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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.09.2023

Bleibt hinter den Erwartungen zurück

Wie ein Stern in mondloser Nacht
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Ein spannendes Thema hat Marie Sand für ihren zweiten Roman gewählt: eine Hebamme, die für ungewollt Schwangere und ihre Kinder kämpft, in einer Zeit, in der Abtreibung illegal und ungewollte oder uneheliche ...

Ein spannendes Thema hat Marie Sand für ihren zweiten Roman gewählt: eine Hebamme, die für ungewollt Schwangere und ihre Kinder kämpft, in einer Zeit, in der Abtreibung illegal und ungewollte oder uneheliche Kinder ein Tabuthema sind, denn alles steht auf Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und Erfolg. Da finden manche Themen keinen Platz. Die Hebamme Henni ist, wie so manche der ihr begegnenden Figuren, eine starke und interessante Figur. Ihre Widersacherin, die Mutter ihres Geliebten, dagegen bleibt zu klischeehaft, ihr Geliebter zu unsympathisch und viele der Frauen, die bei Henni Rat und Tat suchen, zu gesichtslos. Die Handlung hat so manche logische Schwäche und Ungereimtheit. Die Handlung tritt immer mehr hinter der Schilderung von Gefühlslagen zurück und das spannende Thema ist leider nicht so ansprechend umgesetzt, wie erwartet.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

In guter Tradition

Die Akte Madrid
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Wieder verbindet Andreas Strom in seinem neuen Krimi die drei Zeitebenen von Nazi-Deutschland, der Bonner Republik der 60er Jahre und der Gegenwart im Jahre 2016 gekonnt miteinander ebenso wie Politik- ...

Wieder verbindet Andreas Strom in seinem neuen Krimi die drei Zeitebenen von Nazi-Deutschland, der Bonner Republik der 60er Jahre und der Gegenwart im Jahre 2016 gekonnt miteinander ebenso wie Politik- und Kunstgeschichte. Diesmal spielt der Fall nicht zwischen England, Deutschland und Frankreich, sondern stattdessen in Spanien. Es geht um die Franco-Diktatur mit ihren Verbindungen zu Hitlerdeutschland, aber auch ins Nachkriegsdeutschland. Und es geht um einen Kunstraub, der alten Staub aufwirbelt und auch wieder Schatten auf Lombergs eigene Familie wirft.
Weiterhin kultiviert der Autor seine Hauptfiguren, den extravaganten Kunsthändler Lomberg und die selbstbewusste Leiterin des Dezernats für Kunst- und Kulturgutkriminalität beim BKA, Sina Röhm, die nicht nur gemeinsam Fälle lösen.
Das markante Ermittlerpaar sieht sich auch hier wieder einem Fall mit einer Fülle rasanter Wendungen gegenüber, der mit atemloser Spannung, aber auch mit hoher Konzentration gelesen sein willen, um den Überblick über die Figuren und die Zusammenhänge nicht zu verlieren.
Auch in dieser Tradition knüpft Strom an den Vorgänger an: anspruchsvoller, spannender Krimi, bei dem der Schwerpunkt nicht auf blutrünstiger Tat liegt, sondern auf der Perfidie menschlichen Geistes. Wer den ersten Band nicht gelesen hat, kann problemlos mit dem zweiten beginnen und hat sogar den Vorteil, den ersten lesen zu können, während er auf den dritten wartet, der im aktuellen Roman schon angekündigt wird.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Große Träume in einer kleinen Welt

Perlenbach
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„Perlenbach“ ist die Geschichte dreier Freunde und dreier Träume. Sie spielt in der tiefsten Eifel um 1900. Eine Zeit voller Veränderungen und Aufbrüche ist der ideale Nährboden für den Traum nach einem ...

„Perlenbach“ ist die Geschichte dreier Freunde und dreier Träume. Sie spielt in der tiefsten Eifel um 1900. Eine Zeit voller Veränderungen und Aufbrüche ist der ideale Nährboden für den Traum nach einem selbstbestimmten Leben: nicht die Firma des Vaters weiterführen zu müssen, Ärztin werden zu können, die dörfliche Enge und das ärmliche Leben hinter sich zu lassen. Das Eifeldorf weitab vom Weltgeschehen ist es allerdings nicht, auch wenn die große Geschichte vor dem kleinen Ort nicht Halt macht. Genauso wenig wie das Schicksal der drei Hauptfiguren, dass dem Glück immer wieder Steine in den Weg legt.
Mit viel Empathie schildert die Autorin drei unterschiedliche Lebenswege dreier unterschiedlicher Charaktere. Schon allein das macht das Buch lesenswert. Die Nähe zu den Figuren nimmt den Leser mit ins Geschehen. Der sowohl historisch als auch lokal gut recherchierte Hintergrund verleiht der Handlung Anschaulichkeit und garantiert gute Unterhaltung mit Anspruch. Der Leser kann sich hineinversetzen in die Zeit und die Umstände und bekommt ein lebendiges Bild von Geschichte präsentiert. Eine lohnenswerte Art, sich unterhaltsam zugleich auch zu bilden.

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Ist das Leben wirklich so schwer?

Schönwald
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Harald und Ruth Schönwald haben drei Kinder, die eigentlich alles haben könnten, wessen es bedürfte, um das Leben zu meistern. Der älteste Sohn war ein Shootin-Star der US-amerikanischen Literaturprofessorenszene, ...

Harald und Ruth Schönwald haben drei Kinder, die eigentlich alles haben könnten, wessen es bedürfte, um das Leben zu meistern. Der älteste Sohn war ein Shootin-Star der US-amerikanischen Literaturprofessorenszene, bis er über einen Skandal stolperte, was aber noch keiner „zu Hause“ weiß. Sein jüngerer Bruder ist ein genialer Mathematiker, der kurz dafür ist, ein mathematisches Problem zu lösen und dafür eine Unsumme Geld zu bekommen, die er eigentlich nicht braucht, weil seine Frau reich ist. Er möchte aber nicht auf ihre Kosten, sie nicht auf Kosten ihres Vaters. Ihre Beziehung ist von Spannungen und verbalen Ausfällen gekennzeichnet. Die Schwester eröffnet einen queeren Buchladen in Berlin, was die Familie wieder zusammenbringt – zumindest räumlich. Queer ist der Buchladen wohl auch, weil sie queer ist, es aber nicht weiß oder nicht gewusst haben will. Die Mutter, die ihr Leben zugunsten ihrer Familie geopfert hat, kann trotzdem keinen Zugang zu ihren Kindern oder ihrem Mann finden. Und ihr Mann ist einer nicht ganz ernstzunehmende Gestalt des Ritters von der traurigen Figur.
Auch wenn der Grundton des Erzählers ein ironischer ist, ist die Darstellung all dieser menschlichen Lebensunfähigkeit, die schon damit beginnt, das man mehr damit beschäftigt ist, Bilder vom eigenen Leben zu inszenieren als ein Leben zu leben und aufrichtig miteinander zu sein, doch sehr mühselig zu lesen. Auch wenn der Autor durchaus viele bisweilen befremdliche Tendenzen in der heutigen Gesellschaft, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Amerika aufs Korn nimmt, hat man bei aller satirischen Überzeichnung doch das Gefühl zu sehr im Klischee zu verharren. Die Figuren sind eher Typen als Charaktere und die Darstellung eher plakativ als subtil.
Das Thema der vererbbaren Schuld aus der NS-Zeit ist ein durchaus spannendes, wird für mich hier aber nur zur Projektionsfläche für die Darstellung von Figuren, die so sehr zur Karikatur ihrer selbst verkommen, das man kaum Empathie für sie entwickeln kann.

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Veröffentlicht am 14.08.2023

Traumatisch

Sterne über Berlin
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Indi ist Lampenkünstlerin. Aufgewachsen in Berlin bei ihrem Großvater, bei dem sie ihre Mutter einst vor der Tür zurückließ. Da sie ihre Eltern nicht kennt, trifft sie der frühe Tod ihres Großvaters umso ...

Indi ist Lampenkünstlerin. Aufgewachsen in Berlin bei ihrem Großvater, bei dem sie ihre Mutter einst vor der Tür zurückließ. Da sie ihre Eltern nicht kennt, trifft sie der frühe Tod ihres Großvaters umso mehr. Sie scheint den Halten im Leben verloren zu haben. Als sie René begegnet schwankt sie zwischen Hoffnung und Angst: Hoffnung auf einen neuen Anfang mit neuer Beziehung und vielleicht neuer Familie, aber auch Angst davor, ob sie sich beide gegenseitig den Halt geben können, den sie brauchen. Denn auch René hat Traumatisches erlebt als Kriegsreporter in Syrien. Auch er kämpft um ein wenig Normalität in seinem Leben, nicht nur für sich, sondern auch für seine kleine Tochter, die er gerade erst kennengelernt hat und die er gleich wieder verlieren könnte…
Eigentlich eine gute Basis für einen Unterhaltungsroman: eine schwierige Ausgangslage, verzwickte Umstände und dennoch die Aussicht auf ein gutes Ende. Die Figuren sind sympathisch angelegt, das Ambiente ist auf Wohlfühlfaktor programmiert: eine Künstler-Altbauwohnung in Berlin, und die Autorin hat ein enormes Potential an Phantasie, wenn sie für den Leser Indis Installationskünste entwirft, dass er das Gefühl bekommt, etwas ganz Großartiges zu sehen, ohne doch ein wirklich klares Bild davon zu haben. Der Rest bleibt Magie.
Leider kann sich das Buch aber nicht wirklich entscheiden, was es sein will: gute Unterhaltung, die ein bischen Drama verträgt, aber nicht zu schwer und zugleich nicht zu plakativ sein darf, oder tiefgründige Seelenstudie über postraumatische Belastungsstörung, die wohl schwere Kost sein darf, aber nicht zu melodramatisch und auch nicht zu platt. Leider haben wir davon in diesem Buch zu viel. Gerade zum Ende hin steigert sich die Handlung ist Überdramatische, um sich dann in einer Hundertachtziggraddrehung zum Positiven zu wenden. Unendliche Tränenflüsse und Enttäuschen über Vertrauensbrüche, die gar keine sind, Selbstvorwürfe und Verzweiflung auf beiden Seite wollen über Seiten bewältigt werden. Dabei bleibt bis zum Ende das ungute Gefühle, das sich fragt, ob man ein durch die Eindrücke des Krieges ausgelöste posttraumatische Belastungsstörung auf gleiche Stufe stellen darf mit den Partyabstürzen einer Frau, die mit den Geheimnissen in ihrer Familie nicht klar kommt, wobei man sagen muss, dass ihr der Großvater und die skurile Hausgemeinschaft mehr liebevolle Familie waren, als manch anderer trotz Anwesenheit von Vater und Mutter je hatte. Auch wenn Leid sicher immer subjektiv ist, klingt das doch ein wenig nach Überproblematisierung und wird dem wirklichen Trauma nicht gerecht. Auch wenn die Autorin sich um vielschichtige Charaktere bemüht, alle sind irgendwo Opfer und Täter, so sind die Sym- und Antipathien doch sehr klar verteilt: Indi und René haben sind emotional, liebenwürdig, künstlerisch-kreativ und auf positive Weise ungewöhnlich. Den Gegenpart muss Renés Ex einnehmen: sie ist die Böse, Anwältin, kühl, nörglerisch, zickig, ohne Verständnis für ihr Gegenüber, bis sich herausstellt, dass auch sie nur geliebt werden will. Etwas platt.
Ich hätte lieber den Unterhaltungsroman gelesen über die Lampenkünstlerin Indi, die so wunderschöne Lichterfeste feiert, in einer bunten Hausgemeinschaft lebt und nach einigen Verirrungen ihrem René in die Arme fallen darf. Es dürfen auch ein paar Seelen gerettet werden, aber der Wohlfühlfaktor solte überwiegen. Denn das war meine Erwartungshaltung an das Buch und das wunderschöne Cover, das mir eigentlich verspricht, mich für ein paar stimmungsvoll beleuchtete Lesestunden von allen schlimmen Traumata dieser Welt zu entführen.

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