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Veröffentlicht am 11.01.2019

Die verschollene Halbschwester

Zwischen uns ein ganzes Leben
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Kanada im Jahr 1982: Jacobina Grunberg, kurz Jackie, gibt ihrem 82-jährigen Vater Lica auf seinem Sterbebett ein Versprechen. Sie soll ihre Halbschwester Judith Goldemberg, von der sie bis dato nichts ...

Kanada im Jahr 1982: Jacobina Grunberg, kurz Jackie, gibt ihrem 82-jährigen Vater Lica auf seinem Sterbebett ein Versprechen. Sie soll ihre Halbschwester Judith Goldemberg, von der sie bis dato nichts wusste, finden. Diese hat mit ihrer Mutter in Paris gelebt. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs brach der Kontakt ab. Lange schiebt Jacobina das Einlösen des Versprechens auf, doch dann wird auch ihre eigene Zeit knapp. Mit der Hilfe der jungen Französin Béatrice will die inzwischen 71-Jährige endlich ihre Halbschwester ausfindig machen…

„Zwischen uns ein ganzes Leben“ ist der Debütroman von Melanie Levensohn.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwölf Kapiteln, die etwas zu lang geraten sind. Immer wieder wird in der Zeit hin- und hergesprungen. Zum Teil spielt die Geschichte im Paris der 1940er-Jahre, zum Teil in den USA in der jüngeren Vergangenheit. Darüber hinaus ist das erste Kapitel im Jahr 1982 in Kanada verortet. Manchen Kapiteln und Abschnitten ist eine Zeit- und Ortsangabe vorangestellt, anderen nicht. Erzählt wird aus der Sicht unterschiedlicher Personen, unter anderem aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Judith. Diese Uneinheitlichkeit hat in Verbindung mit den Sprüngen dazu geführt, dass es nicht leicht war, sich in der Geschichte zu orientieren.

Der Schreibstil wiederum war genau nach meinem Geschmack. Er ist sehr angenehm, anschaulich, lebhaft und zugleich einfühlsam.

Im Mittelpunkt des Romans stehen drei Frauen. Die Charaktere finde ich sehr interessant. Ich habe ihre Entwicklung gerne verfolgt. Die Protagonisten wirken authentisch, hätten jedoch noch eine Spur detaillierter dargestellt werden können.

Die Geschichte nimmt nur langsam Fahrt auf. Der Roman hat jedoch einige Wendungen zu bieten, sodass es trotz der recht hohen Seitenzahl kaum zu Längen kommt.

Durch die Thematik – der Krieg, die Judenverfolgung und die weiteren grausamen Umstände – ist der Roman keine leichte Kost, aber eine emotionale Lektüre. Auch die Aspekte Liebe und Freundschaft spielen eine große Rolle. Insgesamt konnte mich das Buch sehr bewegen.

Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit basiert: Die Autorin schreibt über ihre Namensvetterin Melanie Levensohn. Die junge französische Studentin, eine Jüdin, ist in den 1940er-Jahren nach Auschwitz deportiert worden. Nach ihrer Hochzeit hat die Autorin von deren traurigem Schicksal erfahren. An mehreren Stellen im Buch wird die fundierte Recherche deutlich. Gekonnt verwebt die Schriftstellerin Fiktion und historische Fakten.

Sehr hübsch finde ich das nostalgisch anmutende Cover, das in eine andere Zeit entführt. Der Titel ist treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Zwischen uns ein ganzes Leben“ von Melanie Levensohn ist ein berührender Roman, mit dem ich schöne Lesestunden zugebracht habe. Eine unterhaltsame Lektüre für alle, die Familiengeschichten und historische Romane mögen.

Veröffentlicht am 10.01.2019

Eine Spurensuche in Süditalien

Mein italienischer Vater
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Als ihre Mutter Magdalena an Krebs stirbt, stürzt die 29-jährige Laura Wind in ein tiefes Loch. Auch nach einer Reha geht es ihr nicht viel besser. Doch dann lernt sie in einem Café in München den Arzt ...

Als ihre Mutter Magdalena an Krebs stirbt, stürzt die 29-jährige Laura Wind in ein tiefes Loch. Auch nach einer Reha geht es ihr nicht viel besser. Doch dann lernt sie in einem Café in München den Arzt David kennen. Er hilft ihr, mit dem Verlust besser klarzukommen. Aber die frische Verliebtheit erhält schnell einen Dämpfer, denn der scheinbar perfekte Mann erwartet mit seiner Exfreundin ein Kind. Nach der Trennung entscheidet sich Laura spontan, nach Süditalien zu ihrem Vater zu fahren. Es ist Jahre her, seit sie ihn zuletzt gesehen hat. Emilio sitzt im Rollstuhl. An seiner Seite ist Gianna, die ihn schon immer geliebt hat. Das Auftauchen der Tochter könnte ihr Glück zerstören. Und schon bald muss Laura feststellen, dass sie die Wahrheit über ihre Familie nicht kennt…

„Mein italienischer Vater“ ist der Debütroman von Anika Landsteiner.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 45 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Eingeflochten sind immer wieder Erinnerungen, zum Beispiel an den Urlaub oder den Geburtstag. Der Roman beginnt mit einem Prolog. Erzählt wird vorwiegend, aber nicht nur aus der Perspektive von Laura. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist angenehm, flüssig, anschaulich und einfühlsam. Gut gefallen haben mir unter anderem die Beschreibungen der schönen Landschaft, die für Fernweh sorgen. Die Geschichte nimmt nur langsam Fahrt auf, was mich allerdings nicht gestört hat. Der Einstieg fiel mir sehr leicht.

Im Mittelpunkt steht Laura. Ich konnte mich zwar nicht mit ihr identifizieren, ihre Gedanken und Gefühle jedoch sehr gut nachvollziehen. Ich habe ihre Entwicklung gerne verfolgt. Sie wird – wie die übrigen Charaktere – sehr detailliert und authentisch gezeichnet.

Die Grundthemen des Romans finde ich sehr ansprechend: Verlust und Trauer, Identitätssuche und die Reise zu den eigenen Wurzeln. Sie machen das Buch zu einer emotional bewegenden, aber nicht kitschigen Lektüre. Immer wieder dreht sich die Geschichte zudem um eine Frage: „Was will ich wirklich?“

Obwohl die Geschichte meist ruhig daherkommt und erst zum Ende hin die Dramatik zunimmt, wird das Lesen nicht ermüdend. Der Autorin gelingt es, trotz der recht hohen Seitenzahl keine Langeweile aufkommen zu lassen. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass viel Atmosphäre transportiert wird. Jedenfalls habe ich das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.

Das moderne Cover lässt mich etwas zwiespältig zurück. Es zieht zwar Blicke auf sich, erschließt sich mir aber nicht so ganz. Wunderbar treffend finde ich den prägnanten Titel, der in seiner Farbgebung an die italienische Flagge erinnert.

Mein Fazit:
„Mein italienischer Vater“ von Anika Landsteiner ist ein berührender Roman, der mir schöne Lesestunden bereitet hat. Empfehlenswert vor allem für diejenigen, die vor einer ruhigen Geschichte mit melancholischen Tönen nicht zurückschrecken.

Veröffentlicht am 08.01.2019

Blondes Gift?

Stella
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Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, ...

Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, die attraktive Kristin. Die Blondine nimmt Friedrich mit in die verbotenen Jazzclubs. Sie singt. Beide trinken und feiern zusammen. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Die beiden werden zu einem Paar. Doch eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht. Sie gesteht: „Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella, ist Jüdin und hat ein furchtbares Geheimnis…

„Stella“ von Takis Würger ist ein sehr besonderer historischer Roman.

Meine Meinung:
Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Friedrich. Jedes Kapitel beginnt mit einer Aufzählung von historischen Ereignissen in diesem Monat. Eingebettet sind Briefe und die protokollierten Zeugenaussagen aus einem Prozess. Darüber hinaus endet der Roman mit einem Epilog. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil wirkt recht reduziert und schnörkellos, aber dennoch intensiv und fesselnd. Mit nur wenigen Worten und Sätzen entfaltet sich immer wieder eine Sprachgewalt, die das Können des Autors eindrucksvoll demonstriert. Viel wörtliche Rede, eine dichte Atmosphäre und pointierte Formulierungen kennzeichnen den Roman.

Mit Friedrich und Stella stehen zwei reizvolle, recht unterschiedliche Charaktere im Mittelpunkt. Beide habe ich als interessant empfunden. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.

Fakten und Fiktion werden auf gekonnte Weise miteinander verwoben. Gut gefallen hat mir, dass der Roman mit Stella Goldschlag eine historische Persönlichkeit in den Fokus nimmt: die jüdische Gestapo-Kollaborateurin, die während des Zweiten Weltkriegs versteckte Juden in Berlin aufspürte und sie denunzierte. Der Roman hat mich dazu inspiriert, mehr über diese Frau erfahren zu wollen.

Darüber hinaus bietet die Geschichte viel Stoff zum Diskutieren und Nachdenken. Es geht um Schuld, Verrat, Moral, Liebe und den Kampf ums Überleben in einer grausamen Zeit. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: Wie hätte ich selbst gehandelt? Das macht den Roman zu einer anspruchsvollen und schwer verdaulichen, aber auch lohnenden Lektüre.

Das kontrastreiche Cover und die tolle Aufmachung des Hardcovers sind äußerst gelungen. Auch der prägnante Titel passt gut zum Inhalt und trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Stella“ von Takis Würger ist ein sprachlich herausragender, aufwühlender und berührender Roman. Eine beeindruckende Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann und die noch eine Weile bei mir nachhallen wird.
Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, die attraktive Kristin. Die Blondine nimmt Friedrich mit in die verbotenen Jazzclubs. Sie singt. Beide trinken und feiern zusammen. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Die beiden werden zu einem Paar. Doch eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht. Sie gesteht: „Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella, ist Jüdin und hat ein furchtbares Geheimnis…

„Stella“ von Takis Würger ist ein sehr besonderer historischer Roman.

Meine Meinung:
Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Friedrich. Jedes Kapitel beginnt mit einer Aufzählung von historischen Ereignissen in diesem Monat. Eingebettet sind Briefe und die protokollierten Zeugenaussagen aus einem Prozess. Darüber hinaus endet der Roman mit einem Epilog. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil wirkt recht reduziert und schnörkellos, aber dennoch intensiv und fesselnd. Mit nur wenigen Worten und Sätzen entfaltet sich immer wieder eine Sprachgewalt, die das Können des Autors eindrucksvoll demonstriert. Viel wörtliche Rede, eine dichte Atmosphäre und pointierte Formulierungen kennzeichnen den Roman.

Mit Friedrich und Stella stehen zwei reizvolle, recht unterschiedliche Charaktere im Mittelpunkt. Beide habe ich als interessant empfunden. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.

Fakten und Fiktion werden auf gekonnte Weise miteinander verwoben. Gut gefallen hat mir, dass der Roman mit Stella Goldschlag eine historische Persönlichkeit in den Fokus nimmt: die jüdische Gestapo-Kollaborateurin, die während des Zweiten Weltkriegs versteckte Juden in Berlin aufspürte und sie denunzierte. Der Roman hat mich dazu inspiriert, mehr über diese Frau erfahren zu wollen.

Darüber hinaus bietet die Geschichte viel Stoff zum Diskutieren und Nachdenken. Es geht um Schuld, Verrat, Moral, Liebe und den Kampf ums Überleben in einer grausamen Zeit. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: Wie hätte ich selbst gehandelt? Das macht den Roman zu einer anspruchsvollen und schwer verdaulichen, aber auch lohnenden Lektüre.

Das kontrastreiche Cover und die tolle Aufmachung des Hardcovers sind äußerst gelungen. Auch der prägnante Titel passt gut zum Inhalt und trifft meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Stella“ von Takis Würger ist ein sprachlich herausragender, aufwühlender und berührender Roman. Eine beeindruckende Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann und die noch eine Weile bei mir nachhallen wird.

Veröffentlicht am 04.01.2019

Die Bedeutung des Todes

Die Unsterblichen
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New York im Sommer 1969: Die Geschwister Simon (7), Klara (9), Daniel (11) und Varya (13) Gold werden zum Opfer ihrer Neugier. Sie lassen sich von einer Wahrsagerin, die sich gerade in der Stadt aufhält, ...

New York im Sommer 1969: Die Geschwister Simon (7), Klara (9), Daniel (11) und Varya (13) Gold werden zum Opfer ihrer Neugier. Sie lassen sich von einer Wahrsagerin, die sich gerade in der Stadt aufhält, den exakten Tag ihres Todes voraussagen. Die Älteste wird demnach mit einem langen Leben rechnen können, dem Jüngsten wird ein früher Tod prophezeit. Die vorhergesagten Sterbedaten wirken sich auf die Biografien der vier Geschwister aus. Während Simon und Klara versuchen, das Leben in vollen Zügen zu genießen, gehen es Daniel und Varya ruhiger an.

„Die Unsterblichen“ von Chloe Benjamin ist ein ungewöhnlicher Roman.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einem Prolog, der ins Jahr 1969 entführt. Anschließend folgen vier Teile, wovon jeder einem der vier Geschwister gewidmet ist und mehrere Jahre umfasst. Sie sind chronologisch angeordnet und fügen sich nahtlos aneinander. Die einzelnen Teile sind wiederum in mehrere Kapitel untergliedert. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.

Der Schreibstil ist angenehm und wirkt durch viel wörtliche Rede recht lebhaft. Erzählt wird im Präsens. Obwohl der Roman recht unaufgeregt ist, konnte er mich fesseln. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Die vier Protagonisten sind recht unterschiedliche, aber reizvolle Charaktere. Sie werden detailliert und authentisch dargestellt. Ich habe gerne ihre Lebenswege verfolgt.

Die Stärke des Romans sind seine inhaltliche Tiefe und seine Komplexität. Er wirft interessante Fragen auf: Beeinflusst das Wissen über den eigenen Todestag das Leben? Führen solche Vorhersagen zu selbsterfüllenden Prophezeiungen? Und was macht überhaupt ein erfülltes Leben aus? Die Geschichte regt zum Nachdenken an und bereitet diese Thematik sehr gut auf. Die Grundidee des Romans ist sehr kreativ, die Umsetzung überzeugend.

Trotz der eher hohen Seitenzahl kommt beim Lesen keine Langeweile auf. Das liegt daran, dass diese Familiengeschichte mich emotional bewegen konnte. Ein Pluspunkt ist darüber hinaus, dass immer wieder interessante geschichtliche Fakten mit der fiktiven Handlung verwoben sind.

Das Cover, das sich an der amerikanischen Originalausgabe orientiert, hat keine starke Aussagekraft, gefällt mir jedoch sehr. Der prägnante Titel ist ebenfalls von der Vorlage („The immortalists“) übernommen. Er ist inhaltlich natürlich nicht korrekt, passt aber dennoch ganz gut.

Mein Fazit:
„Die Unsterblichen“ von Chloe Benjamin ist ein kreativer Roman. Eine empfehlenswerte Geschichte, die nachdenklich macht und berührt.

Veröffentlicht am 02.01.2019

Kaputte Uhrwerke in den Herzen

Liebe ist die beste Therapie
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Sandy Hyland ist eine Therapeutin mit unorthodoxen Methoden, die sich auf die Eheberatung spezialisiert hat. Und einmal mehr hat sie es mit einer harten Nuss zu tun: Charlotte und Steve, beide Mitte 30, ...

Sandy Hyland ist eine Therapeutin mit unorthodoxen Methoden, die sich auf die Eheberatung spezialisiert hat. Und einmal mehr hat sie es mit einer harten Nuss zu tun: Charlotte und Steve, beide Mitte 30, haben sich getrennt, nachdem er seine Frau mehrfach betrogen und sie sich Trost bei Bill, einem Kollegen von ihr, gesucht hat. Die Dozentin an einer Uni und der Teilhaber einer Firma wollen sich jedoch helfen lassen, um eine Scheidung vielleicht doch noch zu verhindern. Sie haben zwei kleine Kinder, Chris und Liz, und noch Gefühle füreinander. Einmal wöchentlich treffen sich sie daher bei Sandy, um an ihrer Ehe zu arbeiten. Doch Sandy macht wenig Hoffnung. Die Therapeutin sagt, die Chance, die Ehe zu retten, stehe höchstens 1:1000. Ob es dennoch gelingen wird?

„Liebe ist die beste Therapie“ von John Jay Osborn ist ein ungewöhnlicher Roman.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 31 recht kurzen Kapiteln. Erzählt wird aus der Sicht der Therapeutin. Die Geschichte spielt sich komplett in dem Therapiezimmer ab, einem Raum in Kalifornien. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist schnörkellos, aber angenehm. Er ist geprägt von viel wörtlicher Rede, wodurch sich der Roman schnell lesen lässt. Der Einstieg in die Geschichte ist sehr abrupt. Das bereitete mir aber keine Schwierigkeiten.

Die Protagonisten sind Menschen mit Ecken und Kanten. Nicht nur Steve und Charlotte sind Charaktere, die immer mal wieder Fehler machen. Auch die Paartherapeutin hat Probleme. Dadurch wirken die Personen durchaus realitätsnah. Ich habe gerne verfolgt, wie sich die getrennten Eheleute persönlich weiterentwickeln und Einsicht in ihr Verhalten erlangen.

Obwohl es um Themen wie Liebe, Ehe, Betrug, Verletzungen und Vertrauen geht, kommt der Roman ohne Kitsch und zu viel Drama aus. Er hat sogar einen eher nüchternen Grundton.

Bei rund 30 Terminen arbeitet das Paar zusammen mit der Therapeutin seine Probleme auf. Zwar drehen sich die Gespräche zum Teil um dieselben Punkte. Trotzdem kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn es gibt immer wieder überraschende Momente. Bis zum Schluss bleibt die Spannung gewahrt, ob und wie sich die beiden Ehepartner noch einmal annähern können.

Gut gefallen hat mir, dass es viel um psychologische Mechanismen und Einblicke in das Verhalten von Menschen gibt. Zwar habe ich gewisse Zweifel, was die Seriosität und Authentizität der Therapiemethoden angeht. Das hat das Lesevergnügen allerdings nur geringfügig geschmälert.

Den deutschen Titel finde ich ein wenig irreführend und nicht so treffend wie das amerikanische Original („Listen to the marriage“). Auch die sehr reduzierte, kühle Covergestaltung kann mich nicht begeistern. Allerdings passt das gewählte Motiv inhaltlich ganz gut.

Mein Fazit:
„Liebe ist die beste Therapie“ von John Jay Osborn ist ein sehr kurzweiliger, unterhaltsamer Roman, der mir schöne Lesestunden beschert hat. Empfehlenswert besonders für alle, die einmal eine etwas andere Liebesgeschichte lesen möchten.