Profilbild von hasirasi2

hasirasi2

Lesejury Star
offline

hasirasi2 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit hasirasi2 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.06.2024

Einmal Sunset Hall, immer Sunset Hall

Tod in Mistletoe Manor
0

„Something old, something red, something stolen, something dead. Ich werde da sein, um deinen Ehrentag gebührend zu begehen. X.“
In Sunset Hall dreht sich alles um die bevorstehende Hochzeit von Bernadette ...

„Something old, something red, something stolen, something dead. Ich werde da sein, um deinen Ehrentag gebührend zu begehen. X.“
In Sunset Hall dreht sich alles um die bevorstehende Hochzeit von Bernadette und Jack, als plötzlich dieser Drohbrief aus ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben auf ihrem Beistelltisch liegt. Wie ist der dahin gekommen? Und wer hat was gegen Bernadette? Dabei ist die Lage sowieso schon angespannt. Sie können in DER In-Location „Mistletoe Manor“ heiraten, weil eine andere Hochzeit geplatzt ist, dafür müssen sie aber 20 Gäste zusammenbekommen. Keine leichte Aufgabe, wenn die Braut beim Geheimdienst und der Bräutigam beim organisierten Verbrechen war, gemeinsame Freunde haben sie da außer den WG-Bewohnern nämlich nicht.
Außerdem ermittelt Agnes immer noch wegen des toten des Küsters, kommt aber nicht weiter.

„Tod in Mistletoe Manor“ ist leider der Abschluss der Sunset-Hall-Reihe. Ich habe das Hörbuch mit einem weinenden und einem lachenden Auge geschlossen, denn Leonie Swann hat sich eine klitzekleine Hintertür für weitere Abenteuer gelassen, über die ich mich sehr freuen würde, weil mir die eigenwilligen Senioren und ihre Haustiere ans Herz gewachsen sind, auch wenn sich Oberon hier ein bisschen zu sehr auf Hettie fixiert.

„Die moderne Frau wirft nicht einfach mit 70 das Handtuch, die moderne Frau steht mitten im Leben und dazu gehört eben online Dating.“ Charlie versucht das Gästeproblem zu lösen, indem sie online auf einer Partnerbörse nach Begleitern für sich und Agnes sucht, dabei ist die heimlich verlobt. Und auch sonst haben die Bewohner von Sunset Hall das eine oder andere Geheimnis voreinander. So erfahren sie z.B. von einer alten Bekannten von Bernadette, wie die vor ihrer neuen Identität hieß. Dumm nur, dass die Bekannte kurz darauf tot an einer Bushaltestelle sitzt. Und leider bleibt es nicht bei der einen Toten. Aber sie haben ja Jack, der genau weiß, wie man Leichen für immer los wird.

Auch der letzte Teil hat mich wieder sehr gut unterhalten. Leonie Swann schafft es, die Spannung durch immer neue Hinweise und Verdächtige zu halten. Dazu kommen die schrulligen Rentner mit ihren Spleens, wie Edwina, deren ganzes Leben sich nur um ihre Tiere dreht, oder Charlie, die sich zu Agnes Leidwesen von einer neuen Liebe zu sehr ablenken lässt. Agnes selbst geht völlig in ihren Nachforschungen zu den diversen Todesfällen und Drohungen auf.
Natürlich kommt auch der Humor nicht zu kurz. Verfolgungsjagden via Treppenlift machen sich einfach nicht besonders gut, dafür eignen sich Schildkröten (keine echten natürlich) hervorragend als Wurfgeschosse und Schlagen … ach hört (oder lest) am besten selbst.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.06.2024

Ein kurzes Gefühl von Glück

Bevor du gehst
0

„Meine Mutter hat mich immer gut versorgt (oder dafür gesorgt, dass mich jemand anderes versorgt). Nahe gefühlt habe ich mich ihr nie.“ (S. 53)
Ihre Mutter Christine und Julia waren sich nie besonders ...

„Meine Mutter hat mich immer gut versorgt (oder dafür gesorgt, dass mich jemand anderes versorgt). Nahe gefühlt habe ich mich ihr nie.“ (S. 53)
Ihre Mutter Christine und Julia waren sich nie besonders nah, weil diese sich nicht gegen Julias despotischen Vater aufgelehnt hat. Seit seinem Tod vor einem Jahr hat sich das Verhältnis der beiden Frauen kaum geändert. Aber als der Anruft kommt, dass Christine mit Herzproblemen im Krankenhaus liegt, fährt Julia sofort zu ihr.
Weil die Ärzte nach Christines Medikamenten und ihrer Patientenverfügung fragen, durchsucht Julia deren Unterlagen und findet eine Mappe mit allen Gutscheinen, die sie ihr seit ihrer Kindheit geschenkt hat. Dabei fällt ihr auf, dass Christine vor allem die eingelöst hat, wo Julia etwas allein erledigen musste (Gartenarbeit etc.), aber kaum einen, der eine gemeinsame Interaktion erforderte. Sie stellt sich die Frage, ob ihre Mutter sie überhaupt liebt. „So viele verpasste Gelegenheiten, Erlebnisse oder Momente, die unsere Beziehung hätten stärken können.“ (S. 54)
Außerdem erfährt sie, dass es in Christines Vergangenheit ein Geheimnis gibt, von dem diese gerade erst erfahren hat – hat das ihre Mutter so aus dem Takt gebracht? Um das zu ergründen, fahren sie zusammen nach Amrum, denn Christine kann sich plötzlich an friesische Kinderlieder und Sagen erinnern.

„Bevor du gehst“ ist eine sehr berührende Mutter-Tochter-Geschichte über zwei Frauen, die sich erst im Erwachsenenalter annähern. Julia hat nie verstanden, dass ihre Mutter bei ihrem Vater geblieben ist, der geizig war und sie schlecht behandelt hat. Auch von ihr hat sie sich nie wirklich geliebt gefühlt, obwohl Christine ihr alles Wichtige beigebracht hat. Trotzdem ist das Gefühl des Nach-Hause-Kommens groß, als sie in die Stadt und das Haus ihrer Kindheit kommt.
Julia ist da viel rigoroser, hat sich früh vom Vater ihrer Tochter getrennt und überlegt gerade, ihren Mann zu verlassen, weil sie ihm seinen Seitensprung von vor einem Jahr nicht verzeihen kann. Zudem hat sie ein extrem herzliches Verhältnis zu ihrer Tochter, sie sind beste Freundinnen – so, wie sie es sich immer von ihrer Mutter gewünscht hat.
Erst durch das Einlösen der Gutscheine und vor allem die gemeinsame Reise nach Amrum versteht Julia sie besser. Christine macht ihr bewusst, dass nur das Hier und Jetzt zählt und man im Moment leben muss, denn sie hatte auch schöne Zeiten mit ihrem Mann, und dass schon Zufriedenheit ein kleines Glück bedeuten kann.

Ein sehr poetischer Roman voller großer und kleiner Geheimnisse.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.06.2024

Die erste Impressionistin

Die Malerin des Lichts
0

„Eine Frau ist nicht dazu geschaffen, Malerin zu sein. Es genügt, wenn sie einen Maler inspiriert.“ (S. 261) Diesen und ähnliche Sätze hat Berthe Morisot hörte ihr ganzes Leben, dabei war sie sehr erfolgreich ...

„Eine Frau ist nicht dazu geschaffen, Malerin zu sein. Es genügt, wenn sie einen Maler inspiriert.“ (S. 261) Diesen und ähnliche Sätze hat Berthe Morisot hörte ihr ganzes Leben, dabei war sie sehr erfolgreich und nahm für ihre Bilder mehr ein als Édouard Manet. Zudem war sie die erste und lange auch einzige Frau, die zu den Impressionisten gehörte.

Agnès Gabriel widmet sich dieser zu Unrecht vergessenen und zu ihrer Zeit oft kritisierten Frau, die von Selbstzweifeln geplagt war und trotzdem entschlossen, lieber auf die Liebe und eine eigene Familie zu verzichten, als auf das Malen. „Ab dem Tag ihrer Vermählung trägt die Frau ein eng geschnürte Korsett, das nicht aus Spitze und Fischbeins, sondern aus Zwängen und starren Regeln besteht.“ (S. 43)

Zusammen mit ihrer Schwester Edma bekam sie Mal- und Zeichenunterricht, beide feierten Erfolge und wurden im Pariser Salon ausgestellt. Doch nach Edmas Heirat erwartete ihr Mann, dass sie das Malen aufgab und sich ganz ihm und der Familie widmete. Das bestärkte Berthe in ihrer Überzeugung, dass sie nur als Unverheiratete frei für die Kunst sein würde. Bis sie Édouards Bruder Eugène trifft, der sich in sie verliebt und ihr verspricht, dass sie auch nach der Hochzeit noch malen und ausstellen dürfte …

Agnès Gabriel erzählt die Geschichte aus Berthes Sicht. Obwohl sie bereits eine anerkannte Künstlerin ist, sitzt sie Édouard Manet 6 Jahre lang Modell, darf sich nicht bewegen und am besten auch nicht denken. Dabei kann sie gerade dabei ihren Gedanken freien Lauf lassen: „… wie wäre es, wenn sie die Positionen tauschten? Manet auf dem Sessel und sie an der Staffelei. Er das Modell und sie die Malerin.“ (S. 29) Sechs Jahre lang hofft sie auf ein Wort der Anerkennung oder Kritik von ihm, doch er schweigt. Das einzige Mal, als sie ihn direkt um Rat bittet, übermalt er ihr Bild so lange, bis sie ihre Arbeit nicht wiedererkennt.

Aber es ist nicht nur Berthes Geschichte, sondern die ihrer ganzen Familie. Berthes Mutter hat immer bedauert, keine Pianistin geworden zu sein, aber die Ehe war wichtiger und richtiger. Weil ihr Mann nicht kunstinteressiert war und sie nicht ins Theater oder ähnliches ausführte, hielt sie einen üblichen wöchentlichen Salon ab oder besuchte andere, in den aufstrebende und berühmte Künstler gern gesehen waren und die Berthe dadurch z.T. schon seit ihrer Kindheit kannte.

Berthes Geschichte ist sehr interessant, da auch ich bisher nur in Nebensätzen von ihr gehört und gelesen habe. Man kann ihren Drang zu Malen und ihre innere Zerrissenheit, in die sie Eugènes Werben stürzt, sehr gut nachvollziehen. Allerdings erzählt die Autorin stellenweise zu viel vom Alltag der Familie oder irgendwelchen Nebenschauplätzen und dann plätschert die Handlung leider ohne größere Höhepunkte vor sich hin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.05.2024

Die tote Sängerin

Mord kennt kein Alter
0

„Was immer die Sängerin getötet hat – sie hat es mit hierher gebracht.“ (S. 157)
Als Lotte beim Morgenspaziergang nach einem Hauskonzert die Sängerin ermordet im Park von Schloss Bucheneck vorfindet, ...

„Was immer die Sängerin getötet hat – sie hat es mit hierher gebracht.“ (S. 157)
Als Lotte beim Morgenspaziergang nach einem Hauskonzert die Sängerin ermordet im Park von Schloss Bucheneck vorfindet, ahnt sie, dass es Probleme geben könnte. Der Abend ist in einem Eklat geendet, weil die Sängerin ein umstrittenes Lied vorgetragen hat. Außerdem zieren die Leiche merkwürdig Bissspuren – Gerüchte über einen mörderischen Wassermann werden laut. Zum Glück ist die ermittelnde Kriminalhauptkommissarin gründlich und lässt sich auch von ihrem Stellvertreter nichts einreden. Aber weil einige Indizien auf Lottes dementen Mann Hannes hinweisen, bleibt dieser nichts anderes übrig, als selber nach dem Täter zu forschen, um Hannes zu entlasten.

„Wir sind alle nicht ganz das, als das wir erscheinen.“ (S. 158) Schloss Bucheneck ist ein Alterswohnsitz, den sich nur wirklich gut Betuchte leisten können. Von den 9 Wohnungen sind darum auch nur 5 belegt und die Bewohner miteinander befreundet. Und lange nicht so harmlos, wie man im ersten Moment denkt. Lotte und Hannes haben eine Supermarktkette aus dem Boden gestampft und mit großem Gewinn verkauft. Man merkt Lotte an, dass sie mit spitzen Bleistift rechnen und Leute sehr gut einschätzen kann, aber es gibt auch dunkle Schatten auf ihrem Leben. Ihre Freundin Ute kennen Lotte und Hannes schon Jahrzehnte. Sie hat im „Finanzsektor“ gearbeitet – was genau, weiß außer Lotte keiner, und das ist auch gut so. Den Professor haben Lotte und Hannes auf ihrer Weltreise kennengelernt. Nicht zum innersten Kreis gehören der ehemalige Schauspieler Chris Christiansen und sein deutlich jüngere Frau Sanne.
Damit es den Bewohner an nicht mangelt, stehen ihnen rund um die Uhr ein cholerischer Sternekoch, eine Bedienung, die viel zu schlau für ihren Job ist, und Jaro, der polnische Hausmeister, zur Verfügung. Auch sie haben alle ein Geheimnis.

Die Ermittlungen gestalten sich sowohl für die Senioren als auch die Polizei nicht leicht. Schloss Bucheneck und seine Betreiberin, die Freifrau von Sonnenborn, sind bei den Einheimischen nicht besonders beliebt. Wollten sie ihr evtl. durch den Mord an der Sängerin schaden? Oder hatte jemand eine alte Rechnung mit der Künstlerin offen?! Ging es um Eifersucht oder hat sie Hannes erschreckt und er sie wirklich im Affekt getötet? Vermutungen gibt es viele, aber keine schlüssigen Beweise.
Als dann auch noch mitten in der Nacht in Lottes Wohnung eingebrochen wird, wird es richtig gefährlich …

„Mord kennt kein Alter“ ist ein unterhaltsamer Cosy-Krimi von Marie-Christin Fuchs, der vor allem durch seine skurrilen Protagonisten und eine berührende Liebesgeschichte punktet. Man schließt die Senioren sofort ins Herz und versteht schnell, warum sich alle um Hannes sorgen und Lotte nicht nur bei den Ermittlungen, sondern auch im Alltag mit ihm unterstützen. Die beiden verbindet eine ganz besondere Liebesgeschichte und auch, wenn sich Hannes sonst nicht mehr an viel erinnert, Lotte und ihr gemeinsames Leben hat er (noch) nicht vergessen.
Für mich hätte die Handlung allerdings noch etwas gestraffter und die Auflösung besser nachvollziehbar sein können, da sie mir ein bisschen zu plötzlich kam.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.05.2024

Gemeinsam statt einsam

Das Licht in den Birken
0

„Jeder einzelne von ihnen ging gerade durch eine schwere Zeit, brauchte etwas Halt, den ihm die Familie nicht geben konnte.“ (S. 128)
Thea hat 25 Jahre in Portugal gelebt, die letzten 5 als wandernde ...

„Jeder einzelne von ihnen ging gerade durch eine schwere Zeit, brauchte etwas Halt, den ihm die Familie nicht geben konnte.“ (S. 128)
Thea hat 25 Jahre in Portugal gelebt, die letzten 5 als wandernde Ziegenhirtin. Es war ein schönes, freies Leben, geprägt durch harte Arbeit. Jetzt mit 50 kehrt sie zurück nach Deutschland, auf einen kleinen Lebenshof in der Lüneburger Heide, am Rand der Stadt, aus der sie damals geflohen ist.

„Ein kräftiger Mann, der immer etwas krumm lief und sich hier eine kleine Arche Noah geschaffen hatte, als müsse er sich vor der Welt da draußen beschützen.“ (S. 52) Benno ist ein Eigenbrötler und lebt seit vielen Jahren allein auf dem Hof am Moor, doch seit Corona kommen nicht mehr genügend Spenden rein, um die Unkosten zu decken. Darum hat er in ein Nebengebäude zwei Wohnungen eingebaut, Thea ist die erste Mieterin. Die beiden sind sich nicht unsympathisch, aber es prallen Welten aufeinander. Thea ist laut, offen und fröhlich, geht auf Menschen zu und hat als Haustier zwei Ziegen dabei, die sie mit der Flasche aufgezogen hat und die Bennos Kräuterbeete plündern. Der hatte gehofft, so wenig wie möglich mit seinen Mietern zu tun zu haben. Dann findet er auch noch die verletzte Juli im Wald, die zu Fuß nach Amsterdam wollte und jetzt erstmal nicht mehr weiterkommt.

Alle drei haben Probleme, vor denen sie mehr oder weniger davonlaufen. Bennos Hof steht kurz vor der Zwangsversteigerung, Thea muss sich ihrer Vergangenheit und Zukunft stellen und Juli fühlt sich seit dem Tod ihres Großvaters wurzellos. Und sie haben noch etwas gemeinsam: Sie sind sehr naturverbunden und auf der Suche nach ihrer persönlichen Freiheit, ihrer Art zu leben. Auf Bennos Selbstversorgerhof könnten ihre Träume Wirklichkeit werden, wenn sie ihn irgendwie retten können.

Romy Fölck schreibt sehr intensiv und detailreich. Mir gefällt, wie die Liebe der Protagonisten zur Natur, ihre Beobachtungen, Eindrücke und Stimmungen beschrieben werden. Man sieht die Moorlandschaft förmlich vor sich, den Sonnenaufgang, den Benno jeden Morgen beobachtet. Sein leicht verlotterter Hof bildet den Mittelpunkt der Handlung, auf ihm werden Probleme gewälzt, Lösungen gesucht und Geheimnisse gelüftet. Innerhalb kürzester Zeit wachsen die Bewohner zusammen.
Es ist eine leise, bewegende Geschichte, die mir gut gefallen hat – nur das Ende war mir etwas zu schnell zu happy.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere