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Veröffentlicht am 09.04.2024

Fantasy-Historischer-Roman-Mix mit Vampiren und Intrigen

Scarlet
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Der Genre-Mix aus Fantasy und historischem Roman mit Vampir-Thematik klang für mich als Fan beider Genres zunächst sehr vielversprechend! Leider konnte mich "Scarlet" am Ende trotzdem nicht so packen, ...

Der Genre-Mix aus Fantasy und historischem Roman mit Vampir-Thematik klang für mich als Fan beider Genres zunächst sehr vielversprechend! Leider konnte mich "Scarlet" am Ende trotzdem nicht so packen, wie ich mir das erwünscht hatte.

Aber von vorn: Eleanors, kurz Nellies, Ähnlichkeit mit der französischen Königin Marie Antoinette sorgt dafür, dass sie von der konterrevolutionären Liga des Scarlet Pimpernel rekrutiert und für eine Befreiungsmission ausgebildet wird. Dabei läuft nicht immer alles ganz rund und Nellie muss ihre Mitmenschen immer wieder neu einschätzen lernen. Auffällig ist hier, dass es keine strikte Trennung von "Gut und Böse" gibt und Moral in Zeiten eines politischen Umschwungs deutlich schwierig zu beurteilen ist. Wer Freude an historisch-politischen Themen wie der französischen Revolution hat, wird mit diesem Buch sicherlich glücklich. Die eingebauten historischen Fakten wirken sehr gründlich recherchiert und die Handlung ist - abgesehen natürlich von den Fantasy-Elementen - durchaus authentisch in der Zeit zu betrachten.
Wer wiederum eine action-geladene Vampir-Geschichte erwartet, wird wohl eher enttäuscht. Die Handlung verläuft bis auf das letzte Fünftel eher ruhig und baut auf ein langsames Enthüllen der Welt. Einige wenige Logiklücken lassen die besonders aufmerksame Leserschaft zusammenzucken. Mein Fazit zur Handlung: kann man gut lesen, muss man aber nicht.

Leider hat mir der Erzählstil und die Sprache im Buch nicht besonders gut gefallen. Manche Formulierungen haben meinen Lesefluss etwas ins Wanken gebracht und ich musste mich nach längeren Lesepausen immer erst wieder in die Geschichte einfinden.

Besonders gut gefallen hat mir die Charakterentwicklung von Nellie, die zunächst ihre festen Vorstellungen und Werte hatte, diese dann aber immer wieder neu durchdenken und umdenken musste. Nicht gefallen hat mir die - aus meiner Sicht sehr unauthentische - (Liebes-)Beziehung zu Charles, die am Ende angedeutet wurde. Das kam für mich sehr plötzlich und hätte etwas schöner aufgebaut werden können.
Eine Figur mit der ich kaum etwas anfangen konnte, obwohl sie durchaus wichtig war, war die in Form eines Art von Nellies Seele besitzergreifenden Geistes einer Magierin, Anima. Dieser Charakter wurde aus meiner Sicht sehr willkürlich und plötzlich eingeführt, ohne genauer vorgestellt zu werden. Auch wenn die Auflösung einiger Fragen zu Anima mit Sicherheit in den Folgebänden geklärt werden, hätte ich mir ein paar mehr Infos schon jetzt zu ihr gewünscht, damit sie in diesem Band bereits etwas greifbarer wird.

Das Cover an sich sieht toll aus und passt zur blutig-revolutionären Thematik und würde natürlich auch zur Vampir-Thematik passen. Allerdings finde ich, dass sich hier Cover und Inhalt etwas wiedersprechen... Die Erwartung, Vampire als Hauptakteure und blutige Gegner in einer Revolution zu finden, wird definitiv nicht erfüllt und die Vampire nehmen eine eher kleinere Gruppe an Akteuren ein, die nicht häufiger oder extrem anders handeln, als die genauso blutrünstigen Menschen.

Mir gefällt die Idee des Buches grundsätzlich sehr gut, doch bin ich mit der Umsetzung einfach nicht ganz so zufrieden. Trotzdem würde ich das Buch an Personen weiterempfehlen, die sich für politische Themen/Fragen, für die französische Revolution oder für ruhig aufgebaute Handlungen mit etwas Übernatürlichkeit interessieren und begeistern können.

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Veröffentlicht am 20.03.2024

Mutter-Kind-Beziehungen, Krankheit, vererbte Traumata...

Wir sitzen im Dickicht und weinen
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Ein Buch über schwierige Mutter-Kind-Beziehungen, über Krankheit, über vererbte Traumata und schwere Kindheit. Über die Machtlosigkeit der Frau und "regretting motherhood".

Ziemlich direkt und teils brutal ...

Ein Buch über schwierige Mutter-Kind-Beziehungen, über Krankheit, über vererbte Traumata und schwere Kindheit. Über die Machtlosigkeit der Frau und "regretting motherhood".

Ziemlich direkt und teils brutal zeigt Prokopetz Geschichte und ihr Stil ganz ungeschönt die psychischen Abgründe ihrer Figuren. Jeder und jede hat seine und ihre eigenen Laster und Traumata und handeln dementsprechend voreingenommen.
Die Erfahrungen der eigenen, unschönen Kindheit sollen bei den eigenen Kindern anders werden. Das Elternsein verbessert werden. Aber ob das immer klappt?

Ein Buch voller Extreme, voller Gefühl und voller Ungerechtigkeit, das vor allem zeigt, wie Frauen durch die Belastung, die das Muttersein sein KANN, unfaiererweise automatisch schwerer getroffen sind, als die Männer.


Handlung:
Auch wenn die Handlung durch die verschiedenen Erzählstränge, welche die unterschiedlichen Generationen begleiten, anfangs etwas verwirrend sein kann, zieht sich die Hauptgeschichte von Valerie, ihrer Mutter und ihrem Sohn Tobi wie ein roter Faden durch den Roman. Es ist eine Geschichte mitten aus dem Leben. Echte, nachvollziehbare und authentische Situationen werden beschrieben. Einzig die eingeschobenen Grabreden - die mit Sicherheit ihren Zweck erfüllen - können möglicherweise als störend, verstörend oder unverständlich gelesen werden.

Erzählstil:
Besonders auffallend ist die ungeschönte und trotzdem fast poetische Sprache Prokopetz', die Extreme in Gefühl und Handlung auf ganz besondere Weise umschreibt. An einigen Stellen finden sich amüsante, sarkastische oder ironische Bemerkungen und Formulierungen, die einen trotz der düsteren Thematik zum schmunzeln bringen können.
Durch den ausgeschriebenen Dialekt in den Rückblick-Kapiteln wird für die hochdeutschte LeserIn der Lesefluss unterbrochen und kann auch durch die Hilfestellung in den Fußnoten nicht völlig wiederhergestellt werden. Nichtsdestotrotz unterstreicht die Sprache den Charakter der Figuren.

Charaktere:
Auch wenn einem die Charaktere des Romans möglicherweise wenig bis gar nicht sympathisch werden, sind sie doch sehr authentisch. Besonders die Strukturen und Konflikte der Mutter-Kind-Beziehungen (zum Beispiel zwischen Christina und Valerie oder zwischen Valerie und Tobi) wirken realistisch.

Thema:
Dass das Buch durch die Thematik keine leichte Lektüre ist, sollte man sich vor dem Lesen bewusst machen. Gerade die Bezüge zu Krankheiten und Traumata können belastend sein. Trotzdem müssen auch solche Themen repräsentiert werden und dies gelingt Prokopetz in ihrem Roman durch ihre Direktheit sehr gut.

Cover:
Das Cover ist optisch sehr ansprechend, hat mit dem Inhalt jedoch wenig zu tun. Die LeserInnen sollten sich von den fröhlich, bunten Farben nicht täuschen lassen. Trotzdem ist ein eher abstrakt gehaltenes Motiv für die Geschichte passend, da viele verschiedene Themen angesprochen und diverse Leerstellen im Text gelassen werden.

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