Cover-Bild Geisterkinder
12,95
inkl. MwSt
  • Verlag: SCM Hänssler
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: Sachbücher / Religion & Philosophie
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 22.08.2017
  • ISBN: 9783775157919
Valerie Riedesel Freifrau zu Eisenbach

Geisterkinder

Fünf Geschwister in Himmlers Sippenhaft
20. Juli 1944. In Paris läuft der Umsturz nach Plan, doch mit dem Scheitern in Berlin bricht der Widerstand zusammen. Wenige Tage später wird Cäsar von Hofacker, Anführer der Pariser Verschwörer, verhaftet. Kurz darauf holt die Gestapo seine Frau Lotte und die beiden ältesten Kinder ab – Sippenhaft in Gefängnissen und Konzentrationslagern folgen. Die drei Jüngsten werden in ein Kinderheim verschleppt. Nach der Befreiung schreiben die 13 und 15 Jahre alten Schwestern Christa und Anna-Luise ihre Erlebnisse auf – bewegende Berichte von Kindern, die früh erwachsen wurden. Die Tochter von Anna-Luise erzählt nun die Geschichte ihrer Familie.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2017

Ein ganz besonderer Zeitzeugenbericht

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st dies und zwar aus mehreren Gründen - ersten ist es ein junges Mädchen, aus deren Warte geschrieben wird und zweitens ist sie im Nachgang zu den Vorfällen des 20. Juli 1944 inhaftiert worden - als Sippenhäftling. ...

st dies und zwar aus mehreren Gründen - ersten ist es ein junges Mädchen, aus deren Warte geschrieben wird und zweitens ist sie im Nachgang zu den Vorfällen des 20. Juli 1944 inhaftiert worden - als Sippenhäftling. Ihr Vater Cäsar von Hofacker war maßgeblich daran beteiligt und musste seine mutige Tat mit dem Leben bezahlen - seine Familie mit vielen langen Monaten der Haft, der teilweisen Trennung und einer unglaublichen, ja unwirklich erscheinenden Odyssee durch Deutschland, das damals noch sehr, sehr groß war. Und drittens ist nicht sie selbst die Autorin dieses ergreifenden und erschütternden Buches, sondern ihre Tochter Valerie Riedesel, die freilich Zugang zu diversen Dokumenten der Mutter hatte und auch vieles über Gespräche - auch mit weiteren Verwandten erfuhr.

Hofackers wurden getrennt: die Mutter mit den beiden älteren Kindern wurde in Gefängnissen wie auch KZs inhaftiert und kam in Gefangenschaft ganz schön herum - ihre letzte Station war in Südtirol am Pragser Wildsee, wo sie quasi schon als halb Befreite festsaßen - immer noch. Und nicht selten genug waren sie nahe genug am Tod, während die jüngeren Geschwister in einem Kinderheim untergebracht - richtiger gesagt: isoliert wurden.

Unvorstellbares erlebten Luise Hofacker und ihre Kinder, von denen zu dem Zeitpunkt noch keines erwachsen, die jüngste Tochter sogar erst sechs Jahre alt war. Auf ihrer Odyssee trafen sie auf zahlreiche Leidensgenossen: vor allem Verwandte, aber auch andere Sonderhäftlinge des Dritten Reiches, darunter abtrünnige Politiker und Offiziere, ausländische Staatsherren und Kirchenmänner.

Ein sehr persönlicher Bericht gespickt mit Tagebucheinträgen ist es, den Valerie Riedesel und hier präsentiert - und er ist aus meiner Sicht sehr gelungen, ist doch auch stets der größe Rahmen bzw. das Umfeld mit im Fokus. Nur ganz selten - wie bei der unfreiwilligen Übergabe der Häftlinge von der SS an die Wehrmacht - wirkt der Stil ein wenig wirr bzw. verwirrend - aber wirklich überschlagen sich hier die Ereignisse ganz schön.

Außerdem hilft im Anhang ein detailliertes Personenverzeichnis mit ebenso detaillierten Erläuterungen dabei, den Überblick zu behalten. Mir hat dieses Buch wirklich sehr gefallen und ich empfehle es jedem, der den deutschen Widerstand in den letzten Kriegsmonaten aus einer ungewöhnlichen Perspektive erleben will.

Veröffentlicht am 19.09.2017

Was mit den Angehörigen der Hitler-Attentäter passierte

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Cover und Gestaltung:
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Auf dem Cover ist das verschwommene Bild eines "Geisterkindes" zu sehen, der Titel leicht ausgestanzt, was einen schönen, haptischen Effekt hat. ...

Cover und Gestaltung:
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Auf dem Cover ist das verschwommene Bild eines "Geisterkindes" zu sehen, der Titel leicht ausgestanzt, was einen schönen, haptischen Effekt hat. Die Farben sind in Schwarz, Weiß und Grautönen und stehen damit sowohl für die damalige Zeit, aber auch für das graue Leben, das hinter den Fenstern stattfand. Das Buch ist ein Hardcover mit Schutzumschlag, sogar an ein Lesebändchen wurde gedacht. Das Buch macht einen tollen optischen und haptischen Eindruck und ist sehr hochwertig.

Inhalt:
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Nachdem am 20.Juli 1944 das Attentat auf Hitler misslungen ist, werden nicht nur die Attentäter und ihre direkten Verbündeten verhaftet, auch viele ihrer Angehörigen werden in sogenannte Sippenhaft genommen. Auch die Frau und Kinder von Cäsar von Hofacker, der eine der treibenden Kräfte war, werden verhaftet. Doch nicht nur das: während die jüngeren 3 Kinder ohne das Wissen der Mutter und Geschwister in ein Kinderheim verschleppt werden, werden Cäsars Frau Lotte und die beiden ältesten Kinder Anna-Luise und Eberhard von einem Ort zum anderen verfrachtet. Keine Seite weiß genau, was mit den anderen ist. Mal werden sie etwas besser, mal schlechter von der Gestapo behandelt, aber immer schwebt die Angst, hingerichtet zu werden oder an Krankheit oder Verhungern sterben zu müssen.
Die jüngeren Kinder dürfen ihre Identität nicht preis geben, sie sind die "Geisterkinder". Nach der Befreiung schreiben Anna-Luise und ihre jüngere Schwester Christa ihre Erlebnisse in Form von Tagebüchern auf. Die Tochter von Anna-Luise erzählt basierend auf den Tagebucheinträgen unter Einbeziehung weiterer Quellen sehr einfühlsam und spannend über diese Zeit.

Bis dato hatte ich von dem missglückten Stauffenberg-Attentat zwar gehört, aber mir war vorher nicht bewusst, welche Folgen dies hatte, vor allem auch für die Angehörigen der an dem Attentat Beteiligten. Daher war ich sehr neugierig, mehr über die Geisterkinder zu erfahren und wurde nicht enttäuscht.

Mein Eindruck:
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Alleine die Aufmachung des Buches hat mich direkt begeistert: Neben Cover und Außengestaltung gefiel mir auch das Innenleben sehr gut. Die Kapitel sind chronologisch in Kriegskindheit, Attentat und Verfolgung, Himmlers Gefangene, Freiheit eingeteilt, innerhalb der Kapitel werden nach der Trennung der Familie stets abwechselnd das Leben von Lotte mit den älteren und dann wieder das von Christa mit den jüngeren Geschwistern geschildert. So ist stets ein roter Faden erkennbar und man kann den Geschehnissen gut folgen. Im sehr ausführlichen Anhang sind die Stammbäume der wichtigsten Familien, ein Abkürzungsverzeichnis, ein umfangreiches Personenverzeichnis sowie die obligatorischen Literatur- und Bildnachweise für weitere Recherchen enthalten. Auf diese Weise findet man sich gut zurecht.

Ich war von Anfang an sehr gefesselt von diesem Buch. Die Autorin versteht es, persönlicher Quellen wie Briefe oder Tagebucheinträge geschickt mit Fakten aus anderen Quellen so zu verbinden, dass der Leser das Gefühl hat, die Gefangenen zu begleiten. Durch den stetigen Wechsel zwischen den beiden Familienteilen wurde auch eine gewisse Spannung erzeugt. Obwohl ich durch den Klappentext wusste, dass die beiden Mädchen überleben, habe ich ständig mitgefiebert, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Man erfährt viel über die Ängste, Sorgen und Nöte der von Hofackers, aber auch viel von Mitgefangenen, zu denen auch bekannte Persönlichkeiten wie Isa Vermehre und Dietrich Bonhoeffer gehörten. Sie wussten nie, was als nächstes geplant war und ob sie die Gefangenschaft überleben würden und doch haben sie sich alle das Vertrauen in Gott und dadurch auch ihre Hoffnung bewahrt. Ich war berührt davon, wie sich alle gegenseitig helfen, um die Notlage gemeinsam zu überstehen.

Schockiert hat mich dabei zum einen die Trennung der Familie, zum anderen die Tatsache, dass die jüngeren Kinder ihm NS-Heim ihre Identität vollkommen vergessen sollten, damit keiner was merkte.

"Die Verschleppung der Kinder nach Bad Sachsa als staatliche Fürsorge darzustellen, ist geradezu ein Paradestück wirklichkeitsverzerrender Nazi-Propaganda, an die viele der Verantwortlichen sicherlich selber glauben. Als einschüchternde Bedrohung ist die Sippenhaft gewollt, ihre konkrete Umsetzung jedoch soll im Verborgenen geschehen und nicht weiter in das Bewusstsein der Bevölkerung dringen. Die Sippenhäftlinge sollen unsichtbar bleiben." (S. 140).

Als dann Soldaten werden in einem Gebäude des Kinderheims untergebracht werden, heißt es:
"Sich begegnen oder gar miteinander reden dürfen sie nicht: Für die Soldaten sind die Schemen hinter der Scheibe nur die 'Geisterkinder'..." (S.172)

Ich bin sehr froh, dass einige dieser Geisterkinder über ihr Schicksal berichtet haben und dass die Autorin es geschafft hat, ein solch umfassendes und berührendes Werk über diese Schicksale zu schreiben. Ich kann das Buch sehr empfehlen, da es einen unschönen, aber wichtigen Teil deutscher Geschichte lebendig und sehr eindringlich erzählt.

Fazit:
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Packend und eindringlich geschriebener Zeitzeugenbericht über die Sippenhaft der Angehörigen der Stauffenberg-Attentäter