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Veröffentlicht am 14.12.2022

Nanny auf Verbrecherjagd

Die Uhrmacher der Königin
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Sehr enttäuschend! Ich habe mehr erwartet. Das ganze Buch-Personal und die Story kamen mir so vor, als ob der Autor vergessen hätte, dass sich das Ganze 200 Jahre früher abspielt! Eine kleine Nanny auf ...

Sehr enttäuschend! Ich habe mehr erwartet. Das ganze Buch-Personal und die Story kamen mir so vor, als ob der Autor vergessen hätte, dass sich das Ganze 200 Jahre früher abspielt! Eine kleine Nanny auf Sherlock Holmes' Spuren. Nein, damals, wo Reifröcke und Etikette gross angesagt waren, widerspricht das der künstlerischen Freiheit. Damit versöhnt auch das Nachwort des Autors nicht, dass er gewisse Dinge erfunden hat. Solche Romane tragen nicht dazu bei, den "historischen Roman" zu adeln. Warum einen Erzfeind vom Helden Johannes aufnehmen? Bei Harry Potter gerechtfertigt und bei Rebecca Gablé, aber nicht hier. Alles in allem ein gescheiterter Versuch, den Leser in eine historische Ära zu entführen, die so wirkte, als fände sie im 21.Jahrhundert statt, wo Nannys, WGs, Migration, Start-ups und Behinderte aktuell sind.
Die Buchkapitel analog der Bestandteile einer Uhr aufzubauen, gaben dem Buch eine Struktur. Deswegen erwartete ich auch, dass das Ende mit einem Glockenschlag auf Punkt XY endet. Ich vermisste Spannung und Eintauchen in eine andere Zeit, was eben den Reiz eines historischen Romans ausmacht. Stattdessen nur das Uhrhandwerk beschreiben, am Rande die Königsfamilie und ansonsten viel Blabla um die Hauptfiguren. Dem Buch hätten 200 Seiten für die Story gereicht; 500 Seiten plusterten es unnötig auf. Ein etwas überlanger, aufgeplusterter Groschenroman ohne viel dahinter.
Flache Charaktere. Schluss wirkte so, als ob der Autor sich eigentlich für einen Cliffhanger entscheiden wollte, es am Ende nicht tat. Schade. Nicht zu empfehlen für Geschichtsenthusiasten.
Der Story fehlte Tiefgang, umso überraschender die Länge. Eher für Jugendliche als Bestagers geeignet.

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Veröffentlicht am 16.01.2021

Deutsche Schuldmagd im Amerika von 1776

Die Küste der Freiheit
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Das Cover - das einen Pelikan oder Reiher vor dem Hintergrund einer sumpfigen Küstenlandschaft (Carolinas oder Floridas) zeigt - hat nichts mit dem Inhalt zu tun. Wäre ich nach dem Cover gegangen, ich ...

Das Cover - das einen Pelikan oder Reiher vor dem Hintergrund einer sumpfigen Küstenlandschaft (Carolinas oder Floridas) zeigt - hat nichts mit dem Inhalt zu tun. Wäre ich nach dem Cover gegangen, ich hätte das Buch nie gekauft (wäre vielleicht auch besser gewesen). Das liebliche Lavendel des Hintergrunds suggeriert aber schon, dass es sich um eine Liebesgeschichte handelt. Offensichtlich gibt/gab es noch ein anderes Cover, wo eine junge Frau mit dem Rücken zum Betrachter steht.
Das Buch besteht aus 5 Kapiteln, aus Anmerkungen, Adressen, Karten, quasi um auf den Spuren der Protagonisten zu wandeln. Hätte ich ja auch gemacht, wenn mich das Buch vom Hocker gehauen hätte; dem war aber nicht so. Spannung hielt sich auf Sparflamme, Handlung war vorhersehbar, historischer Aspekt minim, Sprache "normal bis platt" - kaum literarisch hochstehend. Zeitweise fühlte ich mich in den US-Bürgerkrieg versetzt und nicht in den Unabhängigkeitskrieg.
Die Handlung fing gut an, war - auf dem deutschen Festland - einigermassen (!) atmosphärisch stimmig, die Spannung wuchs und wurde Mitte des Buches, nachdem die 2 Protagonisten sich in Amerika wiedersehen, entladen. Und damit war auch die Luft bzw. der Reiz verpufft. Der Rest, der darauf folgte, hätte sehr gut - und immerhin 300 Seiten! - weggelassen werden können: unnötiger Ballast, der schwer verdaulich war, blosse Aufzählung weiterer Klischees, die man - als unbefangener Leser - auch erwartet. Für mich war das kaum auszuhalten - ein Grund, warum ich nach der zügig gelesenen (2 Wochen oder so) Buchhälfte für den Rest knapp 3 Monate brauchte, je Woche ein bis zwei Kapitel (zäh wie Gummi, langweilig bzw. atmosphärisch nicht stimmig). Die grosse Überraschung waren dann die allerletzten Kapitel, die in einem bittersüssen Happy-end mündeten.
Von einer Autorin, die grossspurig als "USA-Kennerin, -Liebhaberin und Stipendiatin einer renommierten US-Uni" vorgestellt wird, hätte ich mehr Substanz erwartet, keine Bedienung bekannter Klischees, samt Anlehnung an "Onkel Toms Hütte", "Vom Winde verweht", "Roots" usw. Der Klappentext wurde der faden Story einfach nicht gerecht. Könnte ja sein, dass dieser beim Rohentwurf der Handlung entstand, also nichts mit der Endfassung zu tun hatte bzw. nicht mehr angepasst wurde.
Statt altbewährte Klischees aufzuwärmen, wäre es wirklich ein Novum - und Pluspunkt - gewesen, näher auf das weniger bekannte Thema einer "Schuldmagd in den USA" sowie die Religionsfrage "Täufer" einzugehen, garniert von der Lovestory und dem Kriegswirren. Hier verzettelte sich die Autorin immens: sie ging auf die Schlachten ein und auf die Medizin. Der Krieg und die Medizintechnik kamen mir so vor, als ob die Autorin versucht hätte, den (unterentwickelten) Stand der US-Medizin aus den 1860er-Jahren sowie die Situation im Bürgerkrieg, auf die 1770-80er umzuwälzen. Das nennt man künstlerische Freiheit, aber dann verdient ein Roman nicht das Label "historischer Roman"! Ich will meinen Leser zwar unterhalten, aber auch Fakten mitgeben, nicht Wunschdenken portieren... "Back to the future" quasi. Apropos Thema "Schuldmagd": Howard Fast hat in den 1930er Jahren mit "Rachel und der Fremde" (hat auch die "Einwanderer" geschrieben) einen kurzweiligen, warmen Roman auf rund 300 Seiten oder weniger geschaffen! Als US-Stipendiatin hätte sie das doch wissen müssen, oder?
Mir kam's zeitweise wie ein Groschenroman aus dem Bastei-Lübbe-Verlag vor: oberflächlich, intellektuell anspruchslos, kitschig, schwache Charaktere, die man trotz der 800+ Seiten kaum besser kennt. Dazu passt, dass Paul und John Huntley, die beiden Gegenspieler Annas und Lorenzes, blass und körperlos daherkommen. Man kann sich keinen der Protagonisten richtig vorstellen - so als ob sie einem "Personenkatalog" der Autorin entsprungen wären, die sich, je nach Thema, eine Person einfach rausgepickt und diese mit dem Attribut "Weiss" oder "Schwarz" versehen, ins Geschehen eingebettet hätte. Haken darunter, nächste Person?
Die Anhäufung von Banalitäten, kostete der Handlung den roten Faden. Manchmal wusste man nicht, warum sie das beschreibt Ein weiteres Klischee, das mich weniger störte, als erheiterte: dass die weiblichen Hauptpersonen, egal wie alt diese sind, in den "Hebammen-, Heilkräuter- oder Medizinstand" und die männlichen als Offiziere, Anwälte, Ärzte oder Journalisten (ultramodern) erhoben werden.
Wenn ich nämlich eine Hauptperson habe, die ich von einem Kontinent auf den anderen verschiebe und diese mit einer Liebesromanze kröne, dann ist das Wiedertreffen das Ziel, das Ende, aber nicht das weitere Blabla. Was interessiert mich dann, was die beiden alles noch durchmachen müssen? Das hätte ein 2.Teil (als separates Buch) beantwortet- für jene, die wissen wollen, wie's weitergeht.

Fazit: ein Buch zum Vergessen, eine Riesenenttäuschung. Kitsch as Kitsch can. Nur etwas für Romantiker, die nichts mit Geschichte am Hut haben.

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Veröffentlicht am 05.01.2021

Ponyhof-Romantik im Mittelalter

Das Lächeln der Fortuna - Erweiterte Ausgabe
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Mir fiel das Buch quasi vor die Füsse. Ein Strassenfund, der mir trotz Regen und dem wunderbaren roten Layout ins Auge fiel. Die Erstleserin liess in ihrer Enttäuschung (!?) sogar den Kaufbeleg drin (2016).
Ich ...

Mir fiel das Buch quasi vor die Füsse. Ein Strassenfund, der mir trotz Regen und dem wunderbaren roten Layout ins Auge fiel. Die Erstleserin liess in ihrer Enttäuschung (!?) sogar den Kaufbeleg drin (2016).
Ich tat mich echt schwer, mit Lesen anzufangen. Aber als ich so gut 30 Seiten hatte, zog es mich hinein zwar in die Ära, aber die 1100 Seiten schreckten mich doch ab...
Robin und Mortimer, Könige und Adel, Pferde und Natur, Liebe und Zwietracht, Familie. Alles eigentlich, was man von einem U-Roman erwartet - nur eben nicht historisch genug! Ich meine, die Waringhams und ihr Umfeld sind ja ok, nur finde ich es schade, dass ein Buch 1100 Seiten umfasst, wenn auch über eine Zeitspanne von 30 Jahren.
Da ich selbst historische Romane schreibe und neugierhalber auch lese, fiel mir der Unterschied zwischen einem Ken Follett, der ja auch 1000+ Seiten umfasst je Band, und einem Gablé auf: die Tiefgründigkeit. Anders kann ich's nicht beschreiben. Und mir persönlich liegt eher ein Follett. Warum? Weil ich es übertrieben finde, eine Schlacht oder ein Ereignis auf knapp 3 Seiten abzuhaken. Wenn Mortimer und Robin miteinander kämpfen, egal ob als Kids oder als gestandene Männer, dann ist absehbar, da ja gut 2/3-Buch vor einem noch liegen, dass das nach 3 Seiten vorbei ist und Robin als Sieger hervorgeht oder so.
Was mir auch auffiel war, dass sich die Autorin auf 4 Charaktere beschränkt hat, die sie immer wieder als Reinkarnation in der wachsenden Familie verwendet. Ist zwar logisch, aber langweilig und vorhersehbar! Da wundere ich mich nicht, dass die Erstkäuferin - genau wie ich - in der Mitte bzw. im 2.Kapitel (-1376) - kapitulierte, d.h. das Buch hinschmiss; genau da klappte das Buch beim Aufschlagen ja auf.
Im Nachhinein, nachdem ich es zu Ende gelesen habe, bestätigte sich mein Verdacht über die Erstleserin, denn auch ich fand nach dem 2.Kapitel, es sei alles gesagt, die Neugier aufs Mittelalter gesättigt, eine Fortsetzung unnötig. Aber jeder sieht das anders.
Auf der Website der Autorin las ich, dass der Verlag ihr sogar 300 Seiten gestrichen hat - Gott sei Dank! Aber dass die Waringham-Saga insgesamt 6 Teile umfasst, hat mich umgehauen, genügte mir doch der 1 Teil vollends.
Was Königs & Co. angeht: Nun ja, interessante Einsprengsel, aber zu dürftig, genauso wie die Personen. Vielleicht gehe ich von mir aus oder von Ken Follett - nein, ich bin kein Fan! -, aber ein historischer Roman sollte nicht voller Action sein, Scharmützeln, die nur 3 Seiten dauern und dann wie ein Film weitergehen. So was törnt ab. Dass das Lektorat oder der Verlag nicht bemerkt hat?
Bei so vielen historischen Personen kommt man rasch durcheinander, auch wenn am Ende und Anfang des Buches eine Ahnentafel und ein "Who ist Who" stehen. Da lobe ich mir Karl May, wo regelmässig Fussnoten erklärten, was Sache ist. Schade, dass das heutzutage offensichtlich überholt ist. Denn wer hat schon Zeit und Geduld, immer wieder nach vorn oder hinten zu blättern, wer nun wer ist.
Was den Titel angeht, finde ich ihn unpassend. Was hat das Ganze mit Glück oder der Göttin Fortuna zu tun? Es liegt ja auf der Hand, dass der Helden-Clan gewinnt, oder? Na ja, vielleicht waren die Agenten oder der Verlag anderer Meinung, weil ja nicht jeder Autor seinen Titel durchbringt. Die restlichen 5 Teile sind da treffender, so vom Gefühl her. Ist aber Ansichtssache.
Wenn ich so die Inhaltsangabe der restlichen Teile durchgehe, würde mich nur einer reizen, der letzte Teil: "Der Palast der Meere". Aber auch da ist wahrscheinlich die rasche Abhandlung von Freud und Leid vorprogrammiert. Dennoch wäre es interessant ins Zeitalter von Elisabeth I abzutauchen, mit einer weiblichen Heldin.
Von einer Autorin, die Mediävistik studiert hat, hätte ich mehr erwartet. So kommt es mir vor, als ob sie wie ihre grossherzigen Romanhelden statt Fakten streut. So gesehen stimmt das, was die Branche über historische Romane sagt: "Nur wenige wie Follett verdienen das Prädikat "Könner".

Die Story beginnt damit, dass Robin 12 Jahre alt ist und zurückkommt aus dem Kloster. Und etwas später auch seine jüngere Schwester Agnes. Schon dort fangen die Klischees an, entsprechen aber überhaupt nicht dem Alter. Man spürt - ich zumindest - sofort, dass das unmöglich ein 12jähriger Junge sein kann, der so verantwortungsbewusst , nüchtern und sachlich sein Leben meistert. Ebensowenig seine jüngere Schwester Agnes, die mit 10 oder 11 Jahren schon eine Art "Kräuterhexe", heilkundig ist und sogar allein eine Geburt meistern kann! Also wirklich, das passt zwar in die Dramaturgie, aber ist jenseits aller Logik. Sich vorzustellen, dass ein Mädchen allein eine Entbindung meistert, na ja...
Als "Ponyhof-Romanik 700 Jahre vor unserer Zeit "würde ich das Ganze beschreiben. Ein Jugendlicher oder ein Kind könnte sich dafür zwar erwärmen, aber auch denen wäre es zu wenig faktisch. Gablés Liebe zu Pferden dringt durch jede Seite - fast posttraumatisch. Klar, jedes Mädchen träumt von Pferden, aber der Traum endet mit dem Erwachsenwerden. Gablé scheint das aber nicht überwunden zu haben.
Wenn ich mir die Figuren übe die Zeit vergleiche, fällt mir einfach auf, dass sie, die Autorin, von sich aus ging, und nicht die Figuren ihrem Alter gemäss beschrieb.
Nein, ich würde das Buch keinem empfehlen, der keine oberflächlichen Geschichten mag! Denn es ist sehr oberflächlich.

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Veröffentlicht am 05.01.2021

New York in der Antike

Sinuhe der Ägypter
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Das Buch war eine Zumutung - und nicht nur wegen des Umfangs, sondern auch wegen der vielen Ereignisse, Personen und vor allem des Layouts.

Es fing gut an, der Klappentext schürte meine Neugier, obwohl ...

Das Buch war eine Zumutung - und nicht nur wegen des Umfangs, sondern auch wegen der vielen Ereignisse, Personen und vor allem des Layouts.

Es fing gut an, der Klappentext schürte meine Neugier, obwohl ich so gar nix mit Ägypten bis dato anfangen konnte, aber Tutenchamun, Horemheb, Nofretete und Ramses kannte ich natürlich. Aber da im "Literaturclub" au eine neue Übersetzung von A.Ludde eingegangen wurde (direkt von Finnisch-Deutsch) dachte ich, ich könnte mal diesen Klassiker mir zu Gemüte führen. Aber bis ich endlich mich voll auf das Buch konzentrieren konnte - ich merkte schon im 1.Kapitel und 3.Subkapitel, dass ich ohne Hintergrundmaterial nicht auskam -, musste ich mir aus dem Netz die Karten Altägyptens (Ober- & Unterägypten, Nachbarstaaten), die Bios der Hauptpersonen, der Stämme (Hethiter u.ä.) zusammensuchen, ausdrucken und buchlayout-konform einbetten ins Buch. Denn: Bastei Lübbe hat nur den Inhalt geliefert, einen ansprechenden Umschlag, aber leider sonst weder Hintergrundinfos noch Kartenmaterial. Sehr beschämend, dass der nicht-ägyptophile Leser so im Stich gelassen wird vom Verlag. Jedenfalls - obwohl ich historische Romane sehr mag -ist das ein Armutszeugnis. Vielleicht bin ich zu anspruchsvoll, wo andere einfach mal lesen. Ich aber wollte wissen, wie, wo, was. Und als ich das Buch fertig gebastelt habe - samt Inhaltsverzeichnis mit den Kapiteln von der allerletzten Seite nach vorn verschoben - konnte ich endlich zu lesen anfangen.

Die ersten Kapitel lasen sich spannend und faszinierend; man konnte richtig in die Antike eintauchen. Je weiter man aber kam, desto mühsamer wurde das Lesen, so dass ich es plötzlich mit "1001 Nacht" hielt, d.h. je Woche nur ein Kapitel, weil es mich einfach ermüdete. Die letzten beiden Kapitel verschlang ich allerdings am letzten Sonntag und beendete diesen 1101-Seiten Schinken nach gut 6 Monaten!
Alles in allem ein Sittengemälde der Zeit, leider aber zu langatmig. Besser wäre es gewesen, das Buch aufzuteilen - was heutzutage ja Mode ist bei Autoren + Verlagen . Denn 1101 Seiten liegen schwer im Magen, vor allem, weil der Verlag es nicht für nötig befand, dem Buch nicht nur eine Intro betr. Zeitgeschehen, Personenregister (who is who) und Kartenmaterial mitzugeben. So bleibt ein schaler Geschmack. obwohl der moderne Leser sehr viel von dieser Zeit mitnehmen konnte. Bei diesem Buch habe ich mich zum ersten Mal nie gefragt, was ist erfunden, was ist/war real - irgendwie schien es offensichtlich. Da das Buch auf der Bio des Sinuhe basiert, nahm ich das als bare Münze; der Autor hat allerdings die Story gut verwoben, und dass Horemheb sein bester Freund war? Nun ja, gehen wir davon aus, dass das so war, war doch Sinuhe der Leibarzt des Pharao. Daran ist nix zu rütteln, auch wenn man die Helden geschickt verwebt, wo vielleicht gar keine Verbindung bestand, ist das künstlerische Freiheit. Für mich aber kam die Story nüchtern daher, keine Spur von Humor, Übertreibung, Fantasie oder Schönrednerei.
Man konnte immer erraten - schön fand ich die Bezeichnung für die gestreiften Esel (Zebras) oder die gefrässigen Fische des Nils (Krokodile) -, was was heute ist. Und noch eins hat mich sehr ernüchtert: am Anfang dachte ich wirklich, Theben sei New York. Irgendwie wurde ich diese Vorstellung während des ganzen Romans nicht los. Ebenso, dass Ägypten damals die Rolle der heutigen USA spielte - Vormachtstellung, Grossmacht. Und die Hethiter waren für mich während 3/4 des Buchs die Osmanen, bis ich begriff, dass ich falsch lag, den diese waren ein indo-germanischer Stamm (Hethiter), die später eben zu "Barbaren" wurden. Aber das Erstaunlichste war und ist die Aktualität: Syrien, Flüchtlinge, Sklaven, Besatzung, Vertreibung, Verbannung, Meuchelmorde, Macht - all das rund ums östliche Mittelmeer und den Nil.
Ich bin froh, das Buch fertig gelesen zu haben, werde es aber bestimmt nicht noch einmal durchkauen - im Gegensatz zu "Vom Winde verweht". Ich fand's interessant, lebendig, zeitgenössisch, und damit hat sich's. Schade nur, dass der Verlag sich nicht mehr Mühe mit der Aufmachung des Buches gab.

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Veröffentlicht am 05.01.2021

Exotisches Abenteuer mit einem weiblichen Schurken

Die Seidendiebe
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Wow, dass ich mal so eine asiatischen Histo-Roman lesen würde.... Nach "Shogun" und "Taipan" hatte ich echt wenig Lust auf den Osten. Merkwürdigerweise aber zog mich das Buch in den Bann, dass ich es fast ...

Wow, dass ich mal so eine asiatischen Histo-Roman lesen würde.... Nach "Shogun" und "Taipan" hatte ich echt wenig Lust auf den Osten. Merkwürdigerweise aber zog mich das Buch in den Bann, dass ich es fast in einem Atemzug gelesen habe. Das , was ich vermisst habe, ist allerdings - was man bei weniger authentischen, modernen historischen Romanen immer wieder findet - ein erklärendes Glossar am Ende des Buches. All die exotischen Namen und Plätze, die Personen, Gebirge... Klar, die beiden Karten vorn und hinten waren schon hilfreich, wenngleich ich die Legende erst 5x lesen musste, bis ich begriff, wie was wo bezeichnet ist. Ist aber Pipikram. Entscheidend ist aber, dass ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, einen richtigen historischen Roman zu lesen, wo die Story, die Sprache, die Figuren, die Hintergründe und vor allem der Titel (!) stimmen. Klar, ich hatte mir Dschingis Khan vorgestellt mit Tatarenhut usw., aber herauskam ein "Eastern" - ich bin Western-Fan -, wo ich mir den Hauptdarsteller (Taurus) als John Wayne vorgestellte: ein normannischer Kleiderschrank aus Südosteuropa. Selten packte mich so eine Story. Die Sprache und vor allem die Hintergründe liessen keinen Zweifel am Hintergrund des Autors: jemand, der Frühgeschichte und Archäologie studiert hat, statt einer, dessen Hobby "Kraxeln" oder Wandern oder Reisen ist, und sich einbildet, seine Hobbies mit Schreiben zu verbinden. Dirk Husemann hat mir bewiesen, dass also auch männliche Autoren authentisch (und im richtigen Tempo) schreiben können. Toll. Eigentlich wollte ich nicht, aber jetzt stürze ich mich doch wohl auf den "Elefanten für Karl den Grossen". Mein Fazit: historische Romane hängen vom Hintergrund des Autors ab. Es ist ein Unterschied, ob meine Story exzellent ist und ich mir den Hintergrund mühsam über Google zusammensuchen muss, oder ob ich Geschichte studiert habe oder natürlich in dieser Zeit gelebt habe. Aber wer hat schon eine Zeitmaschine zuhause? Das ernüchtert mich ein bisschen, schreibe doch auch ich Historisches, leider ohne Studium-Fundament. Aber was soll's. Solche Storys wie dieser Roman -dabei ist er druckfrisch - haben das Zeug zum Beststeller und zur Verfilmung. Auch interessant: das einmal eine Frau ein Bösewicht ist und einer der Helden stirbt. Was mir auch aufgefallen ist: die Story hat die richtige Dosis. Man hat nicht einmal das Gefühl, dass das Lektorat aus dem Umfang des Manuskripts ganze Passagen gestrichen, sprachlich verändert hätte. Die Spannung hält sich bis fast zur letzten Seite. Geschichte wird also lebendig. Toll. Sehr zu empfehlen.

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