Cover-Bild Großes Spiel
(2)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
26,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Zsolnay, Paul
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 336
  • Ersterscheinung: 21.08.2023
  • ISBN: 9783552073579
Hans Platzgumer

Großes Spiel

Roman
100 Jahre nach dem Kantō-Erdbeben in Japan erzählt Hans Platzgumer von einem Machtvakuum, das politische Grabenkämpfe auslöst – aktueller denn je.

Ein Machtvakuum, das Ideologen zu nutzen wissen. Eine Naturkatastrophe, die ein Land aus den Angeln hebt. Hans Platzgumer erzählt anhand einer Epoche der japanischen Historie eine universelle Geschichte - fesselnd und fast unheimlich heutig.
Hauptmann Amakasu, strammer Diener der japanischen Geheimpolizei, blickt auf den Krieg seines Lebens zurück. Jahrzehntelang hat er im Schatten Kaiser Yoshihitos, der sich mehr für Gedichte und Pflanzen als für Politik und den Zustand seines Reichs interessierte, einen erbitterten Kampf gegen den Anarchisten und Aufrührer Sakae Ôsugi und seine Frau Itô ausgetragen. Bis das große Kantô-Erdbeben 1923 nicht nur Tokio zerstört, sondern auch politisch eine Stunde null einläutet.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2023

Zum 100jährigen Gedenken an das Kantô-Beben

0

Am 1. September 1923 bebt die Erde in Japan. Das Kantô-Beben erschüttert nicht nur ein Land, sondern auch sein Volk. Die Erdstöße verwüsten weite Teile des Großraums Tokio, etwa 145.000 Menschen sterben. ...

Am 1. September 1923 bebt die Erde in Japan. Das Kantô-Beben erschüttert nicht nur ein Land, sondern auch sein Volk. Die Erdstöße verwüsten weite Teile des Großraums Tokio, etwa 145.000 Menschen sterben. Yoshihito, der mit seiner Krönung 1912 den Namen Taishō erhält und der 123. Tennō des Japanischen Kaiserreichs und der zweite der modernen Periode wird, regiert. Doch durch seine Krankheit ist er schwach und unfähig, das Land mit seinen Traditionen zu regieren und zu schützen.
Seit 1912 nutzt Ôsugi, ein Fanatiker und Putschist, diese Schwäche aus, um seinen Plan eines gesellschaftlichen und politischen Umsturzes umzusetzen. Sein hochtrabender, theoretischer Entwurf einer freien Gesellschaft, losgelöst von jahrtausendalter Kultur ohne Kaiser, riskierte das Land in ein Chaos zu versenken. Er wird der Staatsfeind Nr. 1 und das Militär erhält den Auftrag, ihn unschädlich zu machen. Der Militäroffizier Masahiko Amakasu, ein gewissenhafter, linientreuer und standhafter Soldat wird beauftragt, Ôsugi zu überwachen und falls notwendig auszuschalten.
Die Naturkatastrophe, die Japan in Knie zwingt, wird für Ôsugi und Amakasu der Beginn einer weiteren Katastrophe, die dem ersten das Leben kosten, dem anderen aber das Leben unerträglich machen wird.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Mit großer Erwartung bin ich an den neuen Roman „Großes Spiel“ von Hans Platzgumer herangetreten und obwohl ich nicht wusste, was mich erwartet, bin ich, da ich das Buch nun gelesen haben, schlichtweg ergriffen von der Geschichte und überwältigt von der großartigen literarischen Umsetzung!
Das Buch bietet eine fantastische Rekonstruktion jener Vorgänge, die zum berühmten „Amakasu Zwischenfall“ führten. Ausgehend von einer detaillierten und psychologisch gründlichen Analyse der Akteure wird in chronologischer Reihenfolge erzählt, wie es zum Massaker, bei dem Ôsugi und seine Frau Itô getötet werden, gekommen ist. Der Militäroffizier Masahiko Amakasu, in seiner Rolle als Erzähler, lässt nochmals die Ereignisse Revue passieren.
Japan befand sich während der Taishō Jahre (1912 – 1926) in einer schwierigen gesellschaftlichen und politischen Situation. Die Arbeiterklasse begehrte auf, Demonstrationen waren keine Seltenheit. Da Japan eine gesellschaftliche Hierarchie zugrunde lag, die das Zusammenleben ordnete und auf deren Stärke die Nation beruhte, war die Gefahr, die von dem Fanatiker Ôsugi ausging, enorm.
Ôsugi war ein hochbegehrter Mann. Er sah blendend aus, war mit einem messerscharfen Intellekt ausgestattet und hatte ein unbeugsames und rebellisches Wesen. Er war ein Mann der Tat, der mit großer Wucht ins politische Geschehen eingreifen wollte. In der instabilen Situation drohte er das aus dem Gleichgewicht geratene Land zu Fall zu bringen. Ôsugi hatte die Sprengung von allem, was sich gefestigt hatte, im Sinn. Er war ein Fanatiker, der zu keinem Kompromiss bereit war.
Die Vorgänge sind ungemein spannend und intensiv. Bis zum Schluss folge ich Amakasus Leben mit großem Interesse. Sein Lebensweg mit Einblicken in sein Innerstes haben mich zum Teil tief erschüttert. Diese Menschlichkeit, mit den offengelegten Schwächen, ist entwaffnend, ich kann und will mir über ihn kein Urteil erlauben. Er hat einen sehr hohen Preis bezahlen müssen, bis zu seinem Ende.
Neben den geschichtlichen Ereignissen bietet der Roman einen unschätzbaren Einblick in die japanische Gesellschaft vor 100 Jahren. Die Rolle der Frau und der Familie, die Bedeutung von Kindern und deren Erziehung, sowie das so berühmte japanische Ehrgefühl sind meisterhaft eingeflochten und obwohl keine aktionsreiche Handlung ist, ist nicht nur meine Neugierde sondern vor allem mein Interesse an eine so fremde Kultur bis zum Schluss aufrecht geblieben.

Fazit
Zum 100jährigen Gedenken an das Kantô-Beben bietet Hans Platzgumers Meisterwerk „Großes Spiel“ eine literarische Gelegenheit, das Land der aufgehenden Sonne in einem historisch schwierigen Moment kennenzulernen. Ein großer Roman, nicht nur für Japanfans.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.10.2023

literarische Aufarbeitung des Amakasu Zwischenfalls

0

Im Jahre 1912 besteigt Yoshihito den japanischen Kaiserthron. Die fünfzehn Jahre seiner Regentschaft sind geprägt von Führungsschwäche und Umbrüchen im Land. Einer dieser Menschen, die den Umbruch vorantreiben ...

Im Jahre 1912 besteigt Yoshihito den japanischen Kaiserthron. Die fünfzehn Jahre seiner Regentschaft sind geprägt von Führungsschwäche und Umbrüchen im Land. Einer dieser Menschen, die den Umbruch vorantreiben wollen, die ein Ende der Kaiserzeit herbeisehnen und für die Freiheit aller Menschen steht, ist Sakae Ôsugi, gelehrt, und voller revolutionärere Ideen. Als Gegenspieler hat er Hauptmann Amakasu, einen aufopferungsvollen Diener des Kaiserreichs. Er wird auf Ôsugi angesetzt, überwacht ihn, und kennt ihn schon bald besser, als dieser sich selbst. Eine sehr einseitige Beziehung, denn Ôsugi hat kein Bild dazu, wer ihn überwacht. Als 1923 das große Kantô-Erdbeben den Großraum Tokios erschüttert, läutet sich für Japan eine Stunde Null ein. Das Militär stutzt alles wieder zurecht, was in den Jahren der Jahren der laschen Regentschaft Yoshihitos entstehen konnte.

Weder Amakasu-Zwischenfall, noch Sakae Ôsugi waren mir vorher ein Begriff, doch der Klappentext, revolutionäre Bestrebungen und die konservativen Gegenströmungen reizten mich sehr. Und so bekommt man von Hans Platzgumer eine literarisch außerordentlich hochwertige Aufarbeitung mit schon fast biographischen Zügen präsentiert. Als Erzähler haben wir Hauptmann Amakasu, der am Ende seines Lebens über die wohl prägendste Figur seines Lebens und seiner Laufbahn nachdenkt. Er teilt mit uns, wie Yoshihito, Sakae Ôsugi und die anderen im Roman relevanten Protagonist:innen zu den Menschen heranreifen konnten, die sie am Höhepunkt, dem Kantô-Beben, waren. durch diese Form der Nacherzählung werden wir beim Lesen nicht mit überflüssigen Informationen zugeschüttet, sondern bekommen ein recht einfühlsames und Interessantes Bild der unterschiedlichen Figuren. Doch gerade Hauptmann Amakasu kommt einem dadurch besonders intensiv und nahe, auch wenn er durch seine Verhaltensweisen - diese sind nicht übermäßig negativ oder abscheulich - und seine politisch abscheulich reaktionären und rückständigen politischen und gesellschaftlichen Einstellungen absolut nicht sympathieweckend wirkt.

"Ein Wissen, dass sich und seine Konsequenzen nicht ständig hinterfragt, beschränkt sich auf die eigenen Erfolge und widersetzt sich in logischer Folge jeglichen Veränderungen. es ist kein Wissen, sondern ein Festhalten. Niederträchtig steht es im Schulterschluss mit der Macht." (S. 96)

Grundsätzlich liegt, trotz der darin beschriebenen Ereignisse dem Buch eine magische Ruhe und Unaufgeregtheit zu Grunde. Kein sonderlich imposanter Spannungsbogen zieht sich vom Anfang bis zum Ende des Buches. Viel mehr arbeitet der Autor die damaligen gesellschaftlichen und politischen Umbruchsversuche in Japan auf, die universell genauso für andere Länder gültig sein hätten können, und im Kern ihrer Diskussion auch noch im 21. Jahrhundert Geltung finden, Gesellschaftskritik, Schilderung historischer Gegebenheiten und literarisch zum Verlieben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere