der nächste Leuchtturmwärter von Lizzie Island zu werden.
Als ein junger Mann in einem Kajak auf der Insel landet, wird eine Spirale von tragischen Ereignissen in Gang gesetzt, durch die das vermeintlich friedliche und paradiesische Leben endgültig zerstört wird.
Bei der Lektüre dieses Buches begleiten wir Elizabeth, die ihren Eltern wiederbegegnet und hin- und hergerissen ist zwischen Wut und dem Wunsch nach Verstehen.

MEINE MEINUNG:
Der Sogwirkung, welche «Die Tochter des Leuchtturmwärters» entwickelt, konnte ich mich nicht entziehen. Ich war fasziniert von den wunderbaren Beschreibungen der Natur- und Tierwelt um Lizzie Island und von den Hauptpersonen.
Als Leserin ahnt man, dass Kummer und Schmerz auf der heilen Inselwelt lauern. Man möchte eigentlich nicht wissen, was Trauriges geschehen ist und muss doch immer weiterlesen.
Lawrence versteht es, die Gedanken und Empfindungen aller vier Hauptfiguren so zu schildern, dass man mit ihnen fühlen und auch leiden kann.
Die Protagonistin Elizabeth erschien mir zunächst unnahbar und undankbar ihren Eltern gegenüber, doch im weiteren Verlauf der Geschichte wurde immer mehr deutlich, warum sie sich so verhält.
Und versteht man beim Lesen auch immer wieder den Vater nicht, so wird doch zunehmend die Hilflosigkeit spürbar, welche auch ihm zu schaffen macht. Er möchte seine Familie vor der bösen Welt draussen schützen und muss doch mit ansehen, wie er selbst immer schwächer wird und dies einfach nicht vermag.
Die Welt dringt trotz aller Abgeschiedenheit und Kontrolle auch bis zur Insel vor. Lawrence beschreibt dies sehr eindrücklich, wenn er etwa von den in Seenot geratenen Seeleuten schreibt, die im Orkan niemand retten kann.
Und auch mit dem Auftauchen des jungen Mannes mit seinem Kanu hat niemand gerechnet.
Die tragischste Figur im Buch ist wohl Alistair, dessen Empfindsamkeit und Verzweiflung mir sehr zu Herzen gegangen sind.
Elizabeth durchschaut schliesslich, dass ihre Eltern immer noch versuchen, an der Fassade der heilen Inselwelt festzuhalten, auch um ihretwillen. Doch am Ende des Buchs ist sie reif genug, die Dinge, die sich vor drei Jahren auf der Insel ereignet haben, einordnen zu können, um sich erwachsen von ihrer Kindheit und ihren Eltern in ein eigenes Leben zu verabschieden.
Dieser (Jugend-) Roman ist vielschichtig, tiefgründig und symbolträchtig. Manches geht einem erst auf, wenn man noch länger über die Ereignisse nachdenkt. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass Lawrence vieles ungesagt lässt, was einem als Leserin jedoch schmerzlich bewusst ist und im Hintergrund mitschwingt.

FAZIT:
«Die Tochter des Leuchtturmwärters» ist ein Roman über das Erwachsenwerden und Abschiednehmen. Es ist kein einfaches Buch, aber eines der schönsten, welches ich gelesen habe und das mich tief berührt hat.

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Veröffentlicht am 24.07.2021

Eine junge Frau und ihre Hunde

Husky-Winter
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Der neueste Roman von Christopher Ross, welcher im Frühjahr beim Überreuter Verlag erschienen ist, hat mich ganz schnell in seinen Bann gezogen. Zuerst habe ich mich in das schöne Cover verguckt. Als ich ...

Der neueste Roman von Christopher Ross, welcher im Frühjahr beim Überreuter Verlag erschienen ist, hat mich ganz schnell in seinen Bann gezogen. Zuerst habe ich mich in das schöne Cover verguckt. Als ich dann die Inhaltsbeschreibung gesehen habe, wusste ich: Das Buch möchte ich lesen.

INHALT:

Zeitlich befinden wir uns zwischen den beiden Weltkriegen im Jahr 1929.

Schauplatz ist die weitgehend noch unberührte Natur Alaskas.

Die 25 jährige Protagonistin Josie bewohnt mit ihrem Vater und der Grossmutter ein einsam gelegenes Holzhaus. Ihren Lebensunterhalt bestreiten Vater und Tochter als Huskyzüchter und Musher. So nennt man Leute, die ein Hundeschlittengespann lenken können. Josies Vater arbeitet zudem für die Postbehörde und liefert mit seinen Hunden Briefe und Pakete in die entlegensten Winkel der oft unwirtlichen Bergwelt aus. Josie versorgt derweil den Haushalt und ihre Grossmutter, welche wegen starker Schmerzen zunehmend auf den Rollstuhl angewiesen und immer mehr in eine Schmerzmittelsucht abgerutscht ist.

Freude und Erfüllung findet Josie in der Natur mit ihren Hunden, denn auch sie ist eine geschickte und versierte Hundeschlittenführerin.

Diese Fähigkeiten kommen der ganzen Familie zugute, als der Vater krankheitshalber ausfällt und seine Arbeit bei der Post nicht mehr wahrnehmen kann.
Josie nimmt kurzerhand seinen Platz ein und kann dadurch allen Skeptikern beweisen, dass auch eine Frau diese harte Arbeit ausführen kann.

Doch dann bewirbt sich der junge Postflieger Jimmy mit seiner kleinen Propellermaschine auf eben jene Route, welche den Lebensunterhalt von Josie und ihrer Familie sichert.
Er kann sie Strecke zwar schneller als Josie zurücklegen, doch ist sie ihm mit ihren Hundeschlitten im unwegsamen Gelände und zu den versteckt im Wald gelegenen Häusern der Postkunden überlegen.
Ein Wettlauf soll entscheiden, wer von beiden in Zukunft für die Postbehörde arbeiten wird.
Dass Josie sich in Jimmy verliebt, macht die Sache nicht unbedingt einfacher...

MEINE MEINUNG:

Von Anfang der Geschichte an konnte ich mich gut in Josie und ihren Alltag hineinversetzen. Ihre eigenen Lebensumstände und die damalige Zeit werden von Christopher Ross realistisch und interessant geschildert.

Am schönsten fand ich es beim Lesen, Josie auf ihren Fahrten mit den Hunden durch die verschneiten Wälder und Berge zu begleiten.
Der Autor beschreibt sehr anschaulich die Arbeit einer Musherin und ihr Zusammenspiel mit den Hunden. Huskies und Menschen müssen einander vertrauen und sich voll aufeinander verlassen können, denn eine kleine Unachtsamkeit auf beiden Seiten kann fatale Folgen haben. Die Zuneigung und Disziplin, welche Josie und ihre Hunde verbindet, ist auf fast jeder Seite des Buchs greifbar.

Es hat mir auch gefallen, wie Josie sich immer besser gegen Vorurteile gegenüber dem „schwachen Geschlecht“ zu behaupten weiss. Auch die Art und Weise, wie sie immer wieder die Geduld bewahrt und umsichtig handelt, wenn ihr Vater oder vor allem die Grossmutter ihre (den jeweiligen Erkrankungen geschuldeten) Launen an ihr auslassen, fand ich gut.

In dem Piloten Jimmy begegnet ihr schliesslich zum ersten Mal ein Mann, mit dem sie sich eine gemeinsame Zukunft wirklich vorstellen kann. Dass diese neue Liebe dann auf verschiedene Weisen auf die Probe gestellt wird und sich erst bewähren muss, wird vom Autor einfühlsam beschrieben.

FAZIT:

„Husky -Winter“ eignet sich für junge Leserinnen ab etwa 13 Jahren. Wer romantische Abenteuer und Geschichten mit historischem Hintergrund mag, kommt bei diesem Buch bestimmt auf seine Kosten. Wenn man ausserdem noch die Natur und Tiere liebt, ist man bei „Husky -Winter“ genau richtig.

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Veröffentlicht am 20.07.2021

Die Magie der Buchläden

Das Mädchen, das im Buchladen gefunden wurde
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Cover sagen nicht alles über ein Buch aus, aber ein schöner Umschlag zieht mich immer in seinen Bann.

Und in diesem Fall sind Cover und Inhalt gleichermassen schön.



INHALT:



Property wurde als ...

Cover sagen nicht alles über ein Buch aus, aber ein schöner Umschlag zieht mich immer in seinen Bann.

Und in diesem Fall sind Cover und Inhalt gleichermassen schön.



INHALT:



Property wurde als Fünfjährige von ihren Eltern in einem Buchladen vergessen. Nachdem Netty Miller, die Besitzerin der Buchhandlung "Zum weissen Hirsch" gemeinsam mit ihrem Sohn Michael sehr lange vergebens nach den Eltern des kleinen Mädchens gesucht hat, durfte sie sie als ihre Tochter adoptieren. Property hat es schön bei den Millers. Die Drei arbeiten und wohnen in der Buchhandlung, nachts lesen ihrer neue Mutter und Michael sich gegenseitig Geschichten zum Einschlafen vor, während sie alle gemütlich in ihren Hängematten liegen.



Leider steht die Buchhandlung aber finanziell auf sehr wackeligen Beinen. Darum können die Millers ihr Glück kaum fassen, als sie bei einer grossen Tombola die riesengrosse und sehr lukrative Buchhandlung "Das Bücherparadies" gewinnen, deren Vorbesitzer sich nämlich zur Ruhe setzen möchte.



Dieses Glück währt allerdings nicht lange, denn natürlich war ein Haken an der Sache. Ein geheimnisvoller und sehr merkwürdiger Fremder taucht auf und beansprucht "Das Bücherparadies" für sich.

Nun ist es an Property, gemeinsam mit ihrer Familie und einigen neuen Freunden die Wahrheit herauszufinden und etliche Abenteuer zu bestehen, damit am Ende doch noch alles gut werden kann.





MEINE MEINUNG:



Zu Beginn und am Ende der Geschichte benutzt die Autorin Sylvia Bischop einen Trick: Sie spricht die Leserinnen und Leser direkt an und zieht sie so direkt mitten in die Erzählung hinein.



Property ist eine sympathische Protagonistin, die sich trotz ihres besonderen Handicaps, welches ich an dieser Stelle nicht verraten möchte, mutig allen Herausforderungen stellt, um die Existenz ihrer Liebsten zu retten. Dabei ist es besonders schön zu lesen, dass jede und jeder der im Buch vorkommenden Figuren besondere Stärken hat, welche zusammengenommen etwas Gutes bewirken können.



Das Buch liest sich spannend und aufregend und zeichnet sich auch besonders durch die sorgfältige Schilderung der Hauptpersonen aus. Propertys besondere Art, Bücher wahrzunehmen, wird sehr liebevoll beschrieben.



Die Geschichte spielt in der Gegenwart, enthält aber auch viele magische und phantastische Elemente, die eigentlich nicht möglich sind. Aber gerade das macht den besonderen Reiz dieses Buches aus.



Die Umschlaggestaltung und die schwarz weissen Abbildungen im Buchinnern stammen von Mila Marquis. Ich persönlich finde sie wunderschön.





FAZIT:



"Das Mädchen, das im Buchladen gefunden wurde" ist eine fröhliche, abenteuerliche und kindgerechte Erzählung, in der sich Realität und Phantasie miteinander auf eine gute Art mischen.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Die Wurzeln in der Vergangenheit

Auf den Spuren des Geisterwolfs
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INHALT:


Die junge Studentin Ashley hat vor einem halben Jahr bei einem Verkehrsunfall beide Eltern verloren und kann nur langsam wieder in ein geregeltes und normales Leben zurückfinden. Obwohl ihre ...

INHALT:


Die junge Studentin Ashley hat vor einem halben Jahr bei einem Verkehrsunfall beide Eltern verloren und kann nur langsam wieder in ein geregeltes und normales Leben zurückfinden. Obwohl ihre Freundin Maya sich alle Mühe gibt, Ashley aufzumuntern und ihr immer zur Seite steht, vermisst diese ihre Mutter und ihren Vater immer noch sehr. Als dann plötzlich auch noch ein Stalker auftaucht, fühlt die junge Frau sich nicht nur psychisch, sondern auch an Leib und Leben bedroht.


Nach einem Autounfall begegnet Ashley im Traum einem sprechenden alten Wolf, welcher sich als ihr Schutzgeist zu erkennen gibt und ihr mitteilt, dass er aus der Welt ihrer indianischen Vorfahren komme. Er verspricht, Ashley den Weg zu zeigen, den sie in Zukunft gehen muss und bietet ihr seine Hilfe an. Dafür soll sie sich auf die Suche nach ihrer Vorfahrin machen, welche als amerikanische Ureinwohnerin ebenfalls viele Schicksalsschläge erdulden und Leid erfahren musste. Auch ihr hat der Wolf einst als Schutzgeist zur Seite gestanden und sie auf ihrem Weg begleitet.


Nachdem Ashley sich wieder erholt hat, macht sie sich tatsächlich auf die Suche nach der geheimnisvollen Urahnin. In den Unterlagen ihrer Mutter, welche die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner erforschte, findet sie eine alte Fotografie und darauf den Namen "Waynoka". Dies sind zunächst ihre einizigen Anhaltspunkte. Doch nach und nach ergibt sich ein klareres Bild, und Ashley erfährt, woher sie stammt.


Der Leserin wird dabei abwechselnd die Geschichte Ashleys in der Gegenwart und diejenige ihrer Ahnin Waynoka Mitte und Ende des 19. Jahrhunderts erzählt.


Den Höhepunkt des Romans bildet Ashleys Aufenthalt in einem Indianerreservat, bei welchem sie viel Ablehnung, aber auch Unterstützung von unerwarteter Stelle erhält.


MEINE MEINUNG:


"Auf den Spuren des Geisterwolfs" ist ein Jugendbuch, welches sehr spannend und interessant geschrieben ist. Ashley ist eine sympathische Protagonistin, deren Kummer man gut nachempfinden kann und mit der man sich gerne auf der Suche nach ihren Wurzeln begibt.


Der Roman beinhaltet einige mystische Elemente, welche vor allem in der indianischen Spiritualität begründet sind. Die Gestalt und Rolle des Schutzgeistes oder des persönlichen Krafttiers wird immer wieder thematisiert und reflektiert, was ich sehr interessant fand. Gleichzeitig wird auch immer wieder über die Rolle von "Maheo", dem Grossen Geist, nachgedacht und gesprochen. Die Fragen, die dabei erörtert werden, sind wichtige, schon beinahe theologisch-philosophische Überlegungen zu Lebenssinn, Leid und Verhältnis von Schöpfer und Mensch. Für mich war das spannend zu lesen, für junge LeserInnen ist es vielleicht (noch) ein wenig schwierig?


Nicht ganz leicht zu ertragen und zu lesen sind vielleicht auch die Leiden, welche Waynoka und ihr Volk erdulden muss. Sie erlebt Massaker, Folter, Gefangenschaft und Demütigung durch die weissen Soldaten und Siedler. Diese werden zwar nicht allzu detailliert beschrieben, sind aber doch bedrückend.

Gleichzeitig gibt es auch immer wieder Hoffnung in diesem Buch In Gestalt von Menschen auf beiden Seiten, die im Anderen nicht den Feind, sondern den Mitmenschen und ein Kind des gleichen Schöpfers sehen.

Waynoka ist eine ebenso sympathische Protagonistin wie Ashley. Sie inspiriert und macht Mut durch ihre innere Stärke, ihre Kameradschaftlichkeit und Klugheit.



Das Thema "Trauma" nimmt eine grosse Rolle im Buch ein. Sei es durch den Verlust der Eltern, durch Stalker, die Verbrechen an Unschuldigen im Amerika des 19. Jahrhundert oder durch den Einsatz und miterlebte Bombenangriffe im Afghanistankrieg.

Aufgrund dieser Themen würde ich das Buch auch eher für etwas ältere Jugendliche empfehlen.

Die Enthüllung von Ashleys Herkunft und deren Aufdeckung liest sich spannend wie ein Krimi.


Einziger Wermutstropfen ist für mich das sehr abrupte Ende des Buchs. Da hätte ich gerne noch ein paar Seiten gelesen, wie es mit Ashley, ihrem Freund und ihrem Umfeld dann endgültig weitergeht.


Das Cover gefällt mir gut, die Komposition und Farbgebung ist sehr schön.


FAZIT:

"Auf den Spuren des Geisterwolfs" ist ein gut recherchierter, historischer und ein wenig mystischer Roman, der einen zum Nachdenken anregt und ein Plädoyer für Mut, gegenseitigen Respekt und Mitmenschlichkeit ist.

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