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Veröffentlicht am 20.08.2021

Eine emotionale Familiengeschichte

Die Überlebenden
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Ein Holzhäuschen am See inmitten des Ländlichen Schwedens. Hier verbringen Brüder Benjamin, Pierre und Nils jedes Jahr ihrer Sommerferien, gehen angeln, schwimmen und streifen die durch den Wald. Von außen ...

Ein Holzhäuschen am See inmitten des Ländlichen Schwedens. Hier verbringen Brüder Benjamin, Pierre und Nils jedes Jahr ihrer Sommerferien, gehen angeln, schwimmen und streifen die durch den Wald. Von außen eine perfekte Familie, zusammen die Ferien, die Sommer und die Natur genießen. Doch die Idylle täuscht, denn die Eltern sind Alkoholabhängig, lassen ihre Söhne verwahrlosen, sind gefühlskalt und unachtsam. Die Brüder konkurrieren und schikanieren sich oft untereinander um etwas Aufmerksamkeit von den Eltern, besonders von der Mutter, zu bekommen. Bis eines Tages eine Tragödie der Familie tief im inneren verändert.

Nach zwanzig Jahren kommen die Brüder zum ersten Mal ins Sommerhaus zusammen, sitzen im Anzug und Krawatte auf den Treppen vor dem Holzhaus. Zwischen ihnen eine Urne voller Asche ihrer Mutter und viele Gefühle und Sätze die seit Jahren unausgesprochen geblieben sind.

Benjamin, der mittlere Sohn, ist der Ich-Erzähler von Schulmans Familienroman. Er ist ein stiller Beobachter, analysiert bis zum kleinsten Detail die Verhalten von seinen Familienmitglieder und weiß, wann die Stimmung zum Kippen droht. Wie Benjamin in seinen jungen Jahren alles gegeben hat, um seine Familie zusammenzuhalten, hat mich zu tiefst berührt.

Alex Schulman erzählt die Geschichte mit klaren Worten, intensiv und realitätsnah auf zwei Ebenen. Kapitelweise bin ich zwischen Vergangenheit und Gegenwart gereist, dabei wirkte mir der Roman alles andere als Sommerlich leicht. Im Gegenteil! Schon in den ersten Seiten fühlte ich eine bedrohlich aufgeladene Stimmung. Ich habe bei jedem Kapitel gespürt, da irgendwas nicht stimmte, doch Schulman hat die Handlung so grandios entworfen, bis zum Ende war ich ahnungslos. Denn wo die Gegenwartsebene Episodenhaft erzählt wird, wird die Gegenwart rückwärts erzählt, sodass ich spannungsgeladen weiterlesen musste. Und das Ende! Ein Ende der mich unerwartet mit Entsetzen ins kalte See hineingeworfen hat.

Es ist eine emotionale Familiengeschichte über Schuld und Vergebung und meisterhafter Debütroman, der mich nachdenklich zurückgelassenen hat.

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Kein einfaches Buch, umso mehr sehr wichtiges

Das Mädchen
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„Was war mit dem Mädchen passiert, das ich einmal gewesen war. Es war fort. Ich hatte keine Liebe mehr in mir. Ich wollte sterben. Ich will sterben, flüsterte ich. Ich wusste nicht, was ich sagte. Ich ...

„Was war mit dem Mädchen passiert, das ich einmal gewesen war. Es war fort. Ich hatte keine Liebe mehr in mir. Ich wollte sterben. Ich will sterben, flüsterte ich. Ich wusste nicht, was ich sagte. Ich wusste nicht, wie nah der Tod sein konnte, dass er über uns schwebte.“

Maryam war erst 14 als sie zusammen mit ihren Schulkameradinnen vom Boko Haram entführt wurde und in ein Lager, mitten ins nirgendwo gebracht wurde. Einen Camp, wo sie mit vielen anderen Mädchen hungert, Sklavenarbeit erledigt, mehrfach missbraucht und vergewaltigt wurde. Zwischen all den grausamen Taten wurde sie gegen ihre willen verheiratet und bekommt ein Baby. Während einen Bombenanschlag auf das Terroristenlager gelingt Maryam mit ihrer Tochter und mit ihrer Freundin Buki zu fliehen. Die nehmen ein langen, gefährlichen und irren Weg durch den Urwald nach Hause, doch als sie in ihren Dorf ankommt, wurde sie alles andere als herzlich empfangen...

Mit fast 90 Jahren reist die irländische Autorin nach Nigeria, recherchiert für dieses Buch und redet mit den betroffenen Mädchen und Frauen persönlich, um uns diesen wahrhaften basierten fiktiven Roman zu schenken. Ohne Blatt vor dem Mund, ungeschönt, schlicht aber sehr bildhaft nimmt O'Brian einen nach Nigeria mit und trifft mit Wucht mitten im Herz. Diese Geschichte zu lesen war für mich nicht einfach, denn ihre Schilderungen über die Grausamkeiten waren zwar sachlich, jedoch so detailliert niedergeschrieben, sodass glasklare Bilder in meinem Kopf entstanden hatten. Bilder die mir Gänsehaut auf gesamten Körper, tränen im Augen verursacht, die mich aufgewühlt und sprachlos gemacht hatten.

Es ist definitiv kein einfaches Buch aber umso mehr sehr wichtiges und absolut lesenswertes! Denn es ist kein Märchen und keine Geschichte, sondern PURE Realität!!!

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Sinnlos, unlogisch, fragwürdig

Sag mir, wer ich bin
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Die 16-jährige Kanadierin Sally wurde bei ihrer Sprachreise in Paris beinahe vergewaltigt und sehr schwer verletzt. Sie fällt ins Koma und als sie aufwachte, erinnert sie sich nur an Nasenblutungen. Sie ...

Die 16-jährige Kanadierin Sally wurde bei ihrer Sprachreise in Paris beinahe vergewaltigt und sehr schwer verletzt. Sie fällt ins Koma und als sie aufwachte, erinnert sie sich nur an Nasenblutungen. Sie kehrt in ihre Heimat Montreal zurück, versucht zu funktionieren und heiratet sogar. Obwohl sie mittlerweile an den Vorfall erinnerte, schweigt sie weiterhin, erzählt, dass sie wegen Nasenblutung ins Koma gefallen hat. Sally macht keinen Therapien, geht nicht ins Restaurant, steigt niemals ins Taxi ein und sieht in allen Männer potenzielle Gewaltiger. Bis sie auf einer Party unter den Gästen einen Mann sieht, von dem sie hundertprozentig sicher ist, dass er der Gewalttäter war...

Es ist der schrecklichster, seltsamster, grauenhaftester Roman, den ich je gelesen habe! Sorry but no sorry!!!

Auf dem Klappentext wurde das Buch als spannendes Katz-und-Maus-Spiel angekündigt, nur ich habe hier weder die Katze noch die Maus gefunden, geschweige den ein spannendes Spiel. Es geht hier eher um einen Strauß, der seinen Kopf in den Sand steckt. Denn egal wie schwer Sallys psychische Probleme sind, sie weigert absolut dagegen zum Psychologen zu gehen. Dafür aber arbeitet sie bei einer Hilfsorganisation für die Frauen, die unter Gewalt leiden, wo sie kräftig mithilft. Muss ich jetzt den Sinn da hinter verstehen? Es ist noch nicht alles! Als sie mit sieben Jahren einen Exhibitionisten getroffen und ihre Eltern davon erzählt hat, prügelt ihr Vater sie grün und blau. Was für ein Vater ist er denn? Obwohl die Ärzte ihren Eltern genau erklärt hatten, warum Sally im Koma gelegen hat, glauben sie tatsächlich, dass an die Nasenblutung liegt. Hää? Ihre 30-Jahre ältere Patenonkel ist nicht nur scharf auf sie, sogar nimmt sie als Frau, wobei ihr Vater Freudentanz führt. In meinen Augen, braucht hier nicht nur Sally dringend psychologische Hilfe, sondern die Männer brauchen es noch dringender. Dazu kommt die Konflikte zwischen England und Frankreich abstammende Kanadiern, welche ohne besonderer Logik in die Handlung gebaut sind. Die Autorin erzählt das Ganze in einer Sprache, die mir wie von Drittklässlern gewirkt hat. Besonders die Dialoge fand ich grauenvoll konstruiert. Jede Menge nichts sagende Gespräche.

Ich habe hier einen Spannungsroman erwartet und erst im total verwirrende Vorwort erfahren, das es eine #MeToo Geschichte ist. Eher sein sollte! Denn ich lese sehr gern und viel über die MeToo-Bewegung daher kann ich mit Sicherheit sagen, dass das nichts mit dem Thema zu tun hat. Es ist überhaupt nicht mein Buch. Schade!

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Hart und zart zugleich

Im Park der prächtigen Schwestern
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Triggerwarnung! Homophober und Transphober Gewalt.

„Nächtelang werde ich beten und bete dafür, dass das Leben, wenn ich aufwache, ein anderes sei, morgen nichts mehr so sei, wie es war. Zuerst bete ich ...

Triggerwarnung! Homophober und Transphober Gewalt.

„Nächtelang werde ich beten und bete dafür, dass das Leben, wenn ich aufwache, ein anderes sei, morgen nichts mehr so sei, wie es war. Zuerst bete ich dafür, dass ich selbst mich ändere und so werde, wie sie mich haben wollen. Doch als ich mich weiter vertiefe in diesen stetig wachsenden Glauben, beginne ich dafür zu beten, dass ich am nächsten Morgen als die Frau erwache, die ich sein möchte. Die Frau, die ich so unverhohlen in mir spüre...... Aber nein. Zwischen den Beinen trage ich ein Messer.“

Farbenfroh, märchenhaft, schillernd erzählt Camila Sosa Villada über die Transfrauen in Argentinien. Sie erzählt über die Gewalt, die sie schon Kindesalter spüren müssten, weil, die nicht der Sohn waren deren Eltern wünschten. Sie erzählt über die tagtäglichen Beschimpfungen und Demütigungen von Klassenkameraden, Nachbarn bis zum unbekannten Leuten die sie hören müssten, weil, die anders Kleidern als die Rest der Gesellschaft. Sie erzählt über die Prostitution für die Transfrauen das einzige Weg war sich auszuleben aber auch um zu überleben. Sie erzählt von einer Schar Gleichgesinnten, die sei es ein Wohnung, einer Flasche Schnaps, die Träume, die Freier, Essen, Drogen, Gewalt, Liebe alles teilen. Ungeschönt, bildhaft, rau und liebevoll trifft die Autorin mit Wucht direkt ins Herz. Man feiert, freut, weint mit ihrer Figuren.

Es ist eine verstörende, faszinierende, traurige, hoffnungsvolle, harte und zarte Geschichte. Es ist kein einfaches Buch, dafür aber sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 09.08.2021

Familiendrama

Unter Wasser Nacht
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Sophie und Thies, Inga und Bodo. Wie die in deren Jugend eine Wohnung geteilt haben, teilen die engbefreundete Paare seit Jahren den Grundstück im Wendland. Dennoch der Traum vom gemeinsamen Leben bläst ...

Sophie und Thies, Inga und Bodo. Wie die in deren Jugend eine Wohnung geteilt haben, teilen die engbefreundete Paare seit Jahren den Grundstück im Wendland. Dennoch der Traum vom gemeinsamen Leben bläst als die Kinder auf die Welt kamen nach und nach ab. Wo Inga und Bodo mit zwei gut erzogenen Kindern die perfekte Vorzeigefamilie sind, hadern Sophie und Thies mit ihrem Unruhestifter Sohn Aaron. Als Aaron unter ungeklärten Umständen ertrank, zerbricht die enge Freundschaft. Schuldgefühle, Trauer und Neid schweben wie dunkle Gewitterwolken über das gemeinsame Grundstück. Bis eines Tages eine fremde Frau, Mara, aus Dänemark aus dem nichts auftaucht...

Eine Geschichte die mich zwiegespalten zurückgelassen hat. Denn ich mochte den lebensnahen und atmosphärischen Erzählstil der Autorin sehr. Auch wie sie die Story über einer unbeliebten, bösartigen Jungen gebaut hat, fand ich sehr originell und der ganze Neid und Bosheit wirkten mir realistisch, doch ab Hälfte des Buches wurde es mir zu viel. Zu viel weil, jede die zum Wort kommt, auf eigene Art und Weise jammert. Jeder kleinster Gefühl, meine Meinung nach, wurde unnötig auf dem Papier gebracht und bei mir nicht der gewünschte Mitleid erzeugt, eher im Gegenteil. Dazu kommen einige Handlungen der Figuren, welche ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Idyllisches Setting, seichter Schreibstil doch da fehlt etwas Tiefe an den Figuren.

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