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Veröffentlicht am 23.06.2021

Das Leben in Suffolk in den 1930er Jahren

Vom Ende eines Sommers
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Edith Mather lebt mit ihrer Familie auf einer Farm in Suffolk. Statt Kontakte mit Schulfreunden zu haben, liest sie lieber. Als sie dann eines Tages der Journalistin Constanze begegnet, ändert sich das. ...

Edith Mather lebt mit ihrer Familie auf einer Farm in Suffolk. Statt Kontakte mit Schulfreunden zu haben, liest sie lieber. Als sie dann eines Tages der Journalistin Constanze begegnet, ändert sich das. Sie bewundert die selbstbewusste Frau auch für ihren Mut, in Männerhosen herumzulaufen. Constanze stammt aus der Großstadt London aber ist sich nicht zu schade, bei der Arbeit auf dem Feld mitzuhelfen. Bis, ja bis ihr wahres Ansinnen zutage tritt und für Aufruhr und Streitigkeiten in dem kleinen Dorf sorgt.

Der #dumontbuchverlag hat auch hier wieder ein Cover gewählt, welches sich wohltuend von vielen anderen Ausgaben hervorsticht. Die Ich-Erzählerin Edith berichtet von ihren Problemen mit den Eltern und in der Schule. Erstaunlich für mich war, dass schon damals das giftige Jakobskraut vernichtet wurde. Also schon bekannt war, wie es schädlich es auf die Leber von Mensch und Tier wirkt. Es stellt sich also die Frage, warum es bis vor wenigen Jahren in Deutschland noch an Randstreifen von Autobahnen gesät wurde. Die Autorin hat nicht nur hier faktenreich erzählt. Auch etliche Beobachtungen zu Pflanzen und Tieren sind gelungen.

Ich gebe ehrlich zu, dass mir der Sinn der Handlungen erst so richtig klar wurde als ich den Epilog las. Bildhaft und lebendig schreibt die Autorin über das Leben zwischen den Weltkriegen. Die Armut der Landbevölkerung, der überdurchschnittliche Alkoholkonsum und die dadurch entstehenden Auseinandersetzungen sind logische Schlussfolgerung von Hunger und Not. Es ist keineswegs ein Buch, welches sich nebenbei lesen lässt. Dazu ist es zu wertvoll und die Botschaft zu eindringlich.

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Veröffentlicht am 16.06.2021

Ein Leben auf der Überholspur

Tage mit Gatsby
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Zelda und F. Scott Fitzgerald zählen zur Highsociety New Yorks. Auffallen um jeden Preis, so könnte das Verhalten Zeldas geschildert werden. Beide wollen Abstand von den USA erhalten und es zieht sie nach ...

Zelda und F. Scott Fitzgerald zählen zur Highsociety New Yorks. Auffallen um jeden Preis, so könnte das Verhalten Zeldas geschildert werden. Beide wollen Abstand von den USA erhalten und es zieht sie nach Europa. In Frankreich lassen sie sich zunächst in Paris und später dann im Süden des Landes nieder. Zelda stürzt sich von einem Abenteuer ins nächste. Sie fühlt sich vernachlässigt und beginnt vor lauter Frust eine Affäre. Das sorgt für dauerhaften Streit und viel Zündstoff in ihrer Beziehung. Der übermäßige Alkoholgenuss tut sein übriges und die beiden stehen vor dem Ende ihrer Beziehung.

„Der große Gatsby“ ist das bekannteste Buch von F. Scott Fitzgerald und während das Ehepaar in Frankreich weilte, wurde es von ihm geschrieben. Die „Tage mit Gatsby“ beschreibt sehr ausführlich die Entstehungsgeschichte des Romans und erschien im #dumontbuchverlag. Dabei war auch Zelda durchaus talentiert und wollte zunehmend ihre eigenen Kurzgeschichten veröffentlichen. Das ließ F. Scott nicht zu. Dass seine Frau sich darüber ärgerte, ist wohl verständlich.

Immer wieder zitiert die Autorin aus dem Buch „Der große Gatsby und schildert die Diskussionen des Paares während des Schreibprozesses. Immer wieder lässt Fitzgerald sich von seiner Frau beraten und es fällt auf, dass die Figuren ihnen beiden sehr ähneln. Der Roman zeigt sicher etliche Fakten über die Fitzgeralds und das schreibt die Autorin Joséphine Nicolas auch im Anhang. Sie recherchierte intensiv und nahm zudem die Briefe, welche zwischen Zelda und Scott hin- und hergingen als Grundlage für das Buch. Es ist in lebendiger Sprache geschrieben und die Charaktere so, wie die Autorin sich diese vorstellte. Ein Roman, der mich in die damalige Zeit eintauchen ließ und gut unterhalten konnte.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Gut, dass dieser tapferen Frau endlich ein Buch gewidmet wurde

Die Ingenieurin von Brooklyn
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Emily hat es als Ehefrau nicht leicht. Ihr Mann, der Architekt Washington Roebling, hatte einen Traum, den er gegen alle Widerstände erfüllt sehen wollte. Leider nahm ihm eine schwere Erkrankung fast seinen ...

Emily hat es als Ehefrau nicht leicht. Ihr Mann, der Architekt Washington Roebling, hatte einen Traum, den er gegen alle Widerstände erfüllt sehen wollte. Leider nahm ihm eine schwere Erkrankung fast seinen Willen weg. Aber nur fast. Denn Emily füllte den Platz gegen jede Gegenwehr aus. Und davon gab es mehr als genug. Trotzdem opferte sie fast ihre Gesundheit, damit der Traum ihres Mannes in Erfüllung ging. Bis heute zählt diese Brücke zu den bemerkenswertesten Leistungen eines Architekten, ist sie doch eine der ältesten Hängebrücken in den USA.

Die Brooklyn Bridge gilt als herausragendes Kunstwerk und schwebt über den East River. Dabei handelt es sich um einen Meeresarm und das bedeutet, dass tiefe Bohrungen und Unmengen an Beton nötig waren, damit die Brücke Stabilität erhält. Das war damals für viele Menschen ein Ansinnen, das nicht durchführbar ist. Zunächst hielten sich potenzielle Geldgeber äußerst geschlossen. Ja, sie feindeten den Architekten sogar heftig an. Es gab tödliche Unfälle und fast musste der Bau eingestellt werden.

Damals gab es keine Frauen in höheren Positionen und es ist eigentlich kein Wunder, dass Emily Roebling in den Geschichtsbüchern Brooklyns und/oder der USA kaum erwähnt wird. Wie gut, dass
Tracey Enerson Wood diesen sehr gut recherchierten Roman schrieb. Neben vielen ausführlichen Berichten über den Brückenbau im allgemeinen und dem der Brooklyn Bridge im besonderen, gibt es auch Ausführungen über den Kampf der Frauen um mehr Rechte. Das Übersetzen gelang Janine Malz ausgezeichnet und das Lesen ging flüssig und mit vielen Bildern im Kopf voran.

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Veröffentlicht am 31.05.2021

Leichte Lektüre für heiße Tage

Der große Sommer
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„Der große Sommer“ erzählt von Friedrich, der gerne den Friedhof besucht. Dort geht er seinen Gedanken nach und die haben immer wieder mit dem Sommer zu tun, den er als 16jähriger bei seinen Großeltern ...

„Der große Sommer“ erzählt von Friedrich, der gerne den Friedhof besucht. Dort geht er seinen Gedanken nach und die haben immer wieder mit dem Sommer zu tun, den er als 16jähriger bei seinen Großeltern verbrachte. Er war kein guter Schüler und Latein sowie Mathe langweilten ihn. Da er bereits eine „Ehrenrunde“ drehen musste, konnte er sich eigentlich keine schlechte Note mehr erlauben. Nun ja, leider waren es wieder die beiden Angstfächer, die seine Versetzung gefährdeten. Wie gut, dass er eine zweite Chance bekam. Er sollte in den Sommerferien lernen und dann die Nachprüfung bestehen. So weit so gut. Dass er aber zu dem Zweck bei seinen Großeltern sein sollte und auf den Familienurlaub verzichten musste, nein, das war nicht gut. Seine Oma liebte er aber vor seinem Großvater hatte er Respekt. Der war streng und kein Mann, der einen Teenager begeistern konnte. Dass es trotzdem ein „großer Sommer“ wurde verdankt er ausgerechnet diesem Mann.

Da ich bereits das Buch „Alte Sorten“ von diesem Autor las, freute ich mich sehr auf dieses Buch. Auch hier war ich von der Sprache beeindruckt, bis auf den Ausdruck „Spasti“, das sollte in keinem Roman erwähnt werden. „Der große Sommer“ zeigt beeindruckend, dass weder permanenter Druck noch Drohung oder Strafe zum Erfolg führen. Das Gegenteil ist der Fall. Kinder und/oder Jugendliche mögen keine Züchtigung für schlechte Noten. Sie wollen freiwillig lernen. Das beschreibt der Autor sehr bildhaft und dass nicht jeder Streich zwingend ein Verbrechen sein muss, ebenfalls. Erste Liebe aber auch erschreckende Erlebnisse, wenn der Freund nach dem Tod seines Vaters abdreht und in die Psychiatrie eingewiesen wird gehören zu diesem Roman. Mir gefielen die „Alten Sorten“ besser, weil ich dabei den Sinn des Erzählten erkannte. Das fiel mir bei „Der große Sommer“ nicht so leicht. Aber vier Sterne hat er allemal verdient.

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Veröffentlicht am 27.05.2021

Kein Roman im üblichen Sinn

Feenders
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Die Familie Feenders bewirtschaftet einen Bauernhof in Deutschlands Norden. Bis zum Jahr 1935 achteten sie kaum auf die Politik. Allerdings wurde dann Theo abgeholt, von der Gestapo und mit dem Desinteresse ...

Die Familie

Feenders bewirtschaftet einen Bauernhof in Deutschlands Norden. Bis zum Jahr 1935 achteten sie kaum auf die Politik. Allerdings wurde dann Theo abgeholt, von der Gestapo und mit dem Desinteresse war es schlagartig vorbei. Freie Meinungsäußerung? Gab es nicht mehr. Denunziationen durch Freunde und Verwandte? Gab es täglich. Die Angst ging um in Deutschland.

Es ist nicht zu leugnen, dass viele sich von Herrn H. Im wahrsten Sinne des Wortes eine „Erlösung“ erwarteten. Sie wollten nicht mehr zum großen Strom der Arbeitslosen gehören und keineswegs weiter unter den Folgen des verlorenen Krieges leiden. Der Mann hatte angeblich Charisma und seine Reden sprachen nicht nur die Frauen an. Die Umerziehung zum Fanatismus fand bereits im Kindesalter statt. Alle, die dem „Führer“ nicht genehm waren, wurden verfolgt und getötet. Das „unwerte Leben“ gehört leider heute nicht mehr zum Focus der Historiker und Autoren.

Es sind unterschiedliche Geschichten von Augenzeugen, die Herr Jürgen Friedrich Schröder zu einem Roman verarbeitete. Roman deshalb, weil er nicht nur Fakten darlegt, sondern auch ein wenig Fantasie mit einfließen ließ. Er wechselt dabei zwischen „Kriegsberichten“ und dem Geschehen rund um die

Feenders. Dass er direkt am Anfang das Personenregister stellte, gefiel mir gut. Ebenfalls die Erläuterung zum „Blumenfeldzug“ und dem „Anschluss Österreichs“ kannte ich so noch nicht.

Neben Erzählungen von Zeitzeugen bediente sich der Autor auch etlicher Quellen, die im Anhang als „Quellen- und Literaturverzeichnis“ angegeben sind. Ein roter Faden war nicht durchgehend zu erkennen und das störte meinen Lesefluss. Die persönliche Meinung des Autors zu den Geschehnissen rund um das „Dritte Reich“ teile ich so nicht. Aber das sollte jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich unterstreiche, dass viele der Schergen und treuen Handlangern Hitlers sich nach dem Krieg gegenseitig als Mitläufer darstellten. Sie alle bekleideten weiterhin hohe Ämter und wurden nie belangt.

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