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silvery

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.04.2018

Toller Humor und unerwartet tiefgründig

Nackt über Berlin
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Ich bin ganz begeistert von diesem Buch. Ich habe den Titel eher per Zufall entdeckt und war mir erst gar nicht sicher, ob es etwas für mich ist. Doch ich bin froh, dass ich mich darauf eingelassen habe.

Es ...

Ich bin ganz begeistert von diesem Buch. Ich habe den Titel eher per Zufall entdeckt und war mir erst gar nicht sicher, ob es etwas für mich ist. Doch ich bin froh, dass ich mich darauf eingelassen habe.

Es geht um zwei Freunde: Jannik, der Tschaikowsky vergöttert, über ein unglaubliches Wissen über klassische Musik verfügt, sich selber, seine Stimme und seine eigenen Wünsche und Träume aber erst noch finden muss. Und Tai, der erst vor ein paar Jahren aus Vietnam nach Berlin gekommen ist, eine ausgeprägte Fantasie hat und der sein Leben durch die Linse seiner Kamera, die er ständig bei sich trägt, wahrnimmt und dokumentiert. Durch Zufall begegnen sie eines Nachts ihrem völlig betrunkenen Direktor und Tai hat plötzlich eine Idee: Den Direktor in seinem hochmodernen Apartment einzuschließen und ihn mit Kameras zu überwachen. Kommunizieren können sie schriftlich mit ihm über seinen Laptop.

Was erst mal ziemlich banal klingt, bekommt schnell eine außergewöhnliche Tiefe, alsTai das Thema auf Melanie lenkt, einer Schülerin, die sich vor kurzem vom Dach der Schule in den Selbstmord gestürzt hat. Die Geschichte bekommt eine ganz neue Dimension, als der Lehrer beginnt auszupacken.

Währenddessen macht sich Jannik ganz andere Gedanken. Um Tai, und welche Rolle er in dieser Geschichte spielt. Und was ist mit ihm selber? Nutzt Tai ihn nur aus, um die Verantwortung der Tat, auf ihn abzuwälzen? War alle von Anfang an von Tai so geplant oder verlieren sie langsam die Kontrolle in diesem Spiel, das zuerst ganz harmlos begann, doch schnell ernst wird?

Ich finde die Charaktere sehr gut dargestellt. Als Leser bekommt man die Chance ganz tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt einzutauchen. Besonders gut hat mir die Entwicklung von Jannik gefallen, der sich seinem eigenen Handeln immer mehr bewusst wird und seine eigene Stimme findet. Je weiter der Roman fortschreitet, umso tiefer dringt man in die Psyche aller Charaktere ein. So eine charakterliche Tiefe hätte ich von diesem Roman erst gar nicht erwartet, da Titel und Cover eher an Humor erinnern.

Doch auch der Humor kommt nie zu kurz. Es gibt so viele, teils so absurde Situationen, die mich zum Lachen gebracht haben, so dass ich mich perfekt unterhalten gefühlt habe.

Ich würde das Buch ganz klar weiterempfehlen. Es ist wunderbar unterhaltsam und gleichzeitig bietet es eine tolle Geschichte über zwei ganz außergewöhnliche Jugendliche, die nach ihrem Weg im Leben suchen und die Konsequenzen ihres Handelns kennen lernen müssen. Man muss sich aber auch darüber bewusst sein, dass hier zum Teil derbe Jugendsprache gebraucht wird. Wen das stört, sollte vielleicht eher nach einem anderen Buch greifen. Alle anderen sollten zugreifen und werden mit einer tollen Geschichte belohnt.

Veröffentlicht am 13.03.2018

Roadtrip nach Graceland

Das Glück kurz hinter Graceland
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Vielleicht bin ich etwas voreingenommen, da ich Elvis sehr mag und selber einen Roadtrip auf einer sehr ähnlichen Route vor einiger Zeit unternommen habe, aber ich fand das Buch einfach nur wunderbar.

Cory ...

Vielleicht bin ich etwas voreingenommen, da ich Elvis sehr mag und selber einen Roadtrip auf einer sehr ähnlichen Route vor einiger Zeit unternommen habe, aber ich fand das Buch einfach nur wunderbar.

Cory findet nach dem Tod ihrer Mutter den schwarzen Blackhawk, der einmal Elvis gehört hat. Im Rekorder befindet sich die wahrscheinlich letzte Aufnahme des King of Rock'n'Roll. Cory hat Grund zur Annahme, dass Elvis ihr leiblicher Vater ist und macht sich auf eine Reise quer durch den Süden der USA bis nach Graceland, um den Blackhawk zurück zu bringen, aber auch um ihrer eigenen Herkunft näher zu kommen.

Wie schon erwähnt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Cory war mir von Anfang an sympathisch und so hat es großen Spaß gemacht, sie auf ihrer Reise zu begleiten. Die Spannung wurde durchweg durch die Frage der Vaterschaft aufrecht erhalten, denn plötzlich tauchen noch zwei andere Anwärter auf. Ist Cory wirklich die Tochter von Elvis? Cory findet auf dieser Reise nicht nur über sich selbst, sondern auch über ihre Mutter viel Neues heraus. Es entsteht ein ganz anderes Bild von ihr als das, was sie jahrelang in ihrem Kopf hatte.

Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und hinter jeder Ecke lauern neue unerwartete Wendungen, so dass ich das Buch in nur zwei Tagen durchgelesen habe.

Ich fand es besonders gut, dass zwischendurch immer wieder Erzählungen aus Honeys Sicht, Corys Mutter, eingestreut wurden. Dies hat die spannenden, fehlenden Lücken geschlossen, die sich während des Lesens aufgetan haben. Man ist hier sehr nah an den Figuren dran. Wenn Honey erzählt hat, konnte ich das Leben auf Graceland tatsächlich vor mir sehen. Nicht nur den Glamour, sondern vor allem auch die nicht so tollen Seiten, die ein Leben an der Seite des wohl größten Superstars zu der Zeit mit sich gebracht hat. Auch wenn hier natürlich auch viel der Fantasie der Autorin entsprungen ist, wirkt es doch sehr authentisch und gut recherchiert.

Einen ganz kleinen Kritikpunkt habe ich dann doch noch: Die Route 66 ist nämlich kein Teil dieses Roadtrips, wie es fälschlicherweise auf dem Cover angedeutet wird. Die verläuft in der Realität nämlich viel weiter westlich als die Strecke, die Cory abgefahren ist.

Ich würde das Buch definitiv weiterempfehlen. Natürlich nicht nur Elvis Fans, doch diesen wird es bestimmt ganz besonders gut gefallen.

Veröffentlicht am 13.03.2018

Hush little Baby

Das Lied der toten Mädchen (Jan-Römer-Krimi 3)
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Dieser Krimi ist ein wenig anders als der typische Krimi, denn hier ermittelt nicht die Polizei, sondern zwei Journalisten. Jan Römer und Stefanie Schneider ("Mütze") recherchieren in diesem ...

Dieser Krimi ist ein wenig anders als der typische Krimi, denn hier ermittelt nicht die Polizei, sondern zwei Journalisten. Jan Römer und Stefanie Schneider ("Mütze") recherchieren in diesem Fall, um ihn in ihrer Serie zu ungeklärten Mordfällen zu veröffentlichen.

Vor zwanzig Jahren wurde auf dem Wilzenberg eine junge Frau ermordet. Neben ihr wurde eine Spieluhr gefunden, die das Schlaflied "Hush Little Baby" spielt. Allen Indizen nach handelte es sich damals um eine Beziehungstat, auch wenn der Mörder nie gefunden wurde. Als Jan & Mütze anfangen, den Fall neu aufzurollen, gehen ihre Ermittlungen auch noch in eine andere Richtung, nämlich um das Geheimnis des ominösen Hauses am Wilzenberg, in dem das Opfer vor ihrem Tod gearbeitet hat. Diese Ermittlungen scheinen den Täter neu anzustacheln, denn nun - zwanzig Jahre später - gibt es eine zweite Leiche. Der Täter hat erneut zugeschlagen.

Dass hier zwei "Laien" am Werk sind, die versuchen, die Tat aufzuklären, fand ich sehr erfrischend. Obwohl ich vorher noch keinen Jan Römer Fall gelesen habe, waren mir die beiden auf Anhieb sympathisch. Mütze erscheint mir wie ein weiblicher Kumpeltyp, auch wenn dieser Eindruck im letzten Drittel ein wenig revidiert wird, was für mich überraschend kam. Vielleicht war ich aber zu Anfang auch so von der Handlung gefangen genommen, dass ich hier nicht so sehr auf die Details geachtet habe.

Der Fall an sich ist sehr spannend. Es ist sehr lange unklar, wer der Täter sein könnte und ob es überhaupt eine Auflösung am Ende geben wird, schließlich gilt der Fall als ungeklärter Mordfall. Dass zwei Journalisten plötzlich den Fall lösen können, ist zunächst unwahrscheinlich.
Doch Jan & Mütze sind ein wirklich gutes Team mit einer hervorragenden Kombinationsgabe (fast schon ein wenig zu gut), die es ihnen ermöglicht, neue Schlüsse zu ziehen, die bisher von der Polizei entweder nicht weiter verfolgt oder möglicherweise vertuscht wurden. Es hat mir sehr gefallen, dass der Fall hier eine sehr überraschende Wendung genommen hat.

Ich fand es gut, wie der Autor die unheimliche Atmosphäre vom Wilzenberg eingefangen hat. Die ganze Mordszene ist schon sehr gruselig: die Dunkelheit, die Stille der Natur und dann nur ganz leise die Klänge der Spieluhr. Das war gut gemacht.
Und überhaupt hat er einen wunderbaren Sinn für Atmosphäre und Spannungsaufbau. Durch die wechselnden Erzählperspektiven meint der Leser oft mehr zu wissen als Jan & Mütze, doch ob dem wirklich so ist, erfährt man erst ganz zum Schluss.

Was mir nicht ganz so gut gefallen hat, ist, dass es an manchen Stellen deutlich wird, dass es sich um eine Serie von Büchern handelt. Natürlich kann man dieses Buch als abgeschlossenes Werk betrachten. Doch manchmal gibt es Andeutungen auf etwas, das wahrscheinlich erst in einem späteren Teil aufgelöst werden wird (wie z.B. Anspielungen auf Mützes Vergangenheit, von der sie Jan wahrscheinlich irgendwann einmal erzählen wird oder die Andeutung eines neuen Falls am Ende). Da ich kein großer Fan von Serien bin und nicht gerne dazu "gedrängt" werde, weitere Teile zu kaufen, hat mich das ein wenig gestört. Aber das ist nur ein kleiner Kritikpunkt, der im großen Ganzen wahrscheinlich auch nicht so auffällt.

Insgesamt ist "Lied der toten Mädchen" ein sehr gelungener, spannungsreicher Krimi, den ich auf jeden Fall weiter empfehlen würde.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Spannung pur

Schlüssel 17
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Als Tom Babylon zum Tatort eines neuen Mordfalls gerufen wird, ist er geschockt, denn das Opfer trägt denselben Schlüssel um den Hals, den seine kleine Schwester bei sich hatte, als sie damals verschwunden ...

Als Tom Babylon zum Tatort eines neuen Mordfalls gerufen wird, ist er geschockt, denn das Opfer trägt denselben Schlüssel um den Hals, den seine kleine Schwester bei sich hatte, als sie damals verschwunden ist. Zusammen mit der Psychologin Sita Johanns macht er sich eigenständig auf die Suche nach dem Mörder, da er selber durch seine persönliche Verstrickung von dem Fall abberufen wurde. Beide sind trotz fehlender Sympathie aufeinander angewiesen, da sie beide ihre Geheimnisse aus der Vergangenheit haben, die sie nach und nach einzuholen drohen.

Das Buch ist packend geschrieben, die Geschichte spannend und es gibt einige unerwartete Wendungen. Zwischendrin werden immer mal wieder Episoden aus Toms Vergangenheit eingeblendet, die etwas mit dem Schlüssel zu tun haben und somit immer noch Auswirkungen auf die Gegenwart zu haben scheinen. Das fand ich gut gemacht, denn so wird Tom sympathischer, menschlicher und seine Handlungen werden nachvollziehbarer. Außerdem lernt man so die anderen aus Toms ehemaliger Clique besser kennen, die alle auch noch eine Rolle in diesem Mordfall spielen.

Das Buch ist in kurze Kapitel aufgeteilt, die oft die Perspektive wechseln. Das hat mir zuerst gut gefallen, da das automatisch das Lesetempo erhöht und durch ständige Cliffhanger Spannung aufbaut. Doch zum Ende hin wurde es doch etwas verwirrend und unübersichtlich, so dass ich teilweise den Faden verloren habe und zurückblättern musste, um bestimmte Details noch einmal nachzuschlagen. Das fand ich schade, da mir das Buch ansonsten sehr gut gefallen hat. Doch dieses Zurückblättern hat mich im Lesefluss gestört. Ein etwas weniger komplizierter Hintergrund hätte mir besser gefallen, vor allem da einige Handlungsstränge gar nicht richtig aufgelöst werden und ich mir daher nicht erklären kann, warum sie überhaupt erst aufgenommen wurden.

Trotzdem hat mir das Buch sehr gut gefallen. Ein spannender Thriller, der viel Unterhaltung verspricht und für Thrillerfans definitiv zu empfehlen ist.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Außergewöhnlich & fantastisch

Der Wortschatz
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Hier hat der Autor eine ganz außergewöhnliche Idee in ein kleines Buch gepackt. Es geht um ein kleines Wort, das wohlbehütet bei seinen Eltern aufwächst bis es plötzlich ausgesprochen wird. Ein ...

Hier hat der Autor eine ganz außergewöhnliche Idee in ein kleines Buch gepackt. Es geht um ein kleines Wort, das wohlbehütet bei seinen Eltern aufwächst bis es plötzlich ausgesprochen wird. Ein Schock für das kleine Wort, das erst gar nicht versteht, was überhaupt passiert ist. Mit dem Aussprechen verliert es seine Erinnerung an sein vorheriges Leben und muss sich auf die Reise machen, um sich und seinen Sinn wieder zu entdecken.

Das Wort hat einen langen Weg vor sich, auf dem es vielen wundersamen Kreaturen begegnet und einiges über die Menschen und deren Sprache lernt. Durch die fantastischen Elemente liest sich das Buch wie ein Märchen für Erwachsene, nur nicht so gruselig, wie es die typischen Kindermärchen meistens sind. Auch die Illustrationen, die jedem Kapitel vorausgehen, lässt das Buch an ein Märchenbuch erinnern. Es ist einfach wunderschön geschrieben und total liebevoll gestaltet.

Je weiter man liest, umso mehr Gedanken macht man sich auch selber über die Sprache und fragt sich, was wäre, wenn die Worte wirklich so ein Eigenleben hätten. Und wer ist eigentlich abhängig von wem? Die Wörter von den Menschen, weil sie ohne ausgesprochen oder aufgeschrieben zu werden, nicht existieren würden? Oder die Menschen von den Wörtern, weil sie ohne sie nicht miteinander kommunizieren können?
Das Buch hat mich echt zum Nachdenken gebracht, auf eine schöne Art und Weise, so wie man als Kind über Märchen nachdenkt, über eine fantastische Welt, die nur in der Fantasie existiert, doch die trotzdem einen Funken Realität enthält.

Ich hab das Buch sehr gerne gelesen. Nur schade, dass es so kurz ist. Ich hätte das kleine Wort gerne noch ein wenig länger in seiner Welt begleitet. Das Buch würde ich unbedingt weiterempfehlen, da es total außergewöhnlich ist und eine sehr schöne Idee dahinter steckt.