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Veröffentlicht am 18.02.2020

Kleine Menschen, große Träume

Hannah Arendt
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„Endlich hatte sie wieder das Recht, Rechte zu haben, und das gehört doch zum Menschsein dazu.“

Hannah Arendt ist schon als kleines Mädchen eigenwillig und rebellisch. Aber sie lässt sich nicht einschüchtern ...

„Endlich hatte sie wieder das Recht, Rechte zu haben, und das gehört doch zum Menschsein dazu.“

Hannah Arendt ist schon als kleines Mädchen eigenwillig und rebellisch. Aber sie lässt sich nicht einschüchtern und geht ihren Weg. Das intelligente Mädchen macht trotz einiger Widrigkeiten ihr Abitur, beginnt ein Philosophiestudium und muss dann nach Frankreich und schließlich Amerika fliehen. Selbst Opfer der Judenverfolgung in Deutschland geworden, bleibt es ihr stets ein wichtiges Anliegen über politische Machtmissbräuche und gefährliche Minderheiten-Verfolgungen zu sprechen und zu schreiben.

Diese Ausgabe von „Little People, Big Dreams“ ist mein zweites Buch aus der Serie. Wie schon bei meiner Rezension zur Jane Austen Ausgabe, möchte ich auch hier darauf hinweisen, dass es sich meiner Meinung nach nicht um Kinderbücher handelt. Wobei Hannahs Lebensweg schon nachvollziehbarer dargestellt ist als der von Jane und diese Ausgabe damit ein bisschen kindgerechter ist.

Aber es seien auch hier wieder die tollen Illustrationen und die kunstvolle Aufmachung des Buches erwähnt. Die Zeichnungen sind sehr klar und kindlich-leicht. Das etwas raue Papier, der Textileinband und das schlicht-farbige Cover mit dem handschriftlichen Titel: Die Bände sind als Teil der Serie erkennbar. Sie sind hochwertige und hübsche Kunstbände über starke Persönlichkeiten. Mir gefallen sie sehr gut.

Hier der Link zu meiner Rezension über den Jane Austen Band aus der „Little People, Big Dreams“ Serie:
http://www.lesejury.de/rezensionen/deeplink/270565/User

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Phantasie ist wichtiger als Wissen

Der Sommer, in dem Einstein verschwand
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„Einstein sagt, die Zeit ist nicht das, was wir glauben, sie ist etwas ganz anderes. Sie ist nichts Absolutes. Sie ist eine Illusion, ein Zaubertrick für unseren gutgläubigen Blick." (7)

Ein alter Mann ...

„Einstein sagt, die Zeit ist nicht das, was wir glauben, sie ist etwas ganz anderes. Sie ist nichts Absolutes. Sie ist eine Illusion, ein Zaubertrick für unseren gutgläubigen Blick." (7)

Ein alter Mann namens Otto erinnert sich zurück an die Jubiläumsausstellung in Göteborg im Jahr 1923. Damals ist er dreizehn Jahre alt und ein Waisenkind, das auf dem Gutshof eines reichen Mannes lebt und sich dort um den widerspenstigen Esel Bella kümmert. Als für das Kinderparadies der Ausstellung ein Esel benötigt wird, darf Otto mit Bella nach Göteborg reisen.

Zur selben Zeit ist auch Albert Einstein in Göteborg, denn er soll hier seine Vorlesung zum Erhalt seines Nobelpreises nachholen. Einstein ist damals bereits ein prominenter Wissenschaftler und gern geladener, charismatischer Redner. Doch er hat auch seine Feinde.

Und dann gibt es noch zwei weitere Figuren in der Geschichte: Die junge Journalistin Ellen, die für die Ausstellungszeitung schreibt und der Polizist Nils, die gemeinsam versuchen, Einstein vor einem Angriff zu schützen.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen diesen vier Personen und die Geschenisse sind eingebettet in Ottos „Erinnerungen“ - so weit man das bei einem demenzkranken 92-Jährigen so nennen kann. Oder, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen:

„Und das Vergessen ist auch nicht das, was wir glauben: eine ätzende Flüssigkeit, die alles auflöst und vernichtet. Es ist reine Dunkelheit. Alles Geschehene ist noch da, wenn auch unsichtbar, wie Möbel in einem Zimmer in der Nacht. (...) Was ich erleb, ist so viel mehr. Es hat nichts Plattes oder Steifes, sondern eine lebendige Welt, mit Tiefe und Bewegung, Farben und Schatten, Stimmen und Gerüchen.“ (7/8)

Dieses Zitat beschreibt sehr gut, wie besonders die Erzählstruktur in diesem Roman ist. Am Ende laufen auf herrlich ironische Weise alle Handlungsfäden wieder zusammen. Ganz elegant und fast nebensächlich.

Schweden, die Zwanziger Jahre und Einstein - "Der Sommer, in dem Einstein verschwand" sprach mich direkt mehrfach an und hat meine hohen Erwartungen noch übertroffen. Es werden auch viele weitere Themen behandelt: Das neue Frauenbild, Stadt versus Land, die modernen Errungenschaften der Wissenschaft und Technik, die Schere zwischen arm und reich. Verschwörungstheoretiker, Betrüger, die Polizeiarbeit, der Journalismus - auch diese Themen finden Erwähnung.

Zeitgeschichtliche Ereignisse werden mit einer fiktiven Kriminalgeschichte verwoben und ergeben einen wunderbaren Unterhaltungsroman. Spannend, intelligent, atmosphärisch und einfach nur schön. Vielleicht habe ich eine neue Lieblingsautorin entdeckt…!

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Veröffentlicht am 22.01.2020

Liebe - Das vertrackte Geschäft, miteinander klarzukommen

Sweet Sorrow
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„Aber da ich weder beschäftigt noch glücklich war, verknallte ich mich eben.“ (S.70)

Der sechzehnjährige Charlie steht an ersten großen Wendepunkt in seinem Leben: Die Schulzeit geht zu Ende. Für seine ...


„Aber da ich weder beschäftigt noch glücklich war, verknallte ich mich eben.“ (S.70)

Der sechzehnjährige Charlie steht an ersten großen Wendepunkt in seinem Leben: Die Schulzeit geht zu Ende. Für seine Altersgenossen und Klassenkameraden scheint das eine unbeschwerte, aufregende Zeit zu sein. Sie genießen den langen, freien Sommer. In der Schwebe zwischen der Vergangenheit und der Zukunft.

Doch die anderen haben auch ihre Prüfungen bestanden und wissen, in wie es nach dem Sommer für sie weitergehen soll. Charlie aber ist völlig planlos. Er blickt auf eine Schulzeit zurück, in der er immer nur ein unauffälliger Mitläufer war, oberflächliche und respektlose Freundschaften geführt hat und keine Idee davon bekommen konnte, wo seine Talente und Möglichkeiten liegen. Dann trennen sich auch noch kurz vor der Prüfungsphase seine Eltern und seine Mutter lässt ihn mit seinem depressiven Vater allein.

Sein Zuhause ist also gerade kein schöner Zufluchtsort und er vertreibt sich die Zeit mit ziellosem Umherstreifen im Ort. Dabei trifft er zufällig auf Fran und andere Mitglieder einer Laientheatergruppe. Diesen Sommer wollen sie Romeo und Julia aufführen und können jeden weiteren Teilnehmer gut gebrauchen.
„Egal, was es ist, ich mach da nicht mit…“ (66) … aber Fran würde er schon gerne wiedersehen und so kommt es, dass Charlie trotzdem wieder und wieder zur Theaterprobe geht. Bis er dann doch richtig dazu gehört, eine wichtige Rolle spielt und Menschen kennen lernt, die ihm gut tun und Orientierung geben.

Und darum geht es auch im Roman: Um Freundschaften und Beziehungen zu Menschen, die uns beeinflussen. Es ist ein Coming-of-Age-Roman, kein Liebesroman. Auch wenn die Liebe im Leben einen großen Stellenwert hat und hier die erste Verliebtheit ein wichtiger Auslöser für Charlie ist, sein Umfeld umzustruktieren.

„Liebe sei immer ein zentrales Thema, wobei Liebe mittlerweile, im Zuge des Älterwerdens, ein weiter gefasster Begriff für Nicholls ist: ‚Das vertrackte Geschäft, miteinander klarzukommen. Ein gutes Elternteil zu sein, ein guter Nachkomme oder Partner - das interessiert mich.“
(Aus einem Artikel in der Brigitte 02/2020)

„Sweet sorrow“ ist ein typischer Nicholls. Ein Typ wie du und ich stolpert so durchs Leben. Wir alle können uns vermutlich noch an diese Zeit erinnern: Schulabschluss, die erste große Liebe, endlos erscheinende Sommer, in denen alles möglich ist, wenn man nur wüsste, was man denn wollte…

Nicholls schafft es die kleinen, ganz alltäglichen Begebenheiten herauszustellen und zu beschreiben, die das Leben zu dem machen, was es ist. „Sweet sorrow“ ist ein hochgradig intelligenter und charmanter Roman über das Erwachsenwerden, über die Beziehung zu den Eltern, Teenagerfreundschaften und, ja, auch über die Liebe.

„Das hier ist eine Liebesgeschichte, und nun, da sie zu Ende geht, wird mir klar, dass es im Grunde nicht nur eine ist, sondern vier oder fünf: die familiäre Liebe, elterliche Liebe, die beständige, inspirierende Liebe unter Freunden und die kurze, blendend helle Explosion der ersten großen Liebe, die man erst direkt anschauen kann, wenn sie verglüht ist." (507)

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Veröffentlicht am 02.10.2019

Bilderbuch für Erwachsene

Jane Austen
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"Little People, Big Dreams erzählt von den beeindruckenden Lebensgeschichten großer Persönlichkeiten."

Hier also von Jane Austen, die vom aufgeweckten jungen Mädchen zur Schriftstellerin wird. In einer ...

"Little People, Big Dreams erzählt von den beeindruckenden Lebensgeschichten großer Persönlichkeiten."

Hier also von Jane Austen, die vom aufgeweckten jungen Mädchen zur Schriftstellerin wird. In einer Zeit, in der das nicht typisch und bestimmt auch nicht einfach war.

Schon lange liebäugle ich mit Büchern aus dieser Serie und es wird auch bestimmt nicht mein einziges Exemplar bleiben.
Das Cover und die edle Aufmachung des Buches - eher raues Papier, Textilbindung und dadurch ein farblich abgesetzter Buchrücken - ziehen die Aufmerksamkeit auf sich: Jedes Buch dieser Serie ist in einer anderen Farbe gehalten (Jane kommt in einem zarten Pastellgrün daher), darauf die stilisierte Zeichnung der berühmten Persönlichkeit. Und ihr Name und gleichzeitig Titel des Buches ist in der Originalunterschrift typographiert.
Allein aufgrund dieser äußerlichen Gestaltung möchte man sich das Buch unbedingt ins Regal stellen.

Inhaltlich war ich dann aber sehr enttäuscht. Das Buch soll sich offiziell an Kinder ab vier Jahren richten. Natürlich muss die Lebensgeschichte von Jane Austen dafür sehr verknappt und mit dem Schwerpunkt auf den Illustrationen erzählt werden. Doch das ist nur mäßig gelungen. Ein Satz, maximal zwei Sätze pro Doppelseite und wenig aussagekräftige Bilder reichen einfach nicht. Gleichzeitig schaffen es die wenigen Sätze aber kompliziert und voller Ausdrücke zu sein, die einem Vierjährigen fremd sind. Die Figuren werden sprunghaft älter, ohne dass dies erzählerisch oder bildlich deutlich gemacht wird. Außerdem ist das Buch in seiner Gestaltung langweilig für Kinder.

Man hält hier also eher ein Sammlerstück für Erwachsene in Händen. Die Erwachsenen nämlich können sich an der bewusst kindlich gehaltenen Ästhetik der Illustrationen erfreuen, die wie Buntstiftzeichnungen aus Kinderhand wirken. Sie kennen die Geschichte der Protagonisten und begreifen sie in ihrer verknappten Darstellung als Kunstgriff. (Und falls sie sie nicht kennen, wird sie auf einer Doppelseite im Anhang nochmal zusammengefasst. Was übrigens zu beweisen scheint, dass das Buch selbst diese Aufgabe gar nicht erfüllen möchte.)

Ich bin angetan von diesem Bilderbuch für Erwachsene, weil ich es so schön gestaltet finde. Aber es stört mich, dass es als Kinderbuch verkauft wird. Damit versucht man wohl seine Schlichtheit zu begründen, seine kindlichen Zeichnungen und textlichen Schwächen. Das sollte man nicht nötig haben, wenn man einfach ein künstlerisches und ästhetisches Bilderbuch für Erwachsene herausbringen möchte. Was soll diese Verkaufsstrategie für eine Zielgruppe ansprechen? Erwachsene Frauen, die damit kokettieren im Herzen ein kleines Mädchen geblieben zu sein und deshalb ihre moderne Wohnung mit diesem Buch dekorieren.
Das geht mir etwas gegen den Strich und deshalb ziehe ich einen Stern ab.
Ansonsten ist es uneingeschränkt empfehlenswert. Ein wunderschönes, reizvolles Buch.

Veröffentlicht am 16.09.2019

Ein kleines Kunstwerk

Die kleine Spinne Widerlich sagt Gute Nacht (Pappbilderbuch)
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"Gute Nacht, mein Schatz, jetzt schlaf auch du."

Die kleine Spinne Widerlich ist bettfertig und macht sich auf den Weg, ihrer Familie und ihren Freunden Gute Nacht zu sagen, bis sie schließlich zu ihrem ...

"Gute Nacht, mein Schatz, jetzt schlaf auch du."

Die kleine Spinne Widerlich ist bettfertig und macht sich auf den Weg, ihrer Familie und ihren Freunden Gute Nacht zu sagen, bis sie schließlich zu ihrem eigenen Netzchen gelangt und von ihrer Mama einen Gutenachtkuss bekommt.

"Die kleine Spinne Widerlich sagt Gute Nacht" ist ein zauberhaftes Pappbilderbuch für die Kleinsten. In einem Vierzeiler in Reimform sagt die kleine Spinne Gute Nacht und wir erfahren, was ihre Liebsten abends so machen.

Die Sprache geht ins Ohr, die Illustrationen sind wunderschön und detailliert. Diese Geschichte kann man schon ganz kleinen Kindern Abend für Abend vorlesen. Sie prägt sich sehr schnell ein und gibt dadurch Geborgenheit.
Ältere Kinder können bald mitsprechen und finden in den Bildern immer wieder neue interessante Details.

Wir erfahren in diesem Büchlein zwar wenig über die "Vorgeschichte" der Spinne Widerlich (dazu muss man wohl das erste Buch kennen), aber das macht nichts, denn es ist ein in sich stimmiges kleines Kunstwerk.

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