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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.05.2025

Wichtiger und spannender Krimi - aber nicht zu jeder Zeit

Echokammer
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Ein Politkrimi, in dem es um nichts weniger als die Zukunft Norwegens geht: im Mittelpunkt steht die sozialdemokratische Partei des Landes und ihr Mitglied Jens, dessen Mutter einst die Vorsitzende ...

Ein Politkrimi, in dem es um nichts weniger als die Zukunft Norwegens geht: im Mittelpunkt steht die sozialdemokratische Partei des Landes und ihr Mitglied Jens, dessen Mutter einst die Vorsitzende der Partei war - eine wahre Legende. Nun soll das Mittel der Wiederbelebung genutzt werden und Jens als Träger der Erinnerungen an diese Ikone die Partei als deren neuer Protagonist wieder populär machen. Die Parlamentswahlen stehen kurz bevor, die Tage werden heruntergezählt und es häufen sich die Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag.

Die Anti-Terror-Experten Liselott und Martin versuchen mit ihrem Team fiberhalft, diese Aktion bereits während der Vorbereitung zu unterbinden, doch so einfach ist es nicht.

Ein intelligenter, spannender und sehr dichter Krimi, doch in meinem Fall war genau das verhängnisvoll. Er kam zu einer Zeit, in der ich etwas Schmissiges und eher Leichtes lesen wollte und so konnte ich ihn nicht wie erhofft genießen.

Veröffentlicht am 19.05.2025

Traurig (und) schön

Beeren pflücken
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Hier präsentiert uns Autorin Amanda Peters, selbst mit Mi'kmaq-Wurzeln, die dramatische Geschichte einer Familie aus den Kreisen der indigenen Bevölkerung Kanadas - eine Familie, die am unteren ...

Hier präsentiert uns Autorin Amanda Peters, selbst mit Mi'kmaq-Wurzeln, die dramatische Geschichte einer Familie aus den Kreisen der indigenen Bevölkerung Kanadas - eine Familie, die am unteren Ende der sozialen Pyramide und somit auch des Wohlstands, der für sie quasi nicht vorhanden ist, hängt. Im Sommer verdienen sie sich etwas dazu, indem sie in Maine Blaubeeren pflücken und zwar alle, auch die Kinder. Außer die vierjährige Ruthie, sie ist noch zu klein und läuft tagsüber quasi mit, weil weder Eltern noch Geschwister Zeit haben, sich um sie zu kümmern. Dann ist sie auf einmal weg und die Familie erfährt nicht die geringste Unterstützung, um das verlorene Kind wieder zu finden.

So ist dies eine Darstellung von Verlusten einerseits und dem Gefühl, nicht an der richtigen Stelle zu sein, andererseits: denn die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt: aus der von Joe, dem zweitjüngsten Kind der indigenen Familie und aus der von Norma, die in Maine als Einzelkind aufwächst.

Ja, es ist durchgehend traurig-schön, vom Verschwinden der kleinen Ruthie zu lesen. Durch den empathischen Stil erlebt man förmlich mit, wie etwas innerhalb der Familie, in jedem einzelnen Mitglied zerbricht - oder eben auch zusammenfügt. Ein sehr stimmungsvolles und tragisches Buch, ein Roman der verpassten Gelegenheiten, der mich vor allem durch die besondere Art des Textes fasziniert. Gerne mehr davon!

Veröffentlicht am 15.05.2025

O

Der große Riss
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Das ist ein Titel eines wunderbaren Bilderbuchs von Janosch, in dem Tiger und Bär nach Panama reisen wollen, dort aber nicht ankommen. In diesem Gesellschaftsroman geht es dagegen um Menschen, die dort ...

Das ist ein Titel eines wunderbaren Bilderbuchs von Janosch, in dem Tiger und Bär nach Panama reisen wollen, dort aber nicht ankommen. In diesem Gesellschaftsroman geht es dagegen um Menschen, die dort etwa im Jahr 1900 ankommen: dort soll nämlich der große Kanal zur Verbindung zweier Weltmeere entstehen und da gibt es eine Menge Arbeit.

Auch für die junge Ada aus Barbados ist das der Grund ihrer Reise: ihre jüngere Schwester ist schwer erkrankt, eine teure Operation ist vonnöten, für die Ada dort Geld verdienen will. Wir treffen auch auf lokale Charaktere: so auf den Fischerjungen Omar, der seine Beziehung zum Vater aufs Spiel setzt, um sich als Bauerarbeiter zu verdingen und Ada erstmals in einer für ihn harten Situation begegnet sowie eine ganze Reihe von Menschen, die sich gegen den Kanalbau, dem ihr Wohnort zum Opfer fallen soll, stellen. Angereist ist u.a. ein Ärzteehepaar aus den Vereinigten Staaten, bei dem Ada Arbeit findet - dies nur, um ein paar der wichtigsten Charaktere zu benennen - die Autorin hat noch eine ganz Reihe weiterer Figuren eingebaut.

Immer wieder musste ich an den Turmbau zu Babel denken, wobei hier die Schwierigkeit nicht so sehr im Finden einer gemeinsamen Sprache, sondern vielmehr in der Unterschiedlichkeit der jeweiligen Interessen und Ziele liegt.

Ein ungewöhnlicher und sehr süffig geschriebener Roman, der meines Erachtens leider in Bezug auf die meisten Handlungsstränge leider an der Oberfläche verbleibt - da, wo es für mich erst interessant wird, hören die Ausführungen häufig schon auf!


Veröffentlicht am 14.05.2025

Schicksal einer Bielefelder Familie im 20. Jahrhundert

Die Akte Schneeweiß
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Nach ihrer in der Hauptsache in Ostwestfalen angesiedelten Trilogie über drei Generationen von Frauen einer Familie beschäftigt sich Felicitas Fuchs wieder einmal mit Familiengeschichten der Region, diesmal ...

Nach ihrer in der Hauptsache in Ostwestfalen angesiedelten Trilogie über drei Generationen von Frauen einer Familie beschäftigt sich Felicitas Fuchs wieder einmal mit Familiengeschichten der Region, diesmal vor allem in Bielefeld. Hier begegnen wir Katja, die Anfang der 1960er noch ein Teenager ist, aber schon genau weiß, dass sie einmal Medizin studieren will, was ihre Eltern - einfache Leute - als aus der Luft gegriffen ansehen. Ihr folgen wir über anderthalb Jahrzehte.

Parallel lesen wir über ihren Großvater Rudolf und seine jüngere Schwester Mathilde, die es in den Zeiten des Nationalsozialismus alles andere als einfach hatten. Doch darüber schweigt Rudolf gegenüber seiner Enkelin - und ist auf einmal weg. Niemand will Katja und ihrer jüngeren Schwester Heidi erzählen, was denn eigentlich los ist. Schlimmer noch, selbst seine Ehefrau weigert sich, über ihn zu sprechen: er wird einfach totgeschwiegen, obwohl er offenbar noch lebt.

Eine ausgesprochen dichte Familiengeschichte auf zwei Erzählebenen, die ihre Leser*innen fordert: man darf definitiv nicht zu schwach auf der Brust sein, um sich dieser Lektüre zu widmen. Gerade im Hinblick auf die Verbrechen des Nationalsozialismus nimmt die Autorin kein Blatt vor den Mund und widmet sich dabei Themen, über die bislang noch viel zu selten offen gesprochen wird.

Ein eindringliches Werk für alle, die möglichst viel über die Zustände und Ereignisse im Dritten Reich erfahren wollen und bereit sind, sich mit dessen dunkelsten Seiten auseinanderzusetzen.

Veröffentlicht am 09.05.2025

Für alle, die mehr wollen

Der dunkle Sommer
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nämlich mehr als atemberaubende Spannung, der kann aus meiner Sicht mit dem neuen Werk von Vera Buck nichts falsch machen. Denn neben vielen Geheimnissen und Verflechtungen, die von der Autorin wie immer ...

nämlich mehr als atemberaubende Spannung, der kann aus meiner Sicht mit dem neuen Werk von Vera Buck nichts falsch machen. Denn neben vielen Geheimnissen und Verflechtungen, die von der Autorin wie immer geschickt aufgebracht werden, geht es hier um historische Entwicklungen auf der italienischen Insel Sardinien, die gar nicht so lange her sind , sie reichen nämlich - zumindest in diesem Buch - bis in die 1980er Jahre.

Die Halbitalienerin Tilda findet nach dem Tod ihres Vaters einen Artikel in seinen Unterlagen, der sie nicht loslässt. Dort geht es um ein längst verlassenes Dorf auf der genannten Insel, in dem die dort stehenden Häuser für einen symbolischen Wert von einem Euro verkauft werden mit der Auflage, diese zu restaurieren und wieder bewohnbar zu machen. Kein Problem für die Architektin Tilda, die sich nur wundert, wie ihr Vater, der doch aus der Toskana stammt, auf Sizilien kommt,

Sie selbst ist nach einem zerstörenden Erlebnis mehr als bereit, ihr Leben zu ändern und nimmt diese Herausforderung nur zu gerne an. Allerdings zeigt sich bald, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Was also ist in diesem Dorf tatsächlich geschehen, bevor es 1982 zu einem Geisterdorf wurde.

Dieses Wek ist nicht nur ein Thriller, sondern auch - oder mehr noch - eine dramatische Familiengeschichte, die mir vor allem deswegen so gefallen hat, weil vieles darin auf wahren Begebenheiten beruht - wie immer erstklassig von Vera Buck recherchiert und umgesetzt!