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Veröffentlicht am 18.09.2021

Der Wolf

Crash
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Seit Jahren schon versucht Isa Kurzeck die Machenschaften in der Nolden-Gruppe aufzudecken. Sie war ganz dicht dran, doch der Firmenchef Christof Nolden saß am längeren Hebel. Isa und ihre Mitstreiter ...

Seit Jahren schon versucht Isa Kurzeck die Machenschaften in der Nolden-Gruppe aufzudecken. Sie war ganz dicht dran, doch der Firmenchef Christof Nolden saß am längeren Hebel. Isa und ihre Mitstreiter leben seitdem undercover. Als die Nachricht, dass Nolden an einem Herzinfarkt verstorben ist, Isa erreicht, sieht sie eine zweite Chance. Isa Kurzeck kehrt nach Deutschland zurück, zum einen, um ihre verschwundene Freundin Mira zu suchen und zum anderen, um ihre Recherche wieder aufzunehmen. War es ein Zufall, dass Mira vor ihrem Verschwinden in der Anwaltskanzlei tätig war, die auch das Nolden Mandat betreut? Isa schleust sich dort ein und triff auf den findigen, aber gehetzten Torsten Wolf, der sich um die Nolden-Gruppe kümmert.

Isa Kurzeck wirkt wie besessen von den Machenschaften im Immobilienkonzern Nolden, während Torsten Wolf durch seine sich in Auflösung befindliche Ehe abgelenkt, sich manchmal kaum konzentrieren kann. Sein eigenes Unvermögen kaschiert er, in dem er seine Assistentin runtermacht. Wieder einmal hat er eine in die Flucht geschlagen. Die offene Stelle ist die Chance für Isa in die Nähe von Nolden zu kommen. Die Entdeckungen, die die ungleichen Partner machen, sind haarsträubend, aber reicht das, um einen Konzern bzw. die Erbin von Christof Nolden anzugreifen?

Dieser spannende Thriller spielt noch vor der Pandemie. Die allgemeine Stimmung, die der Roman widerspiegelt wird jedoch sehr präzise getroffen. Die Gesellschaft ist zerrissen, kaum einer hilft dem anderen, aufdringliche Werbung ist allgegenwärtig, der Ton ist hart und häufig gnadenlos. Da wundert es nicht, wenn so ein Konzern eine erste Krise, trotz mutmaßlichen Betrug, Schwarzarbeit und gar Mord, übersteht und scheinbar wie Phönix aus der Asche aufsteigt. Man möchte Isa zustimmen, da kann auch bei dem neuen Unternehmen etwas nicht stimmen, so einfach ändert sich ein Firmenchef schließlich nicht. Zwar gewinnt man den Eindruck, dass die Autorin sich zu Beginn etwas zu lange mit dem mit seinen Lebensumständen hadernden Torsten Wolf aufhält, punktet sie im weiteren Verlauf mit der treffenden Beschreibung der schnelllebigen und an Mitmenschen desinteressierten Umwelt. Wenn Isa Kurzeck und Torsten Wolf weitere Fakten auftun und man erfährt welch perfides Ziel verfolgt wird, kann man den Roman nicht mehr aus der Hand legen. In dem Roman wird ein düsteres, aber leider wohl realistisches Bild gezeichnet. Wie das Buch auf die Krimibestenliste gelangt ist, kann man gut nachvollziehen.

Veröffentlicht am 16.09.2021

Hin und weg

Sarah Jane
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Obwohl sie noch jung ist, hat Sarah Jane Pullman schon einiges erlebt. An einem Punkt hatte sie sogar nur noch die Wahl zwischen Knast und Armee. Nun ist sie schon eine Weile zurück und in dem kleinen ...

Obwohl sie noch jung ist, hat Sarah Jane Pullman schon einiges erlebt. An einem Punkt hatte sie sogar nur noch die Wahl zwischen Knast und Armee. Nun ist sie schon eine Weile zurück und in dem kleinen Ort Farr ist sie zunächst in den Polizeidienst eingetreten und als der amtierende Sheriff verschwindet, übernimmt sie dessen Posten. Nicht, dass sie in irgendeiner Form darauf vorbereitet gewesen wäre. Doch zu ihrer eigenen Überraschung sind die Bewohner ganz zufrieden mit ihr und sie beginnt sich heimisch zu fühlen. Fast vergisst sie, dass sie eigentlich immer auf dem Sprung ist.

Sarah Jane ist zwar keine gelernte Polizistin, aber eine von Herzen. Sie erzählt von ihrem Leben bevor sie in Farr angekommen ist und von ihrem Alltag als Sheriff. Dabei geht sie integer mit den Dorfbewohnern um. Leider muss sie manchmal Verstorbene entdecken und manchmal darf sie verschwundene Jugendliche wiederfinden oder alte Damen im Pflegeheim besuchen. Das macht sie zu einer sehr sympathischen Person, die sich ihres Ortes angekommen hat. Allerdings wirkt Sarah auch so, als bereite sie sich darauf vor, bald wieder weiter zu ziehen. Angekommen und doch auf dem Sprung, wieso ist sie so?

Dieser Crime Noir kann eigentlich nur als Standalone funktionieren. Sarah Jane Pullman ist eine Persönlichkeit, die es versteht, Sympathie zu wecken und doch geheimnisvoll zu bleiben. Sie ist liebenswert zu ihren Mitmenschen und kann in bestimmten Situationen die nötige Härte aufbringen. Lange rätselt man, wieso sie sich nur bis zu einem gewissen Punkt öffnet. Doch wenn die Hintergründe so langsam klar werden, hat man einen echten Aha-Effekt, der diesen Roman von den üblichen Kriminalromanen abhebt. Ehe man es sich versieht, ist einem Sarah Jane ans Herz gewachsen und man kann noch nicht mal mit ihr hadern. Diese Art Krimi verdreht ist sehr besonders und man sollte ihn mit dem Herzen lesen.

Veröffentlicht am 11.09.2021

Ville Rose

Kein anderes Meer
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In Ville Rose, einem Ort auf Haiti, verschwindet die kleine Claire an ihrem siebten Geburtstag. Ihr Vater Nozias, der sich liebevoll um sie kümmert, ist in heller Aufregung. Endlich hat er die Tuchhändlerin ...

In Ville Rose, einem Ort auf Haiti, verschwindet die kleine Claire an ihrem siebten Geburtstag. Ihr Vater Nozias, der sich liebevoll um sie kümmert, ist in heller Aufregung. Endlich hat er die Tuchhändlerin Gaëlle überredet, die Kleine zu adoptieren. Er selbst schafft es kaum sein Kind, dessen Mutter bei der Geburt starb, zu versorgen. Als beinahe mittelloser Fischer möchte er, dass es sein Kind einmal besser hat. Bisher hat er sein bestes gegeben, ist liebevoll mit seiner Tochter umgegangen und mit regelmäßigen Besuchen am Grab der Mutter, hat er versucht, eine Art Erinnerung aufzubauen. Seiner Meinung nach reicht das nicht.

Die Geschichte von Ville Rose und der einiger Bewohner über etliche Jahre entfaltet sich in diesem Roman. Ausgehend vom Geburtstag und dem Verschwinden der kleinen Claire gewinnt man einen Einblick in das Beziehungsgeflecht zwischen den Einwohnern des pittoresken Örtchens am Meer. Es gibt wohlhabendere und ärmere Menschen, Glückliche und Unglückliche, Gesetzestreue und solche, die es damit nicht so genau nehmen. Und die fremden Weißen sind weit weg. Über verschlungene Pfade, auf deren Weg man sich gebannt der Erzählung hingibt, gelangt man schließlich wieder zum Tag des Verschwindens des kleinen Mädchens.

Welch ein schöner Roman, dessen Entdeckung man dem Zufall verdankt. Auf sehr vielschichtige Art und Weise sind die Schicksale der Dorfbewohner miteinander verwoben. Die teils dramatischen Geschichten von Liebe, Geburt und Tod, von Verbrechen und Leidenschaft greifen häufig überraschend ineinander. Dadurch gerät die Lektüre der berührenden Lebensgeschichten geradezu spannend. Es entfaltet sich ein Kaleidoskop von Menschlichem und allzu Menschlichem, das einen mitreißt in eine karibische Wirklichkeit, die nicht immer einfach ist, aber häufig auch von einer anrührenden Schönheit. Für diesen wunderbaren Roman, der unter dem Titel „Kein anderes Meer“ auch auf Deutsch erschienen ist, gibt eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 10.09.2021

Bruder

Der versperrte Weg
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Die Goldschmidts leben während der 1920er in Reinbek bei Hamburg. Die älteste Schwester ist schon fast aus dem Haus und Erich ist der kleine Herrscher des evangelisch geprägten Hauses. Bis sein kleiner ...

Die Goldschmidts leben während der 1920er in Reinbek bei Hamburg. Die älteste Schwester ist schon fast aus dem Haus und Erich ist der kleine Herrscher des evangelisch geprägten Hauses. Bis sein kleiner Bruder Jürgen-Arthur im Jahr 1928 auf die Welt kommt. Erichs Welt bricht zusammen, weil dieser Kleine ihm die Aufmerksamkeit der Eltern entzieht. Als die Nazi-Herrschaft beginnt, kommt es schlimmer. Die Familie, obwohl sie sich seit Jahren als protestantisch empfindet, zählt per Dekret plötzlich zu den deutschen Juden und verliert somit ihren bürgerlichen Status. Die Eltern sind sich der Gefahr bewusst und um wenigstens die Jungs zu retten, schicken sie diese ins Exil.

Über Italien geht es für Erich und Jürgen-Arthur in ein Internat im Osten Frankreichs. Die Brüder leiden aneinander, besonders Erich fällt es schwer, seinen empfindsamen, aber in seinen Augen oberflächlichen Bruder zu ertragen. Sobald es möglich ist schließ er sich dem Widerstand an und schlägt auch später eine militärische Laufbahn bei der Fremdenlegion ein. Eine enge Verbindung haben die beiden Brüder nicht und ihre Eltern sehen sie nie wieder.

In seinem autobiographischem Roman widmet sich Georges-Arthur Goldschmidt hauptsächlich dem Leben seines Bruders. Wie die Familie aus ihrer vermeintlich sicheren bürgerlichen Existenz gerissen wird ist wirklich tragisch, wobei zu bedenken ist, dass auch das Selbstbild zerstört wird. Plötzlich aus einer Gesellschaft ausgestoßen zu sein, zu der man sich zugehörig fühlte, lässt einen sicher halt- und orientierungslos zurück. Doch durch ihr Exil erhalten die Jungen, insbesondere Erich, einen Blick von außen auf das perfide Nazi-Regime. Und so bekommt Erich die Chance, die Nazis im Widerstand zu bekämpfen. Es ist ergreifend, wie schwierig das Leben bleibt, als Einzelkämpfer, dessen Bindungen schließlich eher bei der Fremdenlegion liegen als bei der Familie. Dieser kurze, sehr lesenswerte Roman schildert eindringlich das Hadern mit dem auferlegten Schicksal, welches nie wirklich aufhört.

Veröffentlicht am 09.09.2021

Winter

Gnädig ist der Tod
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Der ehemalige Minister Klaus Windisch ist ermordet worden. Der Ort, wo er gefunden wurde, ist offensichtlich nicht der Tatort. Michael Winter von der Wiener Polizei und sein Team beginnen mit den Ermittlungen. ...

Der ehemalige Minister Klaus Windisch ist ermordet worden. Der Ort, wo er gefunden wurde, ist offensichtlich nicht der Tatort. Michael Winter von der Wiener Polizei und sein Team beginnen mit den Ermittlungen. Zwar lief gegen Windisch ein Verfahren wegen Wirtschaftssachen, aber deshalb sollte sicherlich keiner einen Grund haben, ihn umzubringen. Die schockierte Witwe gibt Winter eine Liste der ältesten Freund ihres Mannes. Das kann ein erster Ansatz sein. Vielleicht ist auch das Angebot der Journalistin Angelika Kretschmer hilfreich, ihre Nachforschungen über das Opfer zur Verfügung zu stellen. Das hat allerdings einen Preis.

In seinem ersten Auftritt bekommt es der erfahrene Michael Winter mit einem verzwickten Mordfall zu tun, der in eigenartig berührt. Er selbst ist seit Jahren verwitwet und mit seiner Tochter hat er nur lockeren Kontakt. Die Arbeit hält ihn aufrecht. Doch so langsam könnte er sich auch im Privatem Neuem öffnen. Doch zunächst geht der Mord vor. In mühevoller Kleinarbeit machen sich Winter und seine neue Kollegin Julia auf die Spurensuche. Wie so oft weichen Zeugen aus oder sind nicht besonders auskunftsfreudig. Winter ist jedoch ein Ermittler, der nicht locker lässt. Und er hat manchmal eine Ahnung.

Zu Beginn tut man sich etwas schwer mit Michael Winter. Seine Schwermut und Ichbezogenheit wirkt etwas überzogen. Auch die möglichen Motive zu dem Mord erwecken den Eindruck, dass sie etwas sehr an den Haaren herbei gezogen sind. Erst nach und nach, wenn einige Zusammenhänge klarer werden, bekommt die Ermittlung Kontur. Zwar erscheint Winter oft wie ein Eigenbrötler, doch mit seiner neuen Kollegin klappt es ganz gut. Und im Verlauf der Nachforschung lernt er auch die Vorzüge von Teamwork kennen, auch wenn er seine Gedankengänge mit immer mit den Kollegen teilt. Wenn man mit Winter erst einmal warm geworden ist, hat man einen sehr lesbaren Kriminalroman.