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Veröffentlicht am 19.07.2023

Eine queere Liebesgeschichte zum Wegträumen nach Pittsburgh

She Gets the Girl
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„She gets the girl“ ist der neue Roman von Rachael Lippincott und ihrer Frau Alyson Derrick und vor Kurzem im dtv-Verlag erschienen. Bereits ihre vorherigen Bücher „Drei Schritte zu dir“ und „All This ...

„She gets the girl“ ist der neue Roman von Rachael Lippincott und ihrer Frau Alyson Derrick und vor Kurzem im dtv-Verlag erschienen. Bereits ihre vorherigen Bücher „Drei Schritte zu dir“ und „All This time – Lieben heißt unendlich sein“ haben mir sehr gefallen und mich tief berührt, deshalb war ich umso gespannter, wie mir ihr neues Buch gefallen wird.

Die Geschichte wird aus den Perspektiven von Alex und Molly erzählt. Der Schreibstil lässt sich leicht und flüssig lesen; man merkt aber durchaus die leicht verschiedenen „Erzählstimmen“ der beiden Autorinnen, was in dem Buch wunderbar harmoniert und die beiden Protagonistinnen für dendie Leserin noch greifbarer und individueller macht. Besonders Molly war mir aufgrund zahlreicher Gemeinsamkeiten sofort sympathisch, während ich mit Alex erst warmwerden musste, da sie hinter ihrer lockeren und flapsigen Fassade sehr verschlossen ist. Die beiden Protagonistinnen könnten wirklich unterschiedlicher nicht sein, doch gerade dies macht den Reiz des Buches bzw. der Geschichte aus, denn beide tun sich in ihrer Freundschaft gegenseitig gut. Es hat mir sehr gut gefallen, dass man als Leser*in im Laufe der Geschichte selbst merken konnte, wie sowohl Molly als auch Alex immer mehr zu sich selbst finden, besonders was die Interaktion mit anderen anbelangt. Sie werden sich zunehmend darüber klar, was sie vom Leben wollen, und dazu gehört auch, sich von der Familie abzunabeln. Dieser Prozess wurde für beide Protagonistinnen in all seinen Facetten dargestellt.
Ich muss diesbezüglich aber gestehen, dass mir in manchen Aspekten die Parallelen bzw. Gegensätze zwischen Alex und Molly ein bisschen zu konstruiert wirkten und den Roman etwas vorhersehbar machten.

Die queere (lesbische) Liebesgeschichte in „She gets the girl“ hat mich sehr begeistert, vor allem weil ich sie in der Form bisher viel zu selten gelesen habe: Sowohl Alex als auch Molly beginnen gerade mit dem Studium, sind beide schon über ihre Findungsphase hinaus und in ihrer Sexualität gefestigt. Es wird an keiner Stelle des Buches in Frage gestellt, welches Geschlecht Alex bzw. Molly präferiert, denn es geht nur darum, die jeweilige Traumfrau (zurück) zu erobern, sei es Nathalie oder Cora. Das war wunderbar erfrischend und so wichtig zu lesen, denn Queersein sollte besonders in der heutigen Zeit noch viel mehr „normalisiert“ werden und in der Gesellschaft nicht mehr als Alterität wahrgenommen werden.
Überraschend war für mich, dass das Buch auch tiefgründigere Themen anspricht, was besonders die Hintergrundgeschichte der Mütter von Alex und Molly anbelangt. Ich will hier gar nicht ins Detail gehen, aber dies hatte ich vom Klappentext her gar nicht so erwartet, das Buch hat mich also positiv überrascht.

Besonders gut gefallen hat mir darüber hinaus das Setting des Romans an der Universität in Pittsburgh, weil dies eine Stadt ist, mit der ich bisher keinerlei Berührungspunkte. Durch den leichten Schreibstil kam es mir aber glatt so vor, als würde ich gemeinsam mit Alex und Molly über den Campus streifen und in Seminaren sitzen.

Meine einzigen Kritikpunkte an dem Roman sind, dass mir das Ende etwas zu schnell abgehandelt war und die Konfliktlösungen manchmal zu einfach gewählt waren. Hier hätte ich mir im Idealfall noch mehr Gespräche oder ausführlichere Szenen gewünscht, doch auch so war das Ende passend zur Geschichte und zufriedenstellend.

Alles in allem hat mir die Geschichte richtig gut gefallen und ich kann das Buch trotz kleinerer Kritikpunkte allen empfehlen, die eine mitreißende (queere) Wohlfühlstory suchen.

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Ein bittersüßes Jugendbuch, das zum Nachdenken anregt

Als wir Tanzen lernten
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Meine Meinung

„Als wir tanzen lernten“ ist das neue Jugendbuch von Nicola Yoon und vor Kurzem im cbj-Verlag erschienen. Bereits ihre vorherigen Bücher „Du neben mir und zwischen uns die ganze Welt“ und ...

Meine Meinung

„Als wir tanzen lernten“ ist das neue Jugendbuch von Nicola Yoon und vor Kurzem im cbj-Verlag erschienen. Bereits ihre vorherigen Bücher „Du neben mir und zwischen uns die ganze Welt“ und „The Sun is also a Star – Ein einziger Tag für die Liebe“ haben mir sehr gefallen und mich tief berührt, deshalb war ich umso gespannter, wie mir ihr neuestes Buch gefallen wird.

Bevor ich näher auf die Geschichte an sich eingehe, noch ein paar Gedanken zum Cover: Auf diesem ist vor einem türkisen Hintergrund ein illustriertes tanzendes Pärchen abgebildet, ein erster Hinweis auf Evie und X, den beiden Protagonist:innen des Buches. Der deutsche Verlag hat hier das Originalcover übernommen und sehr schön gestaltet, sodass es ein echter Hingucker ist und einem direkt ins Auge fällt. So ganz meins ist das Cover aber tatsächlich nicht und auch der Klappentext konnte mich zunächst noch nicht überzeugen, da ich mit dem Thema Tanzen keine Berührungspunkte habe, aber meine positiven Erfahrungen mit der Autorin haben mich trotzdem überzeugt, dieses Buch zu lesen – und ich wurde keineswegs enttäuscht.

Das Buch wird aus der Sicht von Evie erzählt, die den Glauben an die Liebe verliert, nachdem sie ihren Vater in einer eindeutigen Situation mit seiner Affäre erwischt hat. Von diesem Moment und der folgenden Scheidung ihrer Eltern wird Evie so sehr erschüttert, dass sie den Kontakt zu ihrem Vater abbricht und nicht einmal mehr ihre eigentlich so geliebten Liebesromane lesen kann.

Wenn sowieso alle Beziehungen zum Scheitern verdammt sind, warum sich also einem unweigerlich folgenden Schmerz aussetzen?

Evie hat somit eine sehr pessimistische Sicht auf das Leben und vor allem die Liebe, um sich selbst vor jeglichem potentiellen Schmerz zu schützen.

Nach der Begegnung mit einer alten Dame kann Evie aber plötzlich die Zukunft von Liebespaaren sehen, doch dies bestärkt sie in ihrer negativen Perspektive nur noch weiter, denn die Beziehungen all dieser Liebespaare werden kein glückliches Ende nehmen. Die Nachforschungen zu ihrer neu gewonnenen Gabe führen sie schließlich in ein Tanzstudio, wo sie Xavier, genannt X, kennenlernt. X ist nach einem tragischen Erlebnis das genaue Gegenteil von Evie, er ist abenteuerlustig, risikobereit, leidenschaftlich und sagt zu allem Ja. Gerade diesen Gegensätzen ist es zu verdanken, dass Evie und X so gut zusammenpassen und dass Evie immer mehr zu einem Ausbrechen aus ihren gewohnten Denkmustern verleitet wird. Evies Charakterentwicklung ist wirklich sehr schön zu verfolgen; als Leser:in merkt man richtig, dass Evie wieder Vertrauen in die Liebe fassen will, aber noch davor zurückschreckt und zwischendurch Rückschritte macht. Dennoch zeigt ihr das Leben, dass es trotz aller endenden Beziehungen auch Seelenverwandtschaft und wahre Liebe geben kann, man muss sich nur auf die Suche danach machen.

Der Schreibstil von Nicola Yoon ist wie gewohnt flüssig und humorvoll; kurze Kapitel wie Nachrichtenverläufe, Bücherlisten und Dialoge lockern das Buch zusätzlich auf, sodass sich das Buch schnell lesen lässt.

Entgegen meiner Erwartung anhand Klappentext, Titel und Cover nahm das Thema Tanzen aber erstaunlicherweise nur einen relativ kleinen Raum in der Geschichte ein und war schnell abgehandelt. Da hätte ich mir persönlich ein bisschen mehr Ausarbeitung gewünscht, denn vor allem das Turnier, auf das das Tanztraining hingearbeitet hatte, war schnell erledigt und spielte danach gar keine Rolle mehr. Die wenigen Tanzszenen hatten allerdings auch etwas Gutes, denn dadurch ließ sich das Buch auch für mich als Tanzmuffel sehr gut lesen. Yoon hat also einen guten Mittelweg gefunden, um die Leser:innen nicht mit zu ausschweifenden Tanzszenen zu langweilen, aber trotzdem das Thema als Aufhänger für ihre Geschichte zu verwenden.

Auch Evies neugewonnene Gabe hat für meinen Geschmack zu wenig Raum eingenommen, was ich sehr schade fand, denn diese war für mich eigentlich eines der ausschlaggebenden Argumente dafür, das Buch zu lesen. Besonders die Aufklärung war mir dann zu einfach und schnell abgehandelt. Ich hätte insbesondere im Hinblick auf das Ende des Buches gerne noch mehr darüber erfahren, ob es möglich ist, die Zukunft zu beeinflussen und Evies Visionen so zum Positiven zu verändern oder ob alles Schicksal und Vorherbestimmung ist. An diesen Aspekt verschwendet Evie leider keinen einzigen Gedanken, was ich ein bisschen unlogisch fand.

Die Protagonist:innen des Buches haben mir ebenfalls gut gefallen, auch wenn ich anfangs etwas Zeit gebraucht habe, um mit Evie und ihren pessimistischen Gedanken warm zu werden. X dagegen hat mich von Anfang an fasziniert, sodass ich es schön fand, im Laufe des Buches auch Näheres über seine Vergangenheit zu erfahren. Besonders zum Ende hin sind mir aber die gemeinsamen Szenen von Evie und X viel zu kurz gekommen, da hätte ich mir noch viel mehr Zweisamkeit für die beiden gewünscht, auch um mich besser in die Beziehung der Beiden hineinfühlen zu können. So bleibt Evies und Xs Beziehung leider auf wenige Szenen beschränkt und wird lediglich in kurzen Ausschnitten erzählt. Dies liegt auch daran, dass der Fortgang der Geschichte an bestimmten Stellen wie im Zeitraffer erzählt wurde, sodass hier mehr zusammenfasst als gezeigt wurde.

Sehr interessant fand ich auch Evies Freunde: Martin, Cassidy und Sophie. Besonders Martin ist etwas verschroben, aber dafür umso sympathischer; er ist einfach ein toller und enger Freund für Evie, dem sie all ihre Probleme wie auch ihre neugewonnene Gabe bedingungslos anvertrauen kann, was sie in dieser schwierigen Zeit, die sie durchmacht, mehr als gebrauchen kann. Im Laufe des Buches wird auch die Freundschaft zwischen den vier Freund:innen auf die Probe gestellt, was sehr berührend zu lesen war.

Schade fand ich allerdings, dass bestimmte Themen nur angerissen, aber nicht weiter ausgeführt wurden, wie zum Beispiel die Vergangenheit von Shirley, der neuen Freundin von Evies Vater. Hier hätte ich mir erneut mehr Tiefe gewünscht.

Insgesamt hat mich das Buch mehr als positiv überrascht, denn besonders zum Ende hin hat es mich tief berührt und zum Nachdenken angeregt. Obwohl ich das Buch schon vor einigen Tagen beendet habe, hängt mir das Ende immer noch in Gedanken nach und hat mich dazu gebracht, mein eigenes Leben bzw. meine eigene Lebensphilosophie zu hinterfragen. Und genau dies ist etwas, dass ein gutes Buch für mich ausmacht: Wenn es mich sogar noch Wochen später beschäftigt und ich darüber nachgrübeln muss.

Evie hat mich immer mehr an mich selbst erinnert, denn auch ich bleibe lieber passiv, als ein negatives Ende und unweigerlichen Schmerz zu riskieren. Das Buch hat schön aufgezeigt, dass es sich manchmal lohnt, Risiken einzugehen und dass man dafür mit glücklichen Momenten belohnt wird, auch wenn der Ausgang am Ende vielleicht negativ sein könnte. Es kommt mehr auf den Weg an und auf die vielen Momente dabei, als auf das Ziel.

Fazit

„Als wir tanzen lernten“ von Nicola Yoon ist ein locker und humorvoll erzähltes Jugendbuch, das zum Ende hin einen ernsten Ton annimmt. Es hat mich mehr berührt, als ich jemals erwartet hätte und beschäftigt mich nach wie vor. Bei vielen Aspekten hätte ich mir aber viel mehr Tiefe und Ausarbeitung gewünscht, sodass das Buch von mir insgesamt 3,5 von 5 Sternen erhält.

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Veröffentlicht am 19.11.2021

Ein Roman, der der Gesellschaft den Spiegel vorhält und zum Nachdenken anregt

Every (deutsche Ausgabe)
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Worum geht‘s? - Klappentext

Der Circle ist die größte Suchmaschine gepaart mit dem größten Social-Media-Anbieter der Welt. Eine Fusion mit dem erfolgreichsten Onlineversandhaus brachte das reichste und ...

Worum geht‘s? - Klappentext



Der Circle ist die größte Suchmaschine gepaart mit dem größten Social-Media-Anbieter der Welt. Eine Fusion mit dem erfolgreichsten Onlineversandhaus brachte das reichste und gefährlichste – und seltsamerweise auch beliebteste – Monopol aller Zeiten hervor: Every.

Delaney Wells ist »die Neue« bei Every und nicht gerade das, was man erwarten würde in einem Tech-Unternehmen. Als ehemalige Parkrangerin und unerschütterliche Technikskeptikerin bahnt sie sich heimlich ihren Weg, mit nur einem Ziel vor Augen: die Firma von innen heraus zu zerschlagen. Zusammen mit ihrem Kollegen, dem nicht gerade ehrgeizigen Wes Makazian, sucht sie nach den Schwachstellen von Every und hofft, die Menschheit von der allumfassenden Überwachung und der emojigesteuerten Infantilisierung zu befreien. Aber will die Menschheit überhaupt, wofür Delaney kämpft? Will die Menschheit wirklich frei sein?
Wie schon bei »Der Circle« weiß Dave Eggers wie kein zweiter unsere Wirklichkeit so konsequent weiterzudenken, dass einem der Atem stockt beim Lesen. Man kann nur inständig hoffen, dass die Realität nicht schneller voranschreitet, als Dave Eggers schreiben kann.

Meine Meinung



Mit „Every“ legt Dave Eggers die Fortsetzung des Weltbestsellers „Der Circle“ vor. Da mir bereits „Der Circle“ Anfang des Jahres gut gefallen hat, war ich umso gespannter, wie es mit dem Unternehmen weitergeht – und Eggers ausgefallene Ideen für dessen Weiterentwicklung haben mich sehr begeistert, aber auch nachdenklich zurückgelassen.

Doch zunächst einmal zum Cover des Buches: Darauf ist das neue Logo von Every abgebildet, welches auch die Weiterentwicklung zum Circle verdeutlicht. Das Cover ist durch das Logo auf dunkelblauem/schwarzem Grund zwar einerseits sehr schlicht gehalten, sticht aber andererseits aufgrund des ungewöhnlichen Logos und eines blau-gelb gestreiften Buchrückens trotzdem ins Auge.

Besonders positiv hervorzuheben ist die Aufmachung des Buches: Auf den Innenklappen des Buches gibt es einen sehr umfangreichen „Klappentext“ darüber, was das perfekte Buch ausmacht, wobei es sich um einen direkten Bezug zum späteren Inhalt und zu Every als Unternehmen handelt, was ich sehr gelungen finde. Außerdem gibt es am Ende des Buches noch ein Inhaltsverzeichnis mit geradezu satirischen Kapitelüberschriften, die sonst nicht über den einzelnen Kapitel stehen, sowie einen Score. Für das gesamte Lesevergnügen lohnt sich also ein Blick über den reinen Text des Buches hinaus!

Nun aber zu der Geschichte an sich: Diese wird zwar grundsätzlich aus der Perspektive von Delaney geschildert, allerdings gibt es an manchen Textstellen ausschweifende erklärende Passagen wie von einem außenstehenden Erzähler, der die Entwicklung zu Every referiert. Der Schreibstil von Dave Eggers ist - wie von dem Vorgängerband gewohnt - sehr flüssig und geradezu einzigartig, denn der Autor versteht es hervorragend, zwar einerseits nüchtern das Geschehen zu schildern und andererseits zwischen den Zeilen Ironie und Satire einzubauen. Trotz des relativ großen Seitenumfangs ließ sich das Buch dank des tollen Schreibstils sehr flüssig lesen und die Geschichte entwickelte von Seite zu Seite einen regelrechten Sog.

Die Hauptprotagonistin Delaney ist ehemalige Parkrangerin und plant nun gemeinsam mit ihrem besten Freund Wes, Every von innen heraus zu zerschlagen, weshalb sie sich bei diesem Unternehmen bewirbt und auch tatsächlich eingestellt wird – und das als entschiedene Technikgegnerin. Einen wirklichen Plan verfolgt Delaney dabei nicht, was ich etwas schade fand. Gemeinsam mit Wes schlägt sie nur immer verrückte Ideen für Apps vor, in der Hoffnung, dass die Gesellschaft aus Empörung über diese neuen Entwicklung bei Every aufbegehrt.

Während ihrer Zeit bei Every rotiert Delaney durch verschiedene Abteilungen, wodurch man als Leser:in sowohl einen schönen Einblick in die verschiedenen Zweige des Unternehmens bekommt als auch einige Mitarbeiter:innen von Every kennenlernt, die in ihrer Eigenart alle sehr unterhaltsam zu lesen waren. Es gab auch kleine Auftritte von Charakteren aus dem Circle wie Bailey, Stenton, Mae und Francis oder Anspielungen auf Mercer, wodurch die Lektüre des Buches noch unterhaltsamer wurde und man mehr über das Geschehen nach dem Ende des ersten Buches erfährt. Besonders zu Anfang des Buches gab es häufig Verweise auf die Onlineplattform dschungel, wodurch Eggers mehr oder weniger subtil auf Amazon und seinen Gründer genauso wie auf dessen Sprachassistenten Alexa verweist. Als Leser:in die direkten Bezüge zur Realität herstellen zu können, hat das Buch zu einer durchaus realistischen Zukunftsversion unserer Welt gemacht.

Das Buch ist also sehr gut konzipiert, doch es gab eine Sache, die ich so nicht erwartet hatte: Das Buch wird zwar als Thriller vermarktet, doch die Spannung wird eher unterschwellig aufgebaut und die zumeist sehr ausschweifenden erklärenden Passagen haben diese dann schnell wieder abflauen lassen. Man sollte bei diesem Buch also keinen Thriller erwarten, sondern einen hochbrisanten und -aktuellen Gesellschaftsroman, in dem Eggers auf besondere Art und Weise die momentanen Entwicklungen gnadenlos weiterspinnt und auf die Spitze treibt. Besonders gut gelungen ist dem Autor dabei, die Entwicklungen völlig logisch und plausibel darzustellen, auch wenn sie sehr extrem sind. Das Buch macht einem geradezu ein wenig Angst, dass es bei uns auch irgendwann so zugehen könnte, wie in dem Buch geschildert.
Eggers hält mit seinem Buch also der Gesellschaft den Spiegel vor und regt zum Nachdenken an, ob sich die Welt wirklich in diese Richtung weiterentwickeln soll.

Das Ende des Buches hat Eggers meiner Meinung nach bewusst eher offen gestaltet, sodass ein dritter Band durchaus möglich wäre. Ich bin jetzt schon gespannt, was sich der Autor noch alles einfallen lässt, denn seine Ideen in diesem Buch waren wirklich genial!

Fazit

„Every“ ist eine gelungene Fortschreibung des „Circles“ und hat mir zumeist besser gefallen als der erste Band. Aufgrund seiner sehr gesellschaftskritischen Handlung regt das Buch sehr zum Nachdenken und zur Reflexion über das eigene Verhalten an. Dabei überzeugen besonders der flüssige Schreibstil und die genialen Ideen, die der Autor in das Buch einbringt. Von mir gibt es trotz einiger Längen eine klare Leseempfehlung und 4 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Tiefgründig und voller Poesie

Wir sind das Feuer
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Worum geht‘s? - Klappentext

Endlich vergessen, was vor fünf Jahren geschah. Die Flammen, den Lärm, und all das, was ihr Leben danach zerstörte. Das ist es, was Louisa sich wünscht, als sie ans Redstone ...

Worum geht‘s? - Klappentext

Endlich vergessen, was vor fünf Jahren geschah. Die Flammen, den Lärm, und all das, was ihr Leben danach zerstörte. Das ist es, was Louisa sich wünscht, als sie ans Redstone College kommt. Und tatsächlich: Gleich zu Beginn ihres Studiums begegnet sie Paul und alles scheint plötzlich anders. Mit seinem unwiderstehlichen Lachen und seinen Bernsteinaugen weckt er Gefühle in ihr, die sie schon längst vergessen glaubte. Mit ihm ist sie wild und frei und endlich wieder glücklich. Sie ist dabei, sich unwiederbringlich in ihn zu verlieben. Doch was sie nicht ahnt: Paul hütet ein dunkles Geheimnis. Die Wahrheit könnte ihre Liebe in Flammen aufgehen lassen …


Meine Meinung

„Wir sind das Feuer“ ist das Debüt der Autorin Sophie Bichon und ist Anfang des Jahres im Heyne-Verlag erschienen. Im Vorfeld kam man besonders auf Bookstagram kaum an diesem wunderhübschen Buch vorbei und als mich auch der Klappentext überzeugen konnte, stand ganz klar für mich fest: Ich muss dieses Buch auf jeden Fall lesen! Und meine Erwartungen wurden auch nicht enttäuscht.

Das Cover

Doch zuerst zum Cover: Ich finde die Farbe des Buches, ein ungewöhnliches Apricot, sehr schön und passend zum im Buch allgewärtigen Motiv des Feuers. Es hebt sich gut von anderen Büchern seines Genres ab und hat dennoch einen hohen Wiedererkennungswert. Ich freue mich schon sehr darauf wie beide Bände und Farben, apricot und blau, zusammen im Regal aussehen werden! Und auch der Titel „Wir sind das Feuer“ passt sehr gut zum Inhalt des Buches und wird zum Ende hin sogar erwähnt, was eine schöne Verbindung hergestellt hat.

Der Schreibstil

Sophie Bichons Schreibstil ist durchweg flüssig und leicht zu lesen, sodass man auf keiner Seite merkt, dass dieses Buch ihr Debüt ist. Sie hat einen ganz eigenen Ton, sehr poetisch, nachdenklich, melancholisch und gefühlvoll, was ihren Schreibstil einzigartig macht. Jedes Wort ist mit Bedacht gewählt und scheint eine tiefere Bedeutung zu haben, sodass man auch lernt zwischen den Zeilen zu lesen und länger über das Geschriebene nachzudenken.

Was mich am Anfang etwas verwundert hat, nach den ersten Kapitel aber umso mehr überzeugen konnte, war die Wahl der Erzählperspektive: Es wird aus der Sicht der beiden Protagonisten Louisa und Paul erzählt; der Wechsel zwischen diesen Sichten fand aber oft nicht wie normalerweise nach einer Szene statt, sondern mittendrin, auch mitten in einem Satz oder Gedanken. Dadurch wurde nichts unnötig doppelt erzählt und die Erzählung hat eine ganz neue Lebendigkeit erfahren, wie ich es bisher noch nie gelesen habe.

Die Protagonisten

Durch den Sichtwechsel lernt man beide Protagonisten und deren Leben gut kennen. Da gibt es die weibliche Protagonistin Louisa Davis, die neu nach Redstone zieht und relativ schnell Anschluss findet, was sie so eigentlich nicht erwartet hatte. Denn in den Jahren zuvor hat sie sich nach dem Tod ihres Vaters immer mehr in sich zurückgezogen und ihre Freunde verloren. Doch in Redstone freundet sie sich schnell mit ihrem Mitbewohner Aiden und seiner guten Freundin, der Kellnerin Trish, an und arbeitet sogar mit ihr zusammen in dem Café Firefly. Dadurch lernt Louisa auch immer mehr deren Clique kennen: die lebhafte Bowie und den geheimnisvollen Paul Berger.

Er ist der männliche Protagonist und hat ein ähnlich schweres Päckchen zu tragen wie Louisa, welches ihn davon abhält, an das Gute in ihm zu glauben. Als Leser erfährt man nicht ganz so viel über seine Familie, doch besonders das Verhältnis zu seinem jüngeren Bruder Luca fand ich sehr schön beschrieben und hat mich oft zum Schmunzeln gebracht.

Alle Nebenfiguren wie Luca, Trish, Aiden, Bowie und Louisas Schwester Mel waren sehr schön ausgearbeitet und hatten alle ihre eigenen Geschichten und Eigenheiten, sodass ich alle schnell ins Herz geschlossen habe.
Sehr faszinierend fand ich auch Louisas Eigenheit, sich besondere Wörter zu notieren und wie sie den einzelnen Abschnitten des Buches eine Art Teilüberschrift gegeben haben.


Doch trotz aller positiven Aspekte hatte das Buch auch einige wenige Schwachstellen, welche meine Begeisterung für das Buch etwas getrübt haben:

Im Buch allgegenwärtig waren Motive: das Feuer, das Louisas Leben verändert hat und trotzdem in ihr lodert, Paul nennt sie sein Feuermädchen; der Sturm, der in Pauls Augen lodert; seine Bernsteinaugen; ihre ozeanblauen Augen,... All das fand ich mit der Zeit relativ anstrengend und nervig, weil es für meinen Geschmack zu oft erwähnt wurden.

Außerdem ist die Handlung im gesamten Buch sehr überschaubar, wodurch besonders der Mittelteil einige Längen hatte und stellenweise langweilig wurde. Zum Ende hin nahm die Geschichte allerdings wieder an Fahrt auf und hatte einige ergreifende Szenen zwischen Louisa und Paul zu bieten, welche mir im Mittelteil auch zu kurz kamen.

Fazit

„Wir sind das Feuer“ von Sophie Bichon ist ein einzigartiger New Adult Roman, der voller Poesie und Liebe zu Wörtern steckt. Trotz einiger Längen hat mich die Geschichte um Louisa und Paul sehr berührt und auch aufgrund des Cliffhangers am Ende sehr neugierig auf Band 2 gemacht.
Eine klare Leseempfehlung von mir!

Bewertung

Das Buch erhält von mir aufgrund kleiner Schwächen 4 von 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Der erste Band einer hinreißenden Reihe

Rubinrot
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Worum geht‘s?

In Gwendolyns Leben ist alles so wie es sein soll: Ihre perfekte Cousine Charlotte ist der Star der Familie und wird bereits seit Jahren auf ihre Rolle als nächste Zeitreisende der Familie ...

Worum geht‘s?

In Gwendolyns Leben ist alles so wie es sein soll: Ihre perfekte Cousine Charlotte ist der Star der Familie und wird bereits seit Jahren auf ihre Rolle als nächste Zeitreisende der Familie Montrose vorbereitet. Gwendolyn selbst hat sich längst damit abgefunden, das schwarze Schaf der Familie zu sein und wegen ihrer Fähigkeit, Geister zu sehen für verrückt erklärt zu werden.
Als sie sich plötzlich in der Vergangenheit wiederfindet, wird ihr klar: nicht Charlotte, sondern sie selbst muss das Zeitreise-Gen der Familie geerbt haben. Von nun an wird Gwen in die Welt einer Geheimloge eingeführt und muss sich dann auch noch mit ihrem Zeitreise-Kollegen Gideon de Villiers rumschlagen, der mehr als unverschämt und dabei verdammt attraktiv ist. Das Chaos ist vorprogrammiert...

Meine Meinung

„Rubinrot“ ist der erstes Band der Edelstein-Trilogie von Kerstin Gier, der 2009 bei Arena erschienen ist. Von dem Buch hatte ich im Vorfeld schon viel Gutes gehört, doch da das Genre Fantasy eigentlich nicht ganz mein Ding ist, konnte ich mich erst jetzt dazu durchringen, dieses Buch zu lesen. Und es hat mich nicht enttäuscht!

Doch zunächst zum Cover: Dieses ist wunderschön und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Mit der Farbgebung in rosa, rot und schwarz passt es gut zum Titel und wirkt durch die Silhouetten passend zur Geschichte an sich sehr geheimnisvoll.

Kerstin Giers Schreibstil ist das ganze Buch über einfach toll und ließ sich gut weglesen, daher habe ich das Buch an nur zwei Tagen verschlungen. Besonders gut gelungen finde ich Gwen als Protagonistin, da sie einen sehr ironischen Blick auf alle Ereignisse hat und mich damit des Öfteren zum Schmunzeln gebracht hat. Das lag vor allem an ihren teils wirklich absurden Gedankengängen, die sie als Protagonistin so sympathisch und nahbar machen. Es war so schön mitanzusehen, wie Gwen sich in einem völlig neuen Leben wiederfindet und trotzdem sich selbst und ihren Ansichten treu bleibt.
Das ganze Buch wird aus ihrer Perspektive geschildert, dennoch hätte ich mir ein paar Kapitel aus Gideons Sicht gewünscht, da er sehr geheimnisvoll, unnahbar und undurchschaubar hinsichtlich seiner wahren Ansichten ist.
Ebenso sympathisch wie Gwen ist auch ihre Freundin Leslie, die sich ohne lange Nachfragen auf alles mit großer Hingabe einlässt, was Gwen ihr erzählt und mit äußerster Sorgfalt alle Unklarheiten recherchiert. In einer Zeit vieler Umbrüche ist Leslie Gwens Konstante und ihr Fels in der Brandung, was sie zu einer solch guten Freundin macht.

Jedes Mal ein Highlight waren die kleinen Einschübe zwischen den Kapiteln, welche zum Teil sehr hilfreich waren, die Familienverhältnisse der Charaktere zu entwirren.

Fazit

„Rubinrot“ ist ein rasanter Fantasy-Roman, der Lust auf die weiteren Bände der Trilogie macht, da man unbedingt erfahren muss, wie die abenteuerliche Geschichte um Gwen und Gideon weitergeht. Selbst ich als absoluter Fantasy-Muffel war restlos begeistert und vollkommen hin und weg von dieser tollen Geschichte.

Das Buch erhält von mir 5 von 5 Sterne.

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