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Veröffentlicht am 25.07.2024

Niedergang

Das Lied des Propheten
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Ahnungslos öffnet Eilish die Tür. Vor ihr stehen zwei Mitarbeiter einer Geheimpolizei. Was wollen sie? Eilish ist selbst Akademikerin. Sie und ihr Mann, der Gewerkschafter Larry, haben vier Kinder. Und ...

Ahnungslos öffnet Eilish die Tür. Vor ihr stehen zwei Mitarbeiter einer Geheimpolizei. Was wollen sie? Eilish ist selbst Akademikerin. Sie und ihr Mann, der Gewerkschafter Larry, haben vier Kinder. Und nun diese zwei Gestalten, die Larry einfach verhaften. Es kann ja nichts Schlimmes sein. Doch Larry kehrt nicht zurück. Und allem Anschein nach kann kein Anwalt ihm helfen. Und es wird schlimmer. Eilishs Position verschlechtert sich. Manchmal wird sie im Laden übersehen. Das Geld wird knapper. Sie fragt sich, ob ihr Job noch sicher ist. Auch in ihrem Betrieb hat es Veränderungen gegeben. Und die Kinder leiden auch unter der Situation.

Eilish und Larry Stack, ihre Kinder Mark, Molly, Bailey und Ben - eine ganz normale Familie in Dublin. Sie geraten in die Fänge der Geheimpolizei, die von einer Regierung gegründet wurde, die von demokratischen Werten nicht mehr viel hält. Anstatt sich mit Menschen auszutauschen, die für andere eintreten, verhaftet der Staat sie. So können Gewerkschaften auch ausgeschaltet werden. Irgendwann sind die, die den Mund aufgemacht haben, verhaftet. Und die anderen halten den Mund. In einer Lage, die immer schlimmer wird, versucht Eilish eine gewisse Normalität aufrecht zu erhalten. Das fällt ihr alles andere als leicht. Sie darf nicht auffallen und doch will sie Larry zurückholen, ihren Kindern ein gutes Leben bereiten.

Ein Denkspiel darüber, wie schnell ein geordneter Staat, in diesem Fall Irland, in den Abgrund geraten kann. Dieser bedrückende Roman ist aufgrund der gewählten Stilmittel nicht für jeden leicht zu lesen. Und auch inhaltlich ist er schwer zu ertragen. Es geht tatsächlich alles den Bach runter, zumindest für die, die auf der vermeintlich falschen Seite stehen. Wo bleibt die Hoffnung? Schwer zu ertragen ist die Ungewissheit über das Schicksal einiger Menschen. Die Stimmung wird immer düsterer. Wenn man beginnt, zu überlegen wie es teilweise in der wirklichen Welt abläuft und da durchaus Ähnlichkeiten zu erkennen sind, kann einem Angst und Bange werden. Es ist die bekannte Welt, die man abwählt, die eigene Freiheit. Man sollte genau aufpassen, die Geister, die man ruft, wird man mitunter nicht mehr los. Und am Ende steht man ziemlich dumm da, wenn man noch lebt. Dieser Roman ist nicht leicht zu ertragen.

Die Trost- und Hoffnungslosigkeit des Inhalts dieses Romans wird auch mit dem Cover deutlich.

Veröffentlicht am 24.07.2024

Neustart

Blutstunde
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Nachdem Alexander Blix von dem Mordvorwurf freigesprochen wurde, kann er sein altes Leben nicht einfach wieder aufnehmen. Bei der Polizei ist er nicht mehr beschäftigt und die meisten der alten Kollegen ...

Nachdem Alexander Blix von dem Mordvorwurf freigesprochen wurde, kann er sein altes Leben nicht einfach wieder aufnehmen. Bei der Polizei ist er nicht mehr beschäftigt und die meisten der alten Kollegen lassen ihn spüren, dass er nicht mehr dazugehört. Auch Emma Ramm hat ihre Anstellung als Journalistin aufgegeben. Dennoch kommt sie der Bitte um Hilfe der jungen Carmen nach. Diese glaubt, ihr Stiefvater sei unschuldig im Gefängnis. Den Mord, dessen er beschuldigt wird, könne er nicht begangen haben. Blix dagegen ist am Rande einer Depression. Sein Psychologe hat ihm geraten, sich einen Hund anzuschaffen. Blix mag nicht zugeben, dass er den Rat befolgt hat. Gleichzeitig beschäftigt er sich mit einer Reihe von Frauenmorden, die ihm seltsam nahe sind.

Im fünften Band der Reihe müssen Alexander Blix und Emma Ramm ihr Leben umstellen. Bei Emma ist es eher eine freiwillige Entscheidung, während Blix gezwungen wurde. Ohne Arbeit ist Blix auch ohne Plan. Zwar will er sein Leben wieder in den Griff kriegen, doch die Trauer um seine Tochter ist noch groß. Und wenn eine alte Beschäftigung zwangsweise abgeschlossen ist, kann nicht erwartet werden, dass sofort etwas Neues da ist. Ein Gefühl der Beklemmung verfolgt ihn. Da hilft ihm auch nicht, dass der Psychologe ihm einen weiteren Rat erteilt: Er soll seinen unter Demenz leidenden Vater treffen.

Nachdem sich die Lebensumstände von Alexander Blix in den letzten Bänden der Reihe immer weiter verschlechtert haben, ist er nun wohl am Tiefpunkt und damit auch einem Wendepunkt angekommen. Er muss sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Dagegen wirkt Emma Ramm viel gesettelter und mit sich im Reinen. Blix muss auch damit klarkommen, dass er bei der Polizei eben nicht mehr dabei ist. Seine Fähigkeiten als Ermittler hat er dennoch nicht verloren. Und es entspinnt sich ein spannender und für Blix sehr persönlicher Fall. Emma Ramm ist nicht weniger gewitzt und sie kümmert sich um die Ungereimtheiten der anderen Mordsache. Auch wenn nicht alles in diesem Thriller, so verläuft wie man es erhofft, so ist die Story doch packend und sie ermöglicht am Schluss einen neuen Anfang.

Veröffentlicht am 21.07.2024

Die größte Liebe

Love Will Tear Us Apart
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Der Chefredakteur der Stranger Times Vincent Banecroft glaubt nach wie vor nicht an den Tod seiner geliebten Frau. Ihr Geist scheint durch einen ehemaligen Mitarbeiter der Zeitung zu sprechen, der ebenfalls ...

Der Chefredakteur der Stranger Times Vincent Banecroft glaubt nach wie vor nicht an den Tod seiner geliebten Frau. Ihr Geist scheint durch einen ehemaligen Mitarbeiter der Zeitung zu sprechen, der ebenfalls bereits das Zeitliche gesegnet hat. Die unerwartete Kündigung der stellvertretenden Chefredakteurin Hannah Willis erleichtert die Arbeiten an der Zeitung nicht. Ebensowenig wie das Auftauchen der Ersatz-Vizi-Redakteurin Betty, die alles durcheinander bringt und dann auch noch eine Buchprüfung ankündigt. Wie sollen Stella, Reggie, Ox und Grace den Laden nur zusammenhalten solange Vincent völlig von der Rolle ist. Und einen ehemaligen Kolumnisten müssen sie auch noch finden.

Zum dritten Mal versuchen die Mitarbeiter der Strenger Times Artikel über die seltsamen Phänomene in Manchester zusammen zu bringen. Und diesmal scheinen die Zeichen besonders schlecht zu stehen. Vincent ist noch übellauniger als sonst. Hannah hat sie schnöde im Stich gelassen. Und die Anwesenheit der Neuen verbessert die Lage nicht. Da hilft es auch nicht, dass sie von der Herausgeberin der Zeitung geschickt wurde. Das Chaos in der Redaktion wird immer größer. Die Leser beschweren sich über die Kreuzworträtsel, die sich einer vernünftigen Lösung entziehen. Und dann kommt noch der Tag, an dem die Menschen zur Zeitung kommen dürfen, um ihre Geschichten zu erzählen.

Hier spielt die Phantasie am Rande der Wirklichkeit. Vieles scheint ganz normal, es gibt Menschen, Autos, Paare, Arbeitgeber. Und wenn man eigentlich von der Harmlosigkeit überzeugt ist, dann schleicht ein Gest um die Ecke und man weiß, dass hier doch einiges ganz anders ist. Zwar scheint zu Beginn dieses dritten Bandes etwas in eine unerwartete Richtung zu gehen, was die Lektüre etwas erschwert. Doch irgendwann lichtet sich zumindest einer der Vorhänge, und mit dem vertrauteren Fahrwasser kommt Drive in die Geschichte. Und wenn auch etliche Rätsel gelöst werden, bleiben doch genügend Fragen offen. Diese humorvolle Urban-Fantasy mit ihren schrägen liebenswerten Typen macht immer noch Lust auf mehr. Ein vierter Band ist bereits erschienen.

Veröffentlicht am 17.07.2024

Die Bienenretterin und der. Pirat

In den Farben des Dunkels
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Die Augenklappe trägt der 13jährige Patch, weil er nur ein Auge hat. Unter den anderen Kindern hat er nur wenige Freunde. Seine einzige richtige Freundin ist Saint, die gerade einen Bienenstock bekommen ...

Die Augenklappe trägt der 13jährige Patch, weil er nur ein Auge hat. Unter den anderen Kindern hat er nur wenige Freunde. Seine einzige richtige Freundin ist Saint, die gerade einen Bienenstock bekommen hat und begonnen hat, den Honig anzubieten. Saint träumt davon, dass Patch und sie immer zusammen sein werden. Jedoch wird Patch entführt als er ein anderes Mädchen vor eben diesem Schicksal bewahrt. Seine Heimatstadt Monta Clare ist in Aufruhr. Bald wird die Hoffnung immer geringer, dass er lebend gefunden werden kann. Nach fast einem Jahr kehrt Patch dennoch zurück und erzählt von Clare, die ihm durch die dunklen Tage geholfen hat.

Eine Entführung ist wirklich ein lebensveränderndes Ereignis. Keine Wunder, dass Patch verändert erscheint als er wieder auftaucht. Er versucht von seinen Erlebnissen zu erzählen. Doch gerade wenn es um Clare geht, will ihm niemand so recht glauben. Dabei hat er ihr versprochen, sie nicht im Stich zu lassen, sie zu retten. Saints Zuversicht in die Zukunft wird erschüttert. Patch ist nicht mehr einfach ihr Freund wie früher. Neben seinen Gedanken an Clare hat wenig anderes Platz. Bald weiß Saint kaum noch wie sie ihm helfen kann.

Eine sicher geglaubte Zukunft entwickelt sich ganz anders. Wie ist es, wenn ein Versprechen gehalten werden soll? Auf was muss man selbst verzichten? Welchen Verzicht erlegt man anderen auf? Patchs unverbrüchlicher Glauben führt ihn keinen geraden Weg. Doch letztlich ist er einer der Auslöser, die Saint dazu bewegen, einen anderen Beruf zu ergreifen. Auch sie entwickelt sich anders. Spannend wird es, wenn sich herauskristallisiert, dass sich aus Patchs Erzählungen ein Kriminalfall ergibt. Über Jahre hinweg verfolgt man die weiteren Ereignisse. Natürlich muss man es mögen, dass eine Geschichte beinahe eine Lebensspanne umfasst und man muss auch mit den Enttäuschungen klarkommen, die die handelnden Personen erleiden, dann erhält man eine emotionale Geschichte über Treue und Loyalität. So ganz erfreut über das amerikanische Rechtssystem kann man nicht sein, manchmal erscheint es zu lasch, dann wieder zu streng. Das es in dieser fiktionalen Geschichte auch zu Momenten der Gerechtigkeit kommt, lässt einen mit einem Gefühl der Wärme und Hoffnung zurück.

Mit seiner hervorragenden Lesung prägt Richard Barenberg das Hörbuch und gibt ihm einen besonderen Touch. Die ungekürzte Lesung beansprucht ca. 17 Stunden. Es lohnt sich, sich diese Zeit zu nehmen. Um das Cover würdigen zu können, sollte man, wenn man ein relativ kleines Bild vor Augen hat, mal eine Seite aufrufen, bei der man eine Vergrößerung sehen kann. Dann merkt man, dass die Gestaltung sehr gut zum Inhalt des Buches passt.

Veröffentlicht am 17.07.2024

Probeweise

Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne
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Im Jahr 1994 treffen Saša und seine Freunde sich im Weinberg. Sie werfen Steine in die Luft und philosophieren über die Zukunft. Was kann man alles erfinden? Und natürlich, wo geht es hin in den Ferien. ...

Im Jahr 1994 treffen Saša und seine Freunde sich im Weinberg. Sie werfen Steine in die Luft und philosophieren über die Zukunft. Was kann man alles erfinden? Und natürlich, wo geht es hin in den Ferien. Sašas Mutter kann sich einen Urlaub nicht leisten, deshalb behauptet er einfach, es gehe nach Helgoland. Das können die anderen eh nicht richtig einordnen.

Es folgen mehrere kleinere oder größere Erzählungen zum Beispiel über einen Vater, der sich damit schwertut, dass sein Sohn ihn im Memory besiegt. Eigentlich siegen Kinder immer beim Memory. Doch der Vater kann es trotzdem kaum ertragen. Oder eine Geschichte über den Autor, der zum erstem Mal nach Helgoland kommt und dort damit konfrontiert wird, er sei schon mal da gewesen. Auch Dilek kommt zu Wort, die in ihrer Kindheit nach Deutschland kam.

Zunächst scheint es nur einen vagen Zusammenhang zwischen den Stories zu geben, dennoch steht zu Beginn die Bitte des Autors, man möge die Kapitel der Reihe nach lesen. Das erschließt sich erst spät auf witzig intelligente Art und Weise. Also: Der Reihe nach lesen.

Geschichten mag man oder nicht. Doch auch wenn man eigentlich lieber Romane mit einer durchgehenden Handlung, findet man hier gerade auch durch das, was die Erzählungen letztlich zusammenhält, eine sehr zufriedenstellende Lektüre. Die Stories haben Pfiff und sind mal mehr oder weniger ernst. Eigentlich kommen sie wie kleine Gedankenspiele rüber. Manchmal wäre man selbst froh, wenn man das Leben anprobieren könnte. Aber dann kommt auch gleich die Frage auf, welche Entscheidung die richtige oder die beste ist. Vielleicht doch alles besser wie es ist.

Allem Anschein nach ist das Cover einer Postkarte „Gruß von Helgoland“ nachempfunden, wie sich im www feststellen lässt. Einen Bezug kann man im Buch finden. Solche Kleinigkeiten geben dem Buch etwas besonderes und auf den Titel muss man auch erstmal kommen.