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Veröffentlicht am 13.04.2025

Du lehrst mich, das Leben wieder zu lieben!

Die tausend Farben von Paris
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Du lehrst mich, das Leben wieder zu lieben!

„Er nahm sich Zeit, die Farben auf sich wirken zu lassen sie förmlich zu inhalieren, um sie in sich aufzunehmen, sie zu spüren. Paris war für ihn eine Stadt, ...

Du lehrst mich, das Leben wieder zu lieben!

„Er nahm sich Zeit, die Farben auf sich wirken zu lassen sie förmlich zu inhalieren, um sie in sich aufzunehmen, sie zu spüren. Paris war für ihn eine Stadt, die stets in ein warmes Rosé getaucht war, bei Tag wie bei Nacht, weil sie ein Gefühl der Wärme verströmte, wie er es noch nirgendwo sonst erfahren hatte. Auf keiner Palette der Welt wäre es möglich, die Farben so zu mischen, dass man Paris darin einfangen und in den Bildern wiedergeben könnte.“

Nach seinem Dienst in der Armee hat Jack King Amerika den Rücken gekehrt und lebt in der Stadt seiner Träume, wo er sich seiner größten Leidenschaft widmet. Als mittelloser Maler kann er zwar seine Kunst nicht verkaufen, ist aber dennoch stets positiv und voller Hoffnungen. Jack liebt die Farben, die Klänge, die Gerüche dieser Stadt, das Lachen der Menschen und die Musik. Paris ist für ihn ein magischer Ort und er gibt alles dafür, dieses Gefühl auf die Leinwand zu bannen. Als er die lebensfrohe Rose Chevalier kennenlernt, verliebt er sich auf den allerersten Blick in die bezaubernde junge Französin mit dem hinreißenden Lächeln. Die junge Studentin aus begütertem Elternhaus erwidert seine Gefühle, doch das Glück des jungen Paares wird vom Auftauchen eines ehemaligen militärischen Vorgesetzten Jacks überschattet, der eine alte Schuld bei ihm einfordert.

„Die tausend Farben von Paris“ ist ein mehr als vierhundert Seiten umfassender Roman, der im Jahre 1952 angesiedelt ist. An der Seite von Catherine Durands Protagonisten durfte ich die Schönheit dieser Stadt sowie all die liebenswerten Bekannten und Freunde von Jack kennenlernen und in die malerische Welt des Künstlerviertels Montmartre eintauchen. Jack wird als zufriedener Mensch dargestellt, der den Zwängen des Alltags zu entfliehen sucht und von seinem Durchbruch als Maler träumt. Sein unbekümmertes Leben findet ein jähes Ende, als der Frieden zwischen Frankreich und Amerika durch ein brisantes Dokument gefährdet ist und ausgerechnet er dazu rekrutiert wird, die Arbeit des Geheimdiensts zu unterstützen.

Mit dem berühmten Chanson-Sänger Frank Levant bringt Catherine Durand eine weitere, äußerst facettenreiche Hauptfigur in die Handlung ein. Der charismatische Showstar des Varietés Lido führt ein Leben auf der Überholspur, er ist überaus beliebt, vermögend und ganz Paris liegt ihm zu Füßen. Frank betrachtet sich selbst aber als Blender, er ist von Selbstzweifeln zerfressen und trotz seiner Berühmtheit ein einsamer Mensch. Einzig im Maler Jack hat der Entertainer einen treuen Freund gefunden, vor dem er seine Ängste und Gefühle nicht verstecken muss. Die Begegnung mit der Blumenhändlerin Amelie Girard stellt Franks Weltbild völlig auf den Kopf, denn die unabhängige Frau lässt sich weder von seinem Vermögen, noch von seinem Ruhm beeindrucken. Doch als Franks Vergangenheit ihn einzuholen droht, muss er nicht nur um sein neues Glück, sondern vielmehr um seine ganze mühsam aufgebaute neue Existenz fürchten.

Den Protagonisten werden interessante Nebenfiguren zur Seite gestellt. Neben bösen, im Hintergrund agierenden Antagonisten bringt die Autorin auch zahlreiche sympathische und liebenswerte Charaktere ins Spiel. Roses Eltern Francine und Arthur Chevalier sind mir im Verlauf der Handlung ebenso ans Herz gewachsen wie Hedwig Schönau, eine alte Dame, die Rose sehr zugetan ist und auf dem Anwesen ihrer verstorbenen Großmutter lebt. Catherine Durands liebevolle Charakterzeichnung beschränkt sich jedoch nicht auf die Hauptfiguren. Ich konnte die beleibte Wirtin Madama Lilou mit ihrer liebenswerten Art und dem herzlichen Lächeln bildhaft vor mir sehen, die den erfolglosen jungen Maler unter ihre Fittiche nahm und kulinarisch verwöhnte. Meine unangefochtene Lieblingsfigur war und ist jedoch Amelie Girard, die mich mit ihrer direkten, offenen und warmherzigen Art voll und ganz in ihren Bann gezogen hat. Amelie ist dankbar für jeden einzelnen Tag, der ihr geschenkt wird und versteht es, ihr Leben zu genießen. Sie findet Freude an kleinen Dingen und zahlreiche beeindruckende Zitate spiegeln ihre klugen Einsichten wider. Amelie liebt die Arbeit mit den fragilen Schönheiten in ihrem Blumenladen, den Menschen mit ihren kreativen Arrangements Freude zu bereiten, macht sie glücklich. In einem Gespräch, das mich besonders beeindruckt hat, sagt sie über ihre wunderbar leichte Art, durchs Leben zu gehen: „Ich glaube, dass das Leben zu kurz ist, um sich mit Menschen zu umgeben, die der Seele nicht guttun. Deshalb spreche ich aus, was ich denke. Die, die damit umgehen können, werden oft gute Freunde. Die anderen verschwinden nach einer kurzen Begegnung aus meinem Leben und können ihr Glück finden, wo meines nicht liegt.“ Welch faszinierende Ansichten einer derart jungen Frau!

Ich möchte abschließend noch auf die anziehende optische Aufmachung dieser broschierten Ausgabe hinweisen, die durch ein gefälliges Cover und eine harmonische Farbgestaltung besticht. In der Abbildung auf dem Umschlag spiegelt sich die malerische Beschreibung der französischen Hauptstadt wider – die zarten Pastellfarben und das verliebte, dem Betrachter abgewandte Paar versinnbildlichen die romantischen Handlungen im Buch. Auf der Innenseite der Klappbroschur findet man eindrucksvolle Zitate dieses Romans, die etwas größere Schrift und die lesefreundlichen Zeilenabstände haben für mich persönlich einen sehr hohen Stellenwert. Die einzelnen Kapitel werden stets von einem aussagekräftigen Zitat einer der Hauptfiguren eingeleitet, auf den jeweiligen Schauplatz der Handlung wird in der Kapitelüberschrift Bezug genommen. Ein elf Seiten umfassendes Nachwort entpuppt sich letztendlich als informative Zusammenfassung historischer Fakten, die Autorin erzählt darüber hinaus ein wenig über die vier Hauptcharaktere Jack, Frank, Rose und Amelie.

FAZIT: „Die tausend Farben von Paris“ hat mich ausgezeichnet unterhalten, der einnehmende Schreibstil der Autorin, die gelungene Charakterzeichnung ihrer Figuren und der auf die Geheimdienstaktivitäten basierende Spannungsbogen machten dieses Buch zu einer Lektüre, die ich nicht mehr aus der Hand legen mochte. Besonders gelungen fand ich die zahlreichen Zitate von Rose und Amelie – die beiden sind mir im Verlauf der Handlung nicht nur durch ihre liebenswerte Art, sondern vielmehr auch durch ihre Einstellung und Weltanschauung ans Herz gewachsen. Montmartre, das Herzstück von Paris, sowie die kleinen Cafés und Läden übten eine ganz besondere Faszination auf mich aus. Dank der bildhaften Beschreibung der Autorin werden mich die Gerüche, die Impressionen und der Zauber von Paris noch eine ganze Weile nach dem Zuschlagen der letzten Buchseite begleiten.

Ich vergebe fünf Bewertungssterne für diese Geschichte, die mir aus

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.03.2025

Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen

Der Schutz der Freundschaft
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Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen

In einer Zeit, in der jede kritische Äußerung gegen den Krieg verheerende Folgen hat, fällt es auch dem Patriarchen Paul-Friedrich von Falkenbach zunehmend ...

Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen

In einer Zeit, in der jede kritische Äußerung gegen den Krieg verheerende Folgen hat, fällt es auch dem Patriarchen Paul-Friedrich von Falkenbach zunehmend schwerer, seine selbstbewusste und souveräne Haltung zu bewahren. Dass er nicht dazu in der Lage war, die Einberufung seines Sohnes Gustav zu verhindern, gab ihm das Gefühl, den Herausforderungen nicht länger gewachsen zu sein. Seine Familie zu beschützen war stets sein wichtigstes Anliegen, doch inzwischen erwägt er sogar bereits, Deutschland zu verlassen.

Der elfte Band dieser imposanten Familiensaga um die Familien Falkenbach und Lehmann schildert die Ereignisse des Jahres 1941. Die Bevölkerung leidet zunehmend unter dem Regime Hitlers. Ein Ende dieses Kriegs ist nicht in Sicht, die Angst ist allgegenwärtig und das Denunziantentum hängt wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Menschen.

In der vorliegenden Neuerscheinung „Der Schutz der Freundschaft“ befinden sich Leopold Lehmann und Gustav von Falkenbach an der Front. Wilhelmine hat München den Rücken gekehrt und lebt wieder auf Gut Falkenbach. Ferdinand und Johannes produzieren nach wie vor Waffen für den Führer. Doch nicht nur in Deutschland, auch innerhalb des engsten Familienkreises verschärft sich die Lage zunehmend. Dorotheas Gemütszustand ist ebenso ein Thema wie die fragile Beziehung zwischen Ferdinand und Elisabeth – eine Ehekrise, die im Verlauf der Handlung zu eskalieren droht. Die Autorin spielt gekonnt mit den Emotionen ihrer Leser. Ich konnte die Verzweiflung Ferdinands angesichts dieser festgefahrenen Situation förmlich spüren, zugleich aber auch die Resignation und Wut von Elisabeth nachempfinden.

Das unvermutete Auftauchen eines neuen Arbeitslager-Kommandanten namens Viktor Sander weckt Paul-Friedrichs Argwohn. Der junge Mann agiert zwar besonnen und legt ein sympathisches und aufgeschlossenes Wesen an den Tag, doch niemand weiß, ob man ihm tatsächlich trauen kann. Zu guter Letzt schmiedet ein hochgradig gefährlicher Mann teuflische Pläne gegen Paul-Friedrich und seine Familie. Das ehrgeizige SA-Mitglied Alfred Breuer zeigt nach wie vor übermäßiges Interesse an den Bewohnern von Gut Falkenbach und fungiert als böser Antagonist und latente Bedrohung im Hintergrund.

Die Autorin befasst sich in diesem Band erneut mit den unterschiedlichen Charakteren der beiden Familien, sie beschreibt die Dynamiken innerhalb dieser und versteht es gekonnt, dem Leser die Motivation ihrer Figuren vor Augen zu führen. Die Bedrohung durch die Schergen der Nationalsozialisten und zwischenmenschliche Konflikte sorgen darüber hinaus für spannende Momente. Als begeisterter Fan dieser Buchreihe verfolge ich die Ereignisse auf Gut Falkenbach bereits von Beginn an und freue mich bei jeder Neuerscheinung, die Gedanken und Gefühle der einzelnen Figuren mitzuerleben, über ihre Ängste und Träume zu lesen und letztendlich im Verlauf der einzelnen Bände auch ihre persönlichen Entwicklungen mitzuerleben.

Abschließend möchte ich auf das einnehmende Buchcover eingehen, das durch eine wunderschöne Optik, eine malerische Abbildung eines der edlen Pferde des Gestüts von Gut Falkenbach sowie eine äußerst harmonische farbliche Gestaltung punktet. Ellin Carsta hat ein Händchen für ansprechende Buchcover – Layout, Typographie, Bilder, Farbe und Format sind stets im Einklang, schaffen eine emotionale und themenbezogene Atmosphäre und ergeben ein harmonisches Miteinander. Als uneingeschränkte Verfechterin von Printexemplaren liebe ich nicht nur die Optik, sondern in hohem Maße auch die Haptik eines Buchs, den Geruch frischer Druckerschwärze eingeschlossen. Ein besonderes Highlight und für mich persönlich sehr wichtig sind ein einheitliches Erscheinungsbild sowie ein einheitlicher Stil bei der Gestaltung des Covers, wenn es sich um eine Buchreihe handelt. Die Abbildung des vor einem hölzernen Zaun stehenden Pferdes vor einem der Nebengebäude von Gut Falkenbach, umrahmt von einer Steinmauer und grünen Büschen und Bäumen, nimmt etwas mehr als ein Drittel des Platzes ein, stellt aber nichtsdestotrotz einen absoluten Blickfang dar. Ich bin bei jedem Band von neuem fasziniert von der Detailverliebtheit der Abbildungen der einzelnen Cover und verliere mich beim Betrachten nur allzu gerne in Kleinigkeiten. Der zentrierte dominante Buchtitel ist stets aussagekräftig und bezieht sich dabei auf den Inhalt, er ist auch farblich perfekt abgestimmt und lädt förmlich dazu ein, das Buch zur Hand zu nehmen.

Fazit: Wie gewohnt bescherte mir auch der elfte Teil dieser Buchreihe spannende und unterhaltsame Lesestunden. Ich habe mich gefreut, den mittlerweile vertrauten, sehr gut ausgearbeiteten Charakteren wieder zu begegnen und deren Geschicke mitzuverfolgen. Dem explosiven und Unheil verheißenden Cliffhanger auf den letzten Seiten folgt ein aufwühlender Epilog, der für eine hohe Erwartungshaltung an den zwölften Band dieser Reihe verantwortlich zeichnet.

Ich kann es kaum erwarten zu erfahren, wie Paul-Friedrich von Falkenbach es anstellen wird, seine Familie angesichts der im Cliffhanger angekündigten bedrohlichen Entwicklung zu beschützen und allen Widrigkeiten zum Trotz die Oberhand zu behalten.

Von mir gibt es für „Der Schutz der Freundschaft“ auch diesmal wieder fünf Bewertungssterne - ich freue mich bereits auf Band zwölf dieser Reihe!

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Veröffentlicht am 15.01.2025

Eine Zerreißprobe des Herzens

Blumen im Schuh
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Eine Zerreißprobe des Herzens

Ein ständiges Schwanken zwischen Verzweiflung und Erleichterung: Trauer und Hoffnung, niederschmetternde Angst und neu gewonnene Freiheit. Ein Neubeginn mit achtundvierzig ...

Eine Zerreißprobe des Herzens

Ein ständiges Schwanken zwischen Verzweiflung und Erleichterung: Trauer und Hoffnung, niederschmetternde Angst und neu gewonnene Freiheit. Ein Neubeginn mit achtundvierzig ist hart, aber nicht unmöglich. Und wie oft hat man im Leben schon die Chance, alles auf null zu setzen?

Als Elisabeth Göpfert herausfindet, dass ihr Ehemann sie seit längerer Zeit betrügt, zerbricht ihre mühsam aufrechterhaltene Fassade in tausend Stücke. Aus Angst vor Wolfgangs Jähzorn sucht sie Zuflucht bei ihrer Schwägerin Anja, wo sie mit offenen Armen empfangen wird, sich anfangs aber etwas fehl am Platz fühlt. Denn Anja ist eine unkonventionelle und schrille Persönlichkeit, ein chaotischer Wirbelwind, aber mit einem Herzen aus Gold. Sie akzeptiert jeden Menschen in ihrem Umfeld bedingungslos und steht für sie ein. Anja und ihre liebenswerten Freunde nehmen Elisabeth unter ihre Fittiche und unterstützen sie bei ihrem Kampf um ein neues, selbstbestimmtes Leben.

Ich war bislang von jedem Buch aus der Feder Annette Sprattes begeistert. Ich schätze die hervorragende Charakterzeichnung ihrer Figuren, die stets sehr gut recherchierten historischen Hintergründe, die interessanten Plots und vor allem den einnehmenden Schreibstil der Autorin. Bei „Blumen im Schuh“ handelt es sich diesmal jedoch nicht um einen historischen Roman, ich wurde vielmehr von einer äußerst tiefgründigen Geschichte mit einem sehr emotionalen Thema überrascht. Es war erschütternd zu lesen, wie Wolfgang Göpfert systematisch das Selbstbewusstsein und schließlich sogar die Persönlichkeit seiner Ehefrau vernichtet hat. Zurück blieb eine willenlose Marionette, die dem narzisstischen Zorn dieses selbstherrlichen Despoten ausgeliefert war. Wolfgangs verbale Demütigungen und sein Kontrollwahn bereiteten mir während der Lektüre spürbares Unbehagen.

Es war interessant zu beobachten, wie das Umfeld der Göpferts auf Elisabeths Flucht reagierte. Es stellte sich wie so oft heraus, dass es tatsächlich die Krisen im Leben sind, in denen man wahre Freunde erkennt. Auch für die Protagonistin dieses Buchs zeigt sich wahre Freundschaft erst im Leid. Elisabeth erkennt nach ihrem Auszug, auf wen sie sich in schweren Zeiten verlassen kann, wer unerschütterlich zu ihr steht, und wer sich in der Not abwendet. Nachdem die Autorin mir den narzisstischen Charakter des Protagonisten Wolfgang Göpfert eindringlich vor Augen geführt hatte, fand ich es umso schöner mitzuerleben, wie Elisabeth dank der Unterstützung von Anja und ihrer treuen Freunde aufblüht, immer selbstsicherer wird und allmählich ihre Selbstachtung wiedererlangt.

Das Herzstück dieser Geschichte waren die vortrefflich ausgearbeiteten handelnden Figuren, die mich in ihren Bann zogen, mich zutiefst berührten oder abstießen, zum Nachdenken, Lachen und Weinen brachten. Ich habe bislang selten derart komplexe, interessante und vor allen Dingen in hohem Maße authentische Charakterzeichnungen erlebt. Die vielschichtigen Figuren sind nicht makellos, sie weisen durchwegs auch Fehler und Schwächen auf. Vor allem in Bezug auf ihre drei Protagonisten gewährt die Autorin Einblicke in prägende Ereignisse in deren Vergangenheit, in ihre Träume und Ziele, was sie motiviert, welche Rückschläge sie zu bewältigen hatten und wie sie es allen Umständen zum Trotz schafften, weiterzumachen. Besonders anschaulich dargestellt fand ich das Konfliktverhalten der einzelnen Darsteller, das bereits viel über ihren Charakter aussagte. Zu guter Letzt hat es mir große Freude bereitet, die persönliche Entwicklung einiger Figuren – allen voran natürlich Elisabeth - mitzuverfolgen.

Das an sich heikle Thema dieses Romans und die furchtbaren Auswirkungen des emotionalen Missbrauchs in einer Ehe mit einem Narzissten wurde durch unzählige humorvolle Passagen mit meiner ganz persönlichen Lieblingsfigur Anja aufgelockert. Ich habe ihre quirlige Art, die übersprudelnde Lebensfreude sowie ihre Bemühungen, Elisabeth in ein selbstbestimmtes Leben zurückzuholen, über alle Maßen geliebt und regelrecht in mich aufgesogen. Anjas selbstloses Verhalten und das herzliche Verständnis für ihre völlig aus der Bahn geworfene Schwägerin haben mich sehr berührt. Das Spektrum an Emotionen in dieser Lektüre ist überwältigend. Als Leser geht man innerhalb eines Wimpernschlags vom Weinen zum Lachen über, wofür unter anderem Anjas schrille, unangepasste Art, kombiniert mit ihrer berufsbedingten psychologischen Ausbildung und ihrem unnachahmlichen Humor verantwortlich zeichnet.

Ein weiterer Aspekt, der mich vollständig für sich eingenommen hat, ist die Einbindung des christlichen Glaubens sowie die Beschreibung der inneren Kämpfe und Konflikte der Protagonistin. Elisabeth war stets bemüht, eine gute christliche Ehefrau zu sein, sie nahm ihr Eheversprechen trotz ihres unbeschreiblichen Martyriums ernst. Ihrem christlichen Glauben sowie den gesellschaftlichen Konventionen entsprechend zog sie eine Trennung von ihrem Mann niemals in Erwägung. Doch in einer Ehe mit einem Narzissten gelangt man irgendwann zwangsläufig an einen Punkt, an dem man sich zwischen zwei Optionen entscheiden muss: entweder man entzieht sich seinem Einflussbereich, oder man zerbricht an dieser unheilvollen und menschenunwürdigen Beziehung. Dies wurde in diesem Buch beeindruckend veranschaulicht. Die Autorin beleuchtet zudem auch das Verhalten der Mitglieder von Elisabeths Kirchengemeinde, welches alles andere als christlich ist.

Abschließend möchte ich noch das wunderschöne Coverfoto hervorheben, das mir den alten Bauernhof, der für die Protagonistin Zuflucht und Heimat wird, bildhaft vor Augen führte. Ich habe mich auf den allerersten Blick in dieses malerische, mit Efeu bewachsene, von Blumen und Naturwiesen umgebene Gebäude verliebt, welches so wundervoll zum Zitat auf Seite 145 passt: „Zuhause ist der Ort, an dem du willkommen und geborgen bist.“ Wie wundervoll es doch wäre, für eine gewisse Zeit bei Anja einzuziehen und ebenso wie Elisabeth „einfach nur sein zu dürfen“!

FAZIT: „Blumen im Schuh“ war ein atemberaubendes Lese-Highlight, das mich vollkommen überwältigte. Es war mir schlichtweg unmöglich, diese Lektüre aus der Hand zu legen, es war im wahrsten Sinne eine emotionale Achterbahn der Gefühle. Annette Spratte katapultierte sich mit diesem Roman ganz an die Spitze meiner favorisierten deutschen Autorinnen und ich hoffe voller Vorfreude und Spannung auf weitere Werke wie dieses.

Ich vergebe begeisterte und uneingeschränkte fünf Bewertungssterne für dieses fantastische Buch, das mir ein außergewöhnliches und unglaublich gefühlvolles Leseerlebnis bescherte!

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Veröffentlicht am 27.10.2024

Ein Hoffnungsschimmer in schlimmen Zeiten

Der Plan der Gefährten
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Ein Hoffnungsschimmer in schlimmen Zeiten

„Hab Vertrauen und halte durch. Auch diese Zeit wird vorübergehen. Alles geht eines Tages vorbei, das Gute wie das Schlechte. Lass nicht zu, dass Letzteres dein ...

Ein Hoffnungsschimmer in schlimmen Zeiten

„Hab Vertrauen und halte durch. Auch diese Zeit wird vorübergehen. Alles geht eines Tages vorbei, das Gute wie das Schlechte. Lass nicht zu, dass Letzteres dein Leben bestimmt, weil du an das Gute nicht mehr glaubst.“

Seine strategische Überlegenheit hatte stets einen hohen Stellenwert im Leben von Paul-Friedrich von Falkenbach und erforderte kluges, durchdachtes Taktieren. Die Kontrolle zu behalten gleicht jedoch unter der Fuchtel des Nationalsozialistischen Regimes einem gefährlichen Balanceakt, Paul-Friedrich scheinen die Zügel immer mehr aus der Hand zu gleiten. Durch einen Streit mit dem skrupellosen Nationalsozialisten Christian Weber hat er sich noch dazu einen mächtigen Mann zum Feind gemacht und steht scheinbar auch nicht mehr unter der Gunst des Führers. Darüber hinaus hat „Hitlers Bluthund“ Alfred Breuer es sich zum erklärten Ziel gemacht, gegen Paul-Friedrich vorzugehen. Zwischen Paul-Friedrich und Wilhelm gibt es Differenzen bei ihren geheimen Aktivitäten gegen das Regime und es kommt zu einem ernsthaften Zerwürfnis. Die Schlinge um Paul-Friedrichs Hals scheint sich immer enger zuzuziehen, doch aufzugeben ist für den findigen Strategen keine Option. Wieder einmal ist ruhiges und überlegtes Handeln gefragt, um die Familien zu beschützen.
„Der Plan der Gefährten“ ist im Dezember des Jahres 1941 angesiedelt und inhaltlich aufgrund der eingebundenen historischen Fakten gleichermaßen düster wie spannend. Nach der forcierten Auswanderung der jüdischen Bevölkerung aus Deutschland als vorrangiges Ziel nationalsozialistischer Politik wird im vorliegenden Band der Beschluss der NS-Führung thematisiert, sämtliche im deutschen Machtbereich lebenden Juden zu ermorden. Ein unsagbar grauenhafter Völkermord wird von der Autorin wieder ins Gedächtnis gerufen und stellt besonders in der heutigen Zeit ein wichtiges Mahnmal gegen das Vergessen dar. Und obgleich es sich bei den Protagonisten dieses Romans um fiktive Figuren handelt, sorgen das gefährliche Denunziantentum und die Angst der Familien von Falkenbach und Lehmann vor der wegen ihrer Brutalität gefürchteten Gestapo ebenfalls für eine gewisse Spannung im Buch.

Innerhalb der Familien gab es sowohl unschöne Szenen, als auch positive Entwicklungen. Während die Ehe von Ferdinand und Elisabeth unter keinem guten Stern steht, haben berührende Interaktionen zwischen Paul-Friedrich und Clara die familiäre Bindung verstärkt. Bei Dorotheas Beziehung zu ihrem Mann sowie ihrem Status innerhalb der Familie gibt es ebenfalls eine gravierende Verbesserung zu verzeichnen. Wilhelmine arbeitet immer noch als Reitlehrerin und scheint gereifter und besonnener, während Leopold und Irma trotz ihrer Abwesenheit jeweils einen kleinen Gastauftritt im Buch haben. Und obgleich Gustav mit seiner Clara und den gemeinsamen Töchtern sehr glücklich sein könnte, zerbricht er beinahe an den furchtbaren Dingen, die er Tag für Tag in der Klinik in Eglfing-Haar erlebt. Elisabeth hingegen avancierte durch ihr Verhalten der Familie gegenüber, aber auch aufgrund ihrer offenkundigen Sympathie für die NSDAP und die grenzenlose Bewunderung für den Führer zur Antagonistin.

Das Buch punktet wie gewohnt mit einem äußerst gefälligen Cover, welches Gut Falkenbach in der bevorstehenden Weihnachtszeit zeigt. Zum besseren Verständnis möchte ich jedem interessierten Leser ans Herz legen, die Reihenfolge bei der Lektüre der einzelnen Bände einzuhalten.

Fazit: „Der Plan der Gefährten“ bescherte mir interessante und spannende Lesestunden. Ellin Carsta ist für mich ein Garant für sehr gut ausgearbeitete Charaktere und einen abwechslungsreichen und spannenden Plot, als Fan dieser Reihe musste ich auch diesmal auf einen Cliffhanger am Ende des Buches nicht verzichten. Die Falkenbach-Reihe übt eine ungebrochene Faszination auf mich aus und ich sehe dem Erscheinungsdatum des elften Bands erwartungsvoll entgegen. Begeisterte fünf Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.10.2024

Arvil, kleiner Falke, wir zählen auf dich!

Arvil, der kleine Falke – Das große Rennen
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Arvil, kleiner Falke, wir zählen auf dich!

„Aron, dein Sohn wird Rennflieger und es gibt nichts, was du dagegen tun kannst.“

Der kleine Falke Arvil ist ein waghalsiges Energiebündel und ein hervorragender ...

Arvil, kleiner Falke, wir zählen auf dich!

„Aron, dein Sohn wird Rennflieger und es gibt nichts, was du dagegen tun kannst.“

Der kleine Falke Arvil ist ein waghalsiges Energiebündel und ein hervorragender Flieger. Er träumt davon, sein Können beim Waldflugrennen zu beweisen und hat dabei auch einen großen und mächtigen Helfer. Doch sein Vater Aron ist damit überhaupt nicht einverstanden und verbietet ihm die Teilnahme. Und so müssen das ungleiche Brüderpaar Arvil und Serge gemeinsam mit ihren Freunden einen Plan schmieden, damit Arvil doch noch seinen Traum verwirklichen kann.

Thomas Forat präsentiert mit dem ersten Band seiner Trilogie um die Abenteuer des kleinen Falken Arvil die Geschichte eines Mischlingskükens, das sich neugierig und wagemutig in sein erstes großes Abenteuer stürzt. Eine Papageienmama namens Isolde, ein Wanderfalkenvater namens Aron, deren Küken Arvil sowie eine adoptierte selbstbewusste kleine Spitzmaus namens Serge sind die Hauptfiguren dieses Romans. Der Autor beschreibt das Umfeld der kleinen Felsenhöhle, in welchem die Familie lebt und schildert das Aufwachsen des kleinen Papageien-Falken. Liebenswerte, aber zum Teil auch bedrohliche Nebenfiguren betreten den Schauplatz der Handlung. Der große und mächtige Weißkopfseeadler Adwanagor, das zierliche Eichhörnchen-Weibchen Malou und die Möwe Jules nehmen ebenso einen Part in dieser Geschichte ein wie der furchteinflößende Rabe Salaniel mit seinen finsteren Freunden.

Im Zentrum des Geschehens steht das gefährliche Waldflugrennen, das vor allem im letzten Drittel des Buches für Aufregung und spannende Szenen verantwortlich zeichnet. Liebevoll ausgearbeitete Charaktere, humorvolle Passagen und die Ermutigung des Autors, niemals seine Träume aufzugeben, zeichnen dieses entzückende Jugendbuch aus. Die ausdrucksstarken und farbenprächtigen Illustrationen von Thomas Forat sind ein wahrer Blickfang, auf den beiden ersten und letzten Innenseiten werden dem Leser zudem die wichtigsten Figuren der Handlung vorgestellt.

Der Autor erzählt die Geschichte des kleinen Falken Arvil in locker-leichtem Schreibstil und kindgerechter Sprache. Die Handlung weist ab dem Start des Flugrennens einen erhöhten Spannungsfaktor auf, humorvolle Passagen mit der pupsenden Stimmungskanone Serge bringen den Leser zum Schmunzeln.

Die optische Aufmachung dieser aktuellen Neuerscheinung stellt durch die farbenfrohen und perfekt zum Inhalt passenden Illustrationen des Autors einen richtigen Blickfang dar. Das Buch besteht aus 22 kurzen Kapiteln, als nützliches und willkommenes Extra gibt es zudem ein Lesebändchen in grüner Farbe. Die angenehme Schriftgröße und entsprechende Zeilenabstände erleichtern den Lesefluss.

Fazit: Der Auftakt zur Arvil-Trilogie ist Thomas Forat mit diesem mitreißenden Abenteuer sehr gut gelungen. Er bietet seiner jugendlichen Zielgruppe ein unterhaltsames Lesevergnügen und beendet diesen ersten Band mit einem spannungsgeladenen Flugrennen und den Worten „Wir sehen uns zur Europameisterschaft in Paris!“