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Veröffentlicht am 14.08.2023

Weinen um die Zukunft

Der Vorweiner
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Bov Bjerg lässt seinen Roman in einem „Resteuropa" spielen, das aus diversen Rettungsversuchen vor den Folgen des Klimawandels entstanden ist - einem beklagenswerten, öden Ort. Hier kauft sich A. wie ...

Bov Bjerg lässt seinen Roman in einem „Resteuropa" spielen, das aus diversen Rettungsversuchen vor den Folgen des Klimawandels entstanden ist - einem beklagenswerten, öden Ort. Hier kauft sich A. wie Anna einen jungen Flüchtling, der bei ihr leben und sie nach ihrem Tod öffentlich betrauern soll. Trauer wird (wie auch andere Arbeit) von der Oberschicht "Dienstleistern“ übertragen; denn Emotionen und Empathie gelten hier als nicht standesgemäß; doch ganz ohne Tränen soll eine Trauerfeier auch nicht verlaufen. Während sich Anna und ihr Vorweiner besser kennenlernen, passiert allerdings etwas Unvorhergesehenes, und Annas Zerstreuungsfeier verläuft anders als geplant...
Vordergründig erzählt Bjerg Annas Geschichte, wechselweise aus der Sicht Annas und der ihrer Tochter Berta. Dahinter aber stecken zahlreiche grimmige, überspitzte Anspielungen auf (auch aktuelle) Gesellschaft und Politik, etwa wenn von der "endgültigen Rettung Resteuropas“ die Rede ist oder vom Umgang mit (Klima-)Flüchtlingen.
Gefühle spielen keine Rolle; das Verhältnis zwischen Berta und ihrer Mutter oder auch ihrem Partner Pete erscheint eher zufällig und unbedeutend. Und ebenso findet der Leser kaum Zugang zu den Protagonisten oder soll ihn nicht finden.
Der Roman ist in gut verständlichem Stil geschrieben, in knappen, deutlichen Sätzen und kurzen Kapiteln. Seine Form allerdings verlangt dem Leser mehr ab. Abgesehen von der wechselnden Erzählperspektive zwischen Anna und ihrer Tochter finden sich kursiv gedruckte kurze Szenen von Anna im Krankenhaus eingestreut. Wir erleben „schreiende" Nachrichten, verfasst von Berta, und erhalten immer wieder einmal einen Blick durch das allsehende, filmische „Gottesauge“.
Neben spielerischem Umgang mit einzelnen Wörtern, die manchmal humorvoll sind, manchmal bösartig, blitzt auch immer wieder viel Sarkasmus auf.
Eine Gesellschaft ohne Empathie, in der es keine emotionalen Bindungen und Beziehungen mehr gibt; eine Rest-Erde nach Klimakatastrophen - ein solches Leben ist zu beweinen!



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Veröffentlicht am 13.05.2023

In Form

Kastenbrote
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Wer schon einmal Brot selbst gebacken hat, weiß, dass es eine komplizierte und langwierige Prozedur sein kann. Daher macht mich der Untertitel des Buches Kastenbrote neugierig: Unkompliziert backen einfach ...

Wer schon einmal Brot selbst gebacken hat, weiß, dass es eine komplizierte und langwierige Prozedur sein kann. Daher macht mich der Untertitel des Buches Kastenbrote neugierig: Unkompliziert backen einfach im Kasten. Ist es wirklich so leicht?
Bevor es an das Backen geht, werden aber erst einmal die theoretischen Ansätze erklärt. Valesa Schell schildert kurz, aber auch für den Laien gut verständlich, die Grundlagen des Backens, klärt Fachbegriffe, gibt hilfreiche Tipps. Nach der Theorie kann dann die Praxis beginnen. Mit zahlreichen Heferezepten wird gestartet, und auch ich lasse mich zunächst hier inspirieren. Für den fortgeschrittenen Bäcker folgen Rezepte mit Sauerteig und Lievito Madre, deren Herstellung und Führung die Autorin auch detailliert beschreibt. Ein Kapitel widmet sich dem Backen von speziellen Broten wie etwa einer Lauch-Speck-Rolle und natürlich kommen auch süße Brote nicht zu kurz. Schell beschreibt alle Rezepte gut verständlich, was ich beim Testen schnell feststelle. Die Kastenform, die hier angewendet wird, macht das Ausformen des Teiges unnötig und der Teig bleibt „in Form" - das macht es also wirklich alles einfacher, auch für jemanden, der noch nicht über viel Erfahrung verfügt. Außerdem gibt Valesa Schell verschiedene mögliche Garzeiten an, die es mir ermöglichen, das Brotbacken gut in meinen Alltag zu integrieren. Appetitliche Fotos illustrieren die Backergebnisse und machen Lust, es selbst zu probieren. Vervollständigt wird das Backbuch durch einen Serviceteil, in dem der Interessierte weiterführende Literatur und praktische Adressen findet.

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Veröffentlicht am 08.05.2023

Dorniher Lebenslauf

Morgen und für immer
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So voller Dornen und Widerhaken wie die Brombeerranke auf dem Buchcover gestaltet sich auch der Lebenslauf des Romanhelden Kajan. Der Leser begleitet ihn von Kindheit an bis ins mittlere Erwachsenenalter ...

So voller Dornen und Widerhaken wie die Brombeerranke auf dem Buchcover gestaltet sich auch der Lebenslauf des Romanhelden Kajan. Der Leser begleitet ihn von Kindheit an bis ins mittlere Erwachsenenalter und erlebt mit ihm glückliche Stunden und harte Schicksalsschläge. Wir werden Zeugen von Kajans Leben vor dem Hintergrund historischer Ereignisse; im totalitären Albanien, seiner unbeabsichtigten Flucht in den Westen und späterer Rückkehr in die Heimat.
Mit seinem angenehmen, gut lesbaren Schreibstil gelingt es Ermal Meta mühelos, zu zeigen, wie tief Weltpolitik in das Schicksal von Menschen einzugreifen und es zu bestimmen vermag. Packend und empathisch schildert er die Ohnmacht des Einzelnen, seine Angst, seine Wut, seine Verzweiflung.
Morgen und für immer - ein aufrüttelndes Buch, eine Mahnung.

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Veröffentlicht am 28.04.2023

Zauberhaft

Vida und der Sommerzauber
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Kurzferien ganz allein beim Opa - das klingt für die Geschwister Vida und Karl nach einer spannenden Zeit, besonders, da Opa ihnen vorab ein Paket mit merkwürdigem Inhalt schickt. Wie erwartet gestaltet ...

Kurzferien ganz allein beim Opa - das klingt für die Geschwister Vida und Karl nach einer spannenden Zeit, besonders, da Opa ihnen vorab ein Paket mit merkwürdigem Inhalt schickt. Wie erwartet gestaltet sich der Miniurlaub aufregend und wird zu einem ganz besonderen Erlebnis für die Kinder…
Reuter, den ich bisher nur als Autor von Erwachsenenromanen kennengelernt habe, bedient sich in dieser bezaubernden Geschichte einer durchaus kindgerechten Sprache. In schlichtem, aber gehobenem Stil entwickelt er eine fantasievolle sommerliche Erzählung, in der alles möglich zu sein scheint. Mit viel Empathie und Humor schildert er, wie Karl und seine Schwester den überbordenden (Lügen-) Geschichten des Opas zwar skeptisch gegenüber stehen, sich aber aufgeschlossen zeigen für kleine Wunder und rätselhafte Ereignisse.
Zauberhafte farbige Illustrationen begleiten Reuters originelle Erzählung. Ursula Seebergs Bilder führen den kleinen Leser detailreich in Natur- und nordische Sagenwelt; sie zeigen Vidas und Karls heile Kinderwelt teils im großen, ganzseitigen Format, teilweise in liebevollen kleinen Abbildungen am Rande des Textes. Ihre Illustrationen sind mehr als Schmuck: sie ergänzen die Geschichte.
"Vida und der Sommerzauber" ist ein wirklich zauberhaftes Kinderbuch, in dem spürbar wird, wie sehr sich beide, Autor und Illustratorin, in die Kinderwelt hinein gedacht haben, Bilder und Text wirken als harmonische Einheit. Sehr lesenswert!


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Veröffentlicht am 25.04.2023

Leben

Das Café ohne Namen
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Endlich erfüllt sich Robert Simon einen Traum: in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts renoviert er ein heruntergekommenes Café am Karmelitermarkt in Wien. Bald wird das kleine Café zum beliebten Treffpunkt ...

Endlich erfüllt sich Robert Simon einen Traum: in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts renoviert er ein heruntergekommenes Café am Karmelitermarkt in Wien. Bald wird das kleine Café zum beliebten Treffpunkt ganz unterschiedlicher Menschen, darunter recht skurriler Charaktere.
So verschieden die Besucher sind, so bunt sind auch ihre Schicksale. Hier dient das kleine Marktcafé dem Autor als ideale Kulisse; denn neben dem Leben seiner Hauptfigur Simon ist es Seethaler wichtig, auch die Wege der Gäste zu schildern. Es sind die Freuden und Leiden der „kleinen Leute“, die ihn bewegen, die Lebenswege abseits des großen Weltgeschehens, die jedoch stets abhängig sind von den historischen Ereignissen. Seethaler, der selbst in einem Wiener Arbeiterviertel aufgewachsen ist, kennt die Sorgen und Nöte der Bewohner.
Er schreibt sachlich, unprätentiös und ohne große Emotionen, doch zwischen den Zeilen spürt der Leser deutlich die Empathie des Autors für seine Charaktere. Mit seiner bedächtigen Art und seinem unkompliziert fließenden Schreibstil, der nie oberflächlich wird, gelingt es ihm mühelos, den Leser teilhaben zu lassen am Alltag seiner Romanfiguren.
„Das Café ohne Namen“ ist ein wunderbares Buch, das ich allen Lesern wärmstens empfehle.

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