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Veröffentlicht am 05.01.2017

Schöpfungsgeschichte trifft auf Science Fiction

Genesis X
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Vor 450.000 Jahren v. Christus landen die Nefilim mit ihrem Raumschiff auf dem "Blauen Planeten" um eine alternative Heimat für ihr Volk zu erschaffen. An Bord sind bedeutende Wissenschaftler von Marduk, ...

Vor 450.000 Jahren v. Christus landen die Nefilim mit ihrem Raumschiff auf dem "Blauen Planeten" um eine alternative Heimat für ihr Volk zu erschaffen. An Bord sind bedeutende Wissenschaftler von Marduk, Ea und seine Schwester Inanna. Sie finden die Erde unkultiviert und unzivilisiert vor, unberührte Natur und atemberaubende Landschaften. Sie züchten, mit Hilfe, der Gentechnik Pflanzen und bauen Rohstoffe ab, die sie für ihren Heimatplaneten benötigen. Die Nefilim verfügen über hohe Technologie und fortgeschrittene Forschung, aber ihre Gesellschaftsstrukturen weisen diesselben Probleme auf, die man seit dem Anbeginn der Menschheit kennt. Unterdrückung, ungerechte Hierarchien, Neid und Missgunst und alles, unter dem Deckmantel des Glaubens, gerechtfertigt. Ea ist sehr empathisch und er steht für die Gleichstellung der Rassen, während sein Bruder Enlil einen ignoranten Despoten, der die Macht an sich reißen will, darstellt.

Durch die Genforschung gelingt es den Nefilim, den ersten Menschen zu erschafften, Adam. Der Anbeginn der Menschheit und ein Projekt, bis die Natur sich ihren Weg selbst bahnt . Der Rest der Geschichte ist aus der Bibel bekannt.


Die Story klingt sehr skurril und der Roman wird im Klappentext als Historien-Fantasy-Roman bezeichnet. Der Autor Joachim Josef Wolf hat diese Komponenten sehr kreativ miteinander verknüpft und bedient sich auch bei Sciencefiction-Elementen. Wie schon erwähnt, ist die Handlung an der Bibel angelehnt und wird mit sumerischen Mythen verknüpft. Der Autor versteht sich perfekt darin philosophisch, informativ und humorvoll zu unterhalten.


Der Schreibstil ist äußerst abwechslungsreich. Visuell ausdrucksstark und metaphorisch wird der unberührten Natur eine faszinierende Ästhetik verliehen, dann wird es wieder sachlich und wissenschaftlich. Hier ist wohl auch das persönliche Interesse des Lesers ausschlaggebend, inwieweit man in die Thematik eintaucht. Die Ausführungen über Biogenetik und die Kultivierung von Pflanzen fand ich sehr interessant.


Man muss auch nicht bibelfest sein, um der Geschichte zu folgen, denn Joachim Josef Wolf kreierte seine ganz eigene Vorstellung von der Erschaffung des Menschen und bringt dabei gekonnt gesellschafts-und sozialkritische Aspekte auf den Punkt. Der Roman handelt zwar weit in der Vergangenheit, greift dabei aber, auch heute noch sehr aktuelle Themen auf.


Am Schluß kann sich jeder sein eigenes Bild machen und entscheiden, welche Lehren oder Erkenntnisse sich man aus dieser Lektüre. Es lohnt sich diesen außergewöhnlichen Roman zu lesen und ich spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung mit 5 Sternen aus.

Veröffentlicht am 03.01.2017

Eine spannende, authentische und einzigartige Reise

Ein Coffee to go in Togo
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Im Juli 2012 startete Markus Weber in ein unvergleichliches Abenteuer. Mit dem Fahrrad 26 Länder durchqueren, von Deutschland bis nach Westafrika, 14.037 Kilometer im Sattel. Klingt verrückt und ist es ...

Im Juli 2012 startete Markus Weber in ein unvergleichliches Abenteuer. Mit dem Fahrrad 26 Länder durchqueren, von Deutschland bis nach Westafrika, 14.037 Kilometer im Sattel. Klingt verrückt und ist es auch irgendwie!

Die Idee dazu, kam Markus Weber auf seiner morgendlichen Zugfahrt nach Frankfurt. Geschäftige Menschen, alle auf dem Sprung mit dem Kaffeebecher in der Hand. Doch wo fand der Coffee to go eigentlich seinen Ursprung und gibt es auch Coffe to go in Togo? Diese Frage will sich Markus selbst beantworten und beschließt eine einjährige Auszeit zu nehmen um die Welt zu erkunden.

Und das beste daran, er lässt den Leser daran teilhaben und schrieb ein Buch über seine Reise. Alle Länder, alle Etappen, die wichtigsten Eindrücke und Erfahrungen in kurzen Kapiteln zusammengefasst. Sein Schreibstil ist so lebendig, das man das Gefühl hat, auf dem Gepäckträger mitzufahren. Er lässt einen teilhaben an der knappen Vorbereitungszeit, die Startschwierigkeiten, Freude, Angst, Strapazen, Heimweh, Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen.

Man merkt deutlich, das man als Abenteurer und Weltenbummler nicht geboren wird, sondern in diese Rolle erst hinein wächst und diese Entwicklung verfolgt man als Leser spannend mit. Der holprige Start in Deutschland und die Orientierungs- und Verständigungsschwierigkeiten in Osteuropa sind in Afrika wie verflogen. Doch dort wartet erst noch die wahre Herausforderung. Drückende Hitze, schmutziges Trinkwasser, giftige Tiere, gefährliche Infektionskrankheiten und einen Fluch, den Markus, wohl so schnell nicht vergessen wird.

Er schildert lebhaft über Land und Leute und die teils atemberaubende Landschaft und Natur, die Afrika zu bieten hat. Jedes Land wird mit seiner eigenen Anekdote bedacht und das macht auch den Charme dieses Buches aus. Am Schluss bleibt die Erkenntnis, egal in welchem Land, wer am wenigsten hat, ist bereit am meisten zu geben. Markus Weber trifft auf etliche berührende Einzelschicksale, vor allem in Westafrika, dessen einzelne Staaten durch die Ausbeutung der Industrienationen und von den zahlreichen Bürgerkriegen ziemlich gebeutelt sind und sich gerade im Wiederaufbau befinden. Doch überall findet er Hoffnung und Lebensfreude!

Ich will jetzt gar nicht zuviel vorgreifen, denn dieses Abenteuer muss man selbst gelesen haben. Mit fast 450 Seiten ist es recht umfangreich, aber auf keiner Seite kommt Langeweile auf.

Dieser Roman war, so ziemlich der letzte, den ich 2016 gelesen habe, aber er zählt zu meinen persönlichen Highlights.


5 Sterne! Unbedingt Lesen!

Veröffentlicht am 26.12.2016

Eine Hommage an die Fragilität menschlicher Bindungen

Wir kennen uns nicht
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Inhalt und Charaktere:

Die Lektüre beginnt mit einer anklagenden Ansprache der Protagonistin Ariane, die direkt an den Leser gerichtet ist. Nur ein paar Zeilen, die mit einer geballten Ladung, die gesamte ...

Inhalt und Charaktere:

Die Lektüre beginnt mit einer anklagenden Ansprache der Protagonistin Ariane, die direkt an den Leser gerichtet ist. Nur ein paar Zeilen, die mit einer geballten Ladung, die gesamte Wucht negativer Empfindungen gegenüber ihrer Mutter Lena, zum Ausdruck bringt, das es beim Lesen, fast wehtut.

Ariane fühlt sich vernachlässigt, ungeliebt und ihrer Wurzeln beraubt. Die Anonymität ihres leiblichen Vaters begleitet sie ihr ganzes Leben und sie wird, von ihrer Mutter, mit nebulösen Andeutungen einer künstlichen Befruchtung abgespeist. Ihre Zuneigung holt sich Ariane stets woanders und vorsichtige Annäherungen, seitens der Mutter, weist sie vehement ab. Die Verletzungen in ihrer Seele sind einfach zu tief verankert. Ariane wird eine angesehene Verhaltensforscherin und sie geht in ihrem Beruf auf. Die Momente, bei der man als Leser, ihren Versuchen mit ihren geliebten Raben, beiwohnen darf, lassen Ariane in einem ganz anderen Licht erscheinen. Sie blüht auf und sprüht vor Enthusiasmus.

Mit Nommen, findet Ariane einen Partner, der auf ihre Bedürfnisse eingeht und bei dem sie endlich das erhält, wonach sie ihr ganzes Leben suchte, Liebe und Geborgenheit.

Mutter Lena steht, seit ihrer Jugend, für Frauenrechte ein. Sie wollte sich nie in die Abhängigkeit eines Mannes begeben, weshalb sie sich für eine Schwangerschaft ohne Vater entschlossen hat. Aus ihrer Sicht hat Lena alles richtig gemacht und von außen betrachtet, fehlte es Ariane auch an nichts. Lena verdiente ein kleines Vermögen mit ihren Romanen, in denen sie ihr eigenes Leben und das ihrer Tochter, fiktiv verarbeitet. Ein weiterer Aspekt, den Ariane nie verstand. Sie fühlte sich durch die Romane öffentlich bloß gestellt und dennoch fand sie nie einen Weg, ihrer Mutter, ihren Standpunkt unmissverständlich klar zu machen. Ein großer Fehler von beiden Seiten.

Lena wollte ihre Tochter stets zur Selbstständigkeit erziehen, wollte mehr Freundin als Mutter sein und Ariane eine Alternative zum traditionellen Familienleben bieten, jedoch fragte sie Ariane nie nach ihren Wünschen.

Beide leben in ihrer eigenen Welt und in ihrer Anschauung ohne die Perspektive des anderen zu reflektieren. Und wie auch Ariane, zu Beginn des Romans, schon richtigerweise feststellt „Wir kennen uns nicht“

Meine Meinung:

In gewohnter Manier, bringt Autorin Birgit Rabisch Empfindungen und Emotionen, mit feinen und tiefsinnigen Formulierungen, auf den Punkt, ohne diese zu werten. Das bleibt dem Leser selbst überlassen und somit befindet man sich, nach kurzer Zeit, in einem Wechselbad der Gefühle. Beide Protagonistinnen gestatten, nach und nach, einen tiefen Blick in ihre Seele und es fällt schwer, sich auf eine Seite zu schlagen. Beide sind in ihren Ansichten gleichermaßen festgefahren und zu sehr damit beschäftigt, die Fehler beim jeweils anderen anstatt das Gespräch zu suchen.

Der Roman offenbart die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen. Egal ob als Partner, als Elternteil oder als Kind, Liebe und Vertrauen ist ein Prozess, der mühevoll erarbeitet sein will, egal in welchem Alter, egal in welcher Gesellschaftsschicht. Was zu Beginn einer Beziehung versäumt wird, ist nur noch schwer zu kitten.

Mich hat dieses Buch, als Mutter zweier Töchter, sehr bewegt, berührt und nachdenklich gemacht und es hat mich gelehrt, nicht nur für meine Kinder, sondern auch für meinen Partner und wichtigen Menschen in meinem Leben, immer ein offenes Ohr zu haben, die eigene Perspektive auszublenden und die Sichtweise des anderen zuzulassen.

Ein weiteres Mal hat mich, die sensible und unverwechselbare Art der Erzählkunst von Birgit Rabisch tief beeindruckt. Ihre Stärke liegt darin, mit leisen Tönen eine Komposition zu schaffen, deren Höhepunkte, zwischen den Zeilen liegen.


5 Sterne für diesen wundervollen Roman, mit einer Thematik, die einfach jeden berühren sollte.