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Veröffentlicht am 21.06.2018

Beeindruckendes Zeitdokument

Wofür es lohnte, das Leben zu wagen
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„...Angesichts des Todes werden die Werte des Lebens ein Nichts...“

Das Sachbuch beginnt mit einem Vorwort von Hans Machemer. Dort legt er kurz dar, wie und weshalb es zur Veröffentlichung der Geschichte ...

„...Angesichts des Todes werden die Werte des Lebens ein Nichts...“

Das Sachbuch beginnt mit einem Vorwort von Hans Machemer. Dort legt er kurz dar, wie und weshalb es zur Veröffentlichung der Geschichte kam. Es sind die Briefe seines Vaters, die den Inhalt des Buches bilden.
Anschließend folgen von Christian Hardinghaus eine geschichtliche Beurteilung und die Vorgeschichte.
Helmut Machemer ist Augenarzt. Mit 36 Jahren und auf Grund seines Berufs wäre er vom Kriegsdienst freigestellt gewesen. Doch seine Frau Erna ist nach Lesart der damaligen Zeit halbjüdisch. Damit gelten sie und die drei kleinen Söhne als Mischlinge. Erna musste deshalb schon ihr Medizinstudium aufgegeben. Da sich Helmut nicht von seiner Familie trennen will, sieht er nur eine Chance. Wenn er sich freiwillig zum Heer meldet und dort alle Tapferkeitsauszeichnungen erhält, kann er damit erreichen, dass seine Familie arisiert wird. Diese Sonderregelung gibt es im Rassengesetz.
Hans Machemer ist dabei, als die Deutsche Wehrmacht am 22. Juni 1941 ohne Kriegserklärung über die sowjetische Grenze marschiert. Er ist Unterarzt der Aufklärungs-Abteilung der 16. Panzerdivision. Gleichzeitig schreibt er in Briefen seine Erlebnisse und Gedanken nieder und fotografiert das Geschehen. Die Vielzahl dieser Briefe bildet den Hauptinhalt des Buches.
Der erste Brief datiert vom 5. Oktober 1941. Die Deutsche Wehrmacht befindet sich auf einem fast ungebremsten Vormarsch. Deshalb zeigen die ersten Briefe auch seinen Optimismus. Deutlich wird die Überlegenheit der deutschen Truppen herausgestellt. Es ist nicht zu überlesen, dass die Propaganda der letzten Jahre Spuren hinterlassen hat. Das zeigt sich in einer gewissen Überheblichkeit. Andererseits überwiegt auch im Verhalten gegenüber dem Gegner die Menschlichkeit. Das Regiment zieht durch die Ukraine und trifft dabei nicht nur auf Feinde. Exakt werden die Dörfer und das dortige Leben beschrieben. Schnell machen sie Bekanntschaft mit Wanzen und Flöhen.
Die ganze Widersprüchlichkeit der Gedankenwelt wird hier an einer Stelle besonders deutlich. Helmut möchte, dass seine Familie arisiert wird, nimmt aber den Judenhass in der Ukraine als gegeben hin.
Mit dem ersten Wintereinbruch ändert sich der Schriftstil leicht. Plötzlich geht es nicht mehr nach vorn. Die Langeweile des Stellungskrieges, erste Erfrierungen, fehlende Winterbekleidung gewinnen zunehmend Raum in den Briefen. Nachdem er im ersten Teil davon berichtet hat, dass die Rote Armee beim Rückzug verbrannte Erde zurückgelassen hat, verwendet nun die Deutsche Wehrmacht ebenfalls diese Taktik. Doch immer überwiegt die Hoffnung auf den Sieg.
Hinzu kommt, dass Helmut in den Briefen darauf drängt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Arisierung der Familie voranzutreiben. Er hat Angst um seine Kinder. Auf seine Beförderung wartet er seit zwei Jahren. Das ärgert ihn, ändert aber wenig an seinem Pflichtbewusstsein.
Deutlich wird, wie hart das Leben eines Arztes direkt an der Front ist. Es geht um die Erstversorgung der Verwundeten. Die nächste Schwierigkeit besteht darin, sie in ein Lazarett zu bringen. Das ist nur noch bedingt möglich. Der russische Winter lässt nicht nur Wasser gefrieren, sondern auch Füße und Hände. Fahrzeuge fallen aus. Der Stellungskrieg zermürbt. Bisher registrierte Helmut in seinen Briefen die Menge der gefallenen Russen. Nun werden zunehmend eigene Kameraden beerdigt. Außerdem gibt es Probleme mit der Post. Die mit Sehnsucht erwarteten Päckchen aus der Heimat bleiben aus.
Berührend zu lesen sind die Briefe der Kinder, die sie an ihren Vater schreiben. Im letzten Drittel des Buches sind auch Briefe von Erna veröffentlicht. Dort tauschen sich die Eheleute über Schreibstil und Lesbarkeit aus. Erna schreibt alle Briefe ihres Mannes ab.
Wie ein roter Faden zieht sich durch das Buch die Hoffnung auf Sieg und Heimkehr. So schreibt Helmut:

„...Dass der Russe seine letzten Reserven ausschöpft, ist keine Frage...“

Auch das Eingangszitat stammt aus einem der letzten Briefe. Seine Zeilen sprechen von Kameradschaft selbst in schwierigen Situationen, setzen sich mit Fehlverhalten auseinander und bescheinigen dem Regiment einen Hauch preußischer Disziplin. Doch gerade in der letzten Zeit kommt er auch mit Ärzten in Kontakt, die die Situation wesentlich kritischer sehen. Helmut hat aber nur ein Ziel vor den Augen, und dafür setzt er sich mit ganzer Kraft ein: die Sicherheit seiner Familie. Dabei ahnt er aus meiner Sicht nicht einmal, wie groß die Gefahr für sie wirklich ist. Trotzdem gibt er Verhaltensratschläge, was zu tun ist, falls er nicht zurückkehrt. Die lange Zeit wirkt zermürbend. Heimaturlaub ist nicht in Sicht oder wird gestrichen.
Und dann stellt er eine Frage, die Monate vorher überhaupt nicht im Raum stand.

„...Dankt uns die Heimat einmal, was wir für sie tun?...“

Die Briefe ermöglichen mir als Leser einen Einblick in eine Gedankenwelt, die schwierig nachzuvollziehen ist. Die Soldaten sahen sich als Verteidiger der Heimat. Sie taten ihrer Ansicht nach ihre Pflicht. Dass es zunehmend von beiden Seiten Grausamkeiten gab, wurde registriert, aber kaum bewertet.
Die politische Beeinflussung des Gegners durch Kommissare wird häufig angesprochen, die Wirkung der eigenen Propagandamaschinerie nicht registriert.
Eingebunden im Buch sind viele Originalfotos. Sie veranschaulichen die Situation.
Außerdem gehört zum Buch eine DVD. Auch dort befinden sich bisher unveröffentlichte Bilder. Gut gefallen hat mir der Kommentar des Autors. Unter anderen führt er aus, welchen Gefahren sich Helmut mit diesen Aufnahmen ausgesetzt hat.
Außerdem sind Originaldokumente dem Buch beigefügt.
Helmut erreicht sein Ziel. Seine Familie wird deutschblütigen Personen gleichgestellt. Doch er zahlt dafür einen hohen Preis. Seine Söhne werden ohne ihn aufwachsen.
Ich bin mir bewusst, dass diese Rezension dem Buch nicht allumfassend gerecht werden kann. Sie spiegelt nur einen Teil des Inhalts wider.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist ein wichtiges Zeitdokument, da es ungeschönt die Gedanken eines Arztes an der Front wiedergibt. Der meist sachliche Schriftstil wirkt besonders beeindruckend.

Veröffentlicht am 19.06.2018

Beeindruckende Lebensbeichte

Der Unsterbliche
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„...Entweder du konsumierst Drogen oder verkaufst sie. Beides geht nicht, sonst gehst du vor die Hunde...“

Ali war 15 Jahre alt, als er auf die Schule verzichtete und eine Kalaschnikow in die Hand nahm. ...

„...Entweder du konsumierst Drogen oder verkaufst sie. Beides geht nicht, sonst gehst du vor die Hunde...“

Ali war 15 Jahre alt, als er auf die Schule verzichtete und eine Kalaschnikow in die Hand nahm. Anfangs reizt es ihn, die Waffe auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen. Im Zielschießen war er nicht zuschlagen. Er lebte im Offiziersviertel der Stadt. Wie alle Jungen träumte er davon Offizier zu werden.
Im Roman erzählt Ali Dini seine bisherige Lebensgeschichte. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Das lag zum einen an den Wandlungen in Alis Leben, zum anderen aber auch daran, dass seine Lebensgeschichte einen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen in Teilen Osteuropas gestattet. Das Wichtigste aber ist, dass seine Entwicklung belegt, dass es ganz unterschiedliche Wege gibt, zum Glauben an Jesus Christi zu kommen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Offen und ungeschönt beschreibt Ali sein Leben. Er ist noch nicht volljährig, als er für sein Heimatland Iran in den Krieg gegen Irak zieht. Während viele neben ihn fallen, übersteht er jede Schlacht. Bald gilt er als unsterblich. Er scheut sich nicht, auf die Grausamkeiten des Krieges hinzuweisen. Die Bilder toter Kinder wird er sein Leben lang nicht aus dem Kopf bekommen. Er beginnt zu hinterfragen, ob das, was geschieht, wirklich im Sinne Allahs ist. Sein Blick auf Kriegsgewinner und auf die Verlierer nimmt ihn jede Illusion. Er ist nicht mehr der naive Held.
Nach dem Krieg steigt er groß ins Drogengeschäft ein. Aus dieser Zeit stammt die obige Warnung. Lange nimmt er sie ernst. Er hat Geld und Kontakte, um in der Szene schnell sein eigener Herr werden zu können. Dann aber kommt bei einem Streit ein junger Mann um. Damit beginnt Alis lange Flucht nach und durch Europa.
Gut wird wiedergegeben, wie er immer neu sein Geschäft aufbaut. Doch ihm bleibt eine gewisse Naivität gegenüber seinen Freunden und Bekannten. Dadurch landet er im Gefängnis. Plötzlich vertickt er nicht nur Drogen, er konsumiert sie. Das scheint der Anfang vom Ende.
Dann drückt ihm ein Mithäftling eine Bibel in die Hand. Er liest sie und bekommt so Antwort auf Fragen, die ihn seit Jahren beschäftigen. Er findet den Weg zu Jesu und geht diesen konsequent. Durch seine Autorität, die er sich in dunkler Zeit erarbeitet hat, ist es ihm jetzt möglich, seinen Mithäftlingen den neuen Glauben nahezubringen. Den gleichen Weg geht er nach seiner Freilassung. Das ist nicht leicht, denn viele nehmen ihn anfangs die Wandlung nicht ab.
Der manchmal fast lockerleichte Schriftstil macht das Lesen angenehm. Ein feiner Humor durchzieht vor allem die letzten Kapitel des Buches.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie sich ein Mensch innerlich verändern kann.
Ein Ausschnitt aus einem Gespräch mit einem ehemaligen Gefährten möge meine Rezension beenden:

„...Ja, ich erzähle dir auch von Jesus. Jesu Blut steht für etwas anderes als das Blut unserer Opfer. Das Blut unserer Opfer ruft nach neuem Blut, Jesu Blut bringt Vergebung...“

Veröffentlicht am 17.06.2018

Fesselnd und brisant

Solothurn spielt mit dem Feuer
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„...Es gibt einen schönen Spruch: Der Weg zur Hölle ist ist guten Absichten gepflastert. Etwa so verhält es sich mit den Waffenausfuhrkontrollen. In diesem Geschäft sind viele Mittelsmänner involviert. ...

„...Es gibt einen schönen Spruch: Der Weg zur Hölle ist ist guten Absichten gepflastert. Etwa so verhält es sich mit den Waffenausfuhrkontrollen. In diesem Geschäft sind viele Mittelsmänner involviert. Niemand hat mehr die Übersicht, wo die Waffen schliesslich landen...“

Vukovic, der Wolf, verlässt das Gericht als freier Mann, obwohl er viele Menschenleben auf den Gewissen hat. Doch auf einen der Dächer wartet schon ein Scharfschütze.
Dann wechselt die Handlung in die Schweiz. Hauptmann Dominik Dornach erhält einen Anruf. Auf der Grottenburg wurde das Skelett eines Kindes gefunden. Es war dort in der Nacht rituell bestattet wurden. Die pathologische Untersuchung ergibt, dass der Junge seit 10 Jahren tot ist und damals etwa 8 Jahre alt war.
Der Autor hat erneut einen fesselnden Krimi geschrieben. Geschickt vermischt er internationale Probleme mit örtlichen Kriminalfällen. Dabei laufen mehrere Handlungsstränge parallel. Das sorgt nicht nur für Abwechslung, sondern auch für einen hohen Spannungsbogen. Dem tragen auch die kurzen Kapitel Rechnung.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Während Dominik den Tod des Jungen aufklären will, zeigt sein Vorgesetzter und die Staatsanwältin daran weniger Interesse, denn nachdem die Identität des Kindes festgestellt wurde, kommt ein alter Fall auf den Tisch, der erledigt war. .Die einzige offene Frage ist, wer den Jungen ausgegraben und auf die Burg gebracht hat. Der verurteilte Mörder, der den Ort des Grabes nie verraten hat, ist tot. Warum sich also mit einem alten Verbrechen beschäftigen?
Dann explodiert im Büro von Richter Scheurer eine Briefbombe und verletzt dessen Sekretärin schwer. Plötzlich wird die islamische Szene in Solothurn verstärkt unter die Lupe genommen, denn der Richter hatte gerade gegen einen Türken ein Urteil gefällt..
Doch die Professionalität der Arbeit lässt zu wünschen übrig. Staatsanwältin Casagrande hat ihre Eifersucht nicht unter Kontrolle, nachdem Jana Cranach erneut in Solothurn erschienen ist. Sie ist Mitglied einer Eliteeinheit und auf der Suche nach Scheich Abdul Agil und seiner Frau. Dabei hat sie einen Abstecher zu Dominik und seiner Tochter Pia gemacht und wird vom BKP in die Ermittlungsarbeit involviert.
Auch Pia hat ihre Probleme. Ihr übersteigerter Gerechtigkeitssinn lässt sie das Gefühl für Gefahren vergessen. Die Warnungen ihres Vaters schlägt sie in den Wind. Sie glaubt, nach ihrem Selbstverteidigungsstunden mit Maja nun angreifbar zu sein. Doch Jana wird deutlich.

„...Hör mir zu, du stures Dirndl: Mittlerweile solltest du vernünftig genug sein. Wenn du noch einmal so etwas abziehst, trete ich dir persönlich dermassen in deinen hübschen Hintern, dass du in der Zelle nicht mehr sitzen kannst, wo dich dein Vater auf meine Bitte hin einsperren wird...“

Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehört die Diskussion zwischen Dominik und Jana zum Thema Globalisierung und Terrorismus. Darauf bezieht sich das Eingangszitat. Auch das folgende Zitat ließ mich sehr nachdenklich werden:

„...Die Globalisierung reisst die Wirtschaft aus ihrem gesellschaftlichen Kontext. Bei allen Vorzügen, welche die Digitalisierung haben mag, birgt sie eine große Gefahr, indem sie den Prozess der Entmenschlichung beschleunigt...“

Ähnlich tiefgründig ist das Gespräch zwischen Maja und Jana über den Islam. Jana ist mit beiden Religionen aufgewachsen. Sie kennt die positiven Aspekte, aber auch die Schattenseiten und vermag glasklar zu argumentieren.
Ab und an durchzieht ein feiner Humor die Geschichte. Der liegt Maja, aber auch Dominik.
Gut finde ich, dass die Protagonisten als Menschen mit Stärken und Schwächen dargestellt werden. Von Band zu Band ist eine Entwicklung spürbar, manchmal zum Positiven, manchmal zum Negativen. Außerdem darf ich von dem einen oder anderen ganz neue Facetten kennenlernen. Das reduziert die Geschichte nicht nur auf die Krimihandlung, sondern gibt ihr ein menschliches Antlitz.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich freue mich schon auf den nächsten Band.

Veröffentlicht am 12.06.2018

Spannender Harzkrimi

Drei freundliche Tage und ein Todesfall
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„...Worte sind für uns da, durchleuchtet und zu Nachrichten aufbereitet zu werden. Wir führen kein einziges Gespräch unbefangen, wir suchen stets nach verwertbaren Informationen darin...“

Carina und Rico ...

„...Worte sind für uns da, durchleuchtet und zu Nachrichten aufbereitet zu werden. Wir führen kein einziges Gespräch unbefangen, wir suchen stets nach verwertbaren Informationen darin...“

Carina und Rico haben ihren ersten Auftritt bei einem Rock-Festival. Doch Carina ist nicht bei der Sache. Sie hat ein Plakat der Rock-Band „Paper Plane“ gesehen. Laut Informationen ihrer verstorbenen Mutter ist deren Bassist ihr Vater.
Ohne Rico Bescheid zu geben, reist Carina wenige Tage später nach Osterode. Dort hofft sie, ihren Vater zu treffen. Auf den Marktplatz wird sie von dem Journalist Holger Diekman gesehen. Sie erinnert ihn an eine junge Frau, die er vor 24 Jahren kennengelernt hat. Doch diese war später mit einer Rockband verschwunden.
Carina ruft ihren Vater Torsten Dreyer an. Beide vereinbaren ein Treffen. Dazu wird es allerdings nie kommen. Carina ist verschwunden, und Torsten wird erhängt in einer Scheune gefunden wenige Tage vor dem erneuten Auftritt der „Paper Plane“.
Der Autor hat einen spannenden Kriminalroman geschrieben.
Holger Diekmann glaubt nicht an einen Selbstmord von Torsten. Hauptkommissar Ingo Beherend allerdings hat nicht viel Lust zu ermitteln. Als man dann die Leiche der jungen Frau findet, ist Ingo gezwungen, zusammen mit Naima Azzouzzi ein Ermittlungsteam zu bilden. Gezwungen deshalb, weil Naima die Leiterin ist. Gleichzeitig verfolgt Holger eigene Spuren.
Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Zwar ist schnell klar, wer im Hintergrund die Fäden zieht, doch er ist zu clever, um sich selbst die Hände schmutzig zu machen oder sich erwischen zu lassen. Nicht nur die Vorgänge vor 24 Jahren bergen Gefahren, auch die aktuellen Geschäfte scheuen das Licht der Öffentlichkeit.
Aufgelockert wird die Geschichte durch die Eskapaden des Hundewelpen, den sich Ingo zugelegt hat. Er sorgt für amüsanten Szenen und hält den Herrn Hauptkommissar auf Trab.
Nach und nach darf ich einen Blick in die Vergangenheit einiger Akteure werfen. Außerdem erfahre ich, was vor 24 Jahren wirklich passiert ist. Der Prolog zeigt ja nur einen kurzen Ausschnitt davon.
Als Eingangszitat stammt von Ingo in einem Gespräch mit Holger. Die Dialoge zwischen beiden bringen die Handlung voran, denn Holger versteht es, die richtigen Fragen zu stellen und Menschen zum Reden zu bringen. Dadurch werden auch die Spannungen in der Rockband und die komplexen Beziehungen der Mitglieder untereinander thematisiert.
Dem Autor gelingt es, den Spannungsbogen hochzuhalten. Gleichzeitig wartet er am Ende mit einer handfesten Überraschung auf.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es wird konsequent logisch zu Ende geführt und lässt keine Frage offen.

Veröffentlicht am 10.06.2018

Fesselnder Krimi

Hügeltreffen - Konrad von Kamms 5. Fall
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„...Wahrscheinlich suchte noch jemand verzweifelt nach der Taste, wo er den Daumen nach oben setzen konnte, wenn er am Fenster gegenüber einen Mord beobachtete...“

Nach einer italienischen Nacht werden ...

„...Wahrscheinlich suchte noch jemand verzweifelt nach der Taste, wo er den Daumen nach oben setzen konnte, wenn er am Fenster gegenüber einen Mord beobachtete...“

Nach einer italienischen Nacht werden in einem Doppelhaus zwei Frauen erschossen. Der Fall landet bei Ilga und Ralf. Letzterer ist aber zur Zeit überhaupt nicht auf der Höhe.
Im Team wird Konrad von Kamm schmerzhaft vermisst. Nachdem er in letzten Fall und damit im Vorgängerband von seinem Schwiegervater niedergestochen wurde, kamen zwei Schlaganfälle hinzu. Nun erholt er sich bei seinem Onkel Franz auf dem Gut. Dort hat er auch ein altes Hobby wieder in Angriff genommen. Doch seine linke Hand will noch nicht so, wie sie soll.
Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben, der mich auf eine Reihe alter Bekannter treffen lässt.
Der Schriftstil ist wie gewohnt ausgewogen. Konrad hat trotz allem seinen trockenen Humor nicht verloren, wie das Eingangszitat zeigt. Auch die Gespräche mit seiner Mutter sind nach wie vor amüsant. An Schlagfertigkeit nehmen sich beide nichts. Konrad fast das gekonnt zusammen:

„...Er fragte sich erneut, wie es seine Mutter immer wieder schaffte, ihr Lob in Tadel zu packen, gab ihr allerdings im Stillen recht...“

Ralf verlässt aus privaten Problemen von einen Tag auf den anderen das Team. Plötzlich muss Ilga lernen, die Gruppe zu leiten. Sehr schön wird sprachlich herausgearbeitet, dass dies für sie keine einfache Zeit ist. Es ist ein Unterschied, ob man Anweisungen erhält oder selbst geben muss. Auch die Koordination der Aufgabenn will gelernt sein. Einer allerdings nutzt auf seine eher stille Art die Chance, sich mit seinen Fähigkeiten zunehmend im Team einzubringen. Das ist Huber. Er gefällt mir auch deshalb, weil er von seinem Tun nicht viel Aufhebens macht, sondern seine Ideen mit Fleiß und Konsequenz einbringt..
Der Fall erweist sich als schwierig, zumal sich Dr. Klever, einer der Ehemänner, eine Menge Feinde gemacht hat. Nachbarschaftliche Rücksichtnahme ist für ihn ein Fremdwort. Allerdings steht er selbst ebenfalls auf der Liste der möglichen Täter. Das ergibt sich aus den komplizierten Verflechtungen der Familien in dem Doppelhaus.
Konrads Ratschlag ist nicht nur des Nachdenkens wert, er zeugt auch von den sprachlichen Fähigkeiten der Autorin beim Spiel mit Wörtern:

„...Ein schwer aufzuklärender Mord im Familienkreis ist wie ein Dschungel. Es hilft nicht, blindlings mit der Machete ins Geäst zu schlagen. Man muss vorsichtig und mit Bedacht die einzelnen Blätter zur Seite schieben, Blatt für Blatt, bis man die Wahrheit vor sich liegen sieht....“

Als Konrad anbietet zu helfen, und bekommt einen alten Fall auf das Auge gedrückt. Der wird für ihn ungeahnte Konsequenzen haben.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie beantwortet die offen Frage des letzten Teils und gibt mehreren Protagonisten die Möglichkeit eines Neuanfangs.