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Veröffentlicht am 14.04.2025

Harte Lebensgeschichte quirlig erzählt

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken
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Die Dichterin Mascha Kaléko kannte ich bisher nicht, durfte sie aber im Debutroman von Sarah Lorenz "Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken" kennenlernen. Denn hier berichtet die Ich-Erzählerin ...

Die Dichterin Mascha Kaléko kannte ich bisher nicht, durfte sie aber im Debutroman von Sarah Lorenz "Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken" kennenlernen. Denn hier berichtet die Ich-Erzählerin Elisa der 1975 verstorbenen Dichterin über ihr Leben. Dieser 216 Seiten lange Monolog erzählt Elisas dramatische Geschichte von ihrer Kindheit, geprägt von der Scheidung der Eltern, bis zu ihrem Ankommen in einer liebevollen Ehe mit Ende 30. Dazwischen liegen unglaublich viele schockierende Stationen, die genug für 3 Leben wären. Jedes Kapitel leitet die Autorin mit einem Gedicht von Mascha Kaléko ein. Das ist eine gute Idee, um ihre Liebe zur Dichterin zu verdeutlichen, das Buch funktioniert aber auch ohne, Dass man Mascha Kaléko oder ihr Werk kennt.

Das Besondere an diesem Roman ist der ausdrucksstarke Schreibstil. Sarah Lorenz schreibt energetisch und mit hervorsprudelnder Lebendigkeit, die absolut mitreißt. Obwohl die Protagonistin viel Traumatisches erlebt, schlachtet die Autorin die Erlebnisse nicht aus. Sie erzählt so viel, wie die Leser:innen wissen müssen, um Elisas Entwicklung nachvollziehen können - aber nicht mehr. So verliert man nie die Hoffnung, dass alles irgendwie gut wird und Elisa aus ihrer schlimmen Situation herauskommt. Das Buch hat tiefen Eindruck bei mir hinterlassen und ist schon jetzt eines meiner Lieblingsbücher für dieses Jahr!

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Veröffentlicht am 14.03.2025

Spannende Geschichte zwischen zwei Welten

Achtzehnter Stock
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Die Ich-Erzählerin Wanda lebt mit ihrer kleinen Tochter Karlie in einer heruntergekommenen Plattenbauwohnung. Sie ist auftrags- und perspektivlose Schauspielerin, kommt finanziell kaum über die Runden ...

Die Ich-Erzählerin Wanda lebt mit ihrer kleinen Tochter Karlie in einer heruntergekommenen Plattenbauwohnung. Sie ist auftrags- und perspektivlose Schauspielerin, kommt finanziell kaum über die Runden und mogelt sich frustriert durchs Leben. Dann die unerwartete Wende: Eine Einladung zum Casting für eine Netflix-Serie verspricht Wanda eine große Karriere. Plötzlich trifft sie sich mit berühmten Schauspielern, Regisseuren und allerlei anderen einflussreichen Menschen in schicken Restaurants und lernt ein ganz anderes Leben kennen. Wo und wie sie wohnt, verschweigt sie ihren neuen Bekanntschaften jedoch und verbiegt sich so zunehmend, um nach außen hin zu ihnen gehören zu können. Darunter leidet nicht nur Wanda, sondern besonders ihre Tochter.
Die fesselnde Geschichte zeichnet sich zum einen durch plastische, unperfekte Charaktere aus, die man beim Lesen nicht immer mag, deren Weg man jedoch gespannt verfolgt. Zum anderen hat mich die ausdrucksstarke und anschauliche Sprache begeistert, in der Sara Gmuer vom trostlosen Hitzetag in der Hochhaussiedlung bis hin zum fieberhaft absurden Seriendreh alle Szenen mitreißend zum Leben erweckt. Besonders spannend fand ich zudem den Zwiespalt zwischen prekärem Alltag und der glamourösen Filmwelt, den die Protagonistin zunehmend schwer vereinbaren kann. Daran werden wichtige Themen wie Zugehörigkeit und Zuhause mit einem überraschenden Ende behandelt.

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Veröffentlicht am 24.02.2025

Interessante Charaktere im starren Korsett der katholischen Gesellschaft im Irland der 1990er Jahre

Coast Road
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Vor der idyllischen Kulisse einer Kleinstadt an der irischen Westküste erzählt Alan Murrins Roman "Coast Road" die Geschichte mehrerer (unglücklicher) Familien. Zwischen Streits, Fremdgehen und Entfremdung ...

Vor der idyllischen Kulisse einer Kleinstadt an der irischen Westküste erzählt Alan Murrins Roman "Coast Road" die Geschichte mehrerer (unglücklicher) Familien. Zwischen Streits, Fremdgehen und Entfremdung versuchen die Einwohnerinnen in ihren Ehen und ihrem Alltag klarzukommen. Der Roman spielt 1994 kurz vor dem Volksentscheid zum Scheidungsverbot, das die irische Bevölkerung mit sehr knapper Mehrheit aufhob. Das Referendum kommt nur am Rande des Buches vor, es endet vor der Abstimmung. Trotzdem zeigt der Autor anhand seiner faszinierenden Charaktere sehr deutlich, dass ein Zusammenbleiben aus Zwang nicht zum Glück führt und Selbstbestimmung ein wertvolles Gut ist. Die Charaktere sind so alltäglich und normal, dass sie unsere Nachbarinnen sein könnten. Gleichzeitig sind sie so komplex und glaubwürdig gezeichnet, dass man total mitfiebert. Überhaupt hat mir der Schreibstil enorm gut gefallen, das Buch liest sich in seinem meist eher leisen Ton sehr flüssig und hat mich schnell in die Handlung hineingezogen.

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Veröffentlicht am 10.01.2025

Überzeugender Schreibstil, aber zu wenig Tiefe bei der Handlung

Intermezzo
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"Intermezzo" habe ich mit gemischten Gefühlen gelesen, da mich der Roman im Gegensatz zu den Vorgängern von Sally Rooney nicht so richtig packen konnte. Zwar hat die Autorin ein Gespür für interessante ...

"Intermezzo" habe ich mit gemischten Gefühlen gelesen, da mich der Roman im Gegensatz zu den Vorgängern von Sally Rooney nicht so richtig packen konnte. Zwar hat die Autorin ein Gespür für interessante Charaktere und das Besondere bei Alltagssituationen, das sie mit großer Stilsicherheit und einem anregenden Stil einfängt. Immer wieder gab es Passagen, die mich in ihren Bann gezogen haben. Jedoch hatte ich bei diesem Roman das Gefühl, dass sie sich zu sehr in nichtssagenden Details verliert. Das Buch hat sich über weite Strecken langatmig angefühlt und wirklich packen konnte mich kein Charakter. Am ehesten hat mich die Geschichte von Ivan und Margaret mitgezogen. Da die Handlung wie bei Rooneys Romanen üblich auch hier sehr überschaubar ist, hätte es dem Buch meiner Meinung nach gut getan, wenn es gekürzt worden wäre. Die Konflikte und Personenkonstellationen waren für meinen Geschmack nicht tief und komplex genug, um über fast 500 Seiten ausgewälzt zu werden.

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Aktivistinnen aus Gegenwart und Vergangenheit

Tage mit Milena
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In Katrin Bursegs neuem Roman "Tage mit Milena" treffen zwei beeindruckende Frauen aufeinander und verändern unerwartet das Leben der anderen.

Da ist Annika, die gerade in die Wechseljahre kommt und ein ...

In Katrin Bursegs neuem Roman "Tage mit Milena" treffen zwei beeindruckende Frauen aufeinander und verändern unerwartet das Leben der anderen.

Da ist Annika, die gerade in die Wechseljahre kommt und ein gutbürgerliches Leben mit ihrem Mann in Lübeck führt. Sie hat eine Vergangenheit in der Hamburger Hausbesetzerszene in den 1980er Jahren, die sie scheinbar hinter sich gelassen hat. In der Altstadt betreibt sie das Schreibwarengeschäft ihres verstorbenen Schwiegervaters. Dort taucht zu Beginn des Romans die 17-jährige Luzie auf und kauft Sekundenkleber, mit dem sie sich später zum Klimaprotest auf die Straße vor dem Geschäft klebt. Als Mitglied der Letzten Generation setzt sie sich aus Überzeugung für eine klimagerechte Zukunft ein.

Aus dieser Zufallsbegegnung entsteht eine Bekanntschaft, die die beiden Frauen erst nach Hamburg und dann nach Venedig bringt. Diese Reise, die v.a. bei Annika auch innerlich stattfindet, bewegt viel. Die Autorin hat einen sehr bildlichen Schreibstil, der mitreißt und sich angenehm und leicht lesen lässt, sodass man richtig in die Geschichte hineingezogen wird. Außerdem hat mir gut gefallen, dass sie sich intensiv mit Klimaprotesten beschäftigt und so einen sehr aktuellen Bezug reinbringt.

Einige der Handlungswendepunkte wirkten auf mich leider etwas erzwungen. Sie kamen nicht richtig aus der Motivation der Charaktere heraus, sondern etwas zu impulsiv. Abgesehen davon ist der Roman gut strukturiert und zeichnet sich durch spannende Themen und interessante Charaktere aus.

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