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Veröffentlicht am 25.02.2018

Nirgends in Sicherheit

Der Reisende
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Dieses Buch begleitet den jüdischen Kaufmann, Otto Silbermann, auf eine Reise ohne Ziel. Er hat im ersten Weltkrieg treu gedient, sich anschließend ein ansehnliches Vermögen erarbeitet. Er ist angesehen, ...

Dieses Buch begleitet den jüdischen Kaufmann, Otto Silbermann, auf eine Reise ohne Ziel. Er hat im ersten Weltkrieg treu gedient, sich anschließend ein ansehnliches Vermögen erarbeitet. Er ist angesehen, und er hat viele Freunde. Dann aber kommt der November 1938. Bis vor kurzem waren Juden ebenso Teil der Gesellschaft wie alle anderen, aber nun sind sie zu Verfolgten geworden. Otto Silbermann erfährt von Freunden und Verwandten, die einfach ohne Grund abgeführt wurden. Als die Staatspolizei kommt um ihn zu holen, kann er im letzten Moment fliehen. Aber wohin? Als Jude ist er nicht mehr erwünscht, weder bei Verwandten, im Hotel oder in seiner eigenen Firma.

Es gelingt ihm einen Teil seines Vermögens in einer Aktentasche mitzunehmen, und nun reist er kreuz und quer durch Deutschland, immer auf der Suche nach einem sicheren Ort. Die Angst ist sein ständiger Begleiter. Unterwegs ist er mit vielen Menschen im Gespräch; freundliche, aber auch gleichgültige oder gar feindselige Menschen. Ein Versuch über die Grenze zu flüchten scheitert. Wird es Otto Silbermann gelingen sich in Sicherheit zu bringen?

„Der Reisende“ wurde bereits im Jahr 1939 geschrieben, und das ist das Besondere und Außergewöhnliche an diesem Buch. Der Autor, Ulrich Alexander Boschwitz, war selbst Jude, aber im Gegensatz zu Otto Silbermann konnte er Deutschland schon 1935 verlassen.

Die authentischen Einblicke eines Zeitzeugens in diese grauenhafte Zeit trösten über manche Längen in den Dialogen oder Ausflügen in Silbermanns innere Gedankenwelt hinweg. Für Menschen, die diese Zeit besser verstehen möchten, ist dieses Buch sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 24.02.2018

Bleibende Schätze

Goldadern der Bibel
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Titel und Cover dieses Buchs sind sehr ansprechend. Der Untertitel, „Von der bleibenden Bedeutung des Alten Testaments“, weist auf das Hauptanliegen des Buchs hin. Manche Christen denken das Alte Testament ...

Titel und Cover dieses Buchs sind sehr ansprechend. Der Untertitel, „Von der bleibenden Bedeutung des Alten Testaments“, weist auf das Hauptanliegen des Buchs hin. Manche Christen denken das Alte Testament sei jetzt, da wir das Neue Testament haben, überflüssig. Wenn es um die Bedeutung des Alten Testaments geht, werden auch oft nur bestimmte Themenbereiche betrachtet, z.B. die Prophezeiungen, die auf Jesus hinweisen. Was ist aber mit den anderen Teilen, auf die das Neue Testament wenig oder überhaupt keinen Bezug nimmt?

Der Niederländer Pieter Lalleman, Dozent für biblische Studien am Spurgeon's College, London,
untersucht in diesem Buch solche Themen. Er geht auf Themen ein, die oft kaum berücksichtigt werden, zum Beispiel die Schöpfung, Sexualität, die Namen Gottes, Politik, aber auch Klage, Widerspruch und Leid. Er spricht auch Themen wie den Sabbat, jüdische Feiertage, den Zehnten oder ein sichtbarer, materieller Segen des gläubigen Menschen an, die zwar auch vor allem im Alten Testament auftauchen, die aber nach Ansicht des Autors für den Christen heute nicht mehr gültig sind.

Das Buch schließt ab mit Gesprächsfragen zu den jeweiligen Kapiteln und einer Literaturliste mit weiterführenden Büchern, für Leser, der sich mit einzelnen Themen näher beschäftigen möchten.

Das Buch ist so geschrieben, dass auch Nicht-Theologen keine Probleme beim Lesen haben werden. Sehr viele biblische Belege untermauern die Aussagen. Es wird vieles angesprochen, sodass Leser vermutlich einiges entdecken werden, das ihnen nicht so bewusst war. Andererseits werden aber in diesem recht kurzen Buch einige Themen nur sehr oberflächlich angeschnitten, was schade ist.

Fazit: Ein interessantes Buch, das mit Sicherheit in biblischen Gesprächskreisen für einen regen Austausch sorgen wird.

Veröffentlicht am 13.02.2018

Zwei unterschiedliche Welten

Wo mein Herz zu Hause ist
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Ella sehnt sich danach als Krankenschwester zu arbeiten, sie kann sich aber die Ausbildung nicht leisten. Aus Büchern lernt sie viel über Krankenpflege. Sie kann in der Wäscherei einer Privatklinik beginnen, ...

Ella sehnt sich danach als Krankenschwester zu arbeiten, sie kann sich aber die Ausbildung nicht leisten. Aus Büchern lernt sie viel über Krankenpflege. Sie kann in der Wäscherei einer Privatklinik beginnen, und strebt danach auch mit Patienten arbeiten zu dürfen.

Endlich ist es so weit und eine kleine Patientin wird ihr anvertraut. Sorgfältig kümmert sie sich um das knapp einjährige, fiebernde Mädchen. Charlie, der dieses kleine Mädchen rührend umsorgt, wird aber schon nach einer Nacht zusammen mit dem Mädchen aus der Klinik geworfen, da er sich die teure Behandlung nicht leisten kann. Ella gibt alles auf um dieses kleine Mädchen, das sie ins Herz geschlossen hat, weiter zu versorgen.

Ella folgt Charlie zu seinem Zuhause bei einem gastierenden Zirkus. Eine fremde Welt tut sich ihr auf. Vieles macht ihr Angst, und manches rührt schmerzliche Erinnerungen in ihr auf. Sie lernt Charlie kennen und schätzen. Langsam und zart erwacht die Liebe zwischen den Beiden, aber eine gemeinsame Zukunft erscheint beiden völlig unmöglich. Zu tief sind die Wunden, die sie in sich tragen, und zu unterschiedlich ihre Welten.

Diese Geschichte spielt in Amerika, im Jahr 1890. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt die Autorin die skurrile, fremde Welt des Zirkus. Die verborgenen Lasten von Ella und Charlie kommen erst nach und nach zum Vorschein. Heilung finden sie vor allem durch den Glauben. Der Weg dahin ist für Ella schwer, da sie im Gemeindeumfeld tiefe Verletzungen erfahren hat.

Das Besondere an diesem Buch ist die selbstlose Liebe, die immer wieder auftaucht; die aufopfernde Liebe zu einem verlassenen Kind, die Liebe zwischen Patin und einem inzwischen erwachsenen Mann, und schließlich die romantische Liebe zwischen zwei Menschen, die kaum unterschiedlicher sein könnten.

Fazit: An manchen Stellen ein bisschen langatmig, aber mit liebenswerten Charakteren, die sich in dem Versuch mit ihrer Vergangenheit zurechtzukommen, weiterentwickeln und schließlich Liebe finden.

Veröffentlicht am 10.02.2018

Ein Leben in Freiheit

Frauen dürfen hier nicht träumen
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Rana Ahmad stammt aus Syrien, wächst aber in Saudi-Arabien auf. Es gibt viele schöne Erlebnisse in ihrer Kindheit, und sie steht vor allem ihren Vater sehr nahe. In den langen Sommerferien in Syrien als ...

Rana Ahmad stammt aus Syrien, wächst aber in Saudi-Arabien auf. Es gibt viele schöne Erlebnisse in ihrer Kindheit, und sie steht vor allem ihren Vater sehr nahe. In den langen Sommerferien in Syrien als Kind ist das Leben freier. Vor allem beim Fahrradfahren ist sie glücklich. Sie genießt den Fahrtwind und das unbeschwerte Gefühl von Freiheit.

Aber viel zu früh ist ihre Kindheit zu Ende. Das Mädchen wächst zu einer jungen Frau heran, und selbst in Syrien, das nicht so streng religiös ist wie Saudi-Arabien, darf sie schon mit zehn Jahren nicht mehr Fahrrad fahren. Ein Verwandter bekommt ihr geliebtes Fahrrad, und schon bald kann sie nur noch verschleiert das Haus verlassen.

Ob Zuhause oder in der Schule, ihr Alltag ist von der Religion geprägt. Neben den festen Gebetszeiten und dem strengen Koranunterricht, achtet vor allem ihre Mutter darauf, dass sie sich an alle Regeln hält. Rana versteht nicht, warum Frauen weniger wert sind und kaum Rechte haben. Aber was noch viel schlimmer ist, sie können sich nicht vor sexuelle Übergriffe durch Männer schützen.

Rana freut sich auf ein selbstständiges Leben als Ehefrau, aber die Ehe scheitert. Als geschiedene Frau kehrt sie zu ihren Eltern zurück. Mühsam setzt sie sich dafür ein, dass sie einen Englischkurs besuchen und arbeiten gehen darf. Sie ist aber immer darauf angewiesen, dass ihr Vater oder Bruder sie fahren.

Eine Ausflucht aus ihrem unfreien Leben findet sie mit dem Internet. Dort entdeckt sie auch atheistisches Gedankengut, das sie sehr fasziniert. Das ist aber ein Spiel mit dem Feuer, denn in ihrer Heimat wird jeder Abkehr vom Islam mit dem Tod bestraft. Wegen ihrer große Liebe zur Naturwissenschaft, beschäftigt sie sich trotzdem weiter mit den unerlaubten Gedanken, bis sie schließlich den Entschluss fasst heimlich Atheistin zu werden. Ihre Familie bemerkt eine Veränderung in ihr. Auch wenn er den Grund für diese Veränderung nicht kennt, vermutet ihr Bruder eine heimliche Beziehung, und er schlägt sie brutal zusammen.

Es kommt der Punkt, an dem Rana erkennt, dass sie ihre Heimat verlassen muss. Es fällt ihr sehr schwer alles zurückzulassen, aber sie weiß, dass sie so nicht mehr leben kann. Sie flieht in die Türkei, und von dort aus gelangt sie schließlich nach Deutschland. Sie ist begeistert über die neugefundene Freiheit, als Frau ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Endlich darf sie träumen und auf ihre Träume hinarbeiten.

In diesem Buch nimmt die Autorin den Leser hinein in ihr Leben, zum Beispiel bei den aufregenden Vorbereitungen für ihre Hochzeit. Sie schreibt über ihre Angst vor der Hochzeitsnacht und über die immer gegenwärtige Sorge, dass sie als Frau Schande über die Familie bringen könnte. Man hat den Eindruck ihr gegenüberzusitzen und ihrem persönlichen Bericht zu lauschen. Fesselnd geschrieben, gibt dieses Buch einen wichtigen Einblick in ein Leben, das den Meisten in europäischen Ländern fremd ist. Es ist erschütternd zu sehen, welche Repressalien Frauen befürchten müssen, für Kleinigkeiten, die bei uns selbstverständlich sind. Wie schwer muss es sein, geliebte Menschen zu verlassen, und sich auf den ungewissen und gefährlichen Weg in ein neues Land zu machen. Aber es ist andererseits berührend zu lesen, wie liebevoll die Geflüchteten mit einer warmen Mahlzeit willkommen geheißen werden.

Auch wenn es schade ist, dass sie mit den Fesseln ihrer Religion den Glauben an Gott ganz abgelegt hat, kann man ihren Weg nachvollziehen. Eine wirklich lesenswerte Geschichte über einen hoffnungsvollen Neuanfang!

Veröffentlicht am 10.02.2018

Was wirklich zählt

Eine Insel zwischen Himmel und Meer
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Crow ist zwölf Jahre alt. Sie lebt glücklich auf einer kleinen Insel, auf der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat. Als sie erst wenige Stunden alt war, wurde sie in einem Boot an die Küste gespült ...

Crow ist zwölf Jahre alt. Sie lebt glücklich auf einer kleinen Insel, auf der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat. Als sie erst wenige Stunden alt war, wurde sie in einem Boot an die Küste gespült und von Osh gefunden. Osh selbst kam vor einigen Jahren allein auf diese Insel, denn den Krieg in seiner Heimat fand er sinnlos. Osh kümmert sich aufopfernd um das kleine Baby, mit der Hilfe einer lieben Nachbarin, die damit langsam Teil dieser kleinen Familie wird.

Crow sehnt sich mehr und mehr danach zu wissen, woher sie gekommen ist. Sie versteht auch nicht, warum die anderen Inselbewohner den Kontakt mit ihr meiden. Widerwillig begleitet Osh sie auf der Reise nach ihren Wurzeln. Doch seine Bedenken sind unbegründet, trotz der Suche bleibt Crow fest in ihrer kleinen Familie verwurzelt. Am Ende ihrer Suche sagt sie, „Ich war sogar ganz froh, etwas zu wissen, was nicht jeder wusste: dass es Besseres gab als Blutsbande.“

Diese drei, zusammen mit einer verspielten Katze namens Maus, erleben bei ihrer Suche viele Abenteuer und lebensgefährliche Situationen. Dabei retten sie ein Leben, finden einen Schatz und wachsen über sich selbst hinaus; aber vor allem lernen sie, was im Leben wirklich wichtig ist.

An diesem zauberhaft geschriebenen Buch werden nicht nur Kinder Freude haben! Das ruhige und einfache Leben auf einer Insel, vor rund hundert Jahren, ist einerseits hart, andererseits aber in seiner Schlichtheit unglaublich anziehend. Das Leben besteht aus Arbeit im Garten oder auf dem Meer, einfache Mahlzeiten, und viel Liebe und Geborgenheit in der einfach eingerichteten Hütte. Beziehungen sind wichtiger als Dinge, das Leben auf dem Land schöner als das laute Gedränge der Stadt. Die mutigen Menschen in dieser zusammengewürfelten Familie wachsen dem Leser schnell ans Herz. Und auch wenn am Ende des Buchs noch einige Rätsel offenbleiben, hat der Leser gemeinsam mit Crow das Wichtigste entdeckt – Familie ist da, wo man sich Zuhause fühlt.