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Veröffentlicht am 13.04.2019

woran ich denke, wenn ich übers Laufen lese...

Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede
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Von allen Sportarten, die ich mir für mich vorstellen könnte, ist mir das Laufen am unsympathischsten, naja vielleicht nach rythmischer Sportgymnastik. Aber ein Herr Murakami schafft es, dass ich seine ...

Von allen Sportarten, die ich mir für mich vorstellen könnte, ist mir das Laufen am unsympathischsten, naja vielleicht nach rythmischer Sportgymnastik. Aber ein Herr Murakami schafft es, dass ich seine Berichte vom Laufen mit Begeisterung lese und noch bedaure, dass dies definitiv nicht meine Art der Bewegung ist.
Es ist sein unverkennbarer Erzählstil, der mich sogar Berichte über die seltsame Sportart Laufen mit Hochgenuss lesen lassen.

Veröffentlicht am 28.03.2019

Ziemlich abgedreht

Das Beste, was einem Croissant passieren kann
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Klappentext: "Pablo José Miralles, genannt Balu, ist hauptberuflich Sohn betuchter Eltern aus bester katalanischer Hochbourgeoisie, fett, faul, politisch unkorrekt. Als allerdings sein älterer, in jeder ...

Klappentext: "Pablo José Miralles, genannt Balu, ist hauptberuflich Sohn betuchter Eltern aus bester katalanischer Hochbourgeoisie, fett, faul, politisch unkorrekt. Als allerdings sein älterer, in jeder Beziehung erfolgreicher Bruder eines Tages spurlos verschwindet, macht sich Pablo auf die Suche nach ihm. Der sonst so träge Kerl gerät bei seinen Nachforschungen auf eine immer wahnwitziger werdende Reise durch die Straßenschluchten Barcelonas. Eine absurde, groteske, humorvolle Geschichte voller abgefahrener Erlebnisse."
Besser kann ich die Handlung nicht beschreiben.
Das Beste was einem Croissant passieren kann, ist dick mit Butter beschmiert zu werden. So beginnt der Roman, der eine wüste Mischung aus Verschwörungsthriller, Hard Boiled Krimi und Schelmenroman ist. Sein Protagonist Pablo ist wirklich kein Sympathieträger.
Anfangs skeptisch, hat mich die Story dann doch gepackt und bestens unterhalten bis zum etwas kurz geratenen Ende.

Veröffentlicht am 25.03.2019

Mehr als die Geschichte einer Freundschaft

Bella Ciao
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1946 kommt Guilia Masca als wohlhabende Frau zurück in ihre Heimat, sie besucht das Städtchen, das sie 45 Jahre zuvor fluchtartig verlassen hatte. Auslöser ihrer Flucht war, dass sie sich hintergangen ...

1946 kommt Guilia Masca als wohlhabende Frau zurück in ihre Heimat, sie besucht das Städtchen, das sie 45 Jahre zuvor fluchtartig verlassen hatte. Auslöser ihrer Flucht war, dass sie sich hintergangen sah von ihrer besten Freundin Anita. In Genua hatte sie 1901 die erstmögliche Passage nach New York gebucht und dort in eine italienische Emigrantenfamilie eingeheiratet. Zurück in Borgo di Dentro besucht sie zunächst die Plätze ihrer Vergangenheit, und es stellt sich die Frage, wie es Anita in all den Jahren ergangen ist, und wie wohl ein Zusammentreffen der ehemals besten Freundinnen ausfallen wird.
Was die beiden Freundinnen verbunden hat, wie es zu Anitas Verrat gekommen ist, die Geschehnisse in Italien wie auch in New York während fast einem halben Jahrhundert der Trennung, all das erfährt der Leser in Rückblenden, jeweils aus der Sicht der handelnden Personen, und die sind zahlreich (die den drei Abschnitten vorangestellten Stammbäume der Familien und die Listen der weiteren Presonen sind hilfreich). Die Autorin versteht es durch ihre anschauliche Sprache Bilder so direkt zu vermitteln, dass trotz ständig wechselnder Erzählperspektiven auf mir unbegreifliche Weise immer klar ist, wer gerade auf welcher zeitlichen Ebene seine Erlebnisse schildert.
Hier wird Zeitgeschichte anhand von sehr persönlichen Schicksalen geschildert, Schicksalen von einzelnen Personen wie auch von ganzen Familien. Man erfährt von den Zuständen in den Seidenspinnereien und dem Widerstand der Arbeiter(innen), den Nöten der Weinbauern, dem Aufstieg des "Duce" 1922, der Brutalität der "Schwarzhemden", dem Kampf der Partisanen und dem schrecklichen Massaker an ihnen, und muss lesen, was all dies und die Kriege und Naturkatastrophen mit den Menschen macht.
So wird Geschichte vermittelt und zugleich ein eindrückliches Bild des Lebens der Menschen im Piemont, das mitfühlen lässt.
Ein großartiges Leseerlebnis, das ich noch vielen Lesern wünsche!

Veröffentlicht am 17.03.2019

Eine Rarität in Vinyl

Murder Swing
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Er brennt für seltene Schallplatten, die er aufspürt, für die eigene Sammlung und zum Verkaufen. Aus einer Laune heraus hat er sich vor Jahren Visitenkarten zugelegt, die ihn als "Vinyl-Detektiv" bezeichen, ...

Er brennt für seltene Schallplatten, die er aufspürt, für die eigene Sammlung und zum Verkaufen. Aus einer Laune heraus hat er sich vor Jahren Visitenkarten zugelegt, die ihn als "Vinyl-Detektiv" bezeichen, mit Namen und Adresse, und diese bei Konzerten und in Clubs verteilt. So ist es nicht verwunderlich, dass ihn eine mysteriöse Kundin namens Nevada kontaktiert und ihn mit der Suche nach einer raren Schallplatte beauftragt. Verwunderlich ist eher die Höhe des ihm zugesagten Honorars. Damit beginnt eine wilde Jagd, die eine Serie von obskuren und grausamen Ereignisse auslöst.

Der "Vinyl-Detektiv" , der als Ich-Erzähler bis zum Schluss namenlos bleibt, kommentiert seine Umgebung gelassen und mit viel Humor, er liebt seine zwei Katzen, hat neben seiner Leidenschaft für Jazzmusik eine ebensolche für guten Kaffee, und er versteht es, aus den im Überfluss verfügbaren Tomaten (fast ein running gag wie auch die Treppenstürze seines Freundes Tinkler) eine grandiose Pastasauce zu zaubern. Das alles klingt nun nicht unbedingt nach einem Thriller, und dieser Eindruck wird auch durch die lässige Erzählweise unterstützt, aber spätestens mit dem Auftreten von Heinz und Heidi, den "arischen Zwillingen" wird dieser trügerische Eindruck weggewischt, es wird richtig gemein.

"Murder Swing" (im Original 2016 unter dem Titel Written in Dead Wax erschienen) ist der erste Band einer Reihe. Ich hoffe sehr, dass auch die Folgebände ins Deutsche übersetzt werden und bald zu haben sind.
Für mich war "Murder Swing" ein sehr spezieller Thriller, den ich mit großem Vernügen gelesen habe.

Veröffentlicht am 15.03.2019

Rebus gibt nicht auf

Ein kalter Ort zum Sterben
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Als Ian Rankin seinen Ermittler Rebus vor Jahren in Rente geschickt hat, war ich todtraurig. Dass diese Reihe zuende geht, war mir unbegreiflich, so sehr waren mir Rebus und sein Edinburgh ans Herz gewachsen. ...

Als Ian Rankin seinen Ermittler Rebus vor Jahren in Rente geschickt hat, war ich todtraurig. Dass diese Reihe zuende geht, war mir unbegreiflich, so sehr waren mir Rebus und sein Edinburgh ans Herz gewachsen. Offensichtlich ging das nicht nur mir so, denn mit "Mädchengrab" wurde Rebus aus dem Ruhestand zurückgeholt und durfte wieder ermitteln. So zeigt sich auch in "Ein kalter Ort zum Sterben" der Rebus, wie man ihn kennt, einer der ständig bei Kollegen und Vorgesetzten aneckt durch seine unorthodoxen Ermittlungsmethoden.
Was mir ein wenig fehlt, sind die Musikzitate, die mich früher so entzückt haben, die sind leider rarer geworden. Aber: früher war eben mehr Lametta...
Und dann habe ich mich geärgert, weil ich schon vor über einem Jahr das Original gelesen hatte, dessen Titel "Rather be the Devil" nun wirklich gar nichts mit dem deutschen Titel zu tun hat. Trotzdem habe ich diesen Rebus mit Genuss zum zweiten Mal gelesen.

Abschließend: Big Ger ist wieder im Geschäft, und das gibt mir große Hoffnung, dass Rebus auch noch eine ganze Weile sich nicht unterkriegen lässt, "Hank Marvin" zum Trotz.