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Veröffentlicht am 19.04.2019

Schwer zu beschreiben

Die Farben des Feuers
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Dieser Roman ließ mich sehr zwiegespalten zurück, ich musste erst einmal einige Tage darüber nachdenken und das Gelesene analysieren. Nun, da ich dies schreibe, bin ich es immer noch.

Ein auffallender ...

Dieser Roman ließ mich sehr zwiegespalten zurück, ich musste erst einmal einige Tage darüber nachdenken und das Gelesene analysieren. Nun, da ich dies schreibe, bin ich es immer noch.

Ein auffallender Punkt: Die Inhaltsangabe weckt im Schnitt doch etwas andere Erwartungen als das Buch dann tatsächlich erfüllt, hier sollte man vorsichtig sein und sich zum Beispiel nicht zu viele geschichtliche Anteile erhoffen.

Klar, die Handlung um eine Pariser Bankenfamilie ist natürlich eingebettet in die Zeit von 1927 bis 1933, dennoch ist der Fokus relativ eng an den Hauptpersonen und ihren Problemen ausgerichtet, sodass der Leser über weite Strecken auch nur diese wahrnimmt und nicht geschichtlich zusätzlich viel Informationen bekommt.

Der Schreibstil ist auf seine Art besonders, aber leider nicht konsistent. Zu Beginn eher flapsig mit Anteilen von schwarzem Humor wechselt er später zu einem nüchternen Erzähler, der aus dem Hintergrund die Geschehnisse begleitet.

Punkten kann der Roman mit den Figuren, vor allem den Nebenrollen. Das polnische Hausmädchen/Pflegerin, die niemand versteht und die daher auch der nicht polnisch-sprechende Leser nicht versteht, bringt Witz in die traurige Geschichte rund um den zutiefst verletzten Paul, einen Buben, der charakterlich einige Wandlungen vollführt und der ein - im Vergleich zu dem was ihm vorherbestimmt war - ungewöhnliches Leben führt. Ein Buch, geschrieben aus seiner Sicht, hätte mir auch besser gefallen als das vorliegende.

Dieses stellt eine Frau, Madeleine - Pauls Mutter, in den Mittelpunkt, von der man zuerst viel erwarten darf, dann enttäuscht wird, dann wieder Hoffnung für sie schöpf und sich am Ende erst recht nicht mehr sicher ist, was man von ihr halten soll. Unterschätzt und behütet, beginnt sie ihren eigenen Rachefeldzug gegen jene, die ihr übel mitgespielt haben und verteidigt zunächst ihren Sohn und am Ende auch sich selbst heldenhaft. Dennoch, mit einem “Graf von Monte Christo” konnte ich wesentlich mehr mitfühlen als mit Madeleine.

Mit dieser Rezension ist es ein bisschen so wie meiner Meinung nach mit diesem Buch: Viel gesagt und dennoch irgendwie Verwirrung hinterlassen. Ich bin also zwiegespalten, kann den Roman nicht komplett verteufeln, aber auch nicht direkt empfehlen. Wer komplett ohne Erwartungen an die Sache herangehen kann und einfach nur Literatur lesen möchte, kann hier zumindest gut unterhalten werden.

Veröffentlicht am 06.04.2019

Die Story würde straffer noch besser zur Geltung kommen

Schatten der Toten
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Ein großes Plus des Krimis/Thrillers: er lässt sich wunderbar lesen auch ohne die beiden Vorgängerbände (Zeugin der Toten, Stimme der Toten) mit Tatortreinigerin Judith Kepler gekannt zu haben. Natürlich ...

Ein großes Plus des Krimis/Thrillers: er lässt sich wunderbar lesen auch ohne die beiden Vorgängerbände (Zeugin der Toten, Stimme der Toten) mit Tatortreinigerin Judith Kepler gekannt zu haben. Natürlich gibt es Personen, die sie schon länger begleiten und auch kurze Anspielungen auf Dinge, die einige Monate oder ein paar Jahre vorbei sind, dennoch hatte ich nicht das Gefühl, dass mir etwas fehlt und aus dieser Hinsicht ist dieses 669 Seiten starke Buch eine runde Sache.

Was mich weniger zufrieden stimmte, ist das Ende - angedeutet wird, dass dies der letzte Kepler-Band ist, aber die Geschichte hört eigentlich mit einem klassischen Cliffhanger auf. Meiner Meinung nach ist es einer und ich finde es mutig, das so am Ende einer Reihe stehen zu lassen.

Nun aber genug gemeckert. Wobei, eines muss ich auch noch loswerden: die Länge ist zwar beachtlich, aber dadurch (und das ist nur logisch) gibt es auch viele kürzere und längere Phasen im Buch, wo man es ohne Probleme weglegen kann. Die Handlung springt zwischen verschiedenen Schauplätzen hin und her, dennoch ließe sich das meiner Meinung nach teilweise schon straffer erzählen.

Die Geschichte liest sich ansonsten noch relativ flott, zeitweise eben wenn es spannend ist, dann auch wieder aufgrund der kurzen Abschnitte. Blut, Leichen, Intrigen, Geheimdienstkram, private Probleme, Zwischenfälle und emotionale Schieflagen: es ist ansonsten alles dabei, was man in einem guten (Reihen-)Krimi erwarten kann. Story und Charaktere sind grundsätzlich schlüssig und glaubwürdig, auch wenn die Hauptfigur für mich stellenweise gar ein bisschen “überdreht” wirkt, schnell überreagiert. Aber vielleicht liegt das daran, dass ich “Putzfrau” Judith vorher nicht kannte.

Veröffentlicht am 25.03.2019

Puh, es ist nur ein Buch - hoffentlich!

Die Spur des Geldes
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Er ist ein vornamenloses Wesen, dieser Winter. Und damit ist natürlich nicht die Jahreszeit gemeint, sondern der Schweizer Tom Winter, der nur ganz selten, wenn es um Offizielles geht, seinen Vornamen ...

Er ist ein vornamenloses Wesen, dieser Winter. Und damit ist natürlich nicht die Jahreszeit gemeint, sondern der Schweizer Tom Winter, der nur ganz selten, wenn es um Offizielles geht, seinen Vornamen angibt und auch durchweg mit Nachnamen angeredet wird, fast wie früher Schüler von ihren Lehrern.

Von einem Schüler ist Winter allerdings weit entfernt. Vielmehr ist er das Gegenteil. In Sachen Nahkampf, Spionage und Geldbetrug macht ihm so schnell niemand was vor. Winter, ehemaliger Einsatzleiter bei der Sondereinheit Enzian, arbeitet als Sicherheitschef bei einer Privatbank mit Sitz in Bern.

Bei Verbrechern macht sich der toughe Held, der in diesem Band einige sehr schwere Stunden hinnehmen muss, durch die Bank unbeliebt, aber glücklicherweise hat er im Unternehmen einige sehr gute Kontakte und Freunde, mit denen er immer in Verbindung steht und die ihm sowohl wichtige Infos beschaffen als ihm auch aus schwierigen Lagen helfen können.

Hinter jedem erfolgreichen Ermittler steht also immer auch ein Team an Verbündeten. Aber worum geht es nun in diesem Thriller? Die Spur des Geldes eines ermordeten Berliners führt zu Winters Bank und ihn dadurch auf eine gefährliche Fährte, die ihn auf der Suche nach einem Berufsverbrecher und mutmaßlichen Terroristen quer durch halb Europa führt.

Winter entdeckt dubiose Firmengeschäfte und alte Leichen werden durch die gemeinsamen Ermittlungen von ihm, seinen Kollegen und dem LKA in Berlin ans Tageslicht gespült. Alle Fäden laufen an einem Punkt zusammen. Zalimkan Magomedow, russischer (nicht ganz so sauberer) Geschäftsmann, führt seinen eigenen Krieg gegen jeden, der seinen Plan gefährdet und gegen die Westliche Welt, die er erschüttern möchte. Winter hegt bald einen grausamen Verdacht...

“Die Spur des Geldes” ist nach “Söldner des Geldes” und “Korrosion” der dritte Fall für Tom Winter.

Veröffentlicht am 20.03.2019

Sehr spannend, mit viel weiblicher Emotion und Intuition

Gieriger Zorn
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Matilda Darke hat es nicht leicht. Als Leiterin einer Sondertruppe für schwere Kriminalfälle in Sheffield hat sie an allen Fronten zu kämpfen. Gegen Vorgesetzte, gegen den vorigen Leiter, gegen ihre eigenen ...

Matilda Darke hat es nicht leicht. Als Leiterin einer Sondertruppe für schwere Kriminalfälle in Sheffield hat sie an allen Fronten zu kämpfen. Gegen Vorgesetzte, gegen den vorigen Leiter, gegen ihre eigenen Dämonen und gegen die drohende Abschaffung ihrer Truppe.

Da kommt ein brutaler Fall gerade zu Unzeit. In einem beschaulichen Sträßchen passiert ein grauenhaftes Verbrechen. Niemand hat etwas bemerkt und so beginnen die für die wenigen Mitglieder von Darkes Gruppe die mühsamen Ermittlungen im Umfeld der beiden Opfer.

Michael Wood konstruiert rund um diese Attacke eine Vielzahl an zusätzlichen Taten und Spuren, alte und neue Fährten für die Ermittler, so dass sie einerseits auf der Stelle treten, andererseits aber immer etwas zu tun bleibt. Der Kreis der Verdächtigen weitet und verengt sich wieder und plötzlich geraten Polizisten selbst in Gefahr.

“Gieriger Zorn” ist kein Action-Thriller, aber auch kein Cosy-Crime, sondern ein gut konstruierter, spannender, moderner Briten-Krimi. Eine Stärke ist zugleich ein Schwachpunkt: Da Matilda durchwegs im Fokus steht und das nicht ausschließlich als die Leiterin der Ermittlergruppe, hat das Buch automatisch einen eher weiblichen Touch, man erfährt sehr oft ihre (traurigen) Gedanken und Gefühle und sogar Leserinnen könnte das schnell mal zu viel werden.

Andererseits kann man durchaus bewundern, wie spezifisch, wie akribisch hier ein Charakter erschaffen wird und in vielen Details “aufgeht”. Männern sei empfohlen, mal in die Leseprobe reinzulesen und notfalls zwischendurch Passagen schneller zu überfliegen, an der Krimistory selbst sollten Spannungsfans auf jeden Fall Gefallen finden.

Veröffentlicht am 20.03.2019

Ohne Schirm, mit Charme und ohne Melone (Polizeischirmmütze)

Der Tote im Schnitzelparadies
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Mit viel Witz und Tempo hetzt Joe Fischler seinen neuen Protagonisten, Arno Bussi, durch ein kleines Tiroler Dorf. Abseits des Falls, den Inspektor Bussi ganz alleine und ohne seine früh abhanden gekommene ...

Mit viel Witz und Tempo hetzt Joe Fischler seinen neuen Protagonisten, Arno Bussi, durch ein kleines Tiroler Dorf. Abseits des Falls, den Inspektor Bussi ganz alleine und ohne seine früh abhanden gekommene berufliche Kopfbedeckung lösen soll, kommen auch humorige Anspielungen auf bergdörflerische Frömmigkeit und Eigenheiten nicht zu kurz.

Dieser flotte Krimi ist über weite Strecken zurückhaltend, kann dafür aber gegen Ende mit Action und Wendungen punkten. Da dreht der Bussi auf und zeigt, dass mehr in ihm steckt als nur ein schnell verliebter, mit seinem Job hadernder Polizist. Auch mit dem Wetter ist er über weite Strecken unversöhnlich, denn es ist so gar nicht strahlend schön, wie ihm versprochen wurde.

Die diversen Dorfbewohner sind liebevoll beschrieben und durchwegs glaubhaft, vieles darf mit Augenzwinkern verstanden werden. Die Lösung ist am Ende stimmig und kann auch überraschen. “Der Tote im Schnitzelparadies” ist kein klassischer Krimi, auch kein “Alpen-Krimi”, vielmehr solide Unterhaltung und der Start einer geplanten Reihe mit dem für seine noch nicht einmal 30 Lenze schon recht kauzigen Arno Bussi.