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Veröffentlicht am 15.09.2016

Düster und packend!

Harry Potter und der Feuerkelch (Harry Potter 4)
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Ein Lichtblick in den Ferien, die bei den Dursleys verbracht reinste Qualen sind, ist Harry die Quidditch-Weltmeisterschaft, welche er mit den Weasleys und Hermine besuchen darf. Von den Flugkünsten der ...

Ein Lichtblick in den Ferien, die bei den Dursleys verbracht reinste Qualen sind, ist Harry die Quidditch-Weltmeisterschaft, welche er mit den Weasleys und Hermine besuchen darf. Von den Flugkünsten der Spieler gefesselt und begeistert, beeindruckt dieses spektakuläre Ereignis Ron, Harry und Hermine mächtig. Doch dann werfen dunkle Zeiten ihren Schatten voraus: Todesser, die einstigen Anhänger und Verbündeten des dunklen Lords, nehmen auf dem nahegelegenen Zeltplatz eine Muggelfamilie gefangen und verbreiten in der großen Menschenmasse Angst und Schrecken. Als dann auch noch das dunkle Mal, welches mit seinem Totenkopf, aus dessen Mund sich eine Schlange windet, das unvergessene Zeichen Voldemorts darstellt, am Himmel erscheint, ist die Panik komplett, sodass alle Zauberer und Hexen zu fliehen versuchen. Wiedereinmal wird zunächst bei Harry Potter und seinen beiden Freunden der Schuldige gesucht – und der ein oder andere lässt sich von ihrer Unschuld nicht gänzlich überzeugen…
Doch ist es damit noch längst nicht zu Ende: In Hogwarts wird das erste Mal seit etlichen Jahren das trimagische Tunier stattfinden, wie zum Schuljahresbeginn unter Jubelrufen verkündet wird. Sogar Schüler aus anderen Ländern, von anderen Zauberschulen werden anreisen, um antreten zu können: Von Beauxbatons und Durmstrang. Dem Gewinner winken sowohl Ruhm und Ehre als auch eine nicht unbeträchtliche Summe Zauberergeldes, weswegen schon alle Pläne schmieden, wie sie, obwohl sie zu jung sind, teilnehmen können. Doch sowohl der Pokal als auch die ihn umgebenden Bannkreise sind unbestechlich. Allerdings werden, anstatt jeweils einen Schüler von jeder Schule als Champion auszuwählen, vier Namen von dem Pokal ausgewählt – der vierte Champion ist niemand geringerer als Harry Potter.
Da er gewählt worden ist, muss er antreten obgleich er zu jung ist und er seinen Namen nicht selbst in den Kelch geworfen haben kann… Nur ein mächtiger Zauberer besäße die Macht dazu…
Allmählich beginnen Hermine, Ron und Harry zu glauben, dass es erneut jemand auf den Waisenjungen abgesehen hat. Nicht nur, dass bereits zahlreiche Teilnehmer des Trimagischen Turniers bei den vergangenen Austragungen den Tod fanden, auch Harrys Narbe bereitet Grund zur Sorge… Denn auch wenn viele behaupten, der Unaussprechliche sei endgültig besiegt, sammelt er in den Tiefen der Finsternis seine Kräfte, um wieder aufsteigen und die Welt unter seine Tyrannei stellen zu können und um seinem Rivalen Harry Potter nach all den Jahren einen qualvollen Tod zu bringen…

Dieses Buch der Reihe ist spürbar düsterer als seine Vorgänger, was man bereits auf den ersten Seiten bemerkt. Gleichzeitig werden die Handlungsstränge immer verwobener, Fragen aus den letzten Bänden werden geklärt – oder ausgebaut – und neue kommen auf. Rowling gelingt es in diesem Werk von 768 Seiten nie Langeweile aufkommen zu lassen. Stets fiebert man mit, wittert Verschwörungen, schließt neue Charaktere ins Herz und wird gezwungen, sich von anderen zu verabschieden. Die vielen so unterschiedlich und realistisch gezeichneten Figuren verleihen dieser Reihe ihren ganz besonderen Charme – auch die kurzweiligen Unterhaltungen konnten mich für sich gewinnen.
Auch wird es immer deutlicher, dass Harry, Ron und Hermine erwachsen werden. Voller Ideenreichtum gelingt es der Autorin den Leser tiefer in die Welt der Magier und Zauberer eintauchen zu lassen, wobei nun auch andere Schulen für Zauberei von Bedeutung sind.
Ich vermochte das Buch des stimmungsvollen und packenden Schreibstils wegen in der dreitägigen Lesezeit kaum aus der Hand zu legen und bin gespannt, wie sich im nächsten Band die Lage zuspitzen, die Bedrohung ausweiten und die Gefahr zunehmen wird.

So vergebe ich 5 am düsteren Himmel funkelnde Sterne

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schöne neue Welt? Wohl eher nicht…

Die sedierte Gesellschaft
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Schon längst ist es üblich geworden, jegliches von unserer Leistungsgesellschaft als unerwünscht aufgefasstes Verhalten unter Einsatz legaler Dorgen einzudämmen, die Menschen zu „optimieren“. So sind inzwischen ...

Schon längst ist es üblich geworden, jegliches von unserer Leistungsgesellschaft als unerwünscht aufgefasstes Verhalten unter Einsatz legaler Dorgen einzudämmen, die Menschen zu „optimieren“. So sind inzwischen mehr als achtmal so viele Menschen von verschreibungspflichtigen Medikamenten abhängig wie von illegalen Drogen. Lena Kornyeyeva beschreibt in ihrem Buch erschreckende Zustände, die bereits bedrohlich viele Gemeinsamkeiten mit Huxleys „schöner neuer Welt“ aufweisen. Einziger Trost hierbei scheint, dass die bewusstseinsverändernden Substanzen noch nicht mit dem Trinkwasser verabreicht werden.
Dabei wird an hinterlistigen Methoden, Aufputschmitteln gegenüber kritisch stehende Menschen auch auf den Geschmack zu bringen, nicht gespart. Zu den Medikamenten werden passende Krankheiten gefunden, diese werden mit einem guten Image versehen und schon klingelt die Kasse – und davon profitiert nicht nur die Industrie…
Doch sind die kleinen Helferchen keineswegs so harmlos wie sie erscheinen: Nicht nur, dass häufig, russischem Roulette ähnelnd, Nebenwirkungen einfach in Kauf genommen werden, allmählich beginnen die „Normalen“ die „Kranken“ zu sein, jeder fällt in das Raster irgendeiner Erkrankung, unter dem Zwang der ewig fordenden, nie gebenden, Leistungsgesellschaft brechen die Menschen reihenweise zusammen. Die Ursachen zu behandeln nimmt zu viel Zeit in Anspruch, Arbeitsausfall wäre die Folge, also wird lieber die Symptombekämpfung – oder in diesem Fall -unterdrückung – vorgezogen. Die Wirtschaft freut es.
Aber wenn Menschen ihren Verstand betäuben und somit entmachten, hat die Entwicklung fort von souveränen Individuen bereit begonnen und das Gefühl, zu einer fremden Welt zu gehören breitet sich aus.
Dabei ist die Geschichte der Psychopharmaka keine der letzten Jahre: Beispielsweise im Zeiten Weltkrieg wurde Pervitin an Soldaten als „Panzerschokolade“ verabreicht, um sie länger leistungsfähig und angstbefreiter zu machen, um somit ihre Bereitschaft zu töten zu erhöhen. Dass zu dieser Zeit auch Politiker ihren Psychopharmaka-Cocktail einnahmen, verwundert da nicht…
Zunehmend leiden aber auch Kinder unter der übereilten Vergabe von Medikamenten. Ritalin, in der Drogenszene wohl auch unter dem Namen „Kinder-Kokain“ bekannt, ist ein solches Beispiel: Schwammige Symptome werden zu einer Krankheit gefasst, obwohl sie keineswegs als krankhaft zu bescheiben wären: „Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, auffallend gutes Aufnahmevermögen und Gedächtnis für subjektib Interessantes, bei Interesse extreme Konzentrationsfähigkeit (Hyperfokussierung), spontane Hilfsbereitschaft, Empathiefähigkeit, Fürsorglichkeit, Hypersensibilität, Kreativität, Phantasie, Experimentierfreudigkeit (…)“ (S. 156) – da mag man sich doch den „gesunden“ Menschen gar nicht vorstellen.
„Etwas läuft falsch mit dieser Welt.“ (S. 217) Ein Satz der meine Gedanken während und auch nach der Lektüre auf den Punkt bringt… Gerade einmal fünf Jahre alte Kinder, die glauben, ohne Medikamente nicht mehr unter die Leute gehen zu können, sind mehr als alamierend…
Das ständige Pathologisieren und Verschreiben bewusstseinsverändernder Medikamtente nur um des Funktionierens wegen, sind definitiv der falsche Weg. Allerdings scheinen wir uns bereits in einer sedierten Gesellschaft zu befinden, in der legale Drogen dem Menschen helfen, so zu denken wie gewünscht – nämlich unkritisch und nicht reflektiert -, nur das zu tun, was gewünscht ist, nicht quer zu denken, kein Individuum zu werden. Arbeit vor Selbstfindung. Wie selbstverständlich es ist, Mittel einzuwerfen, um „besser“ zu sein, ist erschreckend: Kinderbücher, in denen kleine Känguru-Kinder, noch bevor es zu irgendeinem tröstenden Gespräch kommt, gegen ihre durch den Umzug eines Freundes verursachte Trauer vom Spezialisten, dem starken Bären, ein Medikament gegeben bekommen, sodass es ihnen durch die tägliche Einnahme schon bald wieder blendend geht, sind leider genauso leicht zu finden wie Fernsehsendungen, in denen ein Obdachloser, nachdem er Aufputschmittel im Abfall gefunden hat, schon nach kurzer Zeit im Anzug auf sein Vorstellungsgespräch wartet. Wie frei sind wir da noch?

„Die sedierte Gesellschaft: Wie Ritalin, Antidepressiva und Aufputschmittel uns zu Sklaven der Leistungsgesellschaft machen“ ist ein erschreckendes und erschütterndes Buch, das ungeschönt zeigt, was wir uns mit dem ständigen Leistungsdruck und dem Wunsch nach „Optimierung“ eigentlich antun. Ich bin von diesem Werk schwer beeindruckt und denke, dass es zu diesen Büchern gehört, die – am besten von jedem – gelesen gehören, damit sich doch noch etwas ändern kann. Kornyeyeva behandelt das Thema in einer derart umfassenden Art, dass man sich der Dringlichkeit und Fatalität unseres Verhaltens nur zu bewusst wird.
Dadurch dass die Psychologin regelmäßig Fallbeispiele einstreut, geht das Gelesene erschreckend nah und man möchte sich am liebsten die Hände vor den Kopf schlagen… Sehr berrührend wird es darüber hinaus, wenn das Schicksal von Kindern, die einfach ruhig gestellt werden damit sie nicht so viel Arbeit machen, beschrieben wird, oder wenn gezeigt wird, wie schnell man an die legalen Drogen gelangt: In der Regel reicht ein Arztbesuch. So verwundert es auch nicht dass diese Mittel dreistellige Zuwachsraten im Jahr erziehlen und Menschen jeden Alters und Hintergrundes betreffen.
Das Buch hinterlässt bei mir ein Gefühl der Wut – darüber dass wir – die wir doch offensichtlich betroffen sind – so wenig über das Thema informiert werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich bald etwas ändert, denn so geht es sicherlich nicht (gut) weiter.

So möchte ich keine Leseempfehlung aussprechen, sondern vielmehr dazu aufrufen, dieses Buch zu lesen und vergebe 5/5 Sternen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wow – beeindruckend umfassend!

350 Tipps, Tricks & Techniken Schmuckherstellung
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In diesem Buch widmen sich Xuella Arnold, welche einen Abschluss als Gold- und Silberschmiedin hat, sowie als Schmuckdesignerin und -herstellerin arbeitet, und Sara Withers, die sich mit der Schmuckherstellung, ...

In diesem Buch widmen sich Xuella Arnold, welche einen Abschluss als Gold- und Silberschmiedin hat, sowie als Schmuckdesignerin und -herstellerin arbeitet, und Sara Withers, die sich mit der Schmuckherstellung, den Goldschmiedearbeiten wie auch dem Schmuckdesign befasst, den Fragen, die bei Anfängern und Fortgeschrittenen bei den Themen der Schmuckherstellung, der Goldschmiedearbeiten und des Schmuckdesigns aufkommen.

Gegliedert in die Kapitel „Fädeln und Knüpfen“, „Arbeiten mit Draht“, „Grundlagen der Metallverarbeitung“, „Techniken der Metallverarbeitung“, „Schmuckdesign leicht gemacht“ und „Unkonventionelles Material verarbeiten“ wird auf so ziemlich alles, was man zu wissen braucht, eingegangen.
Anhand von übersichtlichen Tabellen, hilfreichen Darstellungen und ganz leicht verständlichen Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit Fotografien werden unter anderem verschiedene Techniken sehr verständlich erklärt, sodass es einem mit diesem umfassenden Werk nicht schwer fällt, selber kreativ zu werden und sich an eigenem Schmuck zu versuchen. Ganze 350 Expertentipps machen dieses Buch zu einem wunderbaren Nachschlagewerk. Ob man Metall verbinden oder mit Textur versehen, es umformen oder seine Oberfläche polieren möchte – oder ob man zu keinen neuen Ideen kommt, nicht weiß, wie man beispielsweise Ohrringe, Armreife, Halsketten oder Ringe entwirft – oder man sich bezüglich der Verarbeitung von Fimo, Kunstharz, Kunststoff oder verschiedenster Fundstücke unsicher ist – so wird man durch dieses Buch bestens angeleitet!

Ich bin von diesem Werk sehr angetan, da es so umfassend das Thema der Schmuckherstellung aufgreift und einem so für jedes Projekt Hilfestellungen und Antworten auf die verschiedensten Fragen gegeben werden. Durch die vielen Darstellungen sind die Erklärungen leicht zu verfolgen und Tipps problemlos umzusetzten. So kann ich dieses Buch von 150 Seiten wärmstens an alle empfehlen, die ihr eigenes Geschmeide herstellen und dabei bestens beraten werden wollen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gelungene Auswahl

Meistererzählungen
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In diesem Sammelband finden sich Poes Detektiv-, Schauer- und Abenteuergeschichten „Die Maske des Roten Todes“, „Hopp-Frosch“, „Der stibitzte Brief“, „Ligeia“, „Der Fall des Hauses Ascher“, „Die Morde ...

In diesem Sammelband finden sich Poes Detektiv-, Schauer- und Abenteuergeschichten „Die Maske des Roten Todes“, „Hopp-Frosch“, „Der stibitzte Brief“, „Ligeia“, „Der Fall des Hauses Ascher“, „Die Morde in der Rue Morgue“, „Der Goldkäfer“, „Das Gebinde Amontillado“, „Die Tatsachen im Falle Valdemar“, „William Wilson“, „Ein Sturz in den Malstrom“, „Grube und Pendel“, „Das verräterische Herz“ sowie „Der schwarze Kater“. So lernt man berühmtere wie auch weniger bekannte Werke kennen.
Die Ausdrucksweise sprach mich – mit ein paar Ausnahmen – sehr an.
„Ich wußte, was der alte Mann empfand, und eigentlich tat er mir leid, wiewohl in meinem Herzen ein Kichern saß.“ (S.345)
Allerdings stutze ich hin und wieder über einige Wörter, so beispielsweise bei „Kattun“ (S.346), welches anstelle von Baumwolle verwendet wurde. Dies schreibe ich jedoch dem Jahr der Veröffentlichung, 1979, zu, auch wenn es mich durchaus manchmal verwirrte.
Während einige Erzählungen verstörend wirken, erscheinen andere im Vergleich eher harmlos. Zuvor hatte ich noch nichts von Poe gelesen, muss aber gestehen, dass mir nach ein paar Geschichten die Abwechslung fehlte. Auch wenn sie an sich recht vielfältige Schauplätze, Figuren und Themen beinhalten, ist der Tod in jeder von ihnen so präsent, dass man um den Verlauf der Handlung schon recht schnell weiß.
So wurde mir auch ein gutes Stück der Spannung genommen, auch wenn dieser Aspekt Poe-eigen ist.
Am besten hat mir die Erzählung „Das verräterische Herz“ gefallen.
Im Anhang finden sich noch einige erklärende Anmerkungen zu der Übersetzung, eine kurze Biografie Poes, sowie eine Beschreibung seines Stils und seiner sprachlichen Wirkungsmittel, sodass man sich noch auf eine andere Art und Weise mit den hier vereinten Werken auseinandersetzen kann.

Ich bin froh, diese Meistererzählungen gelesen und Poes Stil kennengelernt zu haben. Auch wenn man diesen Band kaum an einem Stück lesen kann, empfehle ich ihn jedem weiter, der sich einen Eindruck von Edgar Allen Poes Erzählweise verschaffen möchte. Dafür sind die „Meistererzählungen“ bestens geeignet, sicherlich aber auch, wenn man bereits Werke von ihm kennen gelernt hat. Allerdings muss ich gestehen, dass ich bei der Lektüre feststellen konnte, dass er meinen Geschmack nicht gänzlich trifft; hat man mehrere Erzählungen gelesen, sind die folgenden Geschichten zu vorhersehbar. Darüber hinaus muss man sich immer wieder eine Auszeit gönnen, da das Gelesene sonst zu bedrückend wird.

Ich vergebe 4 am düsteren Nachthimmel funkelnde Sterne

Veröffentlicht am 15.09.2016

So beeindruckend, dass mir die Worte fehlen!

Pici
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2014 besucht Robert Scheer seine neunzigjährige Großmutter Elisabeth, genannt Pici, "die Kleine", in Israel, um seine wohlmöglich letzte Chance, etwas über ihre Vergangenheit zu erfahren, wahrzunehmen. ...

2014 besucht Robert Scheer seine neunzigjährige Großmutter Elisabeth, genannt Pici, "die Kleine", in Israel, um seine wohlmöglich letzte Chance, etwas über ihre Vergangenheit zu erfahren, wahrzunehmen. So erfährt er von der Lage der Juden, die sich in der 1940er Jahren in Ungarn zunehmend verschlechterte.
Sehr detailreich erzählt sie von ihrer Kindheit und Jugend, davon, wie schwierig es für das intelligente Mädchen war, Bildung zu erhalten, von ihren Verwandten, wie Juden immer mehr ausgegrenzt und diskriminiert wurden, Erfahrungen in Ghettos und Konzentrationslagern, Judengesetzen und vielem mehr.
So erhält der Leser einen sehr tiefen Einblick in die Erlebnisse einer Holocaust-Überlebenden, die im Holocaust ihre ganze Familie verloren hat.
Dadurch, dass der Leser direkt an dem Gespräch zwischen Pici und ihrem Enkel teilhaben kann, ist man dem Erzählten sehr nahe. Darüber hinaus spürt man beim Lesen die tiefe Verbindung der beiden, was sehr beeindruckt. Man merkt außerdem immer wieder, wie schwer es Pici, besonders im zweiten Teil des Buches, fällt, über ihre Erlebnisse zu sprechen, manchmal kommt sie ins Stocken oder hat Erinnerungen verdrängt. Besonders solche Passagen haben mich erschüttert...
Manchmal springen ihre Gedanken auch, was zunächst verwirrend, dann aber auch wieder sehr eindrucksvoll ist. Ich bin beeindruckt von ihrem guten Gedächtnis und der Offenheit, mit der sie ihre Geschichte erzählt. Robert Scheer stellt ihr dabei immer an geeigneter Stelle ein Frage, hakt nach oder motiviert seine Großmutter zum Fortfahren, sodass man sich immer gut durch das Gespräch geführt fühlt.
Gerade diese emotionale Komponente ist etwas, das vielen Büchern zu dem hier behandelten Thema fehlt; oft werden Fakten genannt, Schicksale angerissen, aber kaum Zeitzeugen über ihre Gefühle gefragt.
Sehr gelungen sind auch die vielen Fotos, die eingestreut werden, sodass man zu den Schicksalen auch Gesichter im Kopf hat oder sich unmenschliche Gräueltaten besser vor Augen führen kann. Bildunterschriften wie "Nicht arbeitsfähiges "Menschenmaterial", wie alte Menschen, Kinder, Schwangere, Behinderte wurden an der Rampe selektiert und auf den Weg in das Todeslager Auschwitz-Birkenau geschickt." (S.129), Deportationslisten oder Ähnliches bedrücken zutiefst und vermitteln ein Gefühl des Grauens. Im Anhang finden sich viele zusätzliche Informationen, die Picis Erzählungen stützen und Glaubwürdigkeit verstärken sollen.

Ich bin von diesem Werk schwer beeindruckt. Lange wusste ich nicht, was ich zu diesem Buch schreiben sollte, denn wie soll man angesichts solcher Erlebnisse die richtigen Worte finden? Auch nun werde ich das Gefühl nicht los, dem Buch nicht gerecht geworden zu sein, weswegen es mir nur übrig bleibt, jedem, der sich über den Holocaust informieren möchte, dieses Buch zu empfehlen. Sehr nahegehend, eindrucksvoll und informativ wird man durch das Leben einer durch die Jahre sehr weisen und gebildeten Frau geführt.

Von mir gibt es daher 5 Sterne und große Anerkennung.