Cover-Bild Kathedralen
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Unionsverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 30.01.2023
  • ISBN: 9783293005921
Claudia Piñeiro

Kathedralen

Roman
Peter Kultzen (Übersetzer)

Lía glaubt nicht mehr an Gott. Nicht, seit ihre siebzehnjährige Schwester grausam ermordet wurde. In ihrer streng religiösen Familie fühlt sie sich völlig allein gelassen, und bald bricht sie den Kontakt zu ihr gänzlich ab.
Dreißig Jahre vergehen ohne den geringsten Hinweis auf den Mörder, dreißig Jahre, die tiefe Gräben in der Familie hinterlassen. Erst eine unerwartete Begegnung wirbelt die Vergangenheit wieder auf und entfesselt einen Sturm, der alle mit sich reißt.

Claudia Piñeiro ergründet ein erschütterndes Familiengeheimnis, hinter dem ein Netz von religiösem Fanatismus, kirchlichem Machtanspruch und Repressionen sichtbar wird.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2023

Religionskritischer Spannungsroman

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Die argentinische Autorin Claudia Pineiro greift in ihrem 2020 erschienen Roman „Kathedralen“ wichtige Themen aus der damals heiß geführten Debatte in der argentinischen Gesellschaft auf: Abtreibungen ...

Die argentinische Autorin Claudia Pineiro greift in ihrem 2020 erschienen Roman „Kathedralen“ wichtige Themen aus der damals heiß geführten Debatte in der argentinischen Gesellschaft auf: Abtreibungen und die Rolle der katholischen Kirche in diesem Zusammenhang.

Vor 30 Jahren ist das 17jährige Mädchen Ana auf schreckliche Art und Weise ums Leben gekommen. Ihr Körper wurde verkohlt und zerstückelt auf einem verlassenen Grundstück gefunden. Nun 30 Jahre später erkunden wir zusammen mit Akteuren rund um das Geschehen von damals die Hintergründe der Tat und entdecken menschliche Abgründe.

Durch einen multiperspektivischen Ansatz beleuchtet Pineiro das Geschehen und die Persönlichkeiten um Ana herum aus sieben verschiedenen Perspektiven. So tauchen wir ein in die Gedankenwelt nicht nur ihrer beider älteren Schwestern, sondern auch einer sehr engen Freundin, Marcela, einem damaligen Ermittler oder den Männern der Familie, Vater, Schwager und Neffe von Ana. Zeigt sich dadurch eindrücklich bei den beiden Schwestern, dass diese unterschiedlicher nicht sein könnten, vor allem in ihrer Position der katholischen Kirche gegenüber, ist vor allem die Perspektive von Marcela, welche im Rahmen der Geschehnisse ein gedecktes Schädel-Hirn-Trauma erlitt und nun an einer anterograden Amnesie leidet, äußerst interessant umgesetzt. Die verschiedenen Figuren bekommen alle ihre Eigenheiten zugesprochen und unterscheiden sich nicht nur in ihrer Wahrnehmung der Ereignisse, Einstellungen, Glaubenssätze sondern auch ihrem Ausdruck und Form. Das macht das Buch sehr abwechslungsreich und spannend. Nach und nach bekommen wir Hinweise, was damals wirklich zum brutalen Tod von Ana geführt hat. Dass man schon früh alle Puzzleteile zusammensetzen kann und kaum Überraschungen bezogen auf die Tat an sich auftreten, hat mich nicht weiter gestört. Vielmehr ist der Blick in die Köpfe der Figuren hier spannend. Denn es werden durch die einzelnen Personen die Wut der Autorin auf die Zustände in ihrem Heimatland klar verdeutlicht. Auch dass es hier eine klare Einteilung in gute und böse Figuren gibt, die sich auch während der Lektüre wenig wandelt, ist für mich als Anregung zur Diskussion über die Themen der Bigotterie fanatisch-katholischer Gläubigen, einer ins Gesellschaftssystem über die Maßen eingreifenden katholischen Kirche sowie dem patriarchalen Machtgefüge mit (jungen) Frauen als Leidtragenden eines scheinheiligen sozialen Umfelds im Rahmen des Romans gut zu rechtfertigen.

Pineiro schreibt unglaublich süffig und man verschlingt die Seiten nur so. Dabei greift sie auf Mittel des unterhaltenden Spannungsromans zurück, weniger bis gar nicht auf literarisch anspruchsvolle Stilmittel. Das Denken wird den Leser:innen dieses Romans größtenteils abgenommen und Überlegungen fast immer vollständig ausformuliert. Damit muss man sich arrangieren, wenn man den vorliegenden Roman gewinnbringend lesen möchte. Für mich persönlich war dieser Roman informativ und spannend zugleich. Trotz des tonnenschweren Themas liest er sich leicht, wenngleich auch äußerst brutale Verstümmelungen geschildert werden, auf die ich im Zweifel in ihrer Ausführlichkeit hätte verzichten können. Da merkt man der Autorin die Nähe zum Krimi- oder Thriller-Genre sehr stark an.

Die bringt Autorin die gesellschaftlich äußerst relevanten Themenfelder der religiös motivierten Gewalt und Gewalt an Frauen detailliert recherchiert zu einem sehr guten Spannungsroman zusammen. Mir hat es zur Abwechslung wirklich sehr gefallen, einfach einmal ein Buch schön süffig „weglesen“ zu können, ohne noch zwei bis drei weitere Bedeutungsebenen innerhalb eines Satzes herausfinden zu müssen. Ich wurde gut unterhalten, auch wenn ich sonst i.d.R. literarisch anspruchsvollere Sachen lese. Somit komme ich unter der Prämisse "Spannungsroman" auf 4 Sterne.

4/5 Sterne

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Veröffentlicht am 09.03.2023

Was mit Ana Sardá geschah

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Ana Sardá ist tot. Die 17-Jährige wird übel zugerichtet aufgefunden. In der religiösen Familie ist das Entsetzen groß. Für die Schwester der Toten, Lía, markiert die Gewalttat endgültig den Bruch mit der ...

Ana Sardá ist tot. Die 17-Jährige wird übel zugerichtet aufgefunden. In der religiösen Familie ist das Entsetzen groß. Für die Schwester der Toten, Lía, markiert die Gewalttat endgültig den Bruch mit der Kirche. Sie wandert ins Ausland aus. Doch auch 30 Jahre später bewegt sie noch immer eine Frage intensiv: Was ist damals mit Ana passiert?

„Kathedralen“ ist ein Roman von Claudia Piñeiro.

Meine Meinung:
Der Roman verfügt über einen interessanten Aufbau. Er umfasst sechs Teile, die wiederum in Kapitel untergliedert sind, sowie einen Epilog. Erzählt wird in jedem der Teile aus einer anderen Perspektive. Dabei gibt es zwei Stränge: einerseits die gegenwärtigen Entwicklungen und andererseits das Geschehen vor rund 30 Jahren. Die Handlung spielt größtenteils in Argentinien, aber auch in Europa.

In sprachlicher Hinsicht ist der Roman sehr facettenreich. Die unterschiedlichen Perspektiven sind variantenreich herausgearbeitet. Auch stilistisch hat er vielerlei zu bieten: Unter anderem sind Briefe, Tagebucheinträge und Dialoge in Reinform eingefügt. Die Metapher der titelgebenden Kathedralen zieht sich durch den ganzen Roman.

Angelegt ist die Geschichte als eine Art von Spannungsroman. Auf den rund 300 Seiten gelingt es der Autorin in der erste Hälfte, mit dem Rätsel um Anas Tod zu fesseln. Spätestens in der zweiten Hälfte ist die Auflösung jedoch sehr offensichtlich. Vor allem das letzte Drittel ist vorhersehbar und hält wenig Neues bereit. Das wiegt für mich jedoch nicht schwer, da das Buch nicht als Krimi oder Thriller vermarktet wird.

Inhaltlich hat mich der Roman jedoch dennoch enttäuscht. Dem Geheimnis um Anas Tod liegt ein interessantes, diskussionswürdiges Thema von politischer und gesellschaftlicher Bedeutung zugrunde. Mit ihrer Geschichte wollte die Autorin unverkennbar die entsprechende Debatte in ihrem Heimatland beeinflussen und einen Beitrag zu einer Gesetzesänderung leisten. Das ist kein anrüchiges Anliegen, sondern in diesem Fall meiner Ansicht nach sogar zu begrüßen. Leider schießt die Autorin allerdings über das Ziel hinaus.

Die Figuren, insbesondere jene, die den gläubigen Katholiken zuzuordnen sind, sind gnadenlos überzeichnet, schablonenhaft und eindimensional. Über Grautöne verfügen nur die Charaktere, die der Kirche zumindest skeptisch gegenüber stehen. Zwar legt die Autorin offenbar Wert darauf, das Handeln der Protagonisten ausführlich zu erklären. In der Ausgestaltung hat mich aber nur eine einzige Figur überzeugt: Anas Freundin.

Auch unabhängig von den Personen ist der Roman sehr plakativ und unglaubwürdig. Einige Übertreibungen und absurde Details sollen keine Zweifel zulassen. Der Katholizismus wird als absolutes Feindbild aufgebaut. Die Botschaft des Romans mit dem Holzhammer mehrfach wiederholt. Dadurch hat bei mir nicht nur zunehmend das Lesevergnügen abgenommen, sondern die Geschichte leider auch ihre emotionale Wirkung verfehlt. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Das düstere Cover mit verwelkten Blüten passt sinnbildlich gut. Der spanischsprachige Titel („Catedrales“) wurde erfreulicherweise wortgetreu übersetzt.

Mein Fazit:
„Kathedralen“ von Claudia Piñeiro ist ein Roman, der leider hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben ist. Die wichtige Thematik hätte eine differenziertere Auseinandersetzung verdient gehabt. Ein Buch jedoch, das unterhaltsame Lesestunden bieten kann.