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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.11.2018

Ein Buch wie Weihnachtspralinen ohne Füllung

Der Winter der Wunder
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Ich habe nichts gegen leichte Bücher. Als Zwischendurch-Snack dürfen sie durchaus sein. Die Bücher von Debbie Macomber, die ich bisher gelesen hatte, entsprachen genau meiner Vorstellung von leichter ...


Ich habe nichts gegen leichte Bücher. Als Zwischendurch-Snack dürfen sie durchaus sein. Die Bücher von Debbie Macomber, die ich bisher gelesen hatte, entsprachen genau meiner Vorstellung von leichter Lektüre. Umso enttäuschter war ich vom vorliegenden Titel. Der Klappentext klingt interessanter, als es das Buch dann tatsächlich ist:

„Katherine liebt den Winter – vor allem den Zauber der dunklen Jahreszeit. Diese Liebe gibt sie an ihre Nichten weiter. Doch deren Mutter hält sich an die Erziehungsmethoden des renommierten Psychologen Wynn Jeffries. Er vertritt die Meinung, dass man Kinder mit Märchen wie dem vom Weihnachtsmann verschonen sollte. Als Katherine dann eines Tages Wynn tatsächlich persönlich gegenübersteht, kann sie ihm endlich einmal sagen, was sie von ihm denkt. Damit, dass er eigentlich ganz nett ist und dabei auch noch ziemlich gut aussieht, hat Katherine allerdings nicht gerechnet …“

Es gibt zwar einige Szenen im Buch, die mir gefielen, so zum Beispiel, wenn Kater Tom außer sich gerät und reichlich Unglück anrichtet oder wenn das Chaos im Haus der Schwester von K.O. ausbricht. Auch die Diskussionen über die „richtige“ Erziehung fand ich ganz herzerfrischend. Aber ansonsten reihen sich doch zuviele Klischees aneinander (wo kommt mitten in der Nacht eine Pferdekutsche daher???), zuviele Oberflächlichkeiten oder Unwirklichkeiten, als dass ich das Buch guten Gewissens empfehlen könnte.

Veröffentlicht am 12.11.2018

Filmreif

Black Hand
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Was ist dieses Buch? Ein Sachbuch? Ja, durchaus. Ein langweiliges Sachbuch? Nein, ganz im Gegenteil. Also eher ein Thriller? Ja, genau das, ein Sachbuch-Thriller. Und was für einer!
New York City Anfang ...


Was ist dieses Buch? Ein Sachbuch? Ja, durchaus. Ein langweiliges Sachbuch? Nein, ganz im Gegenteil. Also eher ein Thriller? Ja, genau das, ein Sachbuch-Thriller. Und was für einer!
New York City Anfang des 20. Jahrhunderts: ein Ort, in dem das Verbrechen herrscht. Der Alltag besteht aus den Anschlägen, Entführungen und Erpressungen, verantwortlich dafür die Organisation Black Hand. Und dann erfahren wir von Joseph Petrosino, einem italienischen Detective mit knallharten Methoden. Wir erfahren von den Anfängen der amerikanischen Mafia und wir erfahren von einem unerschrockenen Helden, der es wagte, sich der Mafia entgegegenzustellen. Petrosino, ein Einwandererkind, kannte von früh an Prügel und Hunger. Aber sein Wille, nach oben zu kommen, war ungebrochen. Und so arbeitete er sich vom Schuhputzer und Müllmann hoch, bis er einen Job bei der Polizei bekam und schließlich seinen unglaublich mutigen und raffinierten Kampf gegen die Mafia aufnahm.
Das Buch ist sehr, sehr packend geschrieben. Packend zum einen durch das Thema, denn dass die Mafia New York in fester Hand hatte, war mir bislang völlig unbekannt. Und packend durch den Schreibstil des Autors. Er erzählt so lebendig, dass man das Elend, den Dreck und den Gestank in den Straßen von New York zu jener Zeit geradezu körperlich spürt und riecht. Mitreißend wird uns das Leben von Petrosino nähergebracht, wir erleben seinen unermüdlichen Versuch, Einwanderer und Amerikaner näherzubringen und des Bösen Herr zu werden. Kein Wunder, dass die Geschichte von Petrosino verfilmt wird, denn dieses Buch hat alles, was sein fesselnder Film auch haben sollte: Intensiv-Bilderreiches Erzählen einer außergewöhnlichen Geschichte.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Kammerspiel zu dritt

Liebe ist die beste Therapie
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Mit dem Buch habe ich ein großes Problem. Ich konnte es nicht unvoreingenommen lesen, weil ich mein psychotherapeutisches Fachwissen beim Lesen nicht ausblenden konnte. So war ich teils verwundert, teils ...

Mit dem Buch habe ich ein großes Problem. Ich konnte es nicht unvoreingenommen lesen, weil ich mein psychotherapeutisches Fachwissen beim Lesen nicht ausblenden konnte. So war ich teils verwundert, teils nahm ich kopfschüttelnd die Vorgehensweisen der Therapeutin zur Kenntnis, teils auch ebenso kopfschüttelnd die Verhaltensweisen der Probanden und ihren geschilderten Weg des reiferen Miteinanders. Der Autor ist nicht „vom Fach“. Vielleicht hat er selbst eine Paartherapie erfahren und aus seinen daraus resultierenden persönlichen Erkenntnissen einen Roman gebastelt. Dazu sollte man vielleicht auch noch berücksichtigen, welch anderen Stellenwert therapeutische Interventionen in Amerika haben im Vergleich zu Deutschland. Wie auch immer – für mich war der Roman leider kein Aha-Erlebnis.
Der Roman ist inszeniert wie ein Kammerspiel: Das gesamte Geschehen spielt sich ausschließlich in der Praxis der Paartherapeutin Sandy ab. Dort suchen Steve und Charlotte, Mitte 30, zwei Kinder, seit einiger Zeit getrennt lebend, Rat und Beistand. Beide hatten in der Zwischenzeit Affären, und doch gibt es etwas zwischen den beiden, das sie, ohne dass sie es sich wirklich eingestehen wollen, noch hoffen lässt. Dem Leser wird anhand des Verlaufs der Therapiestunden klargemacht, dass ein Teil der Problematik in der unterschiedlichen Art und Weise der Kommunikation zwischen den Ehepartnern liegt. Sorry, aber für diese Erkenntnis braucht es keine 300 Seiten. Auch nicht für die Erkenntnis, welche Verletzungen Ehebruch mit sich bringt. Die geschilderten Vorgehensweisen/Fragen der Therapeutin sind so oberflächlich, so nichtssagend, dass sie im realen Leben mit Sicherheit keine großen Entwicklungen von Paaren in Not hervorrufen würden. Dass wir als Leser dann auch noch immer wieder in die Gedankenwelt der Therapeutin mit ihren eigenen Problemen hineingezogen werden, empfinde ich als absolut störend und unnötig.
Als Roman ist das Buch mäßig fesselnd, es fehlt der Spannungsbogen, es fehlen Höhen und Tiefen, es fehlen überraschende Entwicklungen oder echte Aha-Erlebnisse. Wer glaubt, er würde durch das Buch etwas über kompetente Paartherapie erfahren, sei gewarnt. Denn es ist und bleibt ein Roman, also per definitionem eine fiktive Lang-Erzählung, mehr nicht.

Veröffentlicht am 09.11.2018

Ein Buch wie eine Matroschka-Puppe

Das Museum der sprechenden Tiere
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Was für ein unglaublich schönes Buch – das dachte ich spontan, als ich das so überaus schön gestaltete Exemplar in Händen hielt. Allein schon durch das gelungene Cover, das sowohl in Graphik als auch ...



Was für ein unglaublich schönes Buch – das dachte ich spontan, als ich das so überaus schön gestaltete Exemplar in Händen hielt. Allein schon durch das gelungene Cover, das sowohl in Graphik als auch Haptik auffällt und mit dem Blick durchs Schlüsselloch in die Geschichte hineinziehen will, war ich positiv-neugierig geworden. Als ich anfing, durch die Seiten zu blättern, war ich nach wenigen Minuten dem Buch restlos erlegen. Diese unglaublichen Zeichnungen, realistisch und doch fantastisch, präzise auf feinste Weise und liebevoll-detailliert ausgearbeitet, nahmen mich völlig gefangen, umso mehr als ich erfuhr, dass die Illustrationen allesamt von der Autorin selbst stammen.
Ben ist ein ganz normaler Junge, mal mutig, mal übermütig, nicht immer folgsam. Eines Tages findet er vor der Tür eine seltsame Einladungskarte: „Komm jetzt, oder komm nie!“ Von Neugier getrieben folgt er der Einladung in ein uraltes Museum, das abgerissen werden soll. Und schon ist er mitten in einem Abenteuer, das nicht nur ihn verändern wird…
Das Buch zu lesen, ist wie eine Matroschka-Puppe zu öffnen und immer weitere Puppen in deren Inneren zu finden. So öffnet sich im Buch Geschichte um Geschichte, teils real, teils fiktiv, immer aber auch magisch, teilweise gefährlich, teilweise verwirrend, teilweise erheiternd, immer aber spannend. Eine schier unerschöpfliche Fantasiewelt öffnet sich, in den unglaublichsten Farben und Schattierungen in Worte gefasst, wobei der häufige Wechsel zwischen Realität und Fantasy den Leser geradezu schwindlig macht. Und so ist die Stärke des Buches, nämlich die unerschöpfliche Fülle an Fantasie, gleichzeitig auch seine Schwäche. Denn es ist so reich an Magie, dass es ausreichend wäre für mehrere Bücher. Es ist so angefüllt mit Zauber, dass es irgendwann, zumindest in der ersten Hälfte des Buches, verwirrt, ermüdet, bis man gegen Ende des Buches dankbar wieder auf dem realen Boden der Geschichte landet, wobei hier wiederum die großartigen Illustrationen helfen. Auf jeden Fall ist es ein ideales Vorlesebuch, denn in einzelnen Häppchen gelesen entfaltet die Geschichte noch mehr ihres eigentlichen Wertes. Nämlich zu vermitteln, dass jeder Mensch den wahren Schatz und Reichtum in sich trägt. Wenn man an sich glaubt, an seine innere Stärke glaubt, gelingen wahre Wunder. Ein Buch zum Träumen schön, für Kinder ebenso wie für Erwachsene….

Veröffentlicht am 08.11.2018

Ein ruhiges, lebensbejahendes Buch

Cottage mit Meerblick
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Eher zufällig geriet ich an dieses Buch und ging anhand des Covers von einem der üblichen leichten Sommerromane ohne Tiefgang aus. Der Roman ist in der Tat solch ein Sommerroman, unterhaltsam und flott ...


Eher zufällig geriet ich an dieses Buch und ging anhand des Covers von einem der üblichen leichten Sommerromane ohne Tiefgang aus. Der Roman ist in der Tat solch ein Sommerroman, unterhaltsam und flott zu lesen. Aber er ist nicht nur trivial, er hat auch etwas an sich, was länger nachwirkt und weshalb sich das Lesen lohnt.
Claire, von Beruf Journalistin, mietet ein kleines, ziemlich heruntergekommenes Cottage direkt am Strand, denn sie braucht eine Auszeit. Nach überstandener Krebserkrankung mit den vielen sowohl Körper als auch Seele belastenden Therapien musste sie auch noch die Scheidung von ihrem Ehemann verkraften. So hofft sie, in einer Zeit des Alleinseins wieder zu neuen Kräften zu kommen und für ihr Leben neue Orientierung zu finden. Sie genießt die Abgeschiedenheit des Ortes, genießt die Natur, genießt sogar, den frühmorgens im Meer schwimmenden unfreundlichen Nachbar zu beobachten.
Das Buch zu lesen, verlangt vom Leser, zur Ruhe zu kommen. Denn es erzählt sehr langsam, ruhig und bedächtig. Und während man in die intensiven, schönen Naturschilderungen eintaucht, sich dem Gleichmaß der Wellen am Strand hingibt, den Sand unter den Füßen spürt, entschleunigt man selbst Stück für Stück. Und indem man durch die Autorin in dieses entspannte, wohlige Wahrnehmen der Natur versetzt wird, nähert man sich ganz ohne Schwere auch den wichtigen Fragen des Lebens, denen sich Claire stellt und erkennt mit ihr die große Bedeutung der kleinen Dinge, der kleinen Freuden, der Magic Moments. Claire wird sehr nachvollziehbar dargestellt als ein zwar grundsätzlich kämpferischer und lebensbejahender Mensch, aber dennoch gezeichnet durch die Narben, die sowohl ihr Körper als auch ihre Seele davongetragen haben. Genau diese erlittenen Verletzungen und das dadurch gewonnene Mitgefühl für andere Menschen ermöglichen es jedoch letztlich der Protagonistin, auf geduldige und reife Weise einen neuen Zugang zu sich selbst, zu den sie umgebenden Menschen, sogar zu ihrem mürrischen Nachbarn und damit zur Liebe zu finden.
Fazit: Ein ruhiges, leicht zu lesendes Buch mit anhaltend positivem Nachhall.