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Veröffentlicht am 30.10.2017

Eine Schlange bringt das Unheil nach Essex

Die Schlange von Essex
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"Wenn wir der Versuchung widerstehen, dann gewöhnlich deshalb, weil die Versuchung schwach ist und nicht, weil wir stark sind." (François VI. Duc de La Rochefoucauld)
London 1893:
Die junge Cora Seaborne ...

"Wenn wir der Versuchung widerstehen, dann gewöhnlich deshalb, weil die Versuchung schwach ist und nicht, weil wir stark sind." (François VI. Duc de La Rochefoucauld)
London 1893:
Die junge Cora Seaborne will mit ihrem Sohn Francis nach dem Tod ihres Mannes ein neues Leben beginnen. Sie freut sich auf ihre neu gewonnene Freiheit, den ihre Ehe mit ihrem Mann Michael war nicht gerade einfach gewesen. Sie hatte nie in diese Gesellschaft Londons gepasst. Darum ist sie auch froh, dass sie ein paar Tage in Aldwinter bei Essex verbringen kann, dort lernt sie auch das Pastorenehepaar Ransome kennen. Auf Anhieb versteht sie sich mit Stella Ransome sehr gut. Doch in Aldwinter geht das Gerücht, um das es von der Schlange von Essex heimgesucht wird. Immer wieder verschwinden Tiere oder werden tot aufgefunden, am Neujahrsmorgen findet man dann noch die Leiche eines jungen Mannes. Für Cora, die die Lehre Darwins liebt, ist sofort klar, dass es bestimmt eine unbekannte Tierart sein würde, die sich ihr irgendwann offenbaren wird. Pfarrer Will Ramsone hingegen glaubt nicht an Legenden und mystische Dingen, er denkt, dass es für das ganze eine einfache Erklärung gibt. So entwickelt sich zwischen den beiden eine besondere Beziehung, die in Diskussionen, Briefen bis hin zur Liebe führt. Doch diese Liebe steht unter keinem guten Stern den Will ist verheiratet und Stella ist dazu noch schwer erkrankt. Trotzdem wird ihre Begegnung ihr Leben verändern.

Meine Meinung:
"Etwas Geteiltes ist ein Ding, das zerrissen wurde und gleichzeitig ist es das, was zwei Menschen verbindet." (Auszug aus dem Buch)
Dieses literarische Werk spielt zu viktorianischen Zeit Englands, als es viele Nöte in Form von Hunger, Armut und gleichzeitig der Spalt zwischen Arm und Reich immer mehr auseinanderdriftet. Wohnungen in London sind Mangelware oder zu teuer, Legenden werden in den kleinen Orten Englands verbreitet, viele werden durch Aberglaube beherrscht. Die Autorin hat dies alles in ihrem Buch aufgegriffen und in ihrem Roman verarbeitet. Es geht also nicht nur um die Legende eines Meerungeheuers, das es damals wirklich gab, sondern auch um die Lebensumstände zu dieser Zeit. Aber auch der Glauben, die Naturwissenschaft und wie selbst ein Pfarrer an die Grenzen seines Glaubens kommt, wird hier aufgezeigt. Der Schreibstil ist sehr schön, blumig, bildhaft, aber teilweise auch wieder nicht einfach. Dieses Buch kann man nicht einfach nur so zu Unterhaltung lesen und es wird sicher auch nicht jedermanns Geschmack sein. Meiner Ansicht kommt die Autorin nicht an Charles Dickinson heran, da ich seine Bücher sehr schätze. Trotzdem bin ich beeindruckt, wie diese junge Autorin diese damalige Zeit schildert. Vielleicht hätte man das eine oder andere Kapitel etwas abkürzen können und auch das Ende hat mich ein wenig enttäuscht zurückgelassen. Aber allemal ist es ein sehr guter zeitgenössischer Roman, dem ich 4 vom 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 08.09.2017

Wie hole ich mir ein Stück Italien ins Herz

Dolce vita für Fortgeschrittene
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"Liebe ist in Frankreich eine Komödie, in England eine Tragödie, in Italien eine Oper und in Deutschland ein Melodram" (Heinrich Heine)
Die Italienerin Laura hat sich anscheinend inzwischen in Deutschland ...

"Liebe ist in Frankreich eine Komödie, in England eine Tragödie, in Italien eine Oper und in Deutschland ein Melodram" (Heinrich Heine)
Die Italienerin Laura hat sich anscheinend inzwischen in Deutschland gut eingelebt, mit Mann Martin und Töchterchen Sara scheint sie ein gutes Leben zu haben. Ihr Job in der Pharmaindustrie allerdings nervt sie allerdings zusehends, deshalb gründet sie mit ihren Freundinnen Ilaria, Simona und Michaela die Agentur Lifestyle "Frag mich nach Sonnenschein". Hier werden Feste und Hochzeiten in original italienischen Stil organisiert oder man gibt Lokalen Ratschläge für die Typische italienische Einrichtung. Das mediterrane Flair ihres Herkunftslandes ist Laura dabei sehr wichtig. Doch dabei vernachlässigt sie Ehe und Familie, bis Martins deutsche, peniblen Wurzeln immer mehr zum Vorschein kommen. Deshalb zieht Laura dann eines Tages auch zu Freundin Ilaria und lernt prompt auch noch den netten, perfekten Alessandro kennen, der zu dem noch Italiener ist. Jetzt sind Konflikte natürlich vorprogrammiert. Für was wird sie sich entscheiden, Familie oder italienischer Lover?

Meine Meinung:
Mit einem lockern, lässigen, humorvollen Stil zeigt uns hier Dori Mellina die klassischen Vorurteile der Deutschen, aber auch der Italiener. Nun erfahren wir endlich mal, was Italien von uns Deutschen denkt und wie wir Deutschen ticken. Am Anfang hatte ich ein bisschen gebraucht um mit dem Buch warm zu werden, aber danach fand ich es sehr schön. Nett fand ich auch, wie sie die kleine Sara beschrieben hat, die sich in beiden Kulturen zurechtfinden muss. Ein wenig anstrengend für mich waren hingegen die italienischen Wörter, die im Text vorkamen. Sie wurden zwar per Fußnote übersetzt, aber dadurch nahm es mit trotzdem etwas den Lesefluss. Wer Jan Weilers Buch "Mama im schmeckts nicht" geliebt hat dem, dem wird sicherlich auch dieses Buch gut gefallen. Ein wunderbarer leichter Roman für die Sommer- und Urlaubstage, bei dem man oft lachen muss. Lassen Sie sich Inspirieren von italienischer Leichtigkeit und deutscher Bodenständigkeit im Stile Dori Mellinas. Das Cover zeigt ja durch die italienischen Besonderheiten Vino, Vespa und Amore schon sehr gut um, was es sich in diesem Buch geht. Von mir bekommt es deshalb gute 4 von 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.09.2017

Liebe kann man nicht erkaufen

LI
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"Nichts ist trauriger als eine Frau, die sich aus anderen Gründen auszieht als für die Liebe." (Juliette Gréco)
Der ordnungsliebende, arrogante und egoistische Journalist Peter hat seit seiner Trennung ...

"Nichts ist trauriger als eine Frau, die sich aus anderen Gründen auszieht als für die Liebe." (Juliette Gréco)
Der ordnungsliebende, arrogante und egoistische Journalist Peter hat seit seiner Trennung von Freundin Julia keine neue Beziehung mehr gehabt. Aus Frust und Lust auf Sex besucht er ein Bordell und lernt dort Beatrice und die junge Vietnamesin Li kennen. Peter bringt es nicht übers Herz mit Li Sex zu haben, stattdessen reden sie und Li erzählt ihm ihre Geschichte. Li kam mit dem Versprechen nach Wien, damit sie hier Medizin studieren könnte, stattdessen wurde sie an Zuhälter verkauft. Peter verspricht ihr zu helfen und sie von hier wegzubringen. Doch Li begeht noch in derselben Nacht Selbstmord, da sie von ihrem Zuhälter missbraucht wird. Für Peter bricht eine Welt zusammen, Lis Geschichte hat ihn so berührt das er total verzweifelt ist und nicht rechtzeitig für sie da war. Am nächsten Tag wundert er sich als er Lis Stimme hört, den Li hat noch einen Auftrag zu erledigen bei dem ihr Peter helfen muss. Aber auch Bea will nach dem Tod Lis nicht mehr im Bordell bleiben. Zusammen mit Peter reist sie nach Vietnam um Lis letzten Willen, einen Brief, ihren Eltern zu bringen. In Vietnam wird dann Peter mit Lis Hilfe klar was seine Aufgabe ist.

Meine Meinung:
Isabella Maria Kern eine hauptberufliche Krankenschwester hat hier in ihren Debütroman ein heißes Thema angefasst. Es geht in erster Linie um Zwangsprostitution und den Folgen daraus. Doch leider verblasst diese Thema im Laufe des Buches ein wenig. Den die Autorin hat teilweise sehr langatmige, vielleicht zu ausführliche Passagen in ihrem Buch wo es nicht um diese Thema geht. Im großen und ganzen geht es um Peter, seine Veränderung nach der Situation, seine Trauer nach Lis Tod und der Leser bekommt aber auch mit wie sich Peter neu verliebt. Das Buch ist sehr emotional und teilweise auch recht traurig. Leider ging das Thema Zwangsprostitution bei Minderjährigen nach dem ersten Drittel ein wenig unter, vielleicht wollte da die Autorin zu viel. Trotzdem fand ich die Geschichte sehr gut, so wie den Schreibstil der Autorin. Die Vision von Li als guter Geist der Peter beisteht fand ich gut umgesetzt. Die Szene mit Johann dem Polizisten fand ich zwar glaubwürdig, aber meiner Ansicht war sie zu viel, da wäre weniger mehr gewesen. Trotzdem hat mich die Autorin überzeugt, wenn sie ihre nächsten Bücher etwas rafft und bei Thema bleibt dann wird es sicher noch besser. Das Cover hingegen ist ein wahrer Hingucker mit einem Porträt von Li, deshalb von mir 4 von 5 Sterne für dieses Buch.

Veröffentlicht am 06.09.2017

Wie weit geht Nächstenliebe und Ehrfurcht vor dem Leben?

Mit Albert Schweitzer im Urwald
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"Das Wenige, das du tun kannst, ist viel, wenn du nur irgendwo Schmerz und Weh und Angst von einem Wesen nimmst, sei es Mensch, sei es irgendeine Kreatur. Leben erhalten ist das einzige Glück." (Albert ...

"Das Wenige, das du tun kannst, ist viel, wenn du nur irgendwo Schmerz und Weh und Angst von einem Wesen nimmst, sei es Mensch, sei es irgendeine Kreatur. Leben erhalten ist das einzige Glück." (Albert Schweitzer)
Wir blicken hier in dieser Kurzbiografie auf das Leben von Albert Schweitzer geboren am 14. Januar 1875 in Kaysersberg im Elsass. Schon bei der Geburt bereitete er seinen Eltern Adele und Theologen Louis Schweitzer Sorgen. Doch Albert scheint ein Kämpfer zu sein, so wie er es auch später mehrmals zeigen wird. Der Glaube hat schon in jungen Jahren eine große Rolle gespielt. Nachdem er schon seinen Doktor in Philosophie und Theologie hatte, hört er auf Gottes Rufen nach Afrika zu gehen. Doch dort darf er seinen Glauben nicht verbreiten und studiert deshalb Medizin um ein Urwaldhospital in Lambaréné zu eröffnen. Wir lernen aber auch den Philosophen, Theologen und seine Liebe zu jedem Lebenswesen kennen. In Afrika ist er aber nicht nur der Arzt, sondern auch Theologe, Philosoph, Organist, Orgelbauer, Krankenpfleger, Chirurg, Landwirt, Mechaniker, Architekt, Zimmermann, Manager aber auch einer der Hand anlegen kann. Doch immer mehr entwickelt sich der neunmalklugen Besserwisser aus der Kindheit über den rechthaberischen Oberlehrer in der Wissenschaft, bis zum Tropenhelm-Tyrann in Lambaréné.

Meine Meinung:
Dem Politikwissenschaftler und Journalist Gernot Uhl ist hier eine gelungene Kurzbiografie eines Mannes, der die Welt bewegt hat gelungen. Albert Schweitzer wird in dieser Biografie in Kürze teils auch humorvolle dem Leser nahe gebracht. Ob das z. B. die Erwähnung von Wildschwein Josephine als Wellblechkirchgängerin ist oder seinem Helfer Azowani mit seinen eigenartigen Diagnosen. Ich jedenfalls habe so einen Einblick in das Leben dieses Mannes bekommen, für den jedes Lebewesen wichtig war und der sich aufgeopfert hat, wie Mutter Theresa. Leider blieb dadurch seine Frau und Tochter auf der Strecke, was mich dann schon etwas verwundert bei Schweitzer, wo er doch so vorbildlich in der Nächstenliebe war. Vielleicht hätte man die Zeit in Afrika etwas ausführlicher und die von Musik etwas weniger gestalten können, ansonsten ist es ein gutes Buch um einen kurzen, prägnanten Einblick in große, weltbewegende Menschen zu bekommen. Das Cover mit einem Bild von Urwaldhospital passt sehr gut zur Geschichte. Von mir jedenfalls gute 4 von 5 Sterne.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Wie wohl mein Leben am Ende aussehen wird?

Briefe an die grüne Fee
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"Ein Mensch, der um anderer willen, ohne es seine eigene Leidenschaft, sein eigenes Bedürfnis ist, sich um Geld oder Ehre oder sonst etwas abarbeitet, ist immer ein Tor." (Goethe aus "Die Leiden des jungen ...

"Ein Mensch, der um anderer willen, ohne es seine eigene Leidenschaft, sein eigenes Bedürfnis ist, sich um Geld oder Ehre oder sonst etwas abarbeitet, ist immer ein Tor." (Goethe aus "Die Leiden des jungen Werthers")
Da sitzt er nun auf einem Dach über der Stadt, mit einer alten, rostigen Pistole in der Hand, seinen Liebesbriefen an seine Geliebte Flamencotänzerin und überlegt, ob er seinem Leben ein Ende setzen soll. Doch zuerst einmal läuft sein Leben an ihm vorbei, so schaut er nochmal zurück was er in all seinen Lebensjahren erlebt und erreicht hat. Gelebt hat er, das war ihm immer das wichtigste. Nicht Geld oder Besitz wollte er unbedingt, sondern ein schönes Leben, ehe ihn der Sensenmann abholen und mitnehmen würde. Deshalb genoss er auch das Leben in vollen Zügen, mit Alkohol, Drogen, Diebstählen und schönen Frauen. Sein Motto war immer das aus seinem Lieblingsbuch "Frederick von Leo Lionni". Während alle anderen Mäuse Vorräte für den Winter sammelten, genoss Frederick die Sonne. Dafür konnte er aber im dunklen Winter die Sonne in die Herzen der anderen bringen, durch seine Geschichten, die er erzählte. Deshalb versucht er dem Stress der Welt zu entfliehen, um unbekümmert in seine Seele zu dringen.

Meine Meinung:
So erlebe auch ich dieses Buch, wie ein Leben das Licht und Erkenntnis in manchen Alltag bringen könnte. Salih Jamal nimmt den Leser hier mit seiner ganz eigenen Sprache, mal philosophisch, mal richtiggehend vulgär mit auf die Lebensreise dieses Ich-Erzählers. Er ist sicher kein einfacher Mensch, aber genießt sein Dasein auf dieser Erde in jeder Form, ohne darüber nachzudenken, was morgen sein könnte. Der Schreibstil ist sehr gut, auch wenn die vulgäre Sprache sicherlich nicht jedermanns Sache sein wird. Vieles aus dem eigenen Alltag kann man hier in diesem Buch wiedererkennen und sicher teilweise auch darüber lachen. Trotzdem musste ich ab und zu den Kopf schütteln über diesen Erzähler und fragte mich, wie viel Salih Jamal wohl in dieser Geschichte steckt? Dies ist kein Buch, das jeden Geschmack trifft und man sollte es sich auch öfters zu Gemüte führen, den es gibt heute leider viel zu wenige Fredericks, die das Leben genießen. Leider war ich auch nicht mit allen Aussagen des Autors einig und das Buch hatte auch einige Rechtschreibfehler, so das ich nur 4 von 5 Sterne gebe. Doch der Autor hat sicher Potenzial weitere literarisch gute Bücher zu schreiben.