Was macht einen Menschen wertvoll?
Das rote Vogelmädchen„...Seine Hand fand sofort, was er suchte, und griff nach der kleinen Blechdose. Bene, seine Freundin, hatte sie ihm am Abend vorher überreicht...“
Die Autorin hat eine berührende Liebesgeschichte geschrieben. ...
„...Seine Hand fand sofort, was er suchte, und griff nach der kleinen Blechdose. Bene, seine Freundin, hatte sie ihm am Abend vorher überreicht...“
Die Autorin hat eine berührende Liebesgeschichte geschrieben. Die kleinen Blechdosen spielen dabei eine besondere Rolle. Das Buch ist wie ein Adventskalender aufgebaut. Der Schriftstil ist stimmig und fein ausgearbeitet.
Die Geschichte beginnt an einem ersten Dezember. Bene und Jacob sind ein Paar. Bene hat sich für Jacob etwas Besonderes ausgedacht. Jeden Tag übergibt sie ihm eine Dose mit einem Bild. Dieses Bild findet sich zu Beginn des Kapitels. Es passt zu dem Text, der neben anderen Kleinigkeiten in der Dose ist. So erschließt sich nicht nur mir, sondern auch Jacob, was alles passiert ist, bis die beiden zusammengekommen sind. Die Texte sind kursiv geschrieben, nicht zu lang, nicht zeitlich geordnet und doch aussagekräftig darüber, was wann warum in Bene vorgegangen ist.
Nebenbei aber läuft das Leben weiter. Jacob ist Grafikdesigner. Jetzt soll er im Auftrag seiner Firma für die Oper Halle tätig werden. Bene kennt Jacobs Bilder. Sie möchte, dass er sich wieder mehr der Malerei widmet. Doch Jacob lehnt ab. Hier wirkt Bene stellenweise leicht übergriffig, auch wenn sie nur das Beste will.
„...Sollte er nicht selbst entscheiden dürfen, was genau er will und vor allem wann er will?...“
Bene zeichnet sich durch ihre große Empathie aus. Sie hat die Gabe, Menschen durch kleine Geschenke berühren und ihnen wieder Lebensfreude geben zu können. Jacob bezeichnet sie als seine Muse. Er beschreibt sie so:
„...Sie wirkte einerseits so schimmernd und farbenfroh auf ihn, dass er glaubte, alles, was sie berührte, würde in Regenbogenfarben strahlen oder sogar glitzern...“
Bei einem gemeinsame Ausflug erfüllt Jacob ihr einen geäußerten Wunsch. Plötzlich zieht sich Bene zurück. Es gibt keine Dosen mehr. Ihre Beziehung steht auf Messers Schneide. Jacob begreift nicht, was er falsch gemacht hat. Mir als Leser ging es ebenfalls so. Es war eine stimmungsvolle Szene. Ich hätte Freudentränen erwartet, keinen Rückzug. Dann folgt ein Satz au der Kindheit, der auf alte Wunden hinweist:
„..Ihre Mutter hatte ihr schon als Kind gesagt, sie solle nicht so viel erwarten vom Leben, dann könne sie auch nicht enttäuscht werden...“
Wird es Jacob gelingen, die Beziehung neu zu beleben? Wird Bene erkennen, wie wertvoll sie für andere Menschen ist?
Es werden auch Fragen diskutiert, die gerade in der momentanen Jahreszeit wieder hochaktuell sind. Muss jedes Geschenk mit einem Gegengeschenk beantwortet werden? Lieben wir den einen oder anderen Menschen um seiner Selbst willen oder nur die Geschenke, die er uns macht? Was macht den Wert eines Lebens aus?
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mich tief berührt.