Cover-Bild Die Akte Klabautermann
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Dielmann, Axel
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 312
  • Ersterscheinung: 05.01.2022
  • ISBN: 9783866383432
Oliver Teutsch

Die Akte Klabautermann

Roman über die Entstehung von Hans Falladas letztem Roman
Oliver Teutsch, Redakteur bei der Frankfurter Rundschau, war von der Wiederent­deckung von Hans Falladas letztem Roman »Jeder stirb für sich allein« so fasziniert, daß er sich auf eine ausführliche Recherche nach der Entstehung dieses Buches machte – und nun seinen eigenen Roman-Erstling geschrieben hat: Über jene wenigen wilden Wochen im Nachkriegsjahr 1946, in denen Rudolf Ditzen alias Hans Fallada sein berühmtes Buch über das Berliner Ehepaar im Widerstand gegen die Nazis schrieb.
»Die Vita des zerrissenen Menschen und genialen Romanciers Rudolf Ditzen ist so prall«, sagt Oliver Teutsch, »daß sie für mindestens drei Leben reicht.« – Nach der Lektüre von »Wolf unter Wölfen« kam ihm die Idee, ein biografisches Buch über Fallada zu schreiben. Als er »Jeder stirbt für sich allein« las und erfuhr, dass Fallada diesen letzten epischen Roman in nur wenigen Wochen quasi auf dem Totenbett ausgestoßen und die Veröffentlichung nicht mehr erlebt hatte, begann er 2014 ausführlich zu recherchieren. Nach und nach schälte sich die wirkliche Entstehungsgeschichte heraus: Der Roman war eine Auftragsarbeit nach Vorlage einer Gestapo-Akte, die Johannes R. Becher an Fallada herangetragen hatte. Der aber wehrte sich, schwer mit Alkohol und Morphium kämpfend, zäh gegen den Romanstoff – weil er ihn deprimierend fand.
Während das vom Krieg zerstörte Berlin aus seinen Trümmern heraus zu neuem Leben kommt, spielt sich um Fallada die Entstehungsgeschichte eines Romans ab, die ebenso spannend wie der Weltbestseller selbst ist. Und die zudem eine imposante Galerie von Figuren im Gepäck hat.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.01.2022

Literaturhistorisch interessant

0

REZENSION – Vor 75 Jahren erschien die zensierte Erstausgabe des Romans „Jeder stirbt für sich allein“ - nur wenige Wochen nach dem frühen Tod seines Autors, des deutschen Schriftstellers Hans Fallada ...

REZENSION – Vor 75 Jahren erschien die zensierte Erstausgabe des Romans „Jeder stirbt für sich allein“ - nur wenige Wochen nach dem frühen Tod seines Autors, des deutschen Schriftstellers Hans Fallada (1893-1947), der eigentlich Rudolf Ditzen hieß. In seiner unzensierten Originalfassung wurde Falladas letztes, inzwischen in 30 Sprachen übersetztes Werk erstmals 2011 im Aufbau Verlag veröffentlicht. Von der Wiederentdeckung dieses zwischen 1962 bis 2016 fünf Mal verfilmten Bestsellers war der Frankfurter Journalist Oliver Teutsch (52) nach eigener Aussage so fasziniert, dass er schon 2014 begann, über die „Entstehung eines Weltbestsellers“ zu recherchieren, wie der Untertitel seines im Januar beim Axel Dielmann Verlag veröffentlichten Debütromans „Die Akte Klabautermann“ heißt.
Eigentlich hatte Rudolf Ditzen alias Hans Fallada den Roman „Jeder stirbt für sich allein“ gar nicht schreiben wollen. Oliver Teutsch schildert in lockerem Sprachstil die Zwänge und Nöte der letzte Monate im Leben des alkoholkranken und morphiumsüchtigen Schriftstellers, der gerade zum zweiten Mal verheiratet mit seiner wesentlich jüngeren Ehefrau Ulla im September 1945 aus der Mecklenburgischen Provinz ins zerbombte Berlin umgezogen ist. Der Vorsitzende des neuen Kulturbundes, der kommunistische Lyriker Johannes R. Becher, umwirbt den bekannten Schriftsteller, obwohl andere dem in Deutschland gebliebenen Fallada der Nähe zum Nazi-Regime bezichtigen. Er besorgt ihm ausgerechnet in dem nur sowjetischen Offizieren und wenigen deutschen Funktionären vorbehaltenen „Städtchen“ ein Haus, verschafft ihm Lebensmittelkarten und für die Arbeit notwendiges Schreibpapier. Becher ist es schließlich auch, der Ditzen im November 1945 die Gestapo-Akte „Klabautermann“ über ein Berliner Ehepaar gibt, das gemeinsam zwischen 1940 und 1942 Postkarten mit Aufrufen gegen Hitler verteilte, dann aber denunziert und hingerichtet worden war. Ditzen solle daraus bis Januar einen Roman für den neuen Aufbau Verlag machen. „Es geht hier um den Alleingang zweier kleiner Individuen gegen das große System. … So was interessiert sie doch.“ Mit diesen Worten versucht man Ditzen zu ködern. Doch der Schriftsteller schiebt die Arbeit vor sich her, obwohl er das Honorar dringend benötigt: „Ich bin ein Menschensammler. Politik hingegen hat mich nie interessiert.“ Erst ein finanziell verlockenderer Vertrag mit der Filmgesellschaft DEFA gibt ihm den Anstoß.
In einem „Schaffensrausch“ schrieb Ditzen den Roman „Im Namen des Deutschen Volkes – Streng geheim“ in nur 24 Tagen nieder, änderte dann den Titel in „Jeder stirbt für sich allein“ und lieferte das Manuskript Ende November beim Aufbau-Verlag ab. Nur sechs Wochen später, am 13. Januar 1947, wurde er ins städtische Krankenhaus Pankow eingeliefert, wo er am 5. Februar 1947 „für sich allein“ im Einzelzimmer ganz am Ende eines Krankenhausflures starb.
Mit seinem Romandebüt „Die Akte Klabautermann“ ist Oliver Teutsch ein literaturhistorisch interessantes und durchaus lesenswertes Buch gelungen, um mehr über den Menschen Hans Fallada, den Teutsch im Buch konsequent nur Rudolf Ditzen nennt, zu erfahren, rollt doch Teutsch in Rückblicken und einzelnen Szenen dessen ganzes Leben auf. Für Teutsch ist es deshalb überaus bedauerlich, dass nur wenige Wochen zuvor ausgerechnet der Vorsitzende der Hans-Fallada-Gesellschaft, der Publizist Michael Töteberg, mit „Falladas letzte Liebe“ im November ein Buch über genau dasselbe Thema und Falladas letzten Lebensabschnitt in Berlin veröffentlicht hat. So bleibt es nicht aus, dass sich bestimmte Szenen und gelegentlich sogar Dialoge in beiden Büchern gleichen. Doch es gibt bei Teutsch auch manch eigene Szene wie das Gespräch über die Gründung der DEFA, die Fahrt Bechers mit Fallada nach Schwerin mit einem eindrucksvollen Gespräch über ihre Jugendjahre oder die höchst interessante Debatte im Hause Wilhelm Piecks über Unterschied und Wertigkeit innerer und äußerer Emigration deutscher Schriftsteller.
Kritisch mag man vielleicht anführen, dass Teutsch, dem Untertitel seines Romans, „Entstehung eines Weltbestsellers“ entsprechend, mehr Hintergrundfakten zu Falladas Roman hätte einbringen können. Gerade nach „Wiederentdeckung“ des Romans wären doch Hinweise auf Unterschiede zwischen der von den Kommunisten zensierten Erstfassung und dem von Fallada verfassten Original-Manuskript wichtig gewesen. Aber auch so bleibt „Die Akte Klabautermann“ ein literaturhistorisch interessanter, auch für Anhänger reiner Unterhaltungsliteratur gut lesbarer Roman. Er könnte jüngere Leser, denen der Name Hans Fallada nichts sagt, sogar motivieren, dessen gerade in vergangenen Jahren im Aufbau Verlag wieder neu erschienenen und thematisch zeitlosen Bücher zu lesen.