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Veröffentlicht am 10.08.2023

Melancholische Familiengeschichte über verpasste Chancen, die Sehnsucht nach Verbindungen, Schuld und Versöhnung, die empathisch geschildert ist

Auf dem Wasser treiben
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An ihrem 55. Geburtstag wird Hannah von ihrem Ehemann mit einer Gartenparty mit 55 Gästen überrascht. In einem Gast glaubt sie John erkannt zu haben. John, der Vater ihrer drei Kinder, der die Familie ...

An ihrem 55. Geburtstag wird Hannah von ihrem Ehemann mit einer Gartenparty mit 55 Gästen überrascht. In einem Gast glaubt sie John erkannt zu haben. John, der Vater ihrer drei Kinder, der die Familie vor 23 Jahren verlassen hatte. Hannah verschwindet noch am selben Abend spurlos. Ihre Kinder Fred, Emma und Stefan machen sich Sorgen und gehen von einem Zusammenbruch aus, denn Johns Verschwinden hatte Hannah damals schwer getroffen. Doch John ist schon lange verstorben, weshalb sie nicht begreifen, was Hannah jetzt auf einmal klären möchte.
Neben der Sorge um die Mutter sind vor allem Stefan und Emma mit eigenen Problemen beschäftigt. Stefan versteht nicht, warum keine Beziehung von ihm hält und warum ihn alle geliebte Menschen verlassen. Emma hat ihre Scheidung nicht verwunden und denkt immer noch an ihren Exmann Georg, der inzwischen wieder verheiratet ist und eine Tochter hat.
Der Roman ist aus unterschiedlichen Perspektiven der handelnden Personen geschrieben, wobei der Schwerpunkt auf den beiden Geschwistern Stefan und Emma liegt. Beide sind auf ihre Weise einsam, verbergen jedoch ihre wahren Gefühle. Geheimnisse und Schweigen prägen seit Jahren die Familie, beginnend beim Vater, der die Familie wegen eines Geheimnisses verlässt bis zur Mutter, die viel zu lange an einer Lebenslüge festhält. Beide tun dies unabhängig voneinander mit guten Absichten, um ihre Kinder zu schützen und vor Schmerzen zu bewahren.

Die Geheimnisse werden im Verlauf der Geschichte, die sich nur über wenige Tage erstreckt, allmählich gelüftet, offenbaren allerdings keine großen Überraschungen, denn durch die Perspektivwechsel erhält man schon frühzeitig eine Ahnung über den weiteren Handlungsverlauf. Auch ohne weitreichende Wendungen ist der Roman durch die tiefen Einblicke in die Gefühlswelt der Hauptfiguren abwechslungsreich und berührend. Neben der Aufdeckung der Wahrheit über das Verschwinden der Mutter und des Tods des Vaters ist eindringlich geschildert, wie die Familie wieder zusammenfindet und wie vor allem die Geschwister, die sich voneinander entfremdet hatten, wieder eine Verbindung finden und sich damit auch aus ihrer Einsamkeit befreien können. Die Symbolik des Wassers und die enge Verbundenheit der Protonen zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Roman und macht die Geschichte, die mit einem Fall ins Wasser, der so viel auslöste, beginnt und mit einem gemeinschaftlichen Baden der Geschwister in der Donau endet, rund.

"Auf dem Wasser treiben" ist eine melancholische Familiengeschichte über verpasste Chancen, die Sehnsucht nach Verbindungen, Schuld und Versöhnung, die empathisch geschildert ist und zeigt, welche Auswirkungen Erlebnisse aus der Kindheit auf das weitere Leben haben können. Dabei ist erhebend zu sehen, wie die Familie durch ihr unfreiwilliges Abenteuer zusammenfindet und sich jeder einzelne mit seiner Situation versöhnen kann.

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Veröffentlicht am 08.08.2023

Ein Sommernachtsalbtraum - spannender, wendungsreicher Roman über ein nicht enden wollendes Martyrium.

Stille Befreiung
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Mit achtzehn Jahren ist Sandra zum ersten Mal verliebt, wird schwanger und stürzt sich trotz Warnungen ihrer Mutter und Großmutter vor ihrem Zukünftigen und seiner dysfunktionalen Familie blauäugig in ...

Mit achtzehn Jahren ist Sandra zum ersten Mal verliebt, wird schwanger und stürzt sich trotz Warnungen ihrer Mutter und Großmutter vor ihrem Zukünftigen und seiner dysfunktionalen Familie blauäugig in eine Ehe. Schon am Tag nach der Hochzeit ist Sandra ernüchtert, denn Ronnie, der ihr zuvor bereitwillig jeden Wunsch erfüllt hatte, stellt sich als Hochstapler heraus. Die gemeinsame Wohnung im Haus seiner Mutter muss erst entrümpelt werden und sein Reparaturgeschäft steht vor der Pleite. Nach der Geburt ihrer Tochter muss sich Sandra zudem mit ihrer psychisch instabilen Schwiegermutter auseinandersetzen, die das Kind als ihr Schätzchen an sich reißt und sich tagtäglich mit dem Säugling im Wohnzimmer verbarrikadiert.
Sandra ist resigniert und hilflos, kann sich nur mit Hilfe ihrer Freundin Carina und ihrer Eltern über Wasser halten. Durch ihre Mutter bekommt sie auch ein Jobangebot, das sie unabhängig von ihrem Mann und ihrer Schwiegermutter macht und ihr Selbstbewusstsein stärkt. Doch die Anstellung als Pflegerin für die behinderte Rebekka stellt sich nur anfangs als Akt der Befreiung dar, kommt Sandra doch von einer Hölle in die nächste.

"Stille Befreiung" ist als Roman deklariert, liest sich jedoch wie ein Psychothriller, auch wenn die Spannung sich durch die ausführliche Erzählweise sehr langsam aufbaut.
Die Handlung wird rückblickend aus der Sicht von Sandra geschildert, vom Kennenlernen Ronnies, dem Verliebtsein über die frühe Hochzeit, finanzielle Not und die unsäglichen Bedingungen im Haus der Schwiegermutter. Ein weiterer Erzählstrang zwei Jahre nach der Hochzeit schildert, wie sich Sandras Lage durch ihre Naivität und Leichtgläubigkeit verschärft hat und sie um ihr eigenes Leben und das ihrer Tochter bangen muss.
So herrscht von Anbeginn eine unheimliche Stimmung mit der Aussicht, dass Sandra auf eine Katastrophe hinsteuert. Die Geschichte ist dabei keineswegs vorhersehbar, denn die Charaktere sind manipulativ und die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht einfach zu ziehen.

Der Roman handelt von Missbrauch, körperlicher und seelischer Gewalt und wie schnell man aus Angst und Scham in eine Situation geraten kann, die man nicht unter Kontrolle hat und aus der man sich aus eigener Kraft nicht mehr zu befreien können scheint. Während eine unbekannte Bedrohung unterschwellig lauert, sind die Schilderungen aus Sandras Sicht eindrücklich und lebendig, als handelte es sich um einen Tatsachenbericht.
"Stille Befreiung" ist wendungsreich, spannend und beklemmend, während die Erzählung auf Sandras "Sommernachtsalbtraum" zusteuert. Das Ende des Martyriums wird im Vergleich zur ausführlichen Schilderung von alltäglichen Banalitäten etwas lieblos knapp abgehandelt.

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Veröffentlicht am 07.08.2023

Lebensechte Geschichte über Trauerbewältigung, zweite Chancen und den Mut für einen Neuanfang, aber sehr schwermütig und keine leichte, optimistische Liebesgeschichte

Wunder brauchen etwas länger
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In ihrer Mittagspause muss sich Nell in ihrem Stammcafé notgedrungen an einen Gemeinschaftstisch setzen und lernt dabei den zurückhaltenden Iren Charlie kennen. Die beiden kommen ins Gespräch und am Ende ...

In ihrer Mittagspause muss sich Nell in ihrem Stammcafé notgedrungen an einen Gemeinschaftstisch setzen und lernt dabei den zurückhaltenden Iren Charlie kennen. Die beiden kommen ins Gespräch und am Ende bereut es Nell, ihn nicht nach seiner Telefonnummer gefragt zu haben. Wie es das Schicksal jedoch so will, ruft Charlie einen Tag später bei der Telefonseelsorge an, weil er sich Sorgen um seinen Onkel macht und landet bei Nell in der Leitung, die dort arbeitet. Über alle Vorschriften hinweg, ergreift Nell die Initiative und bittet Charlie um ein persönliches Treffen. Dabei kommen sich die beiden näher, doch beim Abschiedskuss zieht sich Charlie fluchtartig zurück und Nell versteht die Welt nicht mehr. Auch ein weiteres Treffen ist nicht von Erfolg gekrönt und erst als Nell Charlie zufällig wieder begegnet und all ihren Frust ablädt, beginnt Charlie sich allmählich zu öffnen und offenbart Nell, warum er wirklich bei der Telefonseelsorge angerufen hat.

Der Roman ist aus der Sicht von Nell geschrieben, so dass nicht von vornherein klar ist, was hinter Charlies Verhalten, das einem Ghosting gleichkommt, stecken mag. Selbst als die Verhältnisse zwischen beiden geklärt sind und Charlie Nell von seiner Vergangenheit erzählt hat und was ihn bis in die Gegenwart belastet, haben die beiden noch einen weiten Weg vor sich. Sowohl Nell, die die Fronten zu ihrem Exfreund noch nicht geklärt hat als auch Charlie, eine Frau nicht loslassen kann, müssen heilen und brauchen Zeit, um bereit für eine neue Liebe zu sein.

Die sehr zaghafte Entwicklung der Liebesgeschichte ist wie die charakterliche Entwicklung der Hauptfiguren authentisch geschildert. Ihre Gefühle und Handlungen sind glaubhaft und nachvollziehbar. Ihre Unsicherheiten, Gefühle von Schuld, Trauer und eigenen Unzulänglichkeiten sind durch Nells inneren Monolog und ihren Blick auf Charlie anschaulich geschildert.
Die Geschichte ist durch die Themen, auf die mit einer Triggerwarnung hingewiesen wird, melancholisch und schwermütig. Einen Lichtblick bilden die Nebencharaktere wie Nells Kollege und Mitbewohner Ned sowie Charlies Onkel Carrick, die nicht nur immer für ihre jüngeren Schützlinge da sind, sondern auch die Stimmung mit ihrer ungezwungen Art auflockern.

Die Autorin nähert sich behutsam an die Themen Tod, Trauer, Suizidgedanken und psychische Erkrankungen an. Trotz der ein oder anderen dramatischen Szene ist die Geschichte eher ruhig erzählt und kann nicht durchgängig fesseln. Nach einem anfänglichen hin und her zwischen den Hauptfiguren tritt sie ein wenig auf der Stelle. Überraschende Wendungen bleiben aus und von Romantik und fröhlicher Unbeschwertheit, die eine junge Liebe ausmacht, ist wenig zu spüren. Der Roman handelt zwar von Liebe, aber vielmehr ist Freundschaft, Solidarität und Hilfsbereitschaft zu spüren und keine Funken, die überspringen.

"Wunder brauchen etwas länger" ist eine lebensechte Geschichte über Trauerbewältigung, zweite Chancen und den Mut für einen Neuanfang, aber für meinen Geschmack bis auf das gefällige Ende und das ein oder andere "Wunder" (bzw. konstruierte, aber charmante Zufälle) zu lange deprimierend und schwermütig, um den Roman als wie angekündigt "leicht, humorvoll und optimistisch" zu bezeichnen.

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Veröffentlicht am 04.08.2023

Nach einem langatmigen Einstieg ein dynamischer und unterhaltsamer Psychothriller, der eine Sogwirkung entfaltet, auch wenn der Plottwist nicht völlig überraschend ist

Die Assistentin
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Florence Darrow ist Mitte 20 und arbeitet als Lektorin bei einem Verlag in New York und träumt davon, Schriftstellerin zu werden. Als ihr, auch aufgrund ihrer Ambitionen, fristlos gekündigt wird, wird ...

Florence Darrow ist Mitte 20 und arbeitet als Lektorin bei einem Verlag in New York und träumt davon, Schriftstellerin zu werden. Als ihr, auch aufgrund ihrer Ambitionen, fristlos gekündigt wird, wird ihr wenig später von einem anderen Verlag die Stelle als Assistentin der unter Pseudonym schreibenden Bestseller-Autorin Maud Dixon angeboten. Auch wenn die Assistentenstelle im Wesentlichen aus dem Abtippen des neuen Manuskripts und der Übernahme der Korrespondenz der Autorin besteht, hofft Florence von der imposanten Maud lernen zu können.
Für die Recherche zu ihrem neuen Buch reisen die beiden gemeinsam nach Marokko. Nach einem Abend im Restaurant erwacht Florence mit Erinnerungslücken im Krankenhaus und weiß nicht, was mit Maud geschehen ist. Aufgrund einer Verwechslung nutzt Florence die Gunst der Stunde und schlüpft in die Haut ihrer Arbeitgeberin.

"Die Assistentin" beginnt gemächlich mit der Vorstellung der Charaktere, bis sich der Roman ab der zweiten Hälfte zu dem ersehnten Psychothriller entwickelt.

Florence ist eine ambivalente junge Frau. Einerseits hat sie ein klares Ziel vor Augen, für das sie sich skrupellos einsetzt, andererseits ist sie unsicher, naiv und blickt neidvoll auf andere und deren Erfolge. Helen hingegen strotz nur so vor Selbstbewusstsein und verhält sich Florence gegenüber überheblich. Sie gibt ihrer persönlichen Assistentin das Kommando vor und selbst wenig von sich und dem Geheimnis ihres Erfolges preis.
Die beiden haben keine Beziehung auf Augenhöhe, bis sich das Blatt zu wenden scheint und Florence nach dem Verschwinden von Helen ihre Rolle übernimmt. Dass der Identitätsklau auf Dauer nicht gutgehen kann, ist offensichtlich und so wartet man gespannt darauf zu erfahren, wie Florence überführt wird und was es mit dem mysteriösen Verschwinden von Helen auf sich hat. Als gewiefter ThrillerleserIn ist ein Plottwist vorhersehbar, aber wie bitterböse dieser aussehen wird, ist dennoch überraschend.

Trotz des etwas langatmigen Beginns entfaltet sich die Geschichte dynamisch. Die Verhaltensweisen der Charaktere sind insbesondere aufgrund der Vorstellung im ersten Teil für den weiteren Handlungsverlauf nachvollziehbar und runden Thriller mit einem schlüssigen Ende ab. Der Schauplatz Marokko, der durch die Beschreibungen der Souks, der Enge der Stadt Marrakesch, dem Gauklerplatz und den Übernachtungen in Riads anschaulich geschildert ist, trägt darüber hinaus dazu bei, dass man förmlich in die Geschichte hineingezogen wird.

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Veröffentlicht am 03.08.2023

Eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung, jahrelanges Schweigen und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Bei euch ist es immer so unheimlich still
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Wenige Monate vor dem Fall der Mauer kehrt Silvia Borowski aus Berlin in ihre schwäbische Heimatstadt Ildingen zurück. Mit im gestohlenen Polo ihres Mitbewohners hat sie ihre wenige Wochen alte Tochter ...

Wenige Monate vor dem Fall der Mauer kehrt Silvia Borowski aus Berlin in ihre schwäbische Heimatstadt Ildingen zurück. Mit im gestohlenen Polo ihres Mitbewohners hat sie ihre wenige Wochen alte Tochter Hannah, von der ihre Mutter bisher nichts weiß. Evelyn nimmt die beiden stoisch bei sich auf ohne viele Fragen zu stellen.
Evelyn ist eine "Neigschmeckte" und hat sich in ihrer neuen Heimat Ildingen nie wohlgefühlt. Auch als sie den einheimischen Karl in den 1950er-Jahren heiratete, änderte das wenig an ihrem Gefühl der Ausgeschlossenheit. Ihr Unzufriedenheit verstärkt sich, als sie nach der Geburt ihrer Tochter Silvia ihren Beruf als Ärztin aufgeben muss und nur noch "Frau Doktor" ist, weil ihr Mann Chirurg ist. Zu ihrer Tochter findet sie keine richtige Nähe und fühlt sich unter den scharfen Augen der Kleinstadt als schlechte Mutter, wenn Silvia nicht den Erwartungen entspricht.

"Bei euch ist es immer so unheimlich still" erzählt die Geschichte von Evelyn in den 1950er-Jahren bis in die 1970er-Jahre, als sie ihren Beruf aufgibt und eine Familie gründet und von ihrer Tochter Silvia, die 1989 nach langen Jahren der Abwesenheit in ihre Heimat zurückkehrt, wo eine Aussprache mit ihrer Mutter überfällig ist. Der Roman schließt damit die Lücken des Bestsellers „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“, in der die Enkelin Hannah ihre Familiengeschichte erforscht, kann jedoch auch alleinstehend und ohne Vorwissen des Vorgängers gelesen werden.

Evelyn und Silvia sind gegensätzliche Charaktere. Während Silvia die rebellische Ausbrecherin ist, die in Berlin in einer WG in einem besetzten Haus ein neues Leben angefangen hat und alle Brücken in die Heimat abgebrochen hatte, ist Evelyn diejenige, die stets den schönen Schein einer Vorzeigefamilie bewahren wollte, aber darüber nie glücklich geworden ist.

Im Wechsel zwischen den Zeitebenen erfährt man mehr über das Mutter-Tochter-Verhältnis und warum es Silvia so schwer gefallen ist, nach Hause zu kommen. Die Vergangenheit in den 1950er- und 1960er-Jahren beleuchtet dabei Evelyns Rolle als Hausfrau und Mutter und Silvias Kindheit in der Kleinstadt, in der sich auch sie nie wirklich zu Hause fühlte.
Evelyns persönliches Unglück und ihre Ansprüche an sich selbst und andere sind mit ursächlich für das angespannte Verhältnis zu ihrer Tochter, was letztlich auch zum Bruch der Beziehung zwischen ihnen führte. Silvia fühlte sich von ihrer Mutter nie wirklich geliebt und litt darunter, ihren Erwartungen nicht zu genügen. Nur langsam nähern sich die beiden Frauen nach Jahren der Trennung einander an.

Die Geschichte ist nicht nur durch den Wechsel der Erzählebenen abwechslungsreich erzählt. Sie fängt zudem durch liebevolle alltägliche Details über Musik, Fernsehen oder Kleidung den Zeitgeist der geschilderten Jahre ein und macht sie durch den nicht aufdringlichen Dialekt, der in Dialogen in der fiktiven schwäbischen Kleinstadt durchsticht, lebensecht und lebendig.

"Bei euch ist es immer so unheimlich still" ist ein Zitat einer Nachbarin in dem Buch, die sich sorgt, dass bei den Borowskis gar kein Babygeschrei zu hören ist, als Silvia neu geboren ist. Der Titel passt perfekt zum Inhalt des Romans, steht er doch für die Unfähigkeit, Worte zu finden, die Angst, Dinge beim Namen zu nennen und das jahrelange Schweigen zwischen Mutter und Tochter.

Wie schon „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ ist auch "Bei euch ist es immer so unheimlich still" ein kraftvoller Familienroman über Generationen von Frauen, dem Muttersein und der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, um Verborgenes zu lüften und Konflikte zu klären. Auch wenn ich den Vorgängerroman als bedeutungsschwangerer und gehaltvoller empfunden habe, konnte mich auch der Nachfolger gut unterhalten.

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