Ein wahrhaftiger Roman über Trauer, Schuld und Vergebung
Dieser Roman ist nicht lieblich, üppig oder verspielt. Er ist direkt, etwas ruppig und auf den Punkt und trifft damit mitten ins Herz. Wie das Baskenland selbst mit seiner faszinierenden Sprache, den Menschen ...
Dieser Roman ist nicht lieblich, üppig oder verspielt. Er ist direkt, etwas ruppig und auf den Punkt und trifft damit mitten ins Herz. Wie das Baskenland selbst mit seiner faszinierenden Sprache, den Menschen und dieser ganz eigenen Atmosphäre. Im Mittelpunkt stehen zwei Familien, die von Freunden zu Fremden werden. Zwei Pole, eine Annäherung unmöglich. Auf der einen Seite die Familie der Opfer und auf der anderen die der Täter. Doch so einfach ist es nicht und macht es sich der Autor auch nicht. In ständigen Perspektivwechseln wird die Geschichte eines Verbrechens, die Geschichte der beiden Familien und damit auch die Geschichte einer ganzen Region erzählt. Dabei ist der Autor nicht parteiisch sondern lässt jeder Figur ausreichend Raum. Dabei werden auch unangenehme Wahrheiten ausgesprochen. Besonderes Augenmerk liegt auf den beiden Frauen, Bittori und Miren. Beide sind starke, unbeugsame Charaktere. Beide Mütter, Ehefrauen, einst Freundinnen, jetzt Feindinnen. Mirens Sohn schließt sich der ETA an, Bittoris Mann wird zum Gejagten, zum Opfer. Auch die Kinder kommen zu Wort, die Schwestern, der Bruder. Wie geht es ihnen mit dieser Tat, dieser Schuld, dem Zwang des Dorfes? Dieser gesellschaftliche Zwang, die Ächtung derjenigen, die zu Verrätern erklärt wurden, hat mich besonders schockiert. Wie schnell war man isoliert, unerwünscht und verhasst. Die tragischste Figur ist für mich Joxian, der Freund, Feigling, Vater. Doch auch die anderen Charaktere sind sehr facettenreich gezeichnet. Bei allen menschlichen Schwächen schimmert meist sich eine große stärke und Kraft unter der Oberfläche. Es ist berührend, wie jeder Einzelne darum kämpft, das eigene Schicksal in der Hand zu behalten, kein Opfer zu sein. Der Schreibstil ist nicht immer einfach. Komplexe Sätze, immer wieder Einschübe zu Gedanken und Gefühlen, tragen nicht unbedingt zu einem schnellen Lesefluss bei. Dennoch passt hier jedes Wort, jeder Satz. Ein wichtiges Buch, das mich nicht nur wegen der geschichtlichen Hintergründe noch lange beschäftigen wird. Insbesondere die Frage von Schuld und Vergebung wirkt nach. Ein Roman mit sehr großer Kraft, der von Heimat, Identität, Familie, Mut und Vergebung handelt.