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Veröffentlicht am 20.04.2024

Die Tragödie der "Black Titanic"

Bevor wir sterben, tanzen wir
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Paris 1958. Wenn man die ersten Seiten liest, könnte man fast einen Krimi vermuten, denn wir erleben live, wie der Kellner Jean-Jacques Henri zwei Gäste tötet. Doch war es wirklich Mord? Der Journalist ...

Paris 1958. Wenn man die ersten Seiten liest, könnte man fast einen Krimi vermuten, denn wir erleben live, wie der Kellner Jean-Jacques Henri zwei Gäste tötet. Doch war es wirklich Mord? Der Journalist Thierry trifft bei seiner Recherche auf einen Freund Jean-Jacques’, der uns eine Geschichte erzählt, die bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in Südafrika zurückreicht.
Sie bildet gleichzeitig die Rahmenhandlung um den historisch belegten Untergang der SS Mendi, einem Truppentransportschiff, auf dem sich über 800 südafrikanische Rekruten für die britische Armee befanden. Jean-Jacques ist einer der wenigen Überlebenden und nicht der, den alle in Paris zu kennen glauben. Sein eigentlicher Name ist Pitso Motaung, Sohn eines weißen Afrikaners und einer Schwarzen Mutter. Nachdem sein Vater früh aus der Familie verschwunden war und seine Mutter starb, wächst Pitso als Coloured in einer Mission auf, ist künstlerisch und sprachbegabt und seht sich danach zu reisen.
Als Pitso erwachsen wird, wird ihm mehr und mehr bewusst, dass seine Identität davon bestimmt wird, wie andere ihn sehen. Obwohl er sich zum Bataung-Stamm seiner Mutter zugehörig fühlt, muss er sowohl von Schwarzen als auch Weißen rassistische Erfahrungen durchleben, die ihn lebenslang in eine Identitätskrise stürzen. Denn wie wir eingangs lesen, gibt er sich aufgrund seiner sehr hellen Hautfarbe als Algerier aus. Als die Briten 1917 aus allen südafrikanischen Landesteilen unter fadenscheinigen Versprechungen Männer als Soldaten für den 1. Weltkrieg rekrutieren, sieht Pitso seine Chance, und besteigt die SS Mendi nach Frankreich.

Dieses Buch ist wirklich eine rasante, spannende und lehrreiche Lektüre für mich gewesen und liest sich streckenweise wie ein Krimi, der immer wieder Tempo aufnimmt.
Wie Khumalo im Nachwort schreibt, hat ihn das Unglück der SS Mendi seit seiner Kindheit beschäftigt. Ihm war es wichtig, den Menschen auf dem Schiff ein Gesicht zu geben, was ihm überzeugend gelungen ist. Es zog damals einen langen Gerichtsprozess nach sich und in der Presse war sogar die Rede von der »Black Titanic«. Und dennoch wurde es vergessen.

Neben dem fiktiven Soldaten Pitso lernen wir einige Nebendarsteller kennen, die Khumalo mit samt deren ethnischer Herkunft sehr lebendig agieren lässt. Um die Authentizität zu unterstreichen, bedient er sich oft Ausdrücken verschiedener Sprachen wie Zulu oder Sesotho, zeigt typische Lebensweisen und die rassistischen Spannungen sowohl im damaligen Südafrika als auch in Europa.

Khumalo macht einen wichtigen Aspekt des 1. Weltkriegs wieder sichtbar. Nicht nur Großbritannien hat in seinen Kolonien Menschen unter falschen Versprechen rekrutiert, nach Europa verschifft und gegen Deutschland eingesetzt. Damit wird Khumalos historischer Roman auch ein Lehrstück für die Gegenwart. Es erinnert an den Einsatz von Menschen aus den damaligen Kolonien, die einen Krieg kämpften, der nicht ihrer war, Menschen denen u.a. Land und das Wahlrecht in ihrer Heimat versprochen wurde, aber nichts davon erhielten. Es sind die Vorfahren vieler heute in Europa lebender Afrikaner, Inder und Maghrebiner. Historisch belegte Details sind fast fließend in die Geschichte eingebunden und machen die Tragödie sehr anschaulich. Von den 823 südafrikanischen Männern an Bord ertranken mehr als 600 bei dieser Kollision. Auch dass einige Männer kurz vor dem Untergang getanzt haben, ist von Zeugen ausgesagt worden.

»Mit seiner donnernden Predigerstimme rief Reverend Dyobha: „Seid ruhig und gefasst, meine Landsleute, denn nun geschieht das, wozu ihr hergekommen seid … Ihr werdet sterben … Brüder wir tanzen den Tanz des Todes.„« S.206

Ein wichtiger Roman, der sich zu lesen lohnt, den ich allen empfehle, die sich für die europäisch-afrikanische Geschichte, die Spuren der Kolonisation und die afrikanische Kultur interessieren.

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Veröffentlicht am 16.04.2024

Überleben auf den Straßen Brasiliens

Die Stadt der Anderen
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São Paulo, schillernde Millionenmetropole, Kultur- und Wirtschaftszentrum und beliebtes Reiseziel Brasiliens ist Melos Geburtsstadt. Doch sie zeigt uns die andere Seite, »die Stadt der Anderen«, die der ...

São Paulo, schillernde Millionenmetropole, Kultur- und Wirtschaftszentrum und beliebtes Reiseziel Brasiliens ist Melos Geburtsstadt. Doch sie zeigt uns die andere Seite, »die Stadt der Anderen«, die der Obdachlosen, Prostituierten, Gelegenheitsdiebe, Müllsammler, Straßenhändler, Bettler und Drogensüchtigen. Menschen, die oft von heute auf morgen ihren Job, ihre Wohnung verloren haben und nun auf der Praça da Matriz auf Pappen in Hauseingängen schlafen, auf Parkbänken oder unterbehelfsmäßigen Planen und ums tägliche Überleben kämpfen.

Chacoy, der auf der Suche nach einem besseren Leben aus Venezuela eingewandert ist, muss sie jeden Morgen mit dem Wasserschlauch vertreiben. Durch eine Unachtsamkeit verliert er seinen Job und wird Teil dieser bunten Gemeinschaft. Dido mit seinem Hundewelpen, der vor dem gewalttätigen Stiefvater geflohen ist, die schwangere 15-jährige Jèssica, die ihr Geld mit Putzen verdient, Chilves, der mit Müll Geld macht, im Gefängnis landet und bekehrt wird. Und da ist Douglas, der Totengräber, der während der Coronapandemie täglich mehr Gräber ausheben muss, und seinen Glauben an Gott verliert.
Es sind einige Figuren, die wir durch ihr tägliches Elend begleiten, die Melo mit der Zeit lose verknüpft. Es braucht eine Weile, bis man sich im Großstadtdschungel São Paulos zurechtfindet. Aber desto mehr man von den einzelnen Schicksalen erfährt, umso sogartiger entwickelt sich die kaleidoskopartige Geschichte. In wechselnden Perspektiven erleben wir, wie unterschiedlich die Schicksale der Gestrandeten sind, wie schnell man von heute auf morgen auf der Straße landen kann, seine Arbeit, sein Dach über dem Kopf, seinen ganzen Besitz verlieren kann. Sie alle sind einem korrupten Polizeiapparat ausgeliefert, der vor Selbstjustiz und Mord nicht zurückschreckt, sie verschwinden ohne Anklage in Gefängnissen oder in kirchlichen Einrichtungen, die mit zweifelhaften Methoden von Umerziehungs- oder Irrenanstalten arbeiten und dafür Geld von der Regierung erhalten.

Zwischen all der Aussichtslosigkeit blitzt immer wieder ein Funken Hoffnung, Menschlichkeit und gegenseitiger Hilfsbereitschaft durch. Auch wenn man ihnen alles genommen hat, sie träumen noch immer von einem besseren Leben. Und das ist auch die Stärke des Romans, denn Melos Figuren wachsen einem mit der Zeit sehr ans Herz. Man ist so mittendrin, dass man sich wünscht, ihr kleiner Traum vom Glück möge in Erfüllung gehen. Doch Melo zerstört auch diese Wünsche, das Sterben auf der Straße ist allgegenwärtig.

Melo benennt weder Details der Pandemie noch die fatale Politik des rechten Präsidenten Bolsonaros, dennoch wird schnell deutlich, welche Folgen dies für das Land hatte, die besonders für die Armen exorbitant waren. Wer in Brasilien keine Adresse hat, kann sich auch nicht für Sozialhilfe registrieren lassen. Einmal auf der Straße angekommen gibt es nahezu keinen Weg zurück.
Melo lässt es uns hautnah spüren, wie unerwünscht diese Menschen sind, die das Stadtbild verschandeln, den Einzelhändlern ein Dorn im Auge sind und wie perfide die erdachten Gegenmaßnahmen, um sie loszuwerden. Das ist stellenweise nur schwer zu ertragen, schmerzt fast körperlich, da es trotz aller Fiktion sehr realitätsnah wirkt. Und doch liest sich der Roman flüssig und schnell, die Kapitel aus den einzelnen Perspektiven sind kurz und die Zeitsprünge (oft über Monate hinweg) verdichten die Ereignisse. Besonders beeindruckt haben mich ihre stilistischen Kniffe, der immer wiederkehrenden Aufzählungen, die zeigen, dass sich hinter der oft von uns als graue Masse wahrgenommenen Obdachlosen eine Vielzahl von Schicksalen, von Sehnsüchten, von individuellen Geschichten verbirgt. Melo gibt diesen unerwünschten, ungesehenen, vergessenen Menschen in ihrer Heimat eine Stimme. Es ist ein Roman, den ich so schnell nicht vergessen werde, der mich zutiefst berührt hat und der eine unbedingte Leseempfehlung von mir bekommt.

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Veröffentlicht am 07.04.2024

Ein Roman mit der Treffsicherheit eines Großkalibers

Trophäe
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Hunter White, (einige Name sind hier Programm), ein reicher weißer Amerikaner, der sein Geld mit Finanzblasen verdient, findet Befriedigung im Töten, aus Trophäen macht er sich nichts, die legt er seiner ...

Hunter White, (einige Name sind hier Programm), ein reicher weißer Amerikaner, der sein Geld mit Finanzblasen verdient, findet Befriedigung im Töten, aus Trophäen macht er sich nichts, die legt er seiner Frau vors Bett. Er hat eine Unsumme gezahlt, um das letzte Tier seiner Big-Five-Sammlung zu jagen, ein Spitzmaulnashorn. Doch diesmal wird ihm die Beute von Wilderen vor der Nase weggeschnappt. Hunter fühlt sich betrogen um sein Recht. Van Heeren (niederl. Herren), sein Jagdveranstalter, macht ihm ein unmoralisches Angebot; nur wenige bekommen die Chance, die Big Six zu jagen. Und dieses Raubtier ist klüger und gefährlicher als jedes andere und kann nun zu seiner Beute werden. Ist der Mensch nicht das größte Raubtier auf Erden? Warum also nicht auch ihn jagen? Hunters anfängliche Skepsis wandelt sich in seinem kranken Hirn bald in einen Jagdinstinkt und er versinkt in einem Rausch aus Jagdfieber, Wassermangel und Hitze.

Dieses Buch ist eine Herausforderung, es ist brutal, schonungslos, provozierend. Ich will nicht weiterlesen, muss aber hinschauen. Immer wieder lege ich es weg und denke: STOP! Doch Hunter hat mich längst im Visier, meine Vorstellung von Moral, Ethik, der Jagd. Ich schwanke, ich zweifle. Was ist nun richtig, was falsch? Schoeters nimmt sich Zeit, um sich in mein Hirn zu schleichen. Okay, ich habe es längst verstanden: Ich bin hier die Beute. Umzingelt von den Geräuschen der Savanne, ausgesetzt in der Gluthitze des afrikanischen Kontinents, der unter der postkolonialen Ausbeutung ächzt und schnaubt wie ein weidwundes Nashorn. Ich bin ein Teil der westlichen Welt mit ihrer Doppelmoral, ihrem Anspruchsdenken, ihrer angeblichen Überlegenheit.

»Ethik, hat Hunter gelernt, hat überall auf der Welt die gleiche Farbe: die des Dollars.« S.30

Die Dilemmata der afrikanischen Bevölkerung sickern wie heißer Sand in den Kopf, es reibt und drückt und wird immer unbequemer.

»Nur dank der sündhaft teuren Jagdlizenzen kann in Ländern wie diesem der Artenschutz gefördert werden, denn nur das, was von wirtschaftlichem Wert ist, ist es wert, geschützt zu werden. Hier, in Afrika, scheren Löwe Cecil und seine Artgenossen die Leute einen feuchten Kehricht. Trügen sie kein Preisschild, würden sie die molligen Kätzchen einfach abknallen: für den Export oder den Kochtopf.« S.29

Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal ein so dicht und intensiv erzähltes Buch gelesen habe. Man kann es nicht einfach nur lesen, man muss es durchleben, aushalten, ist angewidert, verstört. Ihre detailreichen Naturschilderungen, auch dank der exzellenten Übersetzung von Lisa Mensing, lassen uns sogartig verschmelzen mit dem wundervollen Kontinent und seiner prächtigen Tierwelt; Bilder, wie sie bisher nur Hemingway in meinen Kopf gesetzt hat. Wie fehl am Platz sich da doch weiße Männer wie Hunter White und Van Heeren anfühlen, die hier wie durch ihren Vorgarten latschen, aus dem sie sich nach eigenem Belieben bedienen dürfen.

Am Ende setzt Schoeters einen sauberen Schuss. Ich fühle mich endlich befreit vom Rausch der letzten Seiten, kann das Buch aber nicht von mir abschütteln, denke noch lange drüber nach, bin wütend. Es hat eine offene Wunde in mir hinterlassen, aus der unablässig Fragen tröpfeln. Ich ringe nach Luft und Worten und höre noch die Hyänen kichern und geifern.

»Trophäe« ist ein atemberaubender Roman mit der Treffsicherheit eines Großkalibers. Dimitri Verhulst bringt es auf den Punkt – "ein ethischer Mindfuck". Definitiv ist es jetzt schon mein Jahreshighlight.

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Veröffentlicht am 06.04.2024

Zufallsbegegnungen

Caffè sospeso
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Wenn es Orte gibt, in denen man das italienische Lebensgefühl hautnah spüren kann, dann sind das die Bars. Dort, wo die Italiener ihren Caffè meist im Stehen trinken, dazu ein köstliches Cornetto genießen ...

Wenn es Orte gibt, in denen man das italienische Lebensgefühl hautnah spüren kann, dann sind das die Bars. Dort, wo die Italiener ihren Caffè meist im Stehen trinken, dazu ein köstliches Cornetto genießen und schon im nächsten Augenblick wieder verschwunden sind. Oder man bleibt stundenlang hocken und redet über Gott und die Welt – und Fußball natürlich.
Die Bar Nube ist ein solcher Ort in Neapel, wo unser französischer Protagonist Jacques Madelin gestrandet ist, als er von seiner großen Liebe enttäuscht wurde. Seitdem sitzt er jeden Tag dort, zeichnet Karikaturen, die ihm seinen bescheidenen Lebensunterhalt finanzieren, beobachtet die Menschen und schließt Freundschaften. Und er lernt eine neapolitanische Tradition zu schätzen, nämlich einen Kaffee mit jemanden zu teilen, den man nicht kennt, einen Caffè Sospeso. Man trinkt einen Kaffee und zahlt einen zweiten für einen Menschen, der sich aus welchen Gründen auch immer keinen leisten kann. Eine schöne Tradition, eine Geste der Gastfreundschaft, seine Freude mit anderen zu teilen.
Jacque erzählt uns in 7 Geschichten die Begegnung mit Menschen, die das Leben in die Bar Nube spült, oder auch die Liebe, denn das ist das zentrale verbindende Element aller Geschichten. Ob es nun der chinesische Arzt Chen ist, der vor einer Liebe aus seinem Land flieht und sein Rückenleiden nicht loswird, oder Fernanda, die ihre Familie retten will, nachdem ihr Mann sich in eine andere verliebt hat, oder Lucie, die Ferdi vor der Mafia rettet und sich in ihn verliebt. Am Ende wird ein Caffè Sospeso ihrer aller Leben verändern.

Es sind Geschichten voller Menschlichkeit, berührend und zärtlich, auch wenn mir einige mehr im Gedächtnis bleiben werden als andere. Ein Buch, das man nicht unbedingt am Stück lesen sollte, da die Geschichten noch eine Weile nachhallen, so wie einem ein guter Kaffee noch lange auf der Zunge liegt.

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Veröffentlicht am 02.04.2024

Absolut filmreif!

Die Dämmerung (Art Mayer-Serie 2)
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Wer kennt es nicht, da wartet man ein Jahr sehnsüchtig auf die Fortsetzung vom Lieblingsautor und dann inhaliert man das 500-Seiten-Buch innerhalb weniger Stunden. Ups.

Art Mayer und seine hochschwangere ...

Wer kennt es nicht, da wartet man ein Jahr sehnsüchtig auf die Fortsetzung vom Lieblingsautor und dann inhaliert man das 500-Seiten-Buch innerhalb weniger Stunden. Ups.

Art Mayer und seine hochschwangere Kollegin Nele Tschaikowski werden zu einem schaurigen Tatort gerufen. Ein Wesen, halb Mensch, halb Tier mit einem Hirschgeweih auf dem Kopf, die Augen nur noch blutige dunkle Höhlen. Alles sieht so bizarr aus, dass es fast logisch scheint, dass man der Anruferin in der Notrufzentrale keinen Glauben schenkte. Bei der Toten handelt es sich um Deutschlands beliebte Charity-Lady Charlotte Tempel, der in Kürze der Hirsch, ein Medienpreis, verliehen werden sollte. Doch ihre Tochter Leo, eine rebellische Klimaaktivistin, hat keine so hohe Meinung von ihrer Mutter. Obwohl sie schnell ins Fadenkreuz der Ermittlungen gerät, zweifelt Art an ihrer Schuld. Aber dann taucht eine zweite Leiche auf und ein ominöses Tonband.

Raabe ist für mich einer der besten deutschen Thrillerautoren, der mich seit der Tom-Babylon-Reihe immer wieder mit seinen ausgefeilten Figuren und seinem filmreifen Erzählstil begeistert. Auch sind seine Bücher immer nah am aktuellen Zeitgeschehen dran, taucht diesmal doch ein Deepfake des Polizeipräsidenten bei einer nie stattgefundenen Pressekonferenz auf. Oder die Umweltaktivisten, die als Terroristen pauschalisiert werden.
Art ist einfach ein cooler, wenn auch bisschen kaputter Typ, den man einfach mögen muss. Er hat ein großes Herz, gerade wenn es um seine 7-jährige Nachbarin Milla geht, er übertritt aber auch mal die Grenzen, wenn es der Gerechtigkeit dient.

Apropos Milla, die Lütte ist für mich jetzt schon der eigentliche Star der Reihe und sorgte wieder für ein einige Schmunzler.
Und natürlich rücken der Bundeskanzel und seine Frau Julie, mit der Art ein Verhältnis hat, wieder ins Zentrum des Geschehens. Das scheint auch der rote Faden der Reihe zu sein, weshalb ich empfehle, zuerst den Vorgänger zu lesen.
Besonders bewegend und gelungen fand ich diesmal die Perspektive aus der Vergangenheit, der wir ausschließlich durch eine Tonbandaufzeichnung folgen. Aber das müsst ihr schon selbst lesen, wirklich ein berührendes Thema, das sehr viel Spannung parat hält. Ich habe lange gerätselt, wohin uns Raabe da führen will, aber hey, damit habe ich echt nicht gerechnet. Das kann ja heiter werden in Band 3, aber auf den muss ich jetzt wieder ein Jahr warten. Ach menno.

Unterm Strich wieder ein Highlight für mich, dass ich allen an Herz lege, die einen fundierten, hochspannenden, aktuellen Thriller lesen wollen. Garantiert ohne Längen, dafür mit Charakteren zum Anfassen.

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