Cover-Bild Unsterblichkeit ist auch keine Lösung
14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Humor
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 28.02.2019
  • ISBN: 9783423281881
Christian Tielmann

Unsterblichkeit ist auch keine Lösung

Ein Goethe-Schiller-Desaster, Roman

Goethe und Schiller live on tour: Klassiker zum Anfassen

Im Jahr 2014 bringt der krisengeschüttelte Buchmarkt auch die Absätze der deutschen Klassiker Goethe und Schiller zum Sinken, deshalb werden die beiden Herren (265 und 255 Jahre alt) von Verleger Cotta auf eine Lesereise durch den Harz geschickt. Krönender Abschluss soll die Lesung des ›Faust‹ auf dem Brocken sein. Nur widerwillig lässt sich Goethe darauf ein. Ärgerlich, dass Kollege Schiller ihm im Umgang mit verspäteten ICEs, desinteressierten Schülern und der attraktiven mitreisenden Buchhändlerin immer eine Nasenlänge voraus zu sein scheint. Und schließlich mit neuen Ideen zum Höhenflug ansetzt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.03.2019

Köstlich

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Ich habe eine Vorliebe für abgedrehte, skurrile Geschichten und das Goethe-Schiller-Desaster klang ganz danach. Ich habe mich auch gut unterhalten, aber ... es hätte noch abgedrehter sein können. Andererseits ...

Ich habe eine Vorliebe für abgedrehte, skurrile Geschichten und das Goethe-Schiller-Desaster klang ganz danach. Ich habe mich auch gut unterhalten, aber ... es hätte noch abgedrehter sein können. Andererseits blieb die Geschichte so zumindest einigermaßen glaubhaft ... sofern man das von einer Geschichte erwarten kann, deren Hauptpersonen über 200 Jahre alt (und dabei nicht einmal Vampire ) sind.

Nun ja, Goethe und Schiller begeben sich auf Lesereise, wobei Schiller nur Beiwerk ist (jedenfalls hätte das Goethe so) und der Roman aus Goethes Sicht erzählt wird.

Die Lesereise durch den Harz ist ziemlich anstrengend (nachdem hauptsächlich vor Schülern gelesen wird, die genauso viel Interesse am WERTHER haben, wie die Lehrer, nämlich gar keines und Goethe kaum bekannt ist ... ach ja... Anfassen lässt er sich auch nicht), außerdem hat Goethe auch noch Probleme ganz anderer Art und daran ist die Politik nicht ganz unschuldig.

Es ist sehr unterhaltsam in Goethes Gedanken Welt eindringen zu dürfen und seine Meinung über seine Deutschen (wie er uns nennt) und Schiller zu erfahren.

Vieles wird nicht erklärt, oder vorausgesetzt, so sind die beiden uralten Knacker mit der modernen Technik durchaus vertraut und warum sie unsterblich sind (und Heine beispielsweise nicht) wird auch nur unzureichend erklärt. Aber, das spielt keine große Rolle.

Man hätte Goethe auch ohne Schiller durch den Harz reisen lassen können und das Desaster ist eher von kleiner Natur.

Aber ... man muss kein Goethe- oder Schillerkenner sein, um Spaß am Lesen zu haben. Es ist gut geschrieben, sehr abwechslungsreich und manchmal hat man durchaus Mitleid mit den Klassikern

Veröffentlicht am 06.07.2019

Heiterer anspielungsreicher Blick auf unsere Klassikergrößen im Jahre 2019

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Der Gedanke, zu sehen wie mein verehrter Goethe in der heutigen Zeit zurechtkommt, ist sehr reizvoll und daß es eine hervorragende Buchidee ist, habe ich in "Anna und der Goethe" bereits erfreut bemerkt. ...

Der Gedanke, zu sehen wie mein verehrter Goethe in der heutigen Zeit zurechtkommt, ist sehr reizvoll und daß es eine hervorragende Buchidee ist, habe ich in "Anna und der Goethe" bereits erfreut bemerkt. Christian Tielmann geht diesen Gedanken von einem originellen Blickwinkel an - Goethe und Schiller machen keine Zeitreise, sondern sind einfach nicht gestorben und leben deshalb 2019 als rüstige Herren von 270 bzw 260 Jahren. Warum das so ist und warum manche Gefährten (die Ehefrauen, Cotta, Eckermann ua) ebenfalls noch leben, andere dafür nicht, wird leider nicht erklärt. Letztlich ist es aber auch nicht wirklich wichtig, man muß sich eben auf diese Idee einfach mal einlassen.

Und so begegnet uns Goethe zu Buchanfang auf dem Bahnsteig von Weimar, wo er auf den Regionalexpress und Schiller wartet. Ein gelungener Einstieg, der uns gleich in die Geschichte hineinführt und die notwendigen Hintergrundinformationen gut vermittelt. Wie dann Schiller in letzter Minute erscheint und wie unterschiedlich die beiden Geistesgrößen ihre Bahnreise angehen, das ist unterhaltsam und gut geschildert. Genau so könnte ich es mir vorstellen. Überhaupt hat Christian Tielmann meines Erachtens sowohl Schiller wie auch Goethe gut in die neue Zeit transportiert, die meisten Verhaltensweisen erscheinen mir absolut nachvollziehbar, oft habe ich innerlich mit dem Kopf genickt und gedacht: "Ja, genau so würde Goethe das heute angehen." Einige nette Text- und Zitatanspielungen finden sich auch immer wieder, und gerade Goethefans werden einige schöne Stellen finden. Schiller kam im Buch leider weniger vor, als ich es von einem "Goethe-Schiller-Desaster" (so der Untertitel des Buches) erwartet hätte. Wir erleben alles aus Goethes Sicht, das paßt auch gut, aber Schiller kommt irgendwie nur am Rande vor. Ich hätte mir viel mehr Interaktionen zwischen den beiden gewünscht.

Der Schreibstil ist eingängig und läßt sich sehr leicht lesen. Ich hatte das Buch als Geschenk einer lieben Freundin im Urlaub als Abendlektüre dabei und es war dafür auch genau richtig - von Stil und Inhalt her heiter-leicht, zum Lesen sehr entspannend. An wenigen vereinzelten Stellen fand ich einige Formulierungen ziemlich holprig, wie zB auf Seite 174: "Schiller stand auf: 'Wir sehen dich dann nachher bei der Lesung,' schlug Schiller vor." Dies sind aber wirklich nur Ausnahmen. Nicht so gut gefiel mir, daß es manchmal etwas platt wurde, so finde ich den Gag, daß Goethe von Kohlensäure rülpsen muß, einfach zu flach, versehentliche Rülpser waren vielleicht in den 1970ern noch etwas, was das Publikum zu Lachen brachte, und die dreimalige Verwendung von "Schiller, die Sau" war mir ebenfalls zu flach und wäre außerdem nichts, was Goethe (noch dazu wiederholt) sagen würde. Da hätten die Eigenheiten unserer Klassikerfreunde doch wesentlich geistvolleren Humor ermöglicht.

Interessant ist die Begegnung von Goethe und Schiller mit ihrem größtenteils jugendlichen Publikum in einer Welt, in der diese beiden Autoren (leider!) nicht mehr die Bedeutung haben, die ihnen früher zuteil wurde. Beide gehen im Buch ganz anders damit um, und auch hier habe ich innerlich oft genickt und mir gedacht, daß es sehr gut ausgearbeitet ist und ihren Persönlichkeiten entspricht. Man sieht an vielen Stellen, daß Christian Tielmann tiefgehendes Wissen über Goethe und Schiller hat und sich sorgfältige Überlegungen zu ihren Reaktionen und Gedanken gemacht hat. Es sind viele originelle Szenen enthalten. Die Lesungsszenen (unsere beiden Weimarer Größen sind auf einer Lesungstour) wiederholen sich leider manchmal doch ein wenig und an manchen Stellen hatte ich mir etwas mehr erwartet, aber ich habe an keiner Stelle das Interesse verloren und war immer gespannt, was ihnen als nächstes widerfährt und wie sie damit zurechtkommen. Auch die teils trostlose Welt der Kleinstädte, der veralteten Pensionen und oft desinteressierten Lesungsgastgeber war richtig gut einfangen.

Das Ende hat mir leider überhaupt nicht gefallen. Nachdem das Buch sich durch Humor und Leichtigkeit auszeichnete, war mir dieses Ende für den allgemeinen Tenor einfach zu viel, zu heftig. Es ging so weit weg von der Ausrichtung des Buches, daß es leider eben auch die Wertung stark beeinflußt hat. Die letzten Zeilen des Buches sind dagegen wieder sehr passend. Insgesamt kann ich das Buch durchaus empfehlen, weil man sich auf eingängige Art mit Goethe und Schiller beschäftigen kann, die Anspielungen und kleinen Zitate Spaß machen und unsere zwei Klassiker gut in die heutige Zeit transportiert wurde.

Veröffentlicht am 08.05.2019

Anfangs amüsant, doch im weiteren Verlauf eine eher langwierige und fade Geschichte ohne Ende

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Im Jahr 2014 bringt der krisengeschüttelte Buchmarkt auch die Absätze der deutschen Klassiker Goethe und Schiller zum Sinken, deshalb werden die beiden Herren (265 und 255 Jahre alt) von Verleger Cotta ...

Im Jahr 2014 bringt der krisengeschüttelte Buchmarkt auch die Absätze der deutschen Klassiker Goethe und Schiller zum Sinken, deshalb werden die beiden Herren (265 und 255 Jahre alt) von Verleger Cotta auf eine Lesereise durch den Harz geschickt. Krönender Abschluss soll die Lesung des ›Faust‹ auf dem Brocken sein. Nur widerwillig lässt sich Goethe darauf ein. Ärgerlich, dass Kollege Schiller ihm im Umgang mit verspäteten ICEs, desinteressierten Schülern und der attraktiven mitreisenden Buchhändlerin immer eine Nasenlänge voraus zu sein scheint. Und schließlich mit neuen Ideen zum Höhenflug ansetzt...(Klappentext)

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"Aber Cotta glaubte ja, dass es seinen Büchern guttäte, wenn er sich mehr den Menschen zuwenden würde. Was für ein Blödsinn. Wann war je ein Stück wahrer Literatur entstanden, das nicht in der Einsamkeit der Studierstube geschrieben wurde?"
(S. 15)


Was wäre, wenn Goethe und Schiller noch leben würden? Zwar schon etwas in die Jahre gekommen, genauer gesagt 265 und 255 Jahre alt, mit so mancher verstaubten Ansicht, aber der modernen Zeit nicht gänzlich abgeneigt? In diesem Roman wird uns diese Frage auf sehr amüsante Weise beantwortet.
Goethe und Schiller müssen von ihrem Verlag aus auf eine Lesetour durch Schulen tingeln, um für ihre eigenen Werke etwas Marketing zu betreiben. Diese werden nämlich so gut wie nicht mehr verkauft, geschweige denn gelesen. Die klassische Literatur ist dem Untergang geweiht und dem muss entgegengewirkt werden, um gleichzeitig den gesamten Buchmarkt wieder zu pushen. Während Schiller sich zu einer wahren Rampensau entwickelt und diese Aufmerksamkeit geniesst, ist Goethe todunglücklich, denn Schulen waren Goethes Sache nicht.

Hier haben wir es mit zwei völlig verschiedenen Charakteren zu tun. Da wäre der extrovertierte Schiller, immer zu Späßen aufgelegt, manchmal etwas laut und immer in Flirtlaune. Er genießt den Rummel, lebt richtig auf und sonnt sich in der Aufmerksamkeit. Und dann haben wir den etwas arrogant wirkenden und griesgrämigen Goethe, der gerne im Stillen vor sich hin flucht, dabei kein Blatt vor den Mund nimmt und lieber zu Hause in seinem Studierzimmer hocken oder in den Armen einer jungen Frau liegen würde. Während wir die beiden auf ihrer Lesereise "Klassiker zum Anfassen" begleiten, sich Goethe in eine junge Buchhändlerin verliebt und Schiller auf einmal sein neuestes Werk, einen Fantasy, präsentiert, wird Schiller immer kränker und über Goethes Haupt braut sich ein Skandal zusammen ... wie wird diese Reise wohl enden?

"Aber Schiller, die korrupte Sau, kannte nichts: Er las tatsächlich eine stümperhaft zusammengeschusterte Geschichte von Elfen und Einhörnern, Gnomen und vielen bösen, finsteren Mächten, die im Krieg mit einer Heerschar von aberwitzig abgedroschen gezeichneten umotiviert handelnden Figuren-Versatzstücken aus tausenduneinem Papierkorb lagen. Es war schaurig."
(S. 91)


Goethe und Schiller waren schon zu ihren Lebzeiten enge Freunde, so eng, dass sich Goethe nach seinem Tod sogar neben Schiller begraben ließ. Goethe sah in Schiller schon immer den jungen Konkurrenten und Schiller war immer schon ein aufgeweckter Mensch, wenn man den Geschichten glauben darf. Dies wird in diesem Roman sehr gut aufgegriffen, vom Autor weitergesponnen und in unsere Zeit transportiert.
Zudem haben noch zwei weitere Figuren die Zeit überdauert. Johann Friedrich Freiherr von Cotta und Johann Peter Eckermann. Schon damals war Cotta der Verleger von Goethe und Schiller. Diese Tätigkeit führt er auch hier fort. Eckermann war ein enger Vertrauter Goethes und fungiert hier als so eine Art Sekretär von Goethe, ist quasi sein Mädchen für alles.

Der Schreibstil ist klar und flüssig und die Story enthält Witz und Humor. Auch die Idee die beiden Herren die Zeit überdauern zu lassen fand ich genial. Insgesamt habe ich mir aber wohl mehr von diesem Roman versprochen, als er geboten hat.
Anfangs war es noch amüsant die beiden Literaten auf ihrer Reise zu begleiten und insbesonders die Darstellung von Goethe fand ich sehr gelungen und witzig, aus dessen Perspektive übrigens erzählt wird. Doch im Grunde passiert hier immer das Gleiche und es wird zunehmend langweilig.

"Er suchte in seiner Tasche nach dem >Werther<. Den konnte er im Grunde auswendig. Aber er hasste ihn. Hätte er doch diesen Kitsch niemals geschrieben. Andererseits zog er noch immer."
(S. 30)


Es wird von einer Schule zur nächsten getingelt, Schiller freut's, Goethe motzt und ... ja, das war's auch schon. Und das Ende? Nun, es gibt irgendwie keines. Der Roman scheint mittendrin zu enden und lässt mich mit einem verdutzten und enttäuschtem Gesicht zurück.

Fazit:
Was habe ich mich auf diesen Roman gefreut, bin ich doch vor allem eine Bewunderin Goethes und lese seine Werke immer noch gerne, selbst den "Werther" finde ich toll.
Anfangs war ich begeistert von diesem Roman und fand den griesgrämigen Goethe durchaus witzig, doch leider wurde es schnell langweilig. Diese Idee zwei uralte klassische Schriftsteller in die Gegenwart zu transportieren würde einiges hergeben, doch leider wurde dies nicht genutzt. Zum Schluß hin scheint der Autor selbst keine Lust mehr darauf gehabt zu haben und ließ den Roman irgendwie unvollendet. Schade.

© Pink Anemone