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brigitte1987

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2016

Läuferin, Olympiasieger, (Nackt-)Model...

Die Frau, die allen davonrannte
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Carrie Snyders Frau, die allen davon rannte aus dem Hause btb Verlag lernte ich über die Buchhandlung Bücher Pustet kennen…
Erst kurz zuvor hatte ich in einer Leserunde zu einem historischen Roman bemängelt, ...

Carrie Snyders Frau, die allen davon rannte aus dem Hause btb Verlag lernte ich über die Buchhandlung Bücher Pustet kennen…
Erst kurz zuvor hatte ich in einer Leserunde zu einem historischen Roman bemängelt, dass Autoren nach wie vor das Klischee der „starken Frau“ bedienen und ich unglaublich gerne auch einmal etwas über normale Menschen lesen möchte. Keine Apothekerin oder Kastellanin oder Henkerstochter oder Dienstmagd, die vor Entschlossenheit und Zielstrebigkeit strotzt und die scheinbar nichts aus der Bahn wirft, sondern eine ganz normale, menschliche Frau.
Und tadaa, hier ist sie: Aganetha Smart, wohnhaft in einem beschissenen Pflegeheim und äußerst dement in ihrer eigenen Geschichte gefangen.
Eine Frau, die arm wie eine Kirchenmaus im Kanada der 1920er Jahre groß wird. Eine Frau, die „Freude unter dem steinernen Panzer“ suchen muss und Freundschaft als „paralleles Erleben, über das man nicht viele Worte machen muss“ bezeichnet. Eine äußerst bemerkenswerte junge Frau, die quasi aus dem Nichts bei den Olympischen Spielen eine Goldmedaille gewinnt und sich dann dem Sog von Erfolg und Ruhm hingibt; eine (Nackt-)Model-Karriere startet, mit einem Teamkameraden anbandelt, der sie zunächst schwängert und dann für ihre vermeintlich beste Freundin sitzen lässt. Aganetha Smart, die einfach mal so Journalistin wird, weil ihr das Geld ausgeht. Aganetha Smart, die Manipulation und Intrigen aushält, durchs Leben getrieben wird und sich durchs Leben treiben lässt und dabei so herrlich menschlich wirkt. Aganetha Smart, die nicht Stärke antreibt, „sondern der Wunsch stark zu sein!“
Carrie Snyder entwirft mit sehr viel Liebe für’s Detail diesen wunderbaren, oftmals etwas melancholischen und schwermütigen Charakter, als Gegenpol zu all den vermeintlich selbstbewussten Protagonistinnen, die sich sonst so im historischen Roman tummeln. Sie zeichnet ihre Figuren recht feingliedrig und lässt sie dadurch lebendig werden. Auch beherrscht sie die hohe Kunst äußerst komplexe Gefühle in klare und einfache Worte zu fassen.
Mein Kompliment dafür und definitiv eine Leseempfehlung an alle, denen Klischees zu den Ohren raushängen sowie allen, die ein realistisches Frauenbild brauchen!

Veröffentlicht am 28.09.2016

Phänomenal!

In Liebe, Layla
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Rezension - Annie Barrows: In Liebe, Layla
„Oooch nö, so ein schnulziger Kitsch“, dachte ich beim Anblick des Covers aus dem btb Verlag – altrosa Blümchen und ein schnörkeliges In Liebe, Layla… Zum Glück ...

Rezension - Annie Barrows: In Liebe, Layla
„Oooch nö, so ein schnulziger Kitsch“, dachte ich beim Anblick des Covers aus dem btb Verlag – altrosa Blümchen und ein schnörkeliges In Liebe, Layla… Zum Glück stellte mir die Buchhandlung Bücher Pustet dieses Exemplar mit der Bedingung verknüpft, auch eine Rezension zu schreiben, zur Verfügung! Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle dafür, mir wäre wegen eines irreführenden Covers ein wahrer Juwel entgangen!
Die Geschichte – genau genommen der Hauptstrang – ist an und für sich recht schnell erzählt. Layla Beck, Senatorentochter mit allen Privilegien, weigert sich den für sie Auserkorenen zu heiraten, woraufhin ihr Vater den Geldhahn zudreht und Layla gezwungen ist zu arbeiten. Ausgerechnet als Historikerin in einer verschlafenen Provinz. Aber Layla stellt sich der Aufgabe, geht offen auf ihre Gastfamilie Romeyn zu und entdeckt, dass viel mehr in ihr steckt, als nur das dümmliche Modepüppchen und nette Betthäschen. Und klar, am Ende findet sie auch die große Liebe und erhält den heiß ersehnten Heiratsantrag.
Annie Barrows schreibt herrlich exzentrisch, mit unglaublich viel Wortwitz und Esprit eine Geschichte über Loyalität und Erwachsen werden. Über die kleine Willa, die sich wie ein „KIeinkind in umnachteter Unwissenheit“ fühlt und den Drang verspürt, endlich die Menschen zu verstehen. Über ihren Vater, Felix Romeyn, der seinen besten Freund verloren hat und nicht zu seinem Beitrag an dessen Tod stehen kann, sich stattdessen ziellos mit kleineren Gaunereien durchs Leben treiben lässt und den Playboy gibt. Ihre Tante Jottie, deren große Liebe der verstorbene Vause und über dessen Tod sie nie hinweggekommen ist, ist als Ersatzmutter eingespannt. Und „diese Frau, glitzernd und frisch und ignorant wie ein Schaf“: Layla Beck.
Den besten Eindruck gewinnt man immer noch – so denke ich – durch sorgsam ausgewählte Textstellen. Daher möchte ich an dieser Stelle einen kurzen Einblick ins Buch gewähren – Layla antwortet ihrem Ex-Liebhaber Charles auf sein Schreiben in die Provinz, in dem er sie für die ihr zugewiesene Arbeit als ungeeignet darstellt und gleichzeitig einen Besuch vorschlägt, nicht ohne zu fragen, inwieweit seine Anwesenheit auffallen würde:
„Charles,
zu behaupten, ich wäre überrascht von dir zu hören, ist noch gelinde ausgedrückt. Hast du bei unserem letzten Treffen kein unwiderrufliches Verbannungsgebot erlassen? Oder war mir der bourgeoise Nebel, der meinen Verstand trübt (direktes Zitat), auch in die Ohren gedrungen? Vielleicht irre ich mich und du hast nicht gesagt, unsere Beziehung fuße auf dekadentem Individualismus und dass ich nichts weiter sei als eine Hure der Oberschicht.
Nein, ich erinnere mich ganz deutlich. Das hast du gesagt. Diese bourgeoisen Nebel kommen und gehen.
Wie kannst du es wagen, mir einen solchen Brief zu schreiben?
Du, mit all deinem scheinheiligen Gerede über Humanität und die Erhöhung der Menschheit, bist so kaltherzig und unmenschlich wie sämtliche Faschisten, die du zu verachten behauptest. Wenn du wirklich auch nur einen Gedanken an mich, als Arbeiterin oder Person, verschwendet hättest, hättest du dich geschämt, meine Arbeit zu verspotten und mit deiner eigenen zu prahlen. Dein arroganter Wahn, deine Beweggründe seien mir verborgen, ist eine Beleidigung meiner Intelligenz. Es ist offensichtlich, dass du herkommen möchtest, um mit mir ins Bett zu steigen, sonst nichts, aber am beleidigendsten finde ich deine Annahme, der Fliegendreck an Charme, den du in deinem Brief verwendest, würde ausreichen, dieses Ziel zu erreichen.
(…) leb wohl.
Layla
Mein Fazit: ironisch, temporeich, exzentrisch – wer das in Form erbaulicher Unterhaltungsliteratur sucht, kann getrost zugreifen!

Veröffentlicht am 28.09.2016

Heidi trifft Die Mörder sind unter uns...

Bühlerhöhe
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Brigitte Glaser, bekannt für gute Krimis, legt mit Bühlerhöhe einen spannenden und höchst gelungenen historischen (Kriminal-)Roman vor.
Die Geschichte dreier Frauenschicksale im Nachkriegsdeutschland: ...

Brigitte Glaser, bekannt für gute Krimis, legt mit Bühlerhöhe einen spannenden und höchst gelungenen historischen (Kriminal-)Roman vor.
Die Geschichte dreier Frauenschicksale im Nachkriegsdeutschland: Alle drei - unterschiedlich wie Tag und Nacht - haben gemeinsam, nach Vorne blicken zu wollen und trotzdem immer wieder in ihrer Vergangenheit festzuhängen.
Die taffe Rosa, bereits zur Machtübernahme Hitlers in das aufzubauende Israel emigriert, wird vom Mossad nach Deutschland zurück geschickt, um dort über Leib und Leben des dem israelischen Volk wohlgesonnenen Bundeskanzler Adenauer zu wachen.
Die etwas dämliche, elsässische Madame Reisacher, war sich zunächst nicht zu schade zum Deutschliebchen zu werden, bot zu Schwarzmarktzeiten nicht nur Kaffee und Zigaretten zu feil und landete schließlich als Hausdame auf der Bühlerhöhe, wo sie auf einen Heiratsschwindler herein fällt und Geheimagentin Rosa das Leben schwer macht.
Und schließlich die gottesfürchtige Agnes, die im Nachbarhotel angestellt ist und nach wie vor mit den Folgen einer Vergewaltigung durch französische Soldaten während der Befreiung zu kämpfen hat. Tatsächlich auch in persona - glücklicherweise wird der Ex-Soldat ganz nebenbei ermordet.
Bühlerhöhe ist ein Highlight meines bisherigen Lesejahres, wenngleich zum ganz großen Kino noch ein bisschen fehlt. Manche Handlungsstränge werden mir persönlich nicht konsequent genug gelöst, das große Aha-Erlebnis am Ende fehlt. Nichtsdestotrotz äußerst gelungene Unterhaltungsliteratur und sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 28.09.2016

Zerrissenheit spürbar...

Die Straße der Geschichtenerzähler
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Es gibt Leser, die behaupten die ersten Seiten wären entscheidend. Wenn es danach ginge, dann wäre Kamila Shamsies Die Straße der Geschichtenerzähler ein absoluter Volltreffer, auch wenn das Cover wenig ...

Es gibt Leser, die behaupten die ersten Seiten wären entscheidend. Wenn es danach ginge, dann wäre Kamila Shamsies Die Straße der Geschichtenerzähler ein absoluter Volltreffer, auch wenn das Cover wenig ansprechend ist und aussieht wie das meiner Grundschulbibel!
Der Leseeindruck hatte mich sofort angefixt… Sprachlich toll, der Lesefluss wird sogar typographisch betont, mit unglaublich viel Fachwissen unterfüttert, interessante Charaktere. Auch die Themen Liebe und Verrat, Unterdrückung und Freiheitsstreben – so schreibt zumindest der RBB Inforadio – geben in Zeiten des Ersten Weltkrieges eigentlich unglaublich viel her.
Nichtsdestotrotz habe ich nach etwa zweihundert Seiten aufgegeben. Vielleicht war es ein Fehler, aber ich konnte mich in keine der Figuren wirklich einfühlen. Jede einzelne blieb mir ein undurchsichtiges Rätsel, sei es jetzt Viv, die Archäologin und folgsame Tochter, die gerne die weltentdeckt, ihrem Vater den nie geborenen Sohn ersetzt und gleichzeitig die große Liebe sucht (die sie dann sofort wieder verrät), oder Qayyum, der einäugige Ex-Soldat, der auch nicht so genau weiß, was er will und planlos herumstreunert , um nur zwei zu nennen.
Auch hielt Kamila Shamsie ihr sprachlich-stilistisches Versprechen der ersten Seiten nicht lange durch. Die ungewöhnliche Zeichensetzung in wörtlichen Reden erschwerte den Lesefluss immens.
Ebenso wie das wuste Kumulat an Fachwissen, teilweise unreflektiert widergegeben, recht nervtötend war. Mir persönlich war es auch ehrlicherweise deshalb zu viel, weil ich vermutlich alle zwei Seiten einen neuen Aufsatz oder Lexikon-Eintrag hätte durchackern müssen, um überhaupt zu verstehen um was es da geht. Ich lerne ja grundsätzlich gerne dazu und arbeite mich auch in ein Thema ein, aber hier war es einfach zu viel und ich bin nicht geneigt jemandes Bauch zu pinseln und zu schreiben, Shamsie fordere ihre Leser…
Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Autorin wirklich dazu geneigt ist, den Völkermord an den Armeniern herunter zu spielen oder gar zu leugnen, aber auch über diese Stelle bin ich kurz gestolpert: „(…) klangen die Berichte über das Schicksal der Armenier immer dramatischer. „ARMENIER ZUM STERBEN IN DIE WÜSTE GESCHICKT, lautete eine Schlagzeile, NEUE ARMENIER-GREUEL eine andere. Ob die Leute aus der Propagandaabteilung nicht langsam ein wenig zu dick auftrugen?“ Möglicherweise habe ich aber auch einfach nur die Auflösung verpasst, da ich nicht zu Ende gelesen habe.
Ich habe nun ein paar Tage darüber nachgedacht, was genau es ist, dass mir den Zugang verwehrt. Ich würde behaupten, es ist dieses undurchsichtige Hin und Her, sowohl der Handlung als auch der Figuren. Es mag sein, dass die Autorin genau dies im Sinn hatte – die Zerrissenheit dieser Kriegsgeneration zu transportieren. Nur leider steht diese Zerrissenheit so sehr im Vordergrund, dass mir jegliches Mitgefühl oder Nachempfinden verwehrt bleibt und ich dadurch keine Verbindung zu den Figuren aufbauen kann. Schade, denn die Story hätte viel Potential!

Veröffentlicht am 28.09.2016

Bitte nicht öffnen - LUSTIG!

Bitte nicht öffnen 1: Bissig!
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Schon als kleines Kind habe ich gerne gelesen und mich in der Fiktion von Büchern versteckt. Und auch heute noch lese ich unglaublich gerne Kinderbücher und bin stets auf der Suche nach neuen, lesenswerten ...

Schon als kleines Kind habe ich gerne gelesen und mich in der Fiktion von Büchern versteckt. Und auch heute noch lese ich unglaublich gerne Kinderbücher und bin stets auf der Suche nach neuen, lesenswerten Exemplaren. Ein solches bekam ich übrigens kürzlich aus dem Hause Carlsen.
Nemo Pinkowski, dessen Eltern einen kleinen Supermarkt führen, erhält eines schönen Sommertages ein Päckchen von einem unbekannten Absender. Natürlich öffnet er es trotz ausdrücklichen Verbotes seiner Mutter und heraus kommt ein kleiner Yeti, der für mächtig Trubel und deutlich zu viel Schnellfall im kleinen, beschaulichen Örtchen Boring sorgt. Gemeinsam mit seinem besten Freund Fred und seinem heimlichen Schwarm Oda versucht er die Ankunft von Icy Ice-Monsta, der immer größer wird, zu verheimlichen. Eine turbulente Geschichte mit viel Wortwitz und Spannung entsteht.
Und schließlich schlichtet der kleine, nerdige Fred ein Gemetzel zwischen Icy und seinem gefährlichen Widersacher Arkas: „Nur weil euch jemand in die Spielanleitung geschrieben hat, dass ihr Feinde seid, müsst ihr dem noch lange nicht folgen.“ Ende der Geschichte. Nein doch nicht – der geheime Spielzeugdieb klaut weiter und ein neues, schleimiges Päckchen ist unterwegs…
Die Story ist cool und dank der kleinen Schwärmerei zwischen (?) Nemo und Oda bestimmt auch noch für (vor-)pubertäre Kinder interessant. Punktabzug gibt es jedoch für die Wortwahl und kleinere Handlungsfehler – der Wortwitz ist wohl oftmals leider nicht für alle Kinder verständlich (z. B.: Das Städtchen Boring – so langweilig wie eingeschlafene Füße./ Bergsteiger Rüdiger Moosbichler/ Zahnarzt Dr. Löcherl), ich bezweifle auch, dass ein Drittklässler „Stakkato“ erklären kann und einen Grundschüler, der im Biologie-Unterricht zum gesprochenen Wort der Lehrerin mitschreibt, habe ich auch noch nicht kennen gelernt.
Alles in allem jedoch eine tolle Geschichte und durchaus zu empfehlen.