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Veröffentlicht am 16.11.2021

Walter kocht!

Barbara stirbt nicht
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Seit 52 Jahren sind Barbara und Walter Schmidt verheiratet und dabei ist Walter Morgens immer mit dem Geräusche und Kaffeeduft aus der Küche wachgeworden. Eines Tages als er aufwachte, weder hörte noch ...

Seit 52 Jahren sind Barbara und Walter Schmidt verheiratet und dabei ist Walter Morgens immer mit dem Geräusche und Kaffeeduft aus der Küche wachgeworden. Eines Tages als er aufwachte, weder hörte noch roch er was, obwohl die Betthälfte leer war. Er findet Barbara auf dem Badezimmerboden, gestürzt und schwach. Walter denkt, dass es nur ein Kreislauffall war, bringt sie zurück ins Bett. Doch Barbara geht es nicht gut. Sie fühlt sich Müde, möchte nur schlafen und bleibt im Bett. Herr Schmidt, der in seinem Leben nicht ein einziges mal Kaffee gekocht hat, muss ab jetzt nicht nur um sich und seine Frau sorgen, sondern all die Dinge organisieren, die Barbara selbstverständlich allein erledigt hat. So fängt ein altdeutscher, traditionsverbundener, ruppiger Mann, sei es wegen sein Sturheit oder innerliche Unruhe, an zu kochen.

Ach Walter... wo soll ich mit dir anfangen, hmm? Warum bist du so schroff, obwohl du im Herzen ein guter Mann bist? Woher kommen die ganzen Rassistischen Gedanken, wo du seit einem halben Jahrhundert mit einer Russin dein Leben teilst und für sie sogar versuchst Borschtsch zu kochen? Wieso akzeptierst du deine wunderbare Kinder nicht so, wie sie sind? Dein Sohn hat die falsche verheiratet, deine Tochter lebt mit ihrer Freundin zusammen, nicht mit ihrer „Beste Freundin“, na und? Achh Walter... merkst du es nicht, dass für solche Gedanken das Leben zu kurz ist?

Alina Bronsky hat eine bitterböse, mit schwarzem Humor gesüßte, aber im Grunde sehr traurige Geschichte erschaffen, welche mich stark an meinen verstorbenen Großeltern erinnert hat. Sie hat die Generation, die Nachkriegszeit als Kinder erlebt hatten und deren eigentümliches Leben und Gedanken auf dem Punkt aufs Papier gebracht, wo ich dachte: da redet mein Opa! Obwohl ich hier immer wieder lachen musste, stellenweise hat mich das Buch so berührt, dass ich unter Tränen gelesen hab. Denn wer zwischen den Zeilen lesen kann, merkt schnell: Walter, unser unsympathischer Protagonist ist ein liebevoller Kerl mit einem weichem Herz.

Ein kleines Büchlein, der mir herzerwärmende Lesestunden geschenkt hat!

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Veröffentlicht am 16.11.2021

Anstrengend zum Lesen aber gut

Grace – Vom Preisträger des Booker Prize 2023 ("Prophet Song")
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Oktober 1845, Norden von Donegal

Gerade mal mit vierzehn Jahren, die Haare abgesäbelt und in übergroßer Männerkleidung gesteckt, schickt ihre Mutter Grace aus dem Haus weg, um Arbeit zu suchen und sich ...

Oktober 1845, Norden von Donegal

Gerade mal mit vierzehn Jahren, die Haare abgesäbelt und in übergroßer Männerkleidung gesteckt, schickt ihre Mutter Grace aus dem Haus weg, um Arbeit zu suchen und sich selbst zu ernähren. Denn durch Kartoffelfäule ausgelöste Missernten leidet ganz Irland unter große Hungersnot, sodass ihre Mutter Sarah ihre Kinder nicht mehr versorgen kann. Unbemerkt von ihrer Mutter schleicht ihrer kleiner Bruder Colly hinter Grace her und so gehen zwei Kinder auf dem entlang der Straßen, in den von Armut benebelten Städten Irlands rein. Und so werden Tage zu Wochen, Wochen zu Monaten. Grace, die sich als Junge ausliefert hat, entwickelt sich unter jeglichen Männer zu einer Jungen Frau, mit all den Gefühlen, die viele Gefahren mitbringen...

Mystisch, düster und bedrückend nimmt der Autor seine LeserIn nach damaligen, unter Hungersnot leidenden Irland mit und lässt sie teilweise ungeschönt die Armut mitzuerleben. Mit poesihaften Sprache, bildgewaltig und partiell irische Sagen und Märchen geschmückt erzählt er uns ein Stück aus der dunkle, traurige irische Geschichte. Allerdings ich hatte meine Probleme mit diesem Erzählstil, denn die ganzen historische Fakten, alten Liedern, Aberglauben, Geister und Wesen ect. waren, meiner Meinung nach, zu viel an der Zahl, sodass die Story unnötig in der Länge gezogen ist. Zum Teil habe ich nicht mal verstanden, was der Autor mir mit so vielen Legenden erzählen wollte. Dazu kommt seine gewöhnungsbedürftiger Schreibstil, wo er Anführungszeichen bei wörtlicher Rede verzichtet hat. Weil hier auch Geister spucken, konnte ich bei einigen stellen nicht auseinander halten, ob Grace mit jemanden tatsächlich spricht oder mit sich selbst.

Eine intensive dennoch anstrengender Leseerlebnis, was viel Konzentration erfordert. Man braucht hier Zeit, Geduld und Willen. Keine leichte Kost, aber Lesenswert.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Top Sprache, irritierende Handlung

Phon
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Als Nadja hochschwanger und schwer verliebt in ihren 20 Jahre älteren Mann Lew -der erst ihr Professor in der Uni war- ins abgelegenen Dorf in Westrussland einzieht, war sie Anfang 20 und voller Lebensenergie. ...

Als Nadja hochschwanger und schwer verliebt in ihren 20 Jahre älteren Mann Lew -der erst ihr Professor in der Uni war- ins abgelegenen Dorf in Westrussland einzieht, war sie Anfang 20 und voller Lebensenergie. Das mitten im Wald gelegenen Dörfchen zieht sie nicht nur ihre beiden Kindern naturverbunden groß, sondern auch einige Tierarten. Denn das Zoologen Paar, bzw. Zoologe Lew, -Nadja hat ihr Studium nicht abgeschlossen- haben hier ein Tierforschungslabor eingerichtet, in dem auch Stadtkinder übers Sommer unterrichtet wird. Ein paar Jahre läuft es alles gut. Sie unterhalten die Kinder, retten die Bärenbabys und forschen über Tiere. Bis eines Tages eine Holländische Journalistin ins Dorf kam und was Grausames passiert, worüber in ganz Russland berichtet wird.

Mittlerweile ist Nadja nicht mehr jung und Lew ist gebrechlich. Deren Laboratorium existiert nicht mehr und die beiden sind die letzten Bewohner des Dorfes, dessen Einwohnerzahl seit Jahrzehnten offiziell Null beträgt. Außer ihr Sohn, der sie ab und zu wegen Einkäufen besucht, ein Pferd, ein Hund, eine am Dauern meckerndes Ziegenpärchen und ein rede Begabte Rabe haben das ältere Ehepaar nichts und niemanden um sich. Nur der Himmel scheint in letzter Zeit durchgedreht zu sein, denn Tag Täglich hören Nadja und Lew komische, unnatürliche Geräusche, als würde Gott mit Möbeln rücken. Naht das jetzt der Weltuntergang oder sind die beiden völlig verrückt geworden? Und Warum möchte die Holländerin nach fast 30 Jahren zurück ins Dorf kommen? Was hat das alles mit einem Lokführer Zutun, welcher der Nadja aus ihrem Leben erzählt?

Eine Geschichte, die mich in zwei gespaltet zurückgelassen hat. Einerseits mochte ich die dunkle, mystische Story, ganz besonders die Sprache sehr, anderseits der Erzählstil der Autorin und der Aufbau des Buches ist so gewöhnungsbedürftig und verwirrend, sodass ich mit meiner Geduld kämpfen musste. De Moor spielt gern mit Wörtern und Sätzen, dabei lässt ihre LeserInnen völlig allein beim überlegen, gibt kein Hinweise und man muss vieles zwischen den Zeilen lesen. Eigentlich mag ich sehr solche Art der Erzählung, doch hier bliebt einiges offen, dass mich nicht nur irritiert, sondern stellenweise genervt hat.

Obwohl es durchaus interessant war, wurde das Buch für meinen Geschmack zu chaotisch geschrieben. Tolle Story, wunderbare Sprache, keine Frage, dennoch hier fehlt jede menge Tiefgang und der Rote Faden. Schade...

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Grandios!

Wir leben hier, seit wir geboren sind
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In einem abgelegenen Bergdorf leben handvolle Familien mit eigenen, bizarren Traditionen vom Kalkabbau, welcher der nicht mehr Geld einbringt. Deshalb kommt eines Tages ein Fremder ins Dorf, um die Abschaffung ...

In einem abgelegenen Bergdorf leben handvolle Familien mit eigenen, bizarren Traditionen vom Kalkabbau, welcher der nicht mehr Geld einbringt. Deshalb kommt eines Tages ein Fremder ins Dorf, um die Abschaffung zu bestätigen. Fünf Teeneger Mädchen beobachten den jungen Mann bei seiner Ankunft und bei seiner Arbeit. Fünf Freundinnen, die nur an eins denken: raus aus dieser Kaff und Unterdrückung. Die Mädels lassen ihn nicht aus den Augen und für ihn tun die alles, was in ihrer Macht stehen. Dabei wissen die ganz genau, ohne Kalksteinabbruch wird das ganze Dorf sterben und genau deswegen betrachten die Dorfbewohner den fremden Mann sehr argwöhnisch. So gehen die Tage und Wochen, bis ein Unfall einige Ereignisse ins Rollen bringt...

Das Buch ist seit Mai 2019 in meinem Besitz und da könnt ihr raten, wie ich über mich ärgere. Warum habe ich es bis jetzt noch nicht gelesen? Damals habe ich es beim Hamburger Hafen Geburtstag bei Aktion Buch gebraucht gekauft und war ein totaler Cover-Kauf gewesen. Als ich Mosters „Kleine Paläste“ mit Begeisterung gelesen hab, musste ich ihn natürlich googeln, in der Hoffnung, dass er viel mehr Bücher geschrieben hat. Pustekuchen!!! Dieses hier ist sein Debüt und ich bin fassungslos! Fassungslos weil: wie kann man ein Erstlingswerk so gut schreiben? Und warum um Gotteswillen wird dieses geniales Buch nicht mehr gedruckt?

Dieses kleines Büchlein mit knapp 170 Seiten hat mich in sich hineingesaugt. Ich wollte entfliehen, am liebsten den Vätern und deren Traditionen zum Teufel schicken und die Müttern laut anschreien, doch jedes Mal als ich es zugeklappt hab, um eine Pause zulegen, hat mir die Geschichte keine Ruhe gegeben. Eigentlich passiert hier mit wenigen Figuren nicht viel, doch die Story ist wie ein Jo-Jo. Die schmeiß einen von sich, um hinterher mit Wucht zurückzuziehen können. Und das liegt nur Andreas Mosters Schreibstil! Sehr starke Sprache geschmückt mit poetischen Bildern.

Eine düstere Geschichte, welche mich von einem geladenen, dunklen Wolken zu den anderen im Blitzgeschwindigkeit hingeschossen hat. Wer das Buch irgendwie noch (als Gebraucht/ Mängelexemplar/E-Book/Geliehen/SUB) in den Händen kriegen kann, kann ich es nur noch weiterempfehlen!

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Bewegend, kraftvoll, klug

Wie schön wir waren
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In dem Fiktiven afrikanischen Dörfchen Kosawa lebt Thula mit ihrer Familie und mit wenigen Bewohnern in einfachen Verhältnissen, friedlich und brüderlich zusammen. Schon seit Urahnen pflanzen hier die ...

In dem Fiktiven afrikanischen Dörfchen Kosawa lebt Thula mit ihrer Familie und mit wenigen Bewohnern in einfachen Verhältnissen, friedlich und brüderlich zusammen. Schon seit Urahnen pflanzen hier die Frauen, was sie zum Essen brauchen, die Männer gehen Jagen und Fischen. Die haben ein Medium und ein Medizinmann, die bei schwierigen Situationen helfen. Doch seit Jahrzehnten leiden die Dorfbewohner unter korrupter Regierung, welche ein amerikanischer Erdölkonzern -Pexton- vollkommen unterstützt. Der Pexton besticht die Beamten, fördert sein Öl und deren Mitarbeiter füllen eigenen Taschen voll. Dabei pustet Pextons Schornsteine giftige Wolken über das Dorf, deren alte Röhre haben Lecks und die ganze Ölreste landen im Fluss. Kosawa, die mal eine kleine, grüne Oase war, ist mittlerweile bedeckt mit Ruß. Die Felder sind mit Öl vollgesogen, die Grundwasser verseucht mit Gift, Fisch zum Mittagessen gibt es nicht mehr, dafür aber jede Menge Kranke Kinder. Kinder, die deren Lungen voll getränkt mit flockiger schwarzer Kohlenstoff sind, sterben einer nach dem anderen. Wenn man das eigene Kind in den eigenen Armen hilflos beim Sterben zusieht, ist Schluss mit der Geduld! Und wenn der Dorfirre zum ersten Mal beim 8-wöchentlichen Versammlung mit Pexton-Männer auftaucht und dabei den Mund aufmacht, rollt eine Lawine aus Widerstand...

Imbola Mbue erzählt dieses Schicksal aus vielen Sichten. Als erstes berichtet die zehn-Jährige Thula, die gewisse Sinne Hauptfigur des Romans, aus ihrem Leben. Dann kommen abwechselnd ihr Onkel, ihre Mutter, ihre Großmutter und die schwersten Betroffenen, nämlich die Dorfkinder zu Wort und erzählen das ganze nicht nur aus Beobachtungen, sondern auch aus Erfahrungen. Behutsam, unverhohlen, mystisch, aber sehr Bildhaft nimmt Mbue ihre LeserInnen nach Afrika, lässt sie in einem Dorfleben teilnehmen. Man taucht kopfüber in ihre Traditionen und Bräuche hinein. Ihre, für uns fremde Betrachtungsweise macht nachdenklich und ihre Lebenslust und die Freude über Kleinigkeiten ist ansteckend.

Ein Roman über Ausbeutung, Geldgier, Korruption und Umweltverschmutzung zu lesen, wo besonders Kinder darunter leiden, ist zwar kein Zuckerschlecken, aber genau deswegen möchte ich dieses Buch allen ans Herz legen.

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