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Veröffentlicht am 05.09.2019

Interessant: ja, lesenswert: na ja...

Tagebuch eines Buchhändlers
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Viele Buchliebhaber träumen von der eigenen kleinen Buchhandlung, in der man den ganzen Tag von geliebten Büchern umgeben ist, anregende Gespräche mit netten, gleichgesinnten Buchnarren führt und vor allem ...

Viele Buchliebhaber träumen von der eigenen kleinen Buchhandlung, in der man den ganzen Tag von geliebten Büchern umgeben ist, anregende Gespräche mit netten, gleichgesinnten Buchnarren führt und vor allem natürlich ganz viel liest...

Wie die Realität aussieht, schildert Shaun Bythell in seinem Tagebuch, das etwa ein Jahr seines antiquarischen Buchhändler-Daseins beschreibt. Darin wird der Alltag allerdings alles andere als rosig geschildert: oft finanzielle Sorgen, der übermächtige Konkurrent amazon, mit dem man sich trotz allem arrangieren muss, schwierige Kunden - Shaun Bythell kann jedem, der den Wunsch hegt selbst Buchhändler zu werden, eigentlich nur davon abraten. Warum aber behält er dann trotz aller Widrigkeiten seinen Laden? Warum gibt er sich tagein, tagaus nicht nur mit unhöflichen Kunden, sondern auch mit anstrengendem Personal ab? Warum ruiniert er sich beim Bücherkisten schleppen langsam aber sicher den Rücken?

Eine klare Antwort auf diese Frage gibt es nicht, man kann nur verschwommen erahnen, dass ihn seine Liebe zu Büchern - die er übrigens nur noch selten selbst liest - allen Widrigkeiten zum Trotz weitermachen lässt. Vielleicht ist es aber auch einfach nur Bequemlichkeit...

Das Buch hinterlässt den Eindruck, dass man es umso mehr zu würdigen weiß, je näher man an Wigtown wohnt und je besser man Herrn Bythell kennt. Viele Anekdoten fand ich schlichtweg langweilig und wiederholend. Was vielleicht als witziger Running Gag gemeint war, ließ mich z.B. nur mit der Frage zurück, warum er sein Personal dann nicht einfach auswechselt statt sich täglich darüber aufzuregen. Auch war der durchweg zynische Ton, der sich durch das gesamte Buch zog, auf Dauer anstrengend und regte nicht wirklich dazu an, das Buch zu Ende lesen zu wollen.

Einzig die Beschreibungen, wie er neue Bücher 'jagt' und manchmal dabei ungeahnte Schätze entdeckt, waren halbwegs positiv besetzt - also eigentlich gerade jene Begebenheiten, die sich außerhalb der Buchhandlung abspielen. Auch einige Erwähnungen bestimmter Bücher und eingestreute Erläuterungen von Fachbegriffen waren durchaus interessant. Und am allerbesten gefielen mir die Auszüge aus George Orwell's 'Erinnerungen an eine Buchhandlung', die jedes Kapitel eröffnen.

Man merkt, dass es sich um ein authentisches Tagebuch handelt, das einfach nur 1:1 abgedruckt wurde - dadurch reicht es aber leider nur zu reichlich trockenem Lesefutter. Andererseits wollte der Autor wohl genau damit diese abschreckende Wirkung erzielen, aber mir war es insgesamt einfach 'too much'. Mein widersprüchliches Fazit lautet daher: sicherlich interessant, aber nicht wirklich lesenswert.

Veröffentlicht am 25.04.2024

Was das Haff verbirgt

Unter dem Moor
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Nina braucht eine Auszeit, und so verschlägt es sie in ein abgelegenes Dorf am Stettiner Haff. Auf langen Spaziergängen mit dem neu angeschafften Hund Ayla will sie den Kopf frei bekommen und über ihre ...

Nina braucht eine Auszeit, und so verschlägt es sie in ein abgelegenes Dorf am Stettiner Haff. Auf langen Spaziergängen mit dem neu angeschafften Hund Ayla will sie den Kopf frei bekommen und über ihre Zukunft nachdenken. Doch als Ayla menschliche Knochen ausbuddelt, beginnt Nina in der Vergangenheit zu forschen.
Eine Generation zuvor: Sigrun liebt ihre kleine Familie, aber gleichzeitig widerstreben ihr die Enge, die Regeln und die Kontrolle, die die DDR ihr auferlegt. Sie bewundert ihre Freundin Christa, einen Freigeist der sich nicht dem System beugen will. Doch Sigrun fehlt der Mut, etwas an ihrem Leben zu ändern.
Noch eine Generation zuvor: Gine wurde zum Landjahr berufen, vorgeblich eine Auszeichnung, in Wahrheit reine Schikane - ohne ihre Freundinnen würde sie diese Tortur nicht durchstehen. Doch die harte Arbeit soll nicht das schlimmste sein, was ihr hier widerfährt.
Über alle Generationen spannt sich zudem wie ein roter Faden die Geschichte der Familie von Wetzlaff - einst wohlhabende Gutsbesitzer, nach Krieg und Enteignung jetzt allerdings nur noch ein trauriges Überbleibsel.
Drei Frauen, die mit ihrer Situtation unzufrieden sind, die aber nicht wissen wie sie daraus ausbrechen können. Eine von ihnen wird ihre Hoffnungen und Träume mit dem Leben bezahlen.
Alle drei Geschichten waren gleichermaßen spannend und bewegend, aber am faszinierendsten und aufschlussreichsten fand ich für mich persönlich die "mittlere" Geschichte um Sigrun, da ich noch nicht oft über die nähere Vergangenheit und das Leben in der DDR gelesen habe. Auch die Landschaftsbeschreibung des Haffs und natürlich Ayla haben mich in ihren Bann geschlagen.
Fazit: bewegende Schicksale, vereint durch das Haff.

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Veröffentlicht am 24.04.2024

Leben auf der Insel

Die Tage des Wals
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S. 40: "Und so spielten sich die Tage ab, während ich darauf wartete, dass etwas geschah." Ganz ehrlich: so ging es mir über weite Strecken beim Lesen des Buches. Obwohl ich Romane mag, in denen augenscheinlich ...

S. 40: "Und so spielten sich die Tage ab, während ich darauf wartete, dass etwas geschah." Ganz ehrlich: so ging es mir über weite Strecken beim Lesen des Buches. Obwohl ich Romane mag, in denen augenscheinlich nichts passiert, oder in denen es eine sehr lange Einleitungsphase gibt um Charaktere und Gegend kennenzulernen, konnte ich mich hier nur schwer einfinden.

Der Schreibstil ist sehr sachlich und somit eher beschreibend als erzählend und emotional, was es mir nicht leichter gemacht hat, einen Zugang zu den Figuren, vor allem Manod, zu finden und selbst einschneidende Ereignisse verlieren so ihre Dramatik und werden leicht überlesen. Klar, die Eintönigkeit und Ödnis des Lebens auf der Insel werden damit perfekt eingefangen, aber das brachte eben auch mit sich, dass ich nicht völlig fasziniert und mit Feuereifer weitergelesen habe, sondern eher um zu erfahren ob sich nicht doch noch etwas ändert und die Geschichte mich "packt".

Manods eintöniges Leben ist geprägt von den Widrigkeiten der Insel und der harten Arbeit. Erst als Joan und Edward, die vorgeben ein Buch über die Insel und die Menschen die dort leben schreiben zu wollen, auf die Insel kommen, verändert sich etwas: Manod bekommt Einblicke in das Leben auf dem Festland und die Möglichkeiten, die sich dort bieten. Und so beginnt sie, ihr bisheriges Leben zu hinterfragen und eine Alternative auf dem Festland in Betracht zu ziehen.

Fazit: ein unaufgeregtes Buch, das aus vielen kleinen Geschichten besteht, die wie ein Mosaik Manods Geschichte zusammensetzen. Inhaltlich sehr interessant, aber sprachlich zur karg und daher leider nicht meins.

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Veröffentlicht am 23.04.2024

Zwei Generationen, zwei Schicksale

Das Echo der Gezeiten
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Normalerweise gefällt mir bei einem Buch, das parallel auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt, die historische Handlung immer besser. Dieses Buch ist da anders: es gibt keine Gegenwartsgeschichte, in ...

Normalerweise gefällt mir bei einem Buch, das parallel auf unterschiedlichen Zeitebenen erzählt, die historische Handlung immer besser. Dieses Buch ist da anders: es gibt keine Gegenwartsgeschichte, in der eine Figur die Geheimnisse der Vergangenheit nach und nach enthüllt. Denn selbst diese Zeitebene liegt in der Vergangenheit - was mir ausgesprochen gut gefallen hat, denn so gab es quasi zwei historische Romane in einem. Neben den dramatischen Schicksalen von Tilla und Nes haben mich vor allem die Einblicke in die damaligen Zeiten fasziniert - so wusste ich bislang kaum etwas über das harte Leben der Beginen, und auch die große Sturmflut 1962 sagte mir nicht viel. Ganz zu schweigen von Details zu den Anfängen des Tauchens.
Ganz wunderbar verflicht die Autorin die beiden Zeitstränge, die am Ende zu einer Einheit zusammenlaufen. Und jede Erzählebene hat ihre ganz eigene Heldin, die gegen die Widrigkeiten der Zeit und das damalige Schicksal als Frau ankämpfen muss - und dies mit viel Mut und Stärke tut.
Fazit: zwei fesselnde historische Romane in einem - was will man mehr?

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Vielversprechender Serienauftakt

Kanadischer Winter
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Eigentlich ein Thriller genau nach meinem Geschmack, allerdings hatte ich Mühe in die Geschichte hineinzufinden. Gleich zu Anfang wird man überschüttet mit Informationen: neben Cardinal und Delorme gibt ...

Eigentlich ein Thriller genau nach meinem Geschmack, allerdings hatte ich Mühe in die Geschichte hineinzufinden. Gleich zu Anfang wird man überschüttet mit Informationen: neben Cardinal und Delorme gibt es eine ganze Reihe weitere Charaktere aus dem Polizeiumfeld. Erst nach und nach gelang es mir, diese Personen einigermaßen auseinanderhalten zu können. Überhaupt enthält die Geschichte sehr viel Nebenschauplätze und Anekdoten aus vergangenen Fällen, die zwar viel Hintergrund und Details offenbaren, das Verständnis beim Lesen allerdings auf die Probe stellen. So war ich gebannt vom vorliegenden Fall und wie geschickt der Autor die Schlinge ganz langsam zuzog, in der sich die Schuldigen letztlich verfangen sollten. Auch die Schreibweise, parallel aus Sicht des Ermittlungsteams und der Täter zu erzählen, und als Nebenschauplatz eine interne Ermittlung gegen Cardinal einzuflechten, machten das Buch lesenswert. Trotzdem war es mir insgesamt zu viel auf einmal, der Fokus musste immer wieder auf den roten Faden eingestellt werden, von dem er allzu oft abwich. Langatmig klingt zu negativ, trifft es im Kern aber wohl ganz gut. Da dies der Anfang einer neuen Reihe ist, hatte ich den Eindruck dass der Autor bereits zu viele Details hineingepackt hat, die vielleicht auch ganz gut in der Fortsetzung aufgehoben gewesen wären.
Fazit: ein detailreicher und vielversprechender Einstieg in eine neue Reihe.

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